Buchrezensionen von  ...
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Eberhard Landes
Meine ganz privaten Literaturempfehlungen (Bücher, die ich einpacken werde, wenn ich reif bin für die Insel) sind:
"Bildung" von Dietrich Schwanitz (weil ich mich wohl auch dann noch wundern werde, was ich alles nicht weiß),
"Sturz ins Leere" von Joe Simpson (weil es so unbegreiflich ist, was Joe Simpson erlebt hat),
"Qi Gong" von  Kenneth Cohen (weil es so viele Geheimnisse in sich birgt),
"Allein auf den Everest" von Göran Kropp (weil er meine Hobbies Radfahren und Klettern "brutalst möglich" kombiniert hat),
"Narziß und Goldmund" von
Hermann Hesse (weil es mir von allen Klassikern das liebste Buch ist).
Und dann natürlich all die guten Bücher, die ich hier rezensiert habe.
Klicken Sie unten entweder auf  die verlinkten Namen der  Autoren oder auf die Links zu den Buchtiteln:

Belletristik

 

Sachbücher


Liste der

111
Autoren

 
Liste der
153
Titel

 
Liste der
48
Autoren

 
Liste der
52
Titel

Alanyali, Iris
Aramburo, Fernando


Bambaren, Sergio

Bannalec, Jean-Luc

Benedikt, Caren
Bettinger, Martin
Beigbeder, Frederic
Binding, Tim
Bittrich, Dietmar


Borger und Straub 
Borrmann, Mechthild

Bourdouxhe, Madeleine
Breloer, Heinrich

Bryson, Bill
Brown, Dan
Buhl, Marc

Carofiglio, Gianrico
Chevalier, Tracy
Clark, Rosie M.
Coello, Paulo
Cross, Donna W.


de Carlo, Andrea
Dische, Irene
Donovan, Gerard
Döring, Oliver
Dörrie, Doris
Drokur, Bernhard

Dürrenmatt, Friedrich
Dusse, Karsten

Eggers, Dave
Eschbach, Andreas
Eyssen, Remy


Falk, Rita
Ferrera Catalina
Fitzek, Sebastian
Fleischhauer, Wolfram
French, Nicci
Fried, Amelie



Genzmer, Herbert
Goddard, Robert
Gruber, Lilli



Hannah, Kristin
Hammesfahr, Petra
Hasselmann, D.O.
Helfgen, Heinz
Henn, Carsten
Hesse, Hermann
Heidenreich, Elke
Hoffman, Jilliane
Hosseini, Khalid
Houellebecq, Michel

Illies, Florian

Jaud, Tommy
Jensen, Carsten
Jonasson, Jonas
de Jong, Wilfried

Kehlmann, Daniel
Kling, Marc-Uwe
Klüpfel, Volker
Kloeble, Christopher
Klonovsky, Michael
Kobr, Michael
Krächan, Brigitte
Kuhlmann, Heinrich


Leon, Donna

Mann, Thomas
Mankell, Henning
Mayle, Peter
McCreight, Kimberly
McFadden, Freida
Merburg, Marie
Mercier, Pascal

Metzenthin, Melanie
Meyerhoff, Joachim
Moore, Tim
Morgan, Marlo
Mosley, Walter
Münzer, Hanni



Noll, Ingrid

Rademacher,  Cay
Rath, Hans

Read, Oliver
Rech, Kerstin
Rosendorfer, Herbert
Rossmann, Eva

Roth, Philipp

Safier, David

Schäfer, Andreas
Schätzing
, Frank
Schauhoff, Frank

Schirrach, von, Ferdinand
Schlink, Bernhard
Schreiber, Claudia
Schröder, Bernd

Seltmann, Ingeborg
Suter, Martin


Tuma, Thomas
Twilfer, Kai

Vesper, Elke

Williams, John
Wagendorp, Bert
Wagner, Emma
Walser, Martin
Weiler, Jan
Wollitzer, Mag



 Zafon, Carlos Ruiz
Zeh, Juli
Zweig, Stefan
  Absterbende Gemütlichkeit
Achtsam Morden
Adler und Engel
Alle Toten fliegen hoch - Amerika
Allmen und die Libellen
Alpenpässe und Anchovis
Anleitung zum Unglücklichsein
Antonio im Wunderland
Auf der Suche nach Marie

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Belas Sünden
Beerholms Vorstellung
Breaking News
Bretonische Geheimnisse

Cliffhanger
Cupido

Dampfnudelblues

Das Erbe
Das Gartenzimmer
Das Gesetz der Lagune
Das Grand Hotel
Das
Jesus Video
Das Mädchen mit dem Perlenohrring
Das Museum der Welt
Das perfekte Spiel

Das Salzmädchen
Das selbstfahrende
Bett
Das sterbende Tier
Das weiße Segel
Das Wochenende

Der Alchimist
Der Buchspazierer
Der Circle
Der
Dämon und Fräulein Prym
Der Geiger
Der Jogger
Der letzte Weynfeldt
Der Koch
Der moderne Mann
Der
Verdacht
Der Ramses-Code
Der
Schwarm
Der Teufel von Mailand
Der weiße Schmetterling
Der Zauberberg

Die Analphabetin, die rechnen konnte
Die blaue Reise 

Die dunkle Seite des Mondes
Die Ehefrau
Die große Umwendung
Die Frau mit den Regenhänden
Die Heimkehr
Die Höllenfahrt der Acheron
Die Liebhaber meiner Frau
Die Nachtigall
Die Päpstin
Die rote Antilope
Die schwedischen Gummistiefel
Die Therapie
Die Schachnovelle
Die Schatten der Toten
Die Vermessung der Welt
Die Zeit, die Zeit

Drachenläufer

drei sieben fünf

Ein Liebhaber ungerader Zahlen
Ein Mann und sein Rad
Ein Strand für meine Träume
Ein perfekter Freund
Eine perfekte Ehe
Emmas Glück
Encore  Provence
Erntedank

Fatal Tango
Flugangst7A
Freudsche Verbrechen

Großmama packt aus

Heute keine Schüsse
Höhenangst
Honigtot    
Horst allein zu Haus

Ich radle um die Welt
Ich trampe zum Nordpol
Illuminati
Im Gehege
Im Lautlosen
 In meinem kleinen Land

Kalte Rache

Land der Wunder
Lautlos
Lea
Leere Herzen
Letzte Etappe Mont Ventoux
Liebesfluchten
Lila, Lila

Mallorca, ein Jahr
Mehr Zeit mit Horst

Mein Jahr in der Provence
Mieses Karma
Milchgeld
Millionär
Mit Horst im Glück
Mörderischer Mistral
Monolog in Schwarz
Müssen wir da auch noch hin?

Nachmittage
Nachtzug nach Lissabon
Narziß und Goldmund
Neununddreissigneunzig
Nullzeit

Patria
Picknick mit Bären

Qualityland

Rasmussens letzte Reise
Rauhnacht

Rechtspfleger Grothjahn
Reise in die Nacht
Resturlaub
Ruhm

Sankt Martin
Schantall, tu ma die Omma winken
Schreckliche Maria
Selige Witwen
Seegrund
Small World 
Solange es Schmetterlinge gibt
Spanische Delikatessen
Spiel des Engels
Stoner
Streifzüge durch das Abendland

The Housemaid
The Housemaids Secret
Tödlicher Lavendel
Tod eines Kritikers 
Traumreisende

Tyll

Überleben 
Über Menschen
Und Gott sprach: Wir müssen reden
Und Gott sprach: Der Teufel ist auch nur ein Mensch
Und Gott sprach: Du musst mir helfen
Und was wird aus mir
Unterleuten

Unterwerfung 

Ventoux
Verborgene Laster und andere
Geständnisse

Verschwiegene
Kanäle
Vollidiot

Wann wird es endlich wieder so
Weil ich von dir träumte
Wellenglitzern
Wenn der Wind dreht
wie es nie war
Winter in Maine
Winterkartoffelknödel
... 







Bryson, Bill
Berggruen, Heinz
Brumme, Christoph



Erat, Elena u. Materne, Peter


Durrell, Lawrence

Grönemeyer, Dietrich
Gottschalk, Thomas
Gigerenzer, Gerd

Harrer, Heinrich 
Häusler, F. Richard

Iding, Doris 

llies, Florian

Kelle, Birgit
Keller, Kurt
Kemfert, Claudia
Kerkeling, Hape
Klonvosky, Michael
Koldehoff, Stefan

Lankers, Katharina
Lorenzo, Giovanni di


Martin, Guillaume
Maso, Benjo
Moshammer, Meike




Penn, Robert
Plaum, Wätzold
Plickert, Philip (Hrsg.)
Poser, Manfred
Precht, Richard-David
Prüter, Dirk

Rech, Kerstin
Reich-Ranicki, Marcel
Richards, Oly
Röhm, Uli



Scherer, Klaus
Schirrmacher, Frank
Schmidt, Helmut
Schmidt, Walter 
Sick, Bastian
Sieböck, Gregor
Steinbrück, Peer

Timm, Tobias

Tschirnt, Christiane

Voigt, Wilfried

Wickert, Ulrich
Winchester, Simon

Yiwu, Liao


 

-

100 Karten, die deine Sicht auf die Welt verändern

111 Gründe, das Radfahren zu lieben

1913

Alles ist Yoga  
 Am Ende der Eiszeit
Auszeit in Wanderstiefeln



Bis alles in Scherben fällt
Bücher, Alles was man lesen muss

Das Methusalem-Komplott


Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod-Folge 2-
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod-Folge 3-
Der kleine Medicus
Der Mann, der die Wörter liebte
Der satirische Kreuzfahrt-Flüsterer
Der Schweiß der Götter

Der Weltenwanderer

Die Wiki-Revolution

Eine kurze Geschichte von fast allem

Falsche Bilder - Echtes Geld



Gendergaga

Hauptweg und Nebenweg
Herbstblond

Ich bin dann mal weg
Ich lenke, also bin ich
In der Provence

Klick
Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens

Lebenswerte

Liebe in Zeiten des Hasses

Mein Leben (Reich-Ranicki)
Mein Leben (Harrer)
Merkel

Praktische Personalführung 


Radfahren
Radsport furios
Radabenteuer Welt

Schockwellen
Schritt für Schritt zur eigenen Mitte

Short Stories in English

Short Stories in English for Intermediate Readers

Sokrates auf dem Rennrad
Spektakuläre Kriminalfälle im Saarland

Tatort Autobahn



Urlaub mal anders



Verstehen Sie das, Herr Schmidt
Vom Glück auf zwei Rädern
Vom Glück Franzose zu sein


Wuhan



Zeit zu handeln
Zug um Zug



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 Freida McFadden 
The Housemaids Secret

Sprache: Englisch ; Herausgeber: bookouture ;  Seitenzahl der Printausgabe: 321

Format: eBook ; Erscheinungsdatum: 20.02 2023  ; Rezensionsdatum : 21.04.2024

Die Geschichte mit Millie geht weiter. Dieser Band 2 der Reihe (nach The Housemaid) spielt einige Jahre später. Man muss nicht unbedingt Band 1 zuerst gelesen haben, aber besser finde ich das schon.
Freida McFadden bedient sich wieder der Technik des mehrfachen Perspektivenwechsels und der Leser wird auch im 2. Band  wiederum gefesselt und staunt über die Wendungen, die die Handlung nimmt.
Im Vergleich zum Band 1 würde ich diesen gegenüber Band 2 präferieren, weshalb ich hier eine Skala tiefer meiner Bewertung wähle. Dennoch: Band 3 "The housemaid is watching" steht auf meiner "bucket list"!
ein Muss

sehr lesenswert
(für Krimifans und Liebhaber der
englischen Sprache)
 

lohnt sich

es gibt Besseres

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 Freida McFadden 
The Housemaid

Sprache: Englisch ; Herausgeber: bookouture ;  Seitenzahl der Printausgabe: 336 

Format: eBook ; Erscheinungsdatum: 27.4.2023 ; Rezensionsdatum : 28.02.2024 ;  ISBN13: 978-1408728512

Es ist die Geschichte von Millie, die in New York als "Hausmädchen" arbeitet. Im Haushalt von Nina Winchester und deren nettem Ehemann Andrew (oder ist der doch nicht so nett?), der Tochter Cecilia und dem etwas seltsam anmutenden Gärtner Enzo (oder ist der gar nicht seltsam?). Nun denn, ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt etwas so Spannendes gelesen habe. Der Leser wird gefesselt, vom Anfang bis zum Schluss. Dieser Eindruck fusst auch, vielleicht sogar insbesondere, auf der Technik des mehrfachen Perspektivenwechsel dieser jungen amerikanischen Schriftstellerin, die im Hauptberuf als Ärztin arbeitet.
Die Folgebände "The housemaids secret"(Bd.2) und  "The housemaid is watching" (Bd.3)  sind ein "must read".
ein Muss
(für Krimifans und Liebhaber der
englischen Sprache)
sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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 Claudia Kemfert 
Schockwellen
- Letzte Chance für sichere Energien und Frieden
-   

Verlag: campus ;  Seiten: 310

Format: gebundenes Buch ; Erscheinungsdatum: 8.2.2023 ; Rezensionsdatum : 25.02.2024 ;  ISBN13: 978-3-593-51696-7

Die Energie- und Klimaökonomin Claudia Kemfert ist engagierte Kämpferin für eine Energiewende in Form einer Abkehr von fossilen Energien in Form von Nutzung von mehr Wind, Sonne, Photovoltaik (bürokratische Hemmnisse beseitigen), Biomasse, Wasserkraft, grüner Wasserstoff, Pumpspeicherwerke, höhere CO2-Bepreisung, Wärmepumpen statt Öl u. Gas (Abwrackprämien), energetische Gebäudesanierung, …
Gnadenlos deckt sie die Fehler unserer Politiker der Vergangenheit auf. In ihrer Kritik an Schröder, Merkel, Steinmeier, Gabriel und Altmaier u.a., mit denen sie „hart ins Gericht geht“, nimmt sie kein Blatt vor den Mund.
Immer wieder stellt sie die berechtigte Frage, wie es in der Vergangenheit sein konnte bzw. wie es in der Gegenwart sein kann, dass wissenschaftliche Erkenntnisse so oft an einer Mauer aus politischer Ignoranz abprallten bzw. immer noch abprallen. Sie verficht nachdrücklich die These, dass die Kosten des Klimaschutzes deutlich geringer sind als die des Klimawandels (u.a. S. 136), rät nachdrücklich zum Anpacken und dazu endlich nachhaltig tätig zu werden.  Holzschnittartigen Argumenten wie „das kann ja gar nicht klappen“ wirkt sie kenntnisreich entgegen und es gelingt der Autorin sehr komplexe Strukturen und Zusammenhänge sehr einfach zu erklären. Das gilt insbesondere für alles rund um Gazprom.
Das Buch ist Allen empfohlen, die sich argumentativ mit Klimawandelleugnern/-ignoranten auseinandersetzen müssen/wollen und Letzteren empfohlen, um ihre Sicht der Dinge kritisch zu hinterfragen.
 

ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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  Florian Illies
Liebe in Zeiten des Hasses 

- Chronik eines Gefühls 1929 - 1939 -   

Verlag: S. Fischer   ;    Seiten: 432 ;  

Format:  gebundenes Buch ; Rezensionsdatum : 23.01.2024  ISBN13: 978-3-10-397073-9 


Oft geben Bücher, die man allgemeinhin als Folgebände bezeichnet, nicht das her, was der erste Band der Reihe hergab. Hier, bei Florian Illies ist es anders. „Liebe in Zeiten des Hasses“ (der Untertitel lautet „Chronik eines Gefühls 1929 – 1939“) ist auch nicht unbedingt ein Folgeband des von mir ebenfalls rezensierten, bezaubernden, vorausgegangenen Werks von Florian Illies: „1913“. In „Liebe in Zeiten des Hasses“ beschreibt Florian Illies in drei Kapiteln (davor; 1933; danach) sehr eindrucksvoll die Leben, Handlungen, Verstrickungen, Stärken und Schwächen, Erfolge und Versagen, Ängste und Gedanken einer Vielzahl zeitgenössischer Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Dichter, Künstler, um nur einige Genre zu nennen (Selbstverständlich - auch wenn ich auch hier auf *innen o.ä. verzichte – auch vieler Frauen). Sie alle zu nennen würde den Rahmen dieser Rezension sprengen; um dennoch einen Eindruck zu vermitteln, seien einige hier aufgezählt: Gottfried Benn, Hannah Arendt, Josephine Baker und natürlich die Familie Mann, Heinrich, Erika, Thomas, Klaus, Golo, Max Beckmann, Berthold Brecht, Charlie Chaplin, Marlene Dietrich, Otto Dix, Lion Feuchtwanger, Zelda Fitzgerald, Wassily Kandinsky, Erich Kästner, Tamara de Lempicka, Lotte Lenya, Ruth Landshoff, Henry Miller, Leni Riefenstahl, Jean-Paul Sartre, Pablo Picasso, Claus Schenk Graf Stauffenberg, Kurt Tucholsky, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway und und …. ; ja und dann die Verflechtungen, meist Liebschaften, dieser Akteure untereinander: Die Recherchearbeit muss gigantisch gewesen sein. Technik des Autors dabei ist es nicht etwa, das Leben und Werken der Personen wie in einem Lexikon zu beschreiben; vielmehr ist der Zeitstrahl die Leitlinie und immer wieder werden mehr oder weniger lange (meist eher kurze) Passagen dargestellt, was das Lesen sehr abwechslungsreich, aber nicht immer einfach macht; es lohnt sich, immer mal wieder zurückzublättern und sich als Leser so seinen eigenen roten Faden durch das Buch und durch die Zeit zu stricken. Mit jeder Seite gewinnt man immer mehr Eindrücke über Liebe, Sex und Leidenschaften in dieser Zeit; gegen Ende viel Nachdenken und es bleibt beklemmende Bedrückung.

Für Geschichtsinteressierte
ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich

es gibt Besseres

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  Stefan Koldehoff - Tobias Timm 
 Falsche Bilder - Echtes Geld 
  Verlag: Kiepenheuer & Witsch ;   304 Seiten (als E-Book gelesen) ;   Rezensionsdatum : überarbeitet am 22.01.2024

ISBN-10: 3-462-04509-1 ; ISBN-13: 9783462045093



Die Autoren Stefan Koldehoff und Tobias Timm erzählen in diesem ihrem Buch detailliert und spannend die Geschichte des früheren Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi und seiner damaligen Komplizen.Sie schildern in ihrem Buch, das sich wie ein Krimi liest (Anm.: ich mag diese Kombination von Sachbuch und Belletristik sehr) eindrücklich und spannend das Wirken des Wolfgang Beltracchi, der über Jahre hinweg sehr gekonnt Bilder bekannter Avantgarde-Künstler wie Max Ernst, Fernand Leger, Andre Derain, Heinrich Campendonk u.a. gemalt (ehrlicherweise muss man sagen „kopiert“) hat. Exzellente Werke, die dann als Originale mit hohem Gewinn verkauft wurden. Die ersten Bilder entstanden nach Fotos verschollener Originale, später kamen Kreationen hinzu, bei denen Teile verschiedener bekannter Bilder abgemalt wurden. Wolfgang Beltracchi gelange es mit hohem Aufwand alles so zu gestalten, dass ausgemachte Experten die Gemälde nicht als Fälschungen erkennen konnten. Man denke an die Beschaffung der Leinwände, an die Fälschungen der Galerieaufkleber, u.v.a.m . Es wird vermutet, dass noch heute Gemälde in Museen hängen, die keine Originale, sondern Werke Beltraccis sind. Man mag bei der Bewertung des Buches durchaus festhalten, dass Stefan Koldehoff und Tobias Timm mit ihrem Buch eine Lücke schließen, die das Kölner Gericht, das den Fall zwischen 2010 und 2011 verhandelte, bei seiner Verurteilung Beltraccis angeblich zurückgelassen hat. Nämlich die, dass nicht genug, nicht tief genug ermittelt worden war, nicht so wie das eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Angeblich wurden 170 Zeugen gar nicht erst gehört und blieben Tausende Seiten akribischer Ermittlungsarbeit unbeachtet.
Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich

es gibt Besseres

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Gerard Donovan

Winter in Maine

 Erscheinungsdatum: 2006   Rezensionsdatum:  26.12.2023

Verlag:  Random House ; Format: Gebundenes Buch ; Seitenzahl: 207;  ISBN 13: 978-3 630-87272-8

Julius Winsome lebt allein in einer Hütte in hohen Norden von Maine. Schon sein Vater und sein Großvater lebten in dieser Hütte. Julius lebt dort im Einklang mit der Natur, mit den Jahreszeiten, mit den langen Wintern.  Und er lebt dort in starker Verbundenheit mit seinem Hund und den Büchern seines Vaters, über 3.000 an der Zahl, so dass die Regale hierfür fast alle Wände der Hütte bedecken. Die winterliche Ruhe rund um die Hütte wird in dieser Jahreszeit regelmäßig durch Schüsse, die Wilderer abfeuern, unterbrochen; aber das ist fast normal. Einer dieser Schüsse jedoch ändert aber so gut wie alles im Leben von Julius Winsome. Gerard Donovan beschreibt die Ereignisste in seinem Buch  in  drei Teilen : erstens. Die 5 Tage vom  30.10. bis 2.11.;  dann die Nacht des 2.11. und schließlich im dritten Teil die Zeit vom  3. bis zum 5. November. Insgesamt umfasst das Buch  50 spannende, fesselnde, Kapitel . Der Schreibstil des Autors beeindruckt den Leser
Interessant ist auch, dass das Buch auch Autobiographisches enthält:  Auch der Autor hat einen Hund, der ihm viel bedeutet und auch der Autor lebt auf dem Land, auf einer Farm, wenngleich nah bei New York. Und Gerard Donovan bejaht in einem Interview die Frage, ob er auch – wie Julius – "a lone wolf" sei.
Fazit: Leselust pur in jedem einzelnen Kapitel. Das Ganze eingebunden in ein stimmungsvolles Cover.  Ein Buch, hat man es zugeklappt, den Leser noch lange nachdenken lässt. Was will man mehr?!
Persönliche Anmerkung: Das Buch erhält auch deshalb einen besonders schönen Platz auf meinem Regal,  weil ich dieses Buch völlig durchnässt aus einem Altcontainer geglaubt hatte. So ein Schätzchen zwischen all dem Altpapier.

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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Eva Rossmann

Freudsche Verbrechen

 Erscheinungsdatum: 2001   Rezensionsdatum:  23.12.2023

Verlag:  Bastei-Lübbe Band 15049 ; Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 333;  ISBN 13: 978-3 404 15049 6

"Verbrechen" statt "Versprechen" im Titel des Buches  regte mich zum Lesen an.  Es handelt sich bei dem Buch um Band 3 der mit (aktuell) 21 Bänden (!) ausgesprochen umfangreichen "Mira-Valensky-Krimi-Reihe".  Es geht in "Freudsche Verbrechen" um Morde in der Neuzeit vor dem Hintergrund der Geschichte Österreichs, speziell Wiens,  zwischen 1938 und 1942.  
Die Hauptakteure in dem Buch  sind Mira Valensky, eine Wiener Journalistin, zugleich begeisterte Köchin und Genießerin ihrer Speisen, sowie ihre energische, bosnisch stämmigen Putzfrau, zugleich Freundin Vesna Krajner. Viel Wiener Lokalkolorit und zum Lesen vor einem Aufenthalt dort durchaus empfehlenswert; vielleicht animierend für einen Besuch im dortigen Freud-Museum.
Aber auch viel Geschichte, Familiengeschichte, über 3 Generationen hinweg. Solche Bücher, bei denen man sich, um die Handlungen komplett zu verstehen, beim Lesen stammbaumähnliche Notizen (im Sinne von war sie jetzt Enkelin oder Tochter oder Nichte) machen muss, sind ehrlich gesagt "not so my cup of tea". Ich habe das zuletzt ausführlich gemacht bei Anna Karenina; aber mit Tolstoi und diesem seinem Werk hat man es halt mit Klassiker der Weltliteratur zu tun und da mag das schon mal angezeigt und lohnenswert sein.
Da das Buch auch nicht durchgehend spannend, sondern zuweilen etwas langatmig ist, vergebe ich nur 2 von 5 Sternen, d.h. in meiner Skala "Es gibt - in der unerschöpflichen Auswahl an Literatur - Besseres". 

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

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Ingeborg Seltmann

Mit Horst im Glück

 Erscheinungsdatum: 2017   Rezensionsdatum:  19.12.2023

Verlag:  rororo ;  Format: Taschenbuch  ISBN 13: 978-3499290510

Dafür, dass meine Rezensionen über die beiden ersten Bände der Reihe, nämlich "Mehr Zeit mit Horst" (aus dem Jahr 2014) und "Horst allein zu Haus" (aus dem Jahr 2015) so positiv ausfielen, hat es zugegebenermaßen sehr lange gedauert, bis ich endlich auch den 3. Band "Mit Horst im Glück" (aus dem Jahr 2017) gelesen bekam. Zu meiner Entschuldigung: Die Auswahl ist halt riesig und niemand weiß das besser als Gabi König, die Ich-Erzählerin in den 3 Bänden. Jedenfalls kann ich sagen, auch dieser Band war wieder so amüsant, kurzweilig und lebensnah geschrieben, dass man sich wünscht, Ingeborg Seltman möge die vergangenen 6 Jahre genutzt haben, um aus der Trilogie  doch bitte noch eine Quadrologie entstehen zu lassen. Mein Vorschlag wäre z.B. "Mit Horst durch die Corona-Jahre" oder Ähnliches.  Nun denn, zunächst vergebe ich mal 4 Sterne (= sehr lesenswert) für "Horst im Glück". Warum keine 5 Sterne? Warum nicht "Für Literaturinteressierte ein Muss"? Gabi König kennt die Antwort: Sie lautet in etwa "Was würde wohl Thomas Mann dazu sagen?" oder "Es muss doch noch Luft nach oben bleiben für Die Buddenbrocks oder Der Zauberberg". 

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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Olly Richards

Short Stories in English for Intermediate Learners 

 Erscheinungsdatum: 28.11.2019  Rezensionsdatum:  4.12.2023

Verlag:  Teach yourself ;  Format: E-Book ISBN 13: 978-1529361445 

Der vorausgegangene Band  "Short Stories in English" machte so viel Lust auf diesen Folgeband "Short Stories in English for intermediate learners". Meine Erwartung wurde nicht enttäuscht. Die Gliederung der Texte entspricht dem vorausgegangenen Band. Und auch die Genres sind die Gleichen. Auch dieser Band ist eine absolute Empfehlung für jeden, der seine Englischkenntnisse verbessern und zugleich gut unterhalten werden will. 

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Olly Richards

Short Stories in English 

 Erscheinungsdatum:  24.6.2021   Rezensionsdatum:  20.10.2023

Verlag:  Teach yourself ;  Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 240 ;  ISBN 10: 1473683556 

8 spannende Kurzgeschichten, jeweils in Kapitel untergliedert, mit Vokabellistung und Verständnisfragen nach jedem Kapitel.  Die Texte aus den Bereichen Krimi, Science Fiction, Thriller und Geschichte sind sehr phantasievoll und unterhaltsam und lehrreich, für diejenigen, die ihr Englisch des Levels A2-B1 gem. Common European Framework of Reference (CEFR) verbessern wollen. Das Buch macht Lust auf weitere ähnliche Werke des vielseitigen Autors. (z.B. auf den Folgeband "Short Stories in English for intermediate learners").

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Liao Yiwu

Wuhan 

 Erscheinungsdatum: 26.01.2022     Rezensionsdatum: 2.12.2023

Verlag: S. Fischer  ;  Format: gebundenes Buch  ; Seitenzahl: 352  ;  ISBN 10: 3103971052   

Bücher kann man nach den unterschiedlichsten Kriterien differenzieren: es gibt dicke und dünne Bücher, es gibt alte und neue Bücher usw. Sinnvoller und zielführender ist es natürlich, wenn man nach dem Inhalt der Bücher differenziert: ich unterscheide diesbezüglich zwischen Fiktivem und Realen bzw. zwischen belletristischen Büchern und Sachbüchern. Dieses hier macht mir die Unterscheidung schwierig; es ist weder belletristisch noch ein Sachbuch, oder besser gesagt, es ist sowohl ein belletristisches als auch ein Sachbuch.  Es ist - wie deutlich auf dem Titel zu lesen ist - ein Dokumentarroman. Also ein Werk, das Reales und Fiktion verknüpft.  Der fiktive Teil ist schnell dargestellt: er schildert u.a. die Erlebnisse eines Einwohners von Wuhan als dieser nach einem längeren Aufenthalt in Deutschland nach China zurückkehrt und 40 Tage benötigt, um vom Flughafen in seine Wohnung und zu seiner Familie zu gelangen, um dann von seiner Tochter erfahren zu müssen, dass seine Frau kurz zuvor dem Virus erlegen ist.
Ebenso wenig wie das Buch somit in die o.a. inhaltlichen Kategorien einsortierbar ist, lässt es sich auch nicht in die ansonsten von mir verwendeten 5 Qualtitätskategorien einordnen.  Ist z.B. das Buch einerseits sehr lesenswert, so ist es andererseits für jeden, der daran glaubt, dass zukünftige Kriege nicht mehr wie früher (oder derzeit noch in der Ukraine und im Gaza-Streifen) durch Panzer und Raketen und Landgewinne/-verluste gewonnen oder verloren werden, sondern dadurch wie es gelingt, generell die progressivste Technik einzusetzen. Erwähnenswert in diesem Kontext finde ich eine Fußnote zu Seite 228 auf Seite 350, wo aus "Der Zeit" zitiert wird. Dort wird unter der Überschrift „China: Dieses Schlachtfeld hat keine Grenzen“ ausgeführt "Ein künstlich herbeigeführter Börsencrash, ein Hackerangriff, ein Gerücht oder Skandal, der den Währungskurs des Feindes zum Absturz bringt oder seine Anführer im Internet bloßstellt, all das gehört nun ins Arsenal der Waffen neuer Art". Zu ergänzen wäre noch: „Biotechnologie ist also nach Schwertern, Gewehren, Atombomben die neue Waffe“.
Schon auf den allerersten Seiten gewinnt man den Eindruck, dass man in diesem Buch weit mehr über China und Corona erfahren wird, als man bisher gewusst hat. Eine Voraussetzung dafür ist, sich darauf einzulassen, dass das Buch nicht immer leicht zu lesen ist. Auch wenn man nicht allzu viele Sachkenntnis mitbringen muss, um zwischen Realem und Fiktivem zu unterscheiden, so sind da doch viele andere Passagen, die der Autor einfließen lässt und die den Lesefluss vorübergehend unterbrechen. Dazu zählen z.B. alte Gedichte und eine Vielzahl von Fußnoten, die nicht am unteren Seitenrand, sondern am Ende des Buches erläutert werden, was viel Blättern vor und zurück erfordert.
Inhaltlich rückt die Frage, ob das Coronavirus vom Tiermarkt in Wuhan oder aus dem P4-Labor in Wuhan stammt, immer mehr ins Zentrum.
Klappt man nach der Lektüre das Buch zu, bleibt vermutlich jeder sehr nachdenklich zurück.
Aus oben genannten Gründen wird ausnahmsweise auf eine Zuordnung in eine der sonst üblichen 5 Kategorien (Für an Literatur Interessierte ein Muss, sehr lesenswert, lohnt sich, es gibt Besseres, Zeitverschwendung) verzichtet!  

Meine Bewertung:

Für an Literatur Interessierte
 ein Muss
 sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

Siehe zum Verzicht auf eine solche Eingruppierung obigen Text ! 

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Elke Vesper 

Schreckliche Maria 

 Erscheinungsdatum: 1. 11. 2007   Rezensionsdatum:  19.10.2023

Verlag:  Fischer ;  Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 784 ;  ISBN 10: 3596117807X 

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Schon viel habe ich über die Zeit des Impressionismus, dessen Vertreter auf dem Montmartre in Paris, gelesen, aber noch nie so detailliert und so eindrucksvoll beschrieben wie in diesem Buch. Insbesondere die Affären der Suzanne Valadon mit Henry Toulouse-Lautrec, mit Eric Satie und anderen und ihr Zusammenleben mit dem Bankier Paul Mousis und mit ihrer Mutter Madeleine und ihrem Sohn Maurice Utrillo sowie ihre langjährige Partnerschaft mit Andre Utter werden eindrucksvoll beschrieben . Was Elke Vesper über die beiden zuletzt genannten zu Papier gebracht hat, welch ungeheure Sorgen und Nöte Maurice u.a. mit seiner Alkoholabhängigkeit seiner Mutter und seinem Stiefvater bereitet hat, beeindruckt den Leser.

Das Buch beginnt mit rauen Schilderungen aus der Künstlerszene des Montmartre und mit Bettgeschichten zwischen Marie und Henry Toulouse-Lautrec, der ihren Namen Marie als unvereinbar mit ihrer sexuellen Begierde empfand und vorschlug, sie solle sich ab sofort Suzanne nennen. Apropos sexuelle Begierde: ich bin nicht prüde, aber manche Buchseite ist als nicht jugendfrei einzustufen und etwas weniger detaillierte Schilderungen der erotischen Wünsche und Aktivitäten der Suzanne und ihrer Männer hätten dem Buch eher gut getan.

Nun denn, es ist jedenfalls phantastisch wie die Schriftstellerin ihre Leser in die Welt des Impressionismus versetzt. So beeindruckend wie sie Gespräche zw. Cezanne, Manet, Degas, van Gogh und vielen anderen wiedergibt.

Einfühlsam, sehr gut nachvollziehbar beschreibt die Autorin das Paris zum Ende des 19. Jahrhunderts, rund 100 Jahre nach der Revolution, die Eindrücke der Besucher der Weltausstellung 1889 in Anbetracht des „300-Meter-Turms“ und die Zeit des aufkommenden Impressionismus in der Malerei. Die Nennung der Straßen, Gassen und Plätze auf der Butte Montmartre und anderswo in Paris und Umgebung animiert dazu, dort beim nächsten Aufenthalt in Paris entlang zu spazieren. Insbesondere die Rue Cortot Nr. 12-14, wo Suzanne Valadon, Andre Utter und Maurice Utrillo wohnten und arbeiteten, steht dann auf der "ToDo-Liste"

Wer schon über Impressionismus gelesen hat, der weiß, dass viele der Impressionisten zeitgleich am selben Ort gelebt haben und sich gegenseitig gut kannten, sich trafen und über ihre Malerei diskutierten. Aber noch nie wurde mir das so eindrucksvoll vermittelt, wie Elke Vesper dies in diesem Buch tut. Ihre Beschreibung der ersten Ausstellung ist so eingehend, dass man nach dem Lesen glaubt, selbst dabei gewesen zu sein. Hinzu kommt, dass das Buch auch viel über die beginnende Emanzipation der Frauen und den Feminismus erzählt.

Wenn Sie sich für Impressionismus und nachfolgende Kunstrichtungen wie Expressionismus, Fauvismus u.a. interessieren, lesen Sie unbedingt dieses Buch. Es wird Ihnen viele neue Eindrücke vermitteln.

Wenn es überhaupt etwas Negatives anzumerken gibt, so ist dies der Verzicht der Schriftstellerin auf direkte Rede und Anführungszeichen und die Bevorzugung der indirekten Rede, was das Lesen manchmal etwas erschwert.

Höchste Anerkennung für das schier unermessliche Ausmaß an Recherchearbeit, welches Elke Vesper bewältigt hat, um die 774 Buchseiten so gekonnt zu füllen.
Wer mehr über Malerei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wissen will, für den ist dieses Buch Pflichtlektüre. In keinem Buch dieses Genres habe ich so tiefgehenden Einblicke in die Zeit und das Leben und die Gedanken der Künstler gewonnen.

Meine Bewertung:

Für an Malerei Interessierte ein Muss
Für alle Anderen sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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Gerd Gigerenzer

Klick 

Originaltitel ‏ : ‎ How to Remain Smart in a Smart World ; Erscheinungsdatum:  23.11.22   Rezensionsdatum:  02.08.23

Verlag: Pantheon ;  Format: gebundenes Buch ; Seitenzahl: 416 ;  ISBN 10: 3570554767 

Bisher hatte ich zum Thema "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens" von Richard David Precht gelesen und hier rezensiert. Nun fiel mir dieses Buch von Gerd Gigerenzer in die Hände. Um Eines vorwegzunehmen: bedingungslose Befürworter von KI sind beide hochintellektuellen Autoren nicht. Auch ein Votum vorab: Vielleicht ist "Klick" von allen hier rezensierten Sachbüchern das Wichtigste und  - nahezu selbstverständlich - ist es nicht immer leicht zu lesen und direkt zu verstehen. Der Autor liefert jedoch sehr, sehr viele Beispiele aus den unterschiedlichsten Themengebieten für Irrtümer über KI und Irrtümer der KI. Und hieraus resultiert schon: auch für Gefahren der KI. Er liefert auch unzählige, interessante Infos und Berichte über Forschungsergebnisse zum Thema. Um hier nur eines herauszugreifen: "Um alle Datenschutzerklärungen zu lesen, die ein durchschnittlicher Internetnutzer im Jahr als "gelesen und verstanden" markiert, bräuchte dieser 30 Arbeitstage". Haben Sie die zur Verfügung? Ich nicht! Und somit wissen wir Beide, wie wir damit umgehen; wir klicken auf "alle akzeptieren". Unter dem Strich ist der Autor mehr der Warner als der begeisterte Befürworter dieser neuen Techniken.  Ich habe allerdings (leider) kein Vertrauen, dass Gigerenzers Meinungen und Ansichten und Bemühungen mehrheitsfähig oder durchsetzungsfähig sein werden. 
Beeindruckend sind auch seine Ausführungen über z.B. Datingapps oder den Sozialkreditscore: Dem Beispiel Chinas folgend haben Staaten in Asien (Thailand, Myanmar, Vietnam) aber auch in Südamerika (Venezuela) und Afrika (Tansania) entsprechende Planungen oder Systeme schon eingeführt. Auf S. 231 führt der Autor aus "Ob offen oder versteckt, Techunternehmen und staatliche Organisationen bauen gemeinsam an einer Welt der totalen Überwachung. Beobachtet zu werden wird unsere Zukunft sein - es sei denn, die Bürger, die Gesetzgebung und die Gerichte greifen ein, um dem Scoring der Bevölkerung Einhalt zu gebieten". Jede Technik hat ihre guten und ihre schlechten Seiten. Mit einem Auto kann man im guten Fall schnell von A nach B kommen; mit demselben Auto kann man im schlechten Fall jemanden überfahren. Gigerenzer schreibt - wenn auch nicht nur, dann doch überwiegend - über die 2. dieser beiden Alternativen, über die schlechten Auswirkungen der KI . Er schreibt auch über bedauerliche Unfälle infolge Unachtsamkeit am Steuer und dafür, dass er speziell das Thema "Smartphone während des Autofahrens" ausführlich behandelt und warnende Worte an den Leser richtet, danke ich ihm (wenngleich seine Worte wenig und mein Dank gar nichts nützen und mir weiterhin Deppen entgegenkommen, die bei hoher Geschwindigkeit auf ihr Handy glotzen).  Fazit mit Bezug auf den o.a. engl. Originaltitel: ich habe beim Lesen viel Neues erfahren und werde mich bemühen, smart zu bleiben (oder zu werden) in der (unaufhaltbaren) "smarteren world".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

es gibt Besseres

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 Remy Eyssen

Tödlicher Lavendel 

Erscheinungsdatum:  28.04.2022  Rezensionsdatum:  20.05.2023

Verlag: Ullstein ;  Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 464 ;  ISBN 10: 3864932157

Sie kennen das sicher: Ein regionaler Wein, der am Urlaubsort so sehr mundet, von dem man eine Kiste mit nach Hause nimmt, schmeckt daheim gar nicht mehr so gut. Ähnlich ist das mit einem Roman, dessen Handlung in dem Urlaubsort spielt, in dem man sich gerade aufhält. Wenn der Autor z.B. eine Landschaft, ein Städtchen, ein Denkmal o.ä. beschreibt, was man wenige Stunden zuvor in Realita gesehen hat, steigert das unweigerlich die Lust am Lesen. So jedenfalls erging es mir mit diesem Buch und das beeinflusst meine Bewertung. Inhaltlich geht es um den Pathologen und Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter, der von Frankfurt nach Le Lavondou wechselt und dort in Verbrechen und allerlei Verstrickungen verwickelt wird. Teilweise finden sich sehr grausame Schilderungen bez. der begangenen Ermordungen und auch die Arbeit in der Gerichtsmedizin und den zwangsläufigen Obduktionen, der Umgang mit den "Patienten" des Dr. Ritter, ist nichts für Leser mit schwachen Nerven. Hie und da kommt einem da schon das Schaudern. Der Autor versteht es, die Charaktere gut darzustellen (so insbesondere den Polizeichef und den Bürgermeister von Le Lavandou) die Spannung in den mehr als 460 Seiten geschickt zu steigern. Nebenbei geht Remy Eyssen auch auf aktuelle Themen wie die Hitze, den Wassermangel und die gefährlichen Waldbrände in der Provence bzw. Cote d´Azur ein. Die Lektüre lohnt sich; weilt man gerade in der Region Provence-Cote d´Azur so ist das Buch sehr lesenswert.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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Carsten Sebastian Henn 

Der Buchspazierer

Erscheinungsdatum:  2.11.2020   Rezensionsdatum: 2.4.2023

Verlag: Pendo ;  Format: Kindle ; Seitenzahl der Print-Ausgabe: 224 ;  ISBN 10:  3866124775

Bücher übers Lesen und Bücher über Bücher wecken in mir schon immer die Leselust. Es sei z.B. nur an  „Bücher, Alles was man lesen muss“ von Christiane Tschirnt  verwiesen. Dieses hier wurde mir von einer lieben Freundin empfohlen und damit lag sie goldrichtig. Geradezu herzerweichend, wie Herr Kollhoff, ein in die Jahre gekommener Mitarbeiter einer Buchhandlung, der bestellte Bücher zu Fuß an die Kunden der Buchhandlung ausliefert und die neunjährige Schascha miteinander und mit "ihren" Kunden umgehen. Begleitet werden sie dabei von einer Katze namens Hund. Vielleicht ist es eine der wesentlichensten Fähigkeit von Büchern, Einsamkeit zu beseitigen. Jedenfalls haben die von den Beiden mit viel Nächstenliebe ausgelieferten Bücher diese Wirkung auf ihre Leser. Das Buch von Carsten Henn macht Lust, weitere Bücher von diesem Autor zu lesen, als da wären "Der Geschichtenbäcker",  "Eine Prise Sterne", "Die letzte Reifung" und "Tod und Trüffel".  

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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100 Karten, die deine Sicht auf die Welt verändern

Erscheinungsdatum: 5.2.2019   Rezensionsdatum: 19.3.2023

Verlag: Katapult ;  Format: gebundenes Buch ; Seitenzahl: 208 ;  ISBN 10: 3455005381 

Ein außergewöhnliches Sachbuch, das verblüffende Erkenntnisse auf einfachste Art und Weise vermittelt. Mit solchen Karten hätte mir der Erdkundeunterricht in der Schule mehr Spaß gemacht. Um nur wenige von den 100 herauszugreifen: Hätten Sie geglaubt / haben Sie gewusst, dass die gesamte Weltbevölkerung von derzeit 7,6 Milliarden Menschen  - vorausgesetzt 2 Menschen würden sich nebeneinanderstehend einen Quadratmeter teilen, was für Versammlungsstätten eine gängige Größe ist - eine Fläche von nur 62 x 62 Kilometern einnehmen würden. Die 3.844 Quadratkilometer, die man dafür benötigte, würden nur wenig über die Grenzen des Saarlandes (2.570 qkm) hinausreichen.  Oder, dass man nur eine einzige Fläche auf dem Atlantik von 1.500 x 1.500 km benötigen würde, um die gesamte (!) Welt mit Strom aus Windkraft zu versorgen. Sehr anschaulich auch die Doppelseite, die die Länder der Welt nach ihrer Größe darstellt: von den riesigen Ländern wie Russland, Kanada, China, USA bis zu den kleinsten wie auf der Buchseit kaum noch zu erkennenden Ländern wie Israel, Slowenien oder Kuwait. Solche vergleichende, bildliche Darstellungen bis zum geographischen Unterschied zw. Semikolon und Strichpunkt, bis zu einer Weltkarte, die den Alkoholkomsum der Bevölkerung der Länder darstellt u.v.a.mehr, lassen einen gemütlich und wissbegierig durch die 208 Seiten blättern. 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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  Stefan Koldehoff - Tobias Timm 
 Falsche Bilder - Echtes Geld 
  Verlag: Kiepenheuer & Witsch ;   304 Seiten (als E-Book gelesen) ;   Rezensionsdatum : überarbeitet am 22.01.2024

ISBN-10: 3-462-04509-1 ; ISBN-13: 9783462045093



Die Autoren Stefan Koldehoff und Tobias Timm erzählen in diesem ihrem Buch detailliert und spannend die Geschichte des früheren Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi und seiner damaligen Komplizen.Sie schildern in ihrem Buch, das sich wie ein Krimi liest (Anm.: ich mag diese Kombination von Sachbuch und Belletristik sehr) eindrücklich und spannend das Wirken des Wolfgang Beltracchi, der über Jahre hinweg sehr gekonnt Bilder bekannter Avantgarde-Künstler wie Max Ernst, Fernand Leger, Andre Derain, Heinrich Campendonk u.a. gemalt (ehrlicherweise muss man sagen „kopiert“) hat. Exzellente Werke, die dann als Originale mit hohem Gewinn verkauft wurden. Die ersten Bilder entstanden nach Fotos verschollener Originale, später kamen Kreationen hinzu, bei denen Teile verschiedener bekannter Bilder abgemalt wurden. Wolfgang Beltracchi gelange es mit hohem Aufwand alles so zu gestalten, dass ausgemachte Experten die Gemälde nicht als Fälschungen erkennen konnten. Man denke an die Beschaffung der Leinwände, an die Fälschungen der Galerieaufkleber, u.v.a.m . Es wird vermutet, dass noch heute Gemälde in Museen hängen, die keine Originale, sondern Werke Beltraccis sind. Man mag bei der Bewertung des Buches durchaus festhalten, dass Stefan Koldehoff und Tobias Timm mit ihrem Buch eine Lücke schließen, die das Kölner Gericht, das den Fall zwischen 2010 und 2011 verhandelte, bei seiner Verurteilung Beltraccis angeblich zurückgelassen hat. Nämlich die, dass nicht genug, nicht tief genug ermittelt worden war, nicht so wie das eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Angeblich wurden 170 Zeugen gar nicht erst gehört und blieben Tausende Seiten akribischer Ermittlungsarbeit unbeachtet.
Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich

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Ferdinandvon Schirrach

Nachmittage

Erscheinungsdatum: 24.8.2022   Rezensionsdatum:  5.3.2023

Verlag: Luchterhand Literaturverlag ;  Format: gebundenes Buch ; Seitenzahl: 176  ;  ISBN 10: 3630877230

26 Geschichten, manche kaum eine Buchseite füllend, wie z.B. die Nr. 9 oder 11; manche über 20 Seiten lang, wie die Nr. 8. Überhaupt die Nr.8: Sie ist meine Lieblingsgeschichte, weil erst im letzten Absatz alles klar wird. So wie auch bei der Nr. 18 oder bei der Nr. 12, wo es gar das letzte Wort ist, das die ganze Geschichte ausmacht; sozusagen die Quintessens de luxe . Die 16 ist richtig spannend. Dann aber auch mal, wie die Nr. 17, zunächst völlig Unzusammenhängendes auf 2 Seiten zusammengequetscht und es bleibt dem Leser überlassen, den Zusammenhang zu erkennen. Bei anderen - wie der Nr. 23 und 24 - fehlt ein Highlight am Schluss und der Autor lässt den Leser etwas ratlos zurück. Insgesamt allemal ein lesenswertes, weil "Denkanstöße gebendes Buch". Die Lektüre lohnt sich.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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Christoper Kloeble 

Das Museum der Welt

Erscheinungsdatum:  20.08.2021 ;  Rezensionsdatum:  2.1.2023

Verlag: dtv ;  Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 528 ;  ISBN 13: 978-3-423-14805-4
Das Buch erzählt die Geschichte, besser gesagt die Abenteuer, eines 12-jährigen, eigensinnigen Waisenjungen aus Bombay (heute Mumbai) in den Jahren 1853/1854. Es ist somit ein Abenteuerroman. Noch treffender ist es als Schelmenroman zu bezeichnen (wird doch ein solcher dadurch gekennzeichnet, dass er schildert, wie sich der aus unteren gesellschaftlichen Schichten stammende Hauptakteur in einer Reihe von Abenteuern durchs Leben schlägt und dabei seine niedere Geburt zu überwinden versucht, indem er permanent nach Aus- und Aufstiegsmöglichkeiten sucht). Und weil neben dem Waisenjungen namens Bartholomäus die drei Brüder Hermann, Adolf und Robert Schlagintweit Hauptakteure sind, ist es auch ein Reisebericht, ein Historienroman und fast auch ein Sachbuch; denn die beschriebene Forschungsreise dieser 3 zu Zeiten Alexander von Humboldts durch Indien fand tatsächlich (so oder so ähnlich) statt.
Und der Leser lernt etwas über die politischen Verhältnisse in Indien in dieser Zeit. Speziell über die britischen Kolonialherren in Form der East India Company, die Mitte des 19. Jahrhunderts bereits seit rund 200 Jahren ganz Indien kontrolliert. Bartholomäus führt ein qualvolles Leben im Waisenhaus. Er ist intelligent; spricht verschiedene Sprachen, was ihm dazu verhilft, dass die drei Forscher aus Bayern ihn als Dolmetscher mitnehmen. Zwischen Bartholomäus und Adolph Schlagintweit entwickelt sich eine besondere Beziehung.
Es ist ein überraschendes, ein eigenwilliges Buch, oft bizarr und seltsam. Kritisch anzumerken ist, dass der Lesefluss häufig dadurch gestört wird, dass der Autor auf wörtliche Rede in Anführungszeichen verzichtet. Sätze wie z.B. Wer ist da?, fragte sie (also mit Komma hinter Frage- oder Ausrufezeichen und das mehrfach hintereinander) würde man einem Grundschüler nicht durchgehen lassen.
Mein zweiter Kritikpunkt: es fehlt ein Glossar, der die vielen für einen Europäer fremdartigen Ausdrücke und Bezeichnungen listet und erläutert. Oder wissen Sie was die Vickys, eine Baramahda, Diwali, eine Diya, ein Maharaja, Urdu, Gujarati, ein Harami usw. sind?
Drittens ist anzumerken, dass es das Geheimnis des Autors bleibt, wieso ein 12-jähriger Waisenjunge neunmalklug erklären kann, dass - um nur ein Beispiel zu nennen - Holismus eine Ganzheitslehre ist, der die Vorstellung, dass Systeme und ihre Eigenschaften, als Ganzes und nicht nur als Zusammensetzung ihrer Teile zu betrachten sind, zugrunde liegt.
Fazit: ein durchaus geschichtlich lehrreiches, oft (zu) skurriles, geheimnisvolles, nicht immer leicht zu lesendes Buch.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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Andrea De Carlo 

Wenn der Wind dreht

Erscheinungsdatum: 23. September 2008  Rezensionsdatum:  13.12.2022

Verlag: Diogenes ; Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl: 432  ;  ISBN 10: 3257237839 

Das Buch schildert eine unglaubliche Geschichte, die vier erfolgsverwöhnte, der Mailänder Oberschicht zuzuordnenden Personen erleben, als sie sich mit einem Immobilienmakler in einem Multivan auf eine Fahrt nach Umbrien begeben, um dort zum Verkauf stehende Häuser auf dem Lande zu besichtigen. Die vier, das sind das Ehepaar Enrico und Luisa Guardi, er Architekt und sie Buchverlagslektorin, sowie Arturo Vannucci, seines Zeichens Inhaber eines Möbelgeschäfts und die TV-Entertainerin Margaritha Novelli; der fünfte im Auto ist der der Makler Alessio Cingaro, der - seine Provision vor Augen – während der Anreise nicht müde wird, seine Kunden von den Vorzügen der Immobilien und dem entspannten Leben auf dem Lande überzeugen zu wollen.

Nach ersten Meinungsverschiedenheiten über der Frage, ob am Zielort erst das Hotel bezogen werden und die Besichtigung der Häuser am Folgetag erfolgen soll oder ob man doch noch vor Einbruch der Dunkelheit – über deren Zeitpunkt auch unterschiedliche Meinungen bestehen - zu den Objekten fahren soll, kommt es zu einer folgenschweren Autopanne, die eine Weiterfahrt in der zwischenzeitlich eingebrochenen Nacht nicht zulässt. Mit der Reaktion von Margaritha gegenüber dem am Steuer sitzenden Vannucci, der ihres Erachtens die Panne verursacht hat, werden der zunächst beim Start noch ungezwungenen Atmosphäre weitere Risse zugefügt. Die 5 müssen das Auto stehen lassen und in der Dunkelheit und Einsamkeit bei Regen ihren Weg zu Fuß (hierfür war keiner gerüstet) fortsetzen.  Sie streben als einzig möglichen Zufluchtsort Lichter am Waldrand an. Natürlich nicht ahnend, dass ihr Aufenthalt dort so enden wird, wie er endet. An den Gehöften angelangt treffen sie auf Mirta und Gaia und Arup und Lauro sowie die Kinder Aria und Icaro. Die plötzliche Erkenntnis, dass es sich bei den Gebäuden um exakt die handelt, die die 4 zwecks möglichem Erwerb besichtigen wollen, trifft diese wie ein Paukenschlag.

Auch die Leute mit den altertümlichen Namen und ebensolcher Kleidung, Hausrat und Werkzeug, die sich widerrechtlich in den von den ursprünglichen Bewohnern verlassenen Häusern ohne Strom und fließendes Wasser einquartiert haben, um darin ein vom Verzicht auf jeglichen Luxus, mehr noch ein von der Abkehr von allen modernen Errungenschaften geprägtes Leben in totaler Abgeschiedenheit zu führen, sind geschockt. Dennoch legen die Aussteiger zunächst eine gewisse Gastfreundschaft an den Tag. Mit dem Verlauf jedoch werden die unterschiedlichen Ansichten immer deutlicher und die zwischenmenschlichen Probleme immer größer. Auch die Gefühle der so unterschiedlichen Akteure und Charaktere nehmen immer breiteren Raum ein und bestimmen immer mehr deren Reden und Tun.

Schließlich wird neben der materiellen Rückständigkeit der Bewohner eine moralische Rückständigkeit, mindestens bei deren Gästen immer deutlicher. Vergangenes wird in Erinnerung gebracht, um sich gegenseitig zu denunzieren und schlecht zu machen.  Letztlich eskaliert es zwischen den 5 Mailändern immer mehr.

Als Bewertung ist festzuhalten: Mit dem Szenario der Anreise beginnt der Roman zunächst etwas langatmig. Die Szenen mit den 5 Dauertelefonierenden im Auto nerven etwas. Spannend wird es, als sich nach der Autopanne herausstellt, dass die Gebäude, die die 5 in ihrer Not zu Fuß ansteuern, genau die sind, die diese erwerben wollten. Das überrascht den Leser an dieser Stelle (zugegebenermaßen ging es zumindest mir so) und das baut unvermittelt einen Spannungsbogen auf, der im Folgenden noch sehr viel mehr gespannt werden wird. Kleine Punktabzüge erhält das Buch, weil die Dialoge manchmal etwas gestelzt rüberkommen und manche Schilderungen etwas zu langatmig sind. Insgesamt jedoch eine absolute Leseempfehlung. Und beim Lesen stellt man sich stets eine Verfilmung des Romans vor und das spricht ebenfalls für dieses Werk.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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Tommy Jaud 

Millionär

Erscheinungsdatum: 7.11.2008  Rezensionsdatum:  13.12.2022

Verlag: Fischer ; Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl: 320  ;  ISBN 10: 3596174759

Lang ist es her, dass ich ein Buch von Tommy Jaud gelesen hatte. Zuletzt hier rezensiert wurden "Vollidiot - Der Roman Simon Peters, Band 1" (aus 2006)  und  "Resturlaub - Das Zweitbuch" (aus 2007). Beide empfand ich damals als "sehr lesenswert". Nun fiel mir "Millionär - Der Roman Simon Peters, Band 2)" aus dem Jahr 2008 in die Hände. Und es interessierte mich (auch 14 Jahre danach), ob dieses Buch mit den früher Erschienenen mithalten kann oder - was bei viel schreibenden Autoren, zu denen Tommy Jaud sicher gehört, hie und da schon mal passiert - ob aufgrund einer Art "Restegedankenverwertung" die Qualität gelitten hat. Fazit: Das Buch fängt stark an um dann - so ab der Mitte - stark nachzulassen. Während man sich in der ersten Hälfte köstlich amüsiert, z.B. über Simons Anrufe bei der Beschwerdehotline von Procter&Gamble, wird es dann einfach zu viel, zu gestelzt, zu langatmig, zu überzogen; letzlich recht platt. Schade.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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BirgitKelle

Gendergaga - Wie eine absurde Idee unseren Alltag erobern will 

Erscheinungsdatum: 2015  ;  Rezensionsdatum:  19.11.2022

Verlag: adeo ; Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl: 224 ISBN 13: 978-86334-045-2 ; Fotoquelle: eigenes Foto

Einfach köstlich mit welchem Wortwitz, wie kenntnisreich und engagiert Birgit Kelle in diesem bereits 2015 im adeo-Verlag erschienenen Buch jeden, der Gendermainstreaming für wenn nicht gar unsinnig so doch für mindestens absolut  überzogen hält, in dieser seiner Meinung bestärkt. Und jede (hier weiche ich ausnahmsweise mal - ein Schelm/eine Schelmin, der/die Böses dabei denkt - vom generischen Maskulinum ab), die sich der Bewegung verschrieben hat, geradezu der Lächerlichkeit preisgibt. Wobei einem das Lachen vergehen kann, wenn man bei Birgit Kelle mit detaillierten Quellenhinweisen liest mit welchen Etats einschlägige Akteure und Stellen ausgestattet sind - und zwar mit Deinem und meinem Steuergeld. Auch ansonsten beschreibt die Autorin sehr kompetent die Szene, in der es um viel mehr geht als um Gendersternchen und Schreibweisen wie „Leser*in“, „LeserIn“, „Leser_in“, „Leser/in“ oder „Leser:in“. Ich nehme für mich in Anspruch keinesfalls antifeministisch zu sein und auch nicht rechtsaußen zu stehen und bewerte dieses Buch dennoch als "sehr lesenswert". So, und ab jetzt warte ich auf höchstrichterliche Entscheidungen, wenn Eltern2 gegen Eltern1 klagt, weil er/sie sich durch die 2 als zweitrangig und zurückgesetzt fühlt.
Von Birgit Kelle stammen übrigens auch "Dann mach doch die Bluse zu - Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn!" aus dem Jahr 2013 und  "Noch normal, das lässt sich gendern - Genderpolitik ist das Problem und nicht die Lösung " aus dem Jahr 2020.
Und mit "Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Sprache" von Tomas Kubelik sowie "Von Menschen und Mensch*innen: 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören"  von Fabian Payr finden sich weitere lesenswerte Bücher zum Thema.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert 

lohnt sich

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Ingrid Noll

Selige Witwen

Erscheinungsdatum:  25.10.2002 ;  Rezensionsdatum:  09.11.2022

Verlag: Diogenes ; Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl: 272  ;  ISBN 13: 978-3257233414 

Zweifelsohne ist die 1935 in Shanghai geborene Ingrid Noll eine sehr erfolgreiche, bekannte, weil begabte, Schriftstellerin. Das belegen die Vielzahl ihrer Romane und deren Auflagenzahlen. Ihr bereits 2002 erschienenes Buch "Selige Witwen" hat mich jedoch nicht überzeugt. Klar macht es zunächst Laune und einen besonderen Reiz aus, wenn die eigentlich doch sehr nett daherkommenden Hauptakteurinnen Maja und Cora sich immer mehr als wahrhaft Kriminelle erweisen und der Leser sich fragt, wieso sympathisiere ich mit denen statt mich zu echauffieren über das, was die da anstellen. Aber reicht das um so viel Spannung aufzubauen, dass man das Buch unbedingt zu Ende lesen will und muss? Bei mir war das nicht der Fall. Aber ich denke andererseits auch, dass ich Ingrid Noll sicher noch eine Chance geben werde.

Meine Bewertung:

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sehr lesenswert 

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Kimberly McCreight

Eine perfekte Ehe 

Erscheinungsdatum:  03.05.2021 ;  Rezensionsdatum:  21.10.2022

 Format: Taschenbuch ;  Verlag: droemer-knaur ; Seitenzahl: 544  ;  ISBN 13: 978-3-426-28262-5  
 

Die Vielzahl der Akteure erschlägt den Leser. Kaum ein Satz ohne Eigenname(n). Kaum ein Absatz ohne wörtliche Rede. Bis weit über Seite 100 hinaus, "nullkommanix" an Spannung; dafür aber gefühlt  40 - 50 handelnde, nein sprechende Personen. Ja, ich gebe es zu, ich musste mir auf einem Zettel notieren, wer wessen Ehemann/-frau, Sohn/Tochter, Freund/Freundin usw. ist, um den Überblick über die Beziehungsgeflechte zu behalten. Konsequenz: das Buch landet ganz schnell wieder dort, wo ich es her hab: im Büchertauschschrank an der Ecke.

Meine Bewertung:

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sehr lesenswert  

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D.O. Hasselmann

Die Höllenfahrt der Acheron 

Erscheinungsdatum: 8.07.2022  ;  Rezensionsdatum:  14.09.2022

 Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 365 ;  ISBN 13:  979-8839081208
 

Bereits in meiner Rezension zu D.O. Hasselmanns Buch „Im Langboot“ hatte ich angekündigt, dass ich ein weiteres Buch von ihm nur allzu gerne lesen werde. Nun bot der im gleichen Genre angesiedelte Thriller „Die Höllenfahrt der Acheron“ hierzu die Gelegenheit.

Sehr atmosphärisch, schillernd, eindrucksvoll, plastisch beginnen die - zunächst - zwei Erzählstränge in 1756 bzw. 1765, um bald zeitgleich zu verlaufen. Während der junge David Flatt im 1. Erzählstrang Hauptakteur ist, ist es der von Beginn an sehr ominös wirkende Elijah im zweiten.  Und der Leser ahnt früh, dass sich die Wege von David und Elijah bald kreuzen werden, was dann in den Kap. 15 u. 16 auch passiert, als David Zeuge einer Predigt des Elijah auf einem Londoner Marktplatz wird. Beide ahnen da noch nicht, dass die Höllenfahrt der Acheron über den Atlantik zugleich ihre eigene Höllenfahrt werden wird. Während Handeln und Reden des Elijah immer rätselhafter werden, gewinnt David zunehmend an Charakter und Tatkraft.
Was sich dann im weiteren Verlauf auf diesem Schiff abspielt, hat die Bezeichnung Höllenfahrt wahrlich verdient. Wenn der Leser glaubt, schlimmer könne es nun nicht mehr werden, dann … wird es schlimmer. Dies steigert sich dahin, dass Denken und Tun der Besatzung der Acheron in Anbetracht des Leids an Bord, wofür Elijah mitverantwortlich ist, nichts Menschliches mehr haben.

Der Leser, zumindest gilt das für mich, stellt sich beim Lesen dauernd vor, wie imposant eine Verfilmung dieses Buches doch sein würde. Und das ist die Folge der sehr plastischen Schilderungen des Autors und somit als Anerkennung der schriftstellerischen Leistung zu verstehen.

Die Geschehnisse werden hie und da zudem durch kleine kurze Sätze und Anmerkungen in englischer und portugiesischer Sprache und gar Latein im Text „gewürzt“.

So manchen Ausdruck der Seglersprache, wie z.B.  die Bramrah, der Fockmast, das Dollbord und das Bugspriet u.a.m kennt der Leser ja bereits aus D.O. Hasselmanns erstem Buch „Im Langboot“. Jetzt lernt er auch noch das Schanzkleid,  die Großmarsrahe, das Fallreep, die Persenning und gar das Kielschwein u.a.m. kennen und weiß nach der Lektüre, wo die achterliche Kajüte ist und was es bedeutet, wenn die Schiffsglocke Glasen schlägt.

Unterm Strich bleibt für mich festzuhalten, dass D.O. Hasselmann nach „Im Langboot“ mit „Die Höllenfahrt der Acheron“ sogar noch eine Steigerung gelungen ist. Meine Bewertung lautet erneut „sehr lesenswert“.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich 

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 Jean-LucBannalec

Bretonische Geheimnisse ; Kommisar Dupins siebter Fall

Erscheinungsdatum: 26.06.2018  ;  Rezensionsdatum:  31.08.2022

Verlag: KiWi ; Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 400  ;  ISBN 13: 978-3462052015
 

Bei dem Autor handelt es sich um Jörg Bong, deutscher Staatsbürger, der die Tatsache, dass er sich in seine Wahlheimat verliebt hat - was ja durchaus verständlich ist - dadurch unterstreicht, dass er nicht unter seinem Namen publiziert - wozu man stehen will, wie man will. Gleich zu Beginn des Buches ist ein gewisses Durchhaltevermögen des Lesers durchaus gefordert, indem dieser die zahlreichen Personen und Akteure und deren Namen und Rollen  permanent memorieren muss, um Jörg Bong bzw. dem Plot zu folgen. Nach 70 Seiten sind das -  gefühlt - fast die gleiche Anzahl an Namen und Personen. Not so my cup of tea - wenn hier dieser englische Ausdruck erlaubt ist. Nachdem dann Kommissar Dupins Mitarbeiter Inspektor Riwal  in der Lage war, einem Gremium von 10 - 12 Wissenschaftlern (allesamt Universitätsprofessoren, Mittelalterhistoriker, Inhaber einer Professur für Archäologie u.ä.m) quasi aus dem Stand einen diese belehrenden Vortrag über exakt deren - durchaus ausgefallene Spezialwissensgebiete - zu halten, tat ich das, was ich ganz selten mit einem Buch mache: ich hörte auf zu Lesen und klappte es ein letztes Mal zu. Im Büchertauschschrank möge es jemanden in die Hände fallen, der mehr damit anzufangen weiß. Vielleicht erhält Jean-Luc Bannalec und sein Dupint noch eine Chance, denn auf meinem Schreibtisch liegt ungelesen noch "Bretonische Nächte - Kommissar Dupints elfter Fall", aber nur vielleicht; denn wenn dem Autor "schon" im 7. Band scheinbar "die Luft ausgegangen" ist, wie ist das dann im 11.Band !?

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich 

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Dietmar Bittrich

Müssen wir da auch noch hin?

Erscheinungsdatum: 22. März 2019  ;  Rezensionsdatum:  24.06.2022

Verlag: dtv ; Format: Taschenbuch ; Seitenzahl: 208 ;  ISBN 13: 978-3423217880
 

In meiner Jugend hörte ich öfters den Spruch "Reisen bildet". Ich bin mir fast sicher, dem im selben Jahrzehnt geborenen Dietmar Bittrich ging es damals auch so und er würde dem auch heute noch zustimmen. Dies wenngleich sein durchaus gelungenes Werk wohl eher den Tielt "Reisen nervt" verdient hätte. Amüsant beschreibt er all die vielen, möglichen Erschwernisse einer Reise und insbesondere die vielen möglichen und tatsächlichen Eigenarten und Absonderlichkeiten der Mitreisenden. Auch wenn das Buch so ab dem 3. Drittel der insges. 39 Geschichten etwas "abflacht" und der Esprit verpufft, ist es insgesamt doch kurzweilig zu lesen und insbesondere empfohlen auf einer Reise. Ob es "unterm Strich" nun Lust aufs Reisen oder Lust aufs Daheimbleiben macht, sei jedem Leser überlassen. Sollten Sie sich für Ersteres entscheiden, wünscht der Rezensent Ihnen, dass es Ihnen nicht so ergeht, wie dem wie dem ruder- und fotografierfreudigen Paar auf der Umschlagillustration.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich 
(insbes. wenn man gerade Urlaub plant)

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Caren Benedikt

Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen

Erscheinungsdatum:  2.3.2020 ;  Rezensionsdatum:  23.05.2022

Verlag: blanvalet ; Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl:  528 ;  ISBN 13: 978-3764507077
 Titelfoto: eigenes Foto
 
Vorbemerkungen: Liest man anlässlich eines Aufenthaltes auf Rügen (nach Wellenglitzern von Marie Merburg) dieses Buch von Petra Mattfeldt (veröffentlicht unter ihrem Pseudonym Caren Benedikt), dessen Handlung ebenfalls auf dieser Ostseeinsel spielt, sorgt dies insofern für einen Lesegenuß, als man auf den Straßen in Binz promenieren kann, deren Namen in dem Roman genannt sind.
Und weilt  man gar mit dem Buch am Strand und hat dabei einen Blick auf genau das Gebäude, welches auf dem Cover abgebildet ist, so reicht das schon für eine mindestens um eine  Stufe bessere Bewertung als würde der Rezensent dasselbe Buch z.B. im bayerischen Wald lesen.
Zu was ganz Besonderem zählt dann, wenn eine liebe Bekannte dem Rezensenten kurz nach dessen Rückkehr aus Rügen von ihren verwandtschaftlichen Verbindungen zu Rügen im Allgemeinen und speziell zum Kurhaus, das im Roman das Grand Hotel ist,  berichtet.

Zum Inhalt: Hauptakteurin ist Bernadette von Plesow. Als Kind in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, verlässt sie ihre Eltern, heiratet einen reichen Mann und bekommt mit ihm vier Kinder: Alexander, Constantin, Maximilian (dessen Tod im 1. Weltkrieg neben ihrer Verwitwung einen weiteren großen Schicksalsschlag für Bernadette darstellt) und Josephine. Bernadette leitet in diesen sog. "Goldenen Zwanzigern" das Grand Hotel an der Strandpromenade  in Binz. Eines der dort tätigen Zimmermädchen, Marie, spielt eine weitere Hauptrolle in dem Buch.
Wenn es ein Merkmal für einen Roman ist, sich von z.B. einer Kurzgeschichte dadurch zu unterscheiden, dass die Charaktere sich im Laufe der Handlung verändern, dann mag "Das Grand Hotel" und mögen insbesondere Marie und Josephine gute Beispiele dafür sein.
Die politische Entwicklung in dieser Zeit, die Deutschland und große Teile der gesamten Welt einige Jahre später ins Verderben führen sollte, wird im Buch zwar angedeutet, nimmt aber keine herausragende Rolle ein. Die gesellschaftliche Entwicklung, Inflation und Reparationszahlungen mit Ausgelassenheit und Ausschweifungen zu begegnen, kommt insbes. an der 2. Handlungsstätte, der Hauptstadt Berlin, und  dem dortigen - von Bernadettes Sohn Constantin geleiteten  Hotel Astoria - und seinem angegliederten Variete zum Ausdruck. Dort ist es laut, schrill, schnell und die unbändige Lust auf Leben steht im Vordergrund.

Neben "Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen"  hat Petra Mattfeldt auch "Das Grand Hotel - Die mit dem Feuer spielen" (Die Grand-Hotel-Saga, Band 2) am 15. März 2021 und
"Das Grand Hotel - Die der Brandung trotzen" (Die Grand-Hotel-Saga, Band 3)"  am 21.03.2022 veröffentlicht.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert
 (insbes. wenn man auf Rügen weilt)
 

lohnt sich

es gibt Besseres

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Marie Merburg

Wellenglitzern

Erscheinungsdatum:  16.03.17 ;  Rezensionsdatum:  10.05.22

Format: Kindle, ASIN:  B01EVA7JL2
Seitenzahl als Printausgabe:  432

Anlässlich eines bevorstehenden Urlaubs auf Rügen kam ich zu diesem Buch. Dem Band 1 von 5 Bänden dieser Reihe. Locker-flockig, meist kurzweilig und humorvoll erzählt die Autorin (die auch unter dem Namen Janine Wilk Kinder- und Jugendbücher publiziert) darin vom Schicksal der Sophie Lehmann aus Freiburg, die sich gerade von ihrem Mann Felix getrennt hat und auf Rügen in ihrem Segellehrer Ole ihre neue große Liebe findet.  Geht man das Buch ohne allzu große Erwartungen an, so wie ich das getan habe, ist es durchaus eine entspannende Lektüre und man wird nicht enttäuscht. Ist man - im Gegensatu zum Rezensenten - weiblichen Geschlechts, mag das umso mehr zutreffen. Einen Punkt Abzug gibt es meinerseits, weil manche Dialoge in Anbetracht der Umstände der sie begleitenden Ereignisse dann doch etwas zu künstlich wirken; und einen weiteren Punktabzug gibt es, weil ich mir etwas weniger Liebesgeflüster und etwas mehr Lokalkolorit  - wenngleich klar ist, dass ein belletristisches Buch kein Reiseführer sein soll und sein darf - erhofft hatte. Mein Gesamturteil "lohnt sich", wenn man es wie oben bereits gesagt "locker, flockig" mag und insbesondere wenn man gerade auf Rügen weilt. Wünscht man sich gleichfalls Rügen, aber etwas mehr Tiefgang empfiehlt sich "Das Grand Hotel" von Caren Benedikt.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

       sehr lesenswert  

lohnt sich
(insbes. wenn man auf Rügen weilt)

es gibt Besseres

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Oliver Döring 

Der Jogger - Hauptkommissar Funkes erster Fall

Erscheinungsdatum: 14. Februar 2015 Rezensionsdatum:  25. Jan. 2022

Format: Kindle, ASIN: B00TNPQJMQ
Seitenzahl als Printausgabe:  779

Oliver Döring gelingt es mit seinen Andeutungen in einzelnen Kapiteln durchaus, einen Spannungsbogen aufzubauen. Der Preis dafür ist aber, dass vieles einfach zu lang ist, dass er die 779 Seiten des Buchen füllt, indem er eine Unzahl handelnder Akteure mit teilweise komplizierten Verflechtungen in die Geschichte einbaut und zuweilen nicht davor zurückschreckt auch noch das kleinste Detail, das für keinen Leser von Bedeutung ist, zu erwähnen, zu beschreiben. Beispiele gefällig? O. Döring schreibt nicht "Funke klingelte",  sondern er schreibt "Funke betätigte den quadratischen Klingelknopf links von der Tür" (Seite 274) oder er schreibt nicht "Frohloff öffnete die Tür zum Garten", sondern er schreibt "Frohloff öffnete die grün lackierte Gartenpforte, indem er den schwarzen Knauf nach unten drückte." (Seite 409)! Auch die Dialoge der Akteure sind zum Teil langatmig und gestelzt.
Jedes Kapitel wechselt die Szene; ein Handlungsstrang jagt den nächsten und viele Kapitel beginnen mit dem Namen einer Person und der Leser fragt sich zumeist "Äh... wer war das jetzt noch mal?". Zudem viele Details aus des Autors Heimatstadt und Funkes Wirkungskreis Lübeck. Letztlich ist es dieses Verzetteln was hier einer über meine Einstufung "es gibt Besseres" hinausgehenden Einstufung (wie "lohnt sich" oder gar "sehr lesenswert") entgegensteht. Von daher lass ich momentan mal dahingestellt, ob es für mich und diese Rezensionsseite noch zu einem 2. Fall des Kommissars Funke kommen wird. Keinesfalls werden es 8 (so viele sind bisher erschienen).

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

       sehr lesenswert  

lohnt sich

es gibt Besseres

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Thomas Mann

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Erscheinungsdatum: 1954  Rezensionsdatum:  Dez. 2021 

Format: Kindle, ASIN: B00E6H0AAS 
ISBN 10: 3596902819Seitenzahl als Printausgabe: 428 ; Verlag:  S.Fischer


Was für ein Klassiker!!! Welch eine Sprache!! Satzbauten mit zahlreichen Schnörkel und Verschachtelungen und Einschüben und einer Wortwahl wie sie heute von keinem Autor mehr gewählt würde. In unserer vergleichsweise sprachverarmuteten Zeit muss man viele Sätze in der Tat zweimal lesen, um ihre Bedeutung ganz zu verstehen. Von 1910 bis 1913 hat der Literaturnobelpreisträger von 1929 Thomas Mann an diesem Werk gearbeitet - ohne es zu vollenden, um dann von 1950 bis 1954 weiter daran zu schreiben. Leider wieder ohne es zu vollenden, aber das mindert nicht den Gesamtwert dieses Romans des 1955 verstorbenen Schriftstellers. Eine sehr vergnügliche Szene ist die Musterung des Felix Krull. Einer der beeindruckendsten Charaktere ist Professor Kuckuck und eine sehr lesenswerte Passage des Romans, ist die, in der er auf der Zugfahrt von Paris nach Lissabon im Speisewagen dem Felix Krull, pardon, inzwischen dem Marquis de Venosta (!) die Schöpfung und das Universum erklärt.
Übrigens gibt es aktuell eine recht gute Verfilmung aus 2020/21. Das Drehbuch dazu stammt u.a. von Daniel Kehlmann, von dem hier auch Tyll Beerholms Vorstellung und Die Vermessung der Welt rezensiert sind. Natürlich muss der Film an einigen Stellen vom Original abweichen, etwas mehr klamaukähnliche Szenen einbauen u.ä,  aber das ist unterm Strich sehr gekonnt gemacht.
Es gibt viele Druckausgaben des Werks: das von mir hier gewählte Titelfoto oben links ist das der Ausgabe von 1954 des Verlages S.Fischer; das stimmungsvollere oben rechts daneben stammt aus einer neueren Veröffentlichung.
Aus dem Werk von Thomas Mann ist hier auch rezensiert: Der Zauberberg

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

       sehr lesenswert  

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Philip Plickert (Hrsg.)

Merkel

Erscheinungsdatum: 13. Juli 2021   Rezensionsdatum: 02.10.2021 

Format: Taschenbuch ;  ISBN 10:  3959725140 ; Verlag: FBV ;  Seitenzahl. 350  


24 Autoren fassen 16 Jahre Merkel ebenso gnadenlos wie interessant und kenntnisreich zusammen und zeigen zumeist nachvollziehbar auf, dass sie bzw. wir es eben nicht geschafft haben (um dieses berühmt gewordene Zitat aus 2015 zu verwenden). Z.B. beschreibt Wolfgang Ockenfels eindrucksvoll, dass Merkel mit ihrer Entscheidung in 2015 die Grenzen zu öffnen, eine Völkerwanderung eingeleitet hat, die einen jahrelangen unbearbeiteten Stau an Asylanträgen verursachte, aufgrund dessen die Chancen für berechtigte Asylbewerber, die vor politischer oder religiöser Verfolgung fliehen, schwinden und dass man besser den Millionen Armutsflüchtlingen das Verbleiben in ihrer Heimat durch wirksamere Entwicklungshilfe ermöglichen sollte. Ralp Georg Reuth betrachtet die Familiengeschichte der Angela Merkel kritisch, indem er viel über ihren Vater, Horst Kasner (ein evangelischer Theologe, der 1954 aus Hamburg in die DDR übersiedelte) berichtet und wie dieser in der DDR einen Studienplatz für Naturwissenschaft für seine Tochter besorgte, während Kindern von systemkritisch eingestellten Pastoren, wie etwa denen von Joachim Gauck, der Besuch einer Universität verweigert wurde. Sehr interessant auch der Vergleich des Dominik Geppert, zwischen Merkel und Thatcher. Am eindrucksvollsten ist Thilo Sarrazins Kapitel, das dieser 11 Jahre nach seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" verfasst hat. Merkel hat dieses Buch, welches Sarrazin 5 Jahre vor (!) der großen Flüchtlingswelle geschrieben hatte, nicht gelesen, aber bezeichnete es als "nicht hilfreich".  Desweiteren hervorzuheben ist wie Michael Wolfssohn aufzeigt, dass Merkel 2015 viel zu weinig zwischen Kriegs- Bürgerkriegsflüchtlingen, politsches Asyl Suchenden, Wirtschaftsflüchtlingen und unser Sozialsystem Ausnutzenden unterschieden hat und stattdessen alles in den Topf "Menschen in Not" geworfen hat. Eine letzte besondere Erwähnung gilt zudem Necla Kelek und ihren Ausführungen darüber, dass es vielen Migranten um die Durchsetzung von Gruppenrechten geht, dass es einen hohen Anteil Integrationsverweigerer gibt, die ihren Taditionen und Gebräuchen verhaftet bleiben und eine Sonderstellung für ihre Religion und Lebensweise beanspruchen; desweiteren Gruppen, die ihre Ethik, Sitten und Wertvorstellungen hier zur Norm machen wollen, sich selbst ausgrenzen und in gegengesellschaftlichen Strukturen leben.  
Anm.:
Zuwanderung ist aufgrund der Demographie in Deutschland unstrittig notwendig. Was ich mir daher noch gewünscht hätte, wäre ein Beitrag gewesen, der die Berechtigungen gem. des Asylbewerberleistungsgesetzes mit den Anforderungen und Voraussetzungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vergleicht.
Fazit: liest man das Buch, kommt Angela Merkel noch schlechter weg, als auf dem Titelfoto. Oder - um es mit einem Zitat aus der Allgemeinen Zeitung, Mainz,  auszudrücken: "Das  Buch ist ein Tornado, der Muttis Garten verwüstet".
 

 Meine Bewertung:

Für jeden politisch Interessierten 
ein Muss

 sehr lesenswert
              für alle dazwischen

lohnt sich - auch für nicht politisch Interessierte

es gibt Besseres

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Andreas Schäfer 

Das Gartenzimmer

Erscheinungsdatum: 21.07.2020 ;  Rezensionsdatum: 26.09.2021 

Format: gebundenes Buch ;  ISBN 10: 3832183906 ; Verlag: DuMont
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Seitenzahl: 352
3-89561-054-2, 444 Seiten

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich


Eine liebe Freundin sorgte mit dem Geschenk dieses Buches dafür, meine durch einen Unfall verursachte Rekonvaleszenszeit kurzweiliger werden zu lassen. Das Buch erzählt aus dem Leben des Architekten Max Taubert und seiner Frau Charlotta, des Bauherrenpaars Adam und Elsa Rosen und der späteren Hauseigentümer Frieder und Hannah Leckebusch sowie sehr vieler Anderer. Davon sind primär der verstorbene Sohn von Adam un Elsa, Richard, der Sohn von Frieder und Hannah, Luis, die Hauhälterin der Leckebuschs, Maria, und deren Tochter, zugl. Freundin von Luis, Ana, zu nennen. Desweiter spielen Xenia, die Partnerin von Frieder nach dessen Trennung von Hannah sowie eine ganze Reihe weiterer Personen ein Rolle, von denen hier Josi und Monika, die Zwillingskinder von Max und Lotta, der Architekturredakteur Julius Sander, der Verfechter Rassenlehre, Alfred Rosenberg, Liese, die Haushälterin von Elsa und ihr Sohn Kurt zu nennen wären. Der Autor spannt den Bogen der Ereignisse und die Geschichte der von Max Tauber gebauten Villa in Berlin-Dahlem über mehr als ein Jahrhundert; von 1908 bis 2013. Und er tut dies nicht chronologisch: er springt in dieser bewegeten Zeit mit u.a. 2 Weltkriegen zwischen den Jahrzehnten hin und her. Damit fordert er dem Leser einiges ab; um nicht zu sagen, er mutet ihm einiges zu. Die Zeitsprünge und die Vielzahl der Akteure erfordern konzentriertes Lesen. Wer das nicht mag oder nicht kann, bleibt so irritiert zurück wie der Berlin-Kenner, der Berlin-Liebhaber vermutlich begeistert bis zur letzten Zeile durchhält.
Die Umschlagillustration ist sehr gelungen. Hierzu verweise ich auf www.gordon.de.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich (insbes. für Berlin-Fans)

es gibt Besseres (für alle Anderen)

Zeitverschwendung

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Juli Zeh 

Adler und Engel  

Erscheinungsdatum: 2001 ;  Rezensionsdatum: 28.7.2021 

Format: Kindle ;  ISBN 10: 9783442729265 ; Verlag: btb 
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Schöffling & Co

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Seitenzahl der Printausgabe:  444
3-89561-054-2, 444 Seiten

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich


"Eigentlich" lese ich jedes Buch, das ich begonnen habe zu, zu Ende. Und "normalerweise" verbietet es sich, ist es geradezu ein "No go",  eine Rezension über ein Buch, das  man  nicht zu Ende gelesen hat, zu schreiben. Bereits anfangs, bei den ersten Kapiteln, keimte der Wunsch in mir, von o.a. "eigentlich" mal abzuweichen. Noch widerstand ich der Versuchung. Gegen Buchmitte war ich gar froh darüber. Aber nach einem "Lesefortschritt 66 %" war es mir dann doch zuviel, zu wirr, zu skurril, zu anstrengend. Ja, ich war fast erschöpft und mein E-Book zuzuklappen, kam mir vor, als sei eine Last von mir genommen. Harte Worte eines Hobbyrezensten über die Arbeit einer so bekannten, renommierten Schriftstellerin. Aber dazu unten mehr.
Juli Zeh erzählt in diesem ihrem Erstlingswerk die Lebensgeschichte von Max , der zunächst zum anerkannten Juristen für Völkerrecht aufsteigt um dann - u.a. nachdem sich seine Jugendfreundin Jessie während eines Telefonats mit ihm erschoss und infolge seiner Rauschgiftsucht - tief zu fallen. Begleitet wird er dabei von Clara, eigentlich Lisa Müller, ihres Zeichens eine Art Seelentrösterin o.ä. nächtens bei einem Radiosender und zugleich Psychologiestudentin.  Neben Jessie, die die Tochter des Drogenbarons Herbert war, spielen der Professor von Clara, genannt "Schnitzler", die Sektretärin von Max, Maria, die Dogge Jacques Chirac, Shershah, der der Sohn des iranischen Botschafters in Äthiopien ist, Claras Tontechniker Tom, Jessies Bruder Ross, der renommierte Völkerrechtler Rufus, das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, die UCK, Serbien, Albanien und ... wesentliche Rollen. Alles klar?
Shershah, der Sohn des iranischen Botschafters in Äthiopien,

Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Zeh-adler-engel.htm (c) Dieter Wunderlich
Juli Zeh macht, während  sie o.a. Akteure handeln lässt, massenhaft Zeitsprünge, wechselt die Szenen jeweils unangekündigt, unerwartet; nicht von Kapitel zu Kapitel sondern von Absatz zu Absatz. Sie macht das allersdings  geschickt;  lässt den Leser nicht zweifeln, wo und wann er sich befindet, aber dennoch.... es strengt an. Zuweilen wird das wettgemacht, durch sehr berührende, kunstvolle Formulierungen. So um nur wenige Beispiele zu nennen (Kap.14, erste Sätze): "Durch das kleine quadratische Treppenhausfenster sehe ich den Mond, er liegt in Wolkenwirbeln versunken wie auf dem Grund einer Sahneschüssel. Die Sonne hat ihm einen zerwühlten, nassgeschwitzten Himmel hinterlassen und ist aufgestanden, um ihm für ein paar Stunden  das Bett zu überlassen." oder (Kap. 15) " Am Horizont ist jetz ein heller Streifen, die Nacht hebt ihren fetten schwarzen Arsch, mit dem sie auf der Landschaft sitzt, langsam vom Rand der Schüssel ab" oder (drittes und letztes Zitat aus Kap.19 "... und der Tag Schrittchen für Schrittchen nach Westen davonkriecht."   Schön! Und u.a. deshalb schreibe ich diese Rezension, obwohl das Buch nicht zu Ende gelesen wurde.  Und dennoch: Hätte ich Adler und Engel als gedrucktes, gebundenes  Buch, stünde es jetzt nicht im Regal im Wohnzimmer, sondern im Büchertauschschrank neben dem Marktplatz..
Es ist gut zu wissen, dass Juli Zeh gerade erst 27 war, als dieser ihr Debütroman erschien, dass er geschrieben wurde als "Funktelefone" und "Kosten für Ferngespräche" eine Rolle spielten  und dass sie sich danach mit "Nullzeit" und "Unterleuten" und "Über Menschen" so enorm gesteigert hat. Ich will nicht soweit gehen, hier von Zeitverschwendung zu schreiben, aber es gibt Besseres; speziell von Juli Zeh.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres; 
insbesondere von Juli Zeh

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Thomas Mann

  Der Zauberberg


  Rezensionsdatum: 13.07.2021

Verlag:  Fischer-Taschbuch ;  Erscheinungsdatum: 1.4.91 ; Seitenzahl: 1002 ;  ISBN 10: 3-596-29433-9

Umschlagillustration: "Neige, Opio"; Foto von Jacques-Henri Lartigue, 1945


Nach vielen Jahren und ein Stück weit müde und abgeneigt von der Masse statt Klasse (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel) des gegenwärtigen, aktuellen Literaturangebots, widmete ich mich wieder diesem zwischen 1913 und 1924 entstandenen Klassiker der Bildungsromane. Dass ich mich aktuell nach einem Fahrradunfall ebenso wie der Vetter von Hans Castorp, Joachim Ziemßen, in der Rekonvaleszenz befinde und ebenfalls wie einige der weiteren Insassen des Lungensanatoriums in Davos, das in dem Buch beschrieben wird, auf die Heilung eines Pneumothorax hinarbeite, motivierte mich zusätzlich. Durch die Unfallfolgen dazu gezwungen, mich wie Hans und Joachim in eine Art „Liegekur“ zu begeben, hatte ich somit Zeit und Muße, mich wieder den über 1000 Seiten und dem Schreibstil dieses großen Literaten zu widmen. Thomas Mann schreibt nicht – um nur ein Beispiel zu nennen – „Am Abend sank die Temperatur“; er schreibt (Zitat aus dem ersten Kapitel) „Da ein Wind sich aufgemacht hatte, wurde die Abendkühle empfindlich“. Insgesamt ist er ein Fest, dieser Roman. Ein Fest der Worte, der Gedanken, der Sätze. Welch ein Reichtum in unserer sprachverarmuteten Zeit. Sätze über fast eine Buchseite, die jedem Gymnasiasten viele rote Korrekturen einbrächten; aber welcher Gymnasiast könnte solche Sätze formulieren? Ein Feuerwerk an Bildung eines großen Schriftstellers (von dem hier auch "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" rezensiert ist). Seinerseits damals animiert durch eine Tuberkulosererkrankung seiner Frau Katia, führt Thomas Mann den Leser an der Seite von Hans Castorp, der statt der geplanten 3 Wochen sieben Jahre auf dem Zauberberg bleiben muss und will, durch eine morbide Sanatoriumsgesellschaft, bevor diese - wie ganz Europa - im Chaos des 1. Weltkrieges versinkt.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Guillaume Martin 

Sokrates auf dem Rennrad

Erscheinungsdatum: 24.02.2021 ;  Rezensionsdatum: 08.06.2021 

Format: Kindle;  ISBN 10:  3957260531  ; Verlag: Cavadonga ;  Seitenzahl der Printausgabe:  208


Ohne jeden Zweifel ist der 1993 in Paris geborene Guillaume Martin ein ausgezeichneter Sportsmann, ein hervorragender Radrennfahrer! Die Tour de France 2017 beendete er als 23. der Gesamtwertung. Die Tour in 2018 als 21., 2019 wurde er Gesamtzwölfter und in 2020 erreichte er seine bis dahin beste Gesamtplatzierung und wurde Elfter. Das sagt ganz, ganz viel. Dass er zudem an der Universität Nanterre ein Philosophiestudium erfolgreich abschloss ist umso anerkennenswerter.
Für mich war es reizvoll zu erfahren, ob er darüber hinaus gar noch ein guter Schriftsteller ist und ob es ihm gelungen ist, zwei derartig unterschiedliche Themenfelder wie Leistungssport und Philosophie in einem Buch sinnvoll zu verweben. Seine - letztlich doch sehr schräge - Idee war es, berühmte Philosophen unterschiedlichster Epochen und Herkunft unter Außerachtlassung ihrer Lebenszeit vor Jahrhunderten oder Jahrzehnten (Aristoteles, Platon, Sokrates, Nietzsche, Immanuel Kant, Karl Marx, Diogenes, Siegmund Freud, Heidegger, Jürgen Habermas, Heraklit, Marc-Aurel, Machiavelli, Spinoza,  (und gar Albert Einstein (!) den er auch zu den Philosophen zählt) soz. wiederauferstehen zu lassen und zu simulieren, sie seien in der Jetztzeit Mitglieder eines Tour de France -Teams !! Das Cover veranschaulicht diese verrückte Idee recht gut. Der Gedanke insges. ist jedoch sehr, sehr gewagt. Letztlich ein Experiment, das nicht so originell ist, wie es zunächst erscheinen mag und das weder zum Etappensieg und schon gar nicht zum Gelben Trikot führt.  Gar nicht passend fand ich zudem, daneben noch die Namen ehemaliger Radrennfahrer - speziell deutscher - zu verballhornen (z.B. Jaques Anquepil, Rudi Altich, Erik Zadel, Jens Vogt, Jan Ullrig, …).
Dass G. Martin in einem Nachwort seine Überlegungen zu erklären – man könnte auch sagen zu rechtfertigen – versucht und gar selbst von „haarsträubender Fiktion“ (!) spricht, versöhnt mich auch nicht mit ihm und macht das Buch auch nicht zu einem kurzweiligen Lesegenuss.
Ich komme als Gesamtfazit zu "Es gibt Besseres" und ich verweise zum Beleg dafür alle Literatur- und zugleich Radsportinteressierte auf Benjo Maso "Der Schweiß der Götter" und insbes. auf Wilfried de Jong "Ein Mann und sein Rad"

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Juli Zeh

Über Menschen

Erscheinungsdatum: 22.03.2021 ;  Rezensionsdatum: 10.05.2021 

Format: Kindle;  ASIN: B08MCCT78N ; ISBN 978-3-630-87667-2 ; Verlag: Luchterhand ;  Seitenzahl der Printausgabe: 417


Vorbemerkung: Von Juli Zeh stammen u.a. auch die hier ebenfalls rezensierten Werke "Unterleuten", "Schilf", "Leere Herzen" und "Nullzeit". Das Besondere an "Über Menschen" ist auf den ersten Blick seine herausragende Aktualität. Konkret seine Bezüge zur aktuellen Corona-Pandemie. Näher am Puls der Zeit kann ein Roman nicht sein! Wie schafft es eine Autorin in einen am 22. März 2021 veröffentlichten Roman so viele Aspekte einzubauen, von denen sie 12 Monate vorher keine Ahnung hatte; keine Ahnung haben konnte? Diese Einschätzung sei hier erlaubt, da Juli Zeh ansonsten nicht nur Schriftstellerin, Juristin und Richterin an einem Landesverfassungsgericht, sondern zudem hellseherische Epidemiologin sein müsste.
Inhalt und Bewertung: Dora, Marketingfachfrau, flieht aus der Hauptstadt; flieht vor dem Lockdown und vor ihrem Partner Robert, der übergangslos vom Greta-Thunberg-Anhänger zum überzeugten Corona-Mahner und zum fanatischen Verfechter aller Corona-Schutzmaßnahmen mutierte. Mit der Wandlung des Robert zeichnet Juli Zeh eine derzeitige Entwicklung in unseren Medien und in unserer gesamten Gesellschaft nach:  Die Klimakatastrophe ist nicht mehr DAS Nr.1-Thema.  Dora flieht also aus Berlin nach Brandenburg, genauer in die Prignitz im nordöstlichen Zipfel des Landes, noch genauer - und dann fiktiv - nach Bracken.  Ihr Leben wird ab da bestimmt, durch ihre Kontakte mit den an der Zahl wenigen, in ihren Strukturen um so vielfältigeren Nachbarn. Allen voran Gote, der sich selbst als Dorfnazi bezeichnet, mit seinen Kumpels beim Saufen im Garten das Horst-Wessel-Lied singt, wie sich später zeigt, gar in eine Messerstecherei verwickelt war und von daher jemand ist, mit dem Dora beim besten Willen nicht in Kontakt kommen will. Und mit dem sie in Berlin auch nie in Kontakt gekommen wäre (Zitat aus Kap. 50:  "... die sich auf Tinder niemals begegnet wären. Dafür hätte der Algorhitmus gesorgt."). Anders in Bracken. Und dann zeigt sich, dass Gote nicht nur in dieses o.a. Raster passt, dann kommen doch auch ganz andere Charaktereigenschaften in ihm zum Vorschein. Das Besondere an "Über Menschen" - neben der oben schon erwähnten Aktualität -  ist es somit, dass es Juli Zeh gelingt, das Entstehen von Nähe zwischen zwei Menschen ungeachtet ihrer ansonsten  miserablen Übereinstimmungswerte zu schildern. Das Buch ist somit auch ein Plädoyer dafür, in anderen Menschen nicht nur das zu sehen, was einem als Erstes auf- und einfällt; ihnen auch eine Chance zu geben, aus der Schublade, in die man sie zunächst gesteckt hat, wieder ein Stück weit raus zu kommen.
Fazit: Dennoch hat das Werk hat nicht ganz die Klasse von dem hier ebenfalls rezensierten "Unterleuten". Ein Grund liegt darin, dass sich viele Kernaspekte aus "Unterleuten" in "Über Menschen" wiederholen. Zu nennen wären die Stadtflucht aufs Land, nach Brandenburg, das Trügerische an der Landidylle, die verschrobenen Mit-Dorf-Bewohner, die Buchtitel (einmal in einem Wort, hier in zwei Wörtern, aber stets ausgesprochen zweideutig) u.a.m. Punktabzug auch deshalb, weil es überfrachtend wirkt, in "Über Menschen" neben Corona auch noch das Thema black lives matter und George Floyd einzubauen. Des Weiteren ragt "Unterleuten" durch das was es zu einem - über das vorliegende Buch hinausgehenden - Gesamtkunstwerk macht (die zusätzlichen - realen und doch fiktiven - Websites und die Rolle des Manfred Gortz)  über vergleichbare Literatur hinaus. Diese ganz besonderen, zusätzlichen kreativen Merkmale fehlen in "Über Menschen".  Vielleicht ein Tribut zugunsten der Aktualität.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Dirk Prüter

Urlaub mal anders - Mit dem Rad von Kön nach Formentera 

Erscheinungsdatum: 17.01.2013    Rezensionsdatum: 05.04.2021 

Verlag: BookRixEdition; Format: Kindle; ASIN: B00B23DNRQ; Seitenzahl der Printversion: 221


Reiseberichte in Buchform gibt es wie Sand am Meer.  Da hat sich Dirk Prüter, der in 2011 mit seiner Frau Ute mit dem Rad von Köln gen Süden fuhr, wohl gedacht "Das kann ich auch". Ergo: schrieb er das Buch "Urlaub mal anders - Mit dem Rad von Köln nach Formentera". Im Nachhinein wirkt es fast wie eine Entschuldigung für das was dann kommt, wenn er gleich zu Beginn berichtet, dass er kein Schriftsteller, sondern Energieanlagenelektroniker ist (später nennt er Informatiker als seinen Beruf), der bisher statt Bücher Bedienungsanleitungen geschrieben hat. Ich unterstelle mal, dass er darin besser war. Meine Kritikpunkte betreffen:
  1. das unermüdliche Sich-Verlieren in die belanglosesten u. zugleich ekligen Details: Sätze wie "wo wir unsere Wasserflaschen auffüllten und uns selbst entleerten" [Pos.397] oder " ..Zwischenstopp auf eine Entleerung der Gedärme" [Pos. 457] oder "...bot sich die Möglichkeit in einem Dixiklo Dinge zu verrichten" [Pos. 2346]  oder gar "in intimer Atmosphäre ... entleerte ich in aller Ruhe meinen Darm" [Pos. 1722] will ich nicht lesen. Sie gehören ebenso wenig in solch ein Buch wie seine Lederhose [Pos. 1045] oder seine Sandalen [Pos. 1584] auf ein Fahrrad gehören! 
  2. die Rechtschreibung (vielleicht wäre das auch dem Lektorat u./o. dem Verlag anzukreiden): "Der Himmel war Wolken verhangen" [Pos. 291]; "Meine Frau stand vor mir mit Angler grünen Regenhose" [Pos. 298] oder "Beläge der Felsenbremse" [Pos.1750].
  3. die Satzstellung: z.B. wenn er über Klopapier (Der Leser weiß ja inzwischen, dass Toiletten ein Lieblingsthema des Autors sind) schreibt:  "...konnte ich auf dem Boden der Nachbarkabine liegend bewundern" [Pos. 380] und man sich fragt, wer oder was lag denn  jetzt auf dem Boden oder "Die ersten Kilometer ging es einen Etang auf Schotter entlang" [Pos. 2606] und man sich fragt, warum der Untergrund des Weihers eine Rolle spielt,
  4. der Hang gewisse Themen überzubetonen, z.B. - neben o.a. Punkt 1 - das Wetter. Natürlich weiß ich, dass bei einer Radreise das Wetter ein ganz wesentliches Thema ist, aber es in dieser Ausführlichkeit jeden und jeden Tag zu beschreiben, das muss wirklich nicht sein und nervt den Leser,
  5. die  buchhalterische - oder sollte ich sagen - kriminalpolizeiliche Genauigkeit, wenn er um nur ein Beispiel zu nennen, schreibt "wachte ich um 7.15 Uhr auf" [Pos.1473] oder wenn er jedes, wirklich jedes, An- / Ausziehen der Regenjacke für erwähnenswert erachtet,
  6. die vielen Allgemeinplätze wie z.B.  "...ging es langgezogene Hügel mühsamer herauf als herab..." [Pos. 1486]. Welch eine revolutionierende Erkenntnis!
  7. die  sachlichen Fehler wie  "400 Meter Höhenunterschied auf 2 Kilometer" [Pos. 1611] (Anm.: das wären 20% Steigung, die es in der beschriebenen Umgebung nicht gibt) und "eigentlich" ist ja auch der Titel falsch, weil das Paar in Barcelona die Fähre bestieg (hört sich halt besser an, wenn man Formentera als Ziel angibt) und
  8. das Titelfoto, das nun auch nicht "der Renner" ist.
Fazit: ein Reisebericht in Buchform sollte deutlich mehr sein als eine Abschrift eines sauber und chronologisch geführten Tagebuches. Andere machen es vor. Beispielhaft wird auf die hier ebenfalls rezensierten Werke von Elena Errat und Peter Materne "Rad-Abenteuer Welt"  oder - aus dem Bereich Wandern -  auf  "Auszeit in Wanderstiefeln" von Meike Moshammer verwiesen. Gleichwohl Respekt für die sportliche Leistung von Ute und Dirk Prüter bei aller o.a. Kritik an dessen schriftstellerischen Fähigkeiten!

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich zu lesen

es gibt - für an Radfernreisen Interessierte - 
viel, viel Besseres

Zeitverschwendung für alle Anderen



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Katharina Lankers

Schritt für Schritt zur eigenen Mitte - Mein Jakobsweg

Erscheinungsdatum: 2.5.2020  Rezensionsdatum: 27.3.2021 

Format: Kindle; ASIN : B086ZQD6SZ ; Seitenzahl der Printversion: 262


Animiert durch das hier ebenfalls rezensierte Buch von Meike MoshammerAuszeit in Wanderstiefeln - 650 km von der Haustür bis zu den Alpen“ las ich Katharina Lankers Buch „Schritt für Schritt zur eigenen Mitte“ über eine noch längere (800 km), ungleich schwierigere, dafür umso bekanntere Wanderstrecke. Primär getrieben von einer sie nicht glücklich machenden Beziehungen begab Katharina Lankers sich auf den langen Weg von St. Jean de Pied de Port in den französischen Pyrenäen nach Santiago de Compostela, d.h. sie wanderte den berühmten Jakobsweg, den Camino Francés (sehen Sie dazu auch „Hape Kerkeling - Ich bin dann mal weg - Meine Reise auf dem Jakobsweg“).
Katharinas Suche nach ihrer „inneren Mitte“, nach Ausgeglichenheit, ihre Zerrissenheit zwischen einerseits „allein sein wollen, um ihren Gedanken nachzuhängen“ und andererseits „Gesellschaft haben wollen, um ihre Gedanken reflektiert zu bekommen“ (und das alles vor dem Hintergrund ihrer Zweifel über ihre Beziehung) sind DIE beherrschenden Themen des Buches, die viel Anderes überlagern. Dicht gefolgt werden diese Gedankengänge von ihrer penetranten Abneigung gegen Smartphones und WiFi, die sich gleichfalls wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Für meinen Geschmack sind diese beiden Themen in dem Buch zu dominant; sie sind einfach „too much“. Wenn man zu dem Buch greift, sollte man daher folgendes wissen: Den einigermaßen ausgeglichenen und in sich ruhenden Leser rührt die Autorin entweder zum Mitleid oder aber sie nervt ihn so, dass er dann doch nicht mehr in sich ruht. In einer Herberge findet sie, die promovierte Mathematikerin, ein Exemplar der Zeitschrift „Psychologie heute“ und der Leser wünscht ihr, sie möge einen für sie relevanten, hilfreichen Artikel darin finden, um zu ihrer so oft zitierten inneren Mitte zu finden.
Die Kritik an der von der Autorin gewählten Themengewichtung und an der allzu oft allzu blumigen Sprache soll jedoch nicht über der Anerkennung stehen, die man ihr für ihre Leistung zollen sollte. Auch weil sie gerade nicht - wie z.B. o.a. Hape Kerkeling - die Pilgerunterkünfte mit bis zu 80 Personen in einem Raum, mit extrem Schnarchenden direkt im Bett neben ihr, auf Kopfkissen, deren Bezüge weiß Gott wie lang nicht gewaschen wurden, gemieden hat. Nein, sie hat das durchgehalten, ggf. gar auf dem Fliesenboden in der Küche geschlafen, um sich den Gerüchen, dem Lärm, dem Geschwätz zu entziehen.
Lobend zu erwähnen sind auch die Grafiken vor jedem Kapitel, die dem Leser Orientierung geben, wo sich die Autorin gerade befindet, und sehr positiv finde ich auch die Abrundung am Schluss des Buches mit vielen wertvollen Hinweisen, Daten und praktischen Tipps incl. Packliste. Für Alle, die auch den Jakobsweg gehen wollen, ist dieses Buch wegen der zahlreichen Sachinformationen ein absolutes Muss.

 Meine Bewertung:

Für am Fernwanderweg "Jakobsweg" Interessierte ein Muss

sehr lesenswert für Alle mit Ambitionen für einen Fernwanderweg

lohnt sich zu lesen

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Meike Moshammer

Auszeit in Wanderstiefeln - 650 km von der Haustür bis zu den Alpen  

Erscheinungsdatum: 2019  Rezensionsdatum: 26.02.2021 

Format: Kindle; ISBN-e-book: 978-3-947824-07-6 ; Verlag: Wenn-Nicht-Jetzt-Verlag; Seitenzahl der Printversion: 292


Sehr sympathisch und gut nachvollziehbar schildert die Autorin ihre Motivation für diese und ihre Erlebnisse auf dieser Fernwanderung. Nach 7 vorangestellten Tagesetappen ab ihrem Wohnort westlich von Frankfurt führt sie sie u.a. über Rothenburg ob der Tauber, Dinkelsbühl, Donauwörth, Augsburg und Landsberg am Lech und viele andere Orte mehr, bevor sie nach rd. 4,5 Wochen in Füssen ankommt.

Wer glaubt, allein zu wandern und die Gedanken dabei (oft immer dieselben wie „Werden meine Füße heute wieder Blasen kriegen?“ oder „Brauch ich die Regenjacke?“ oder „Wie weit ist es denn noch?“) seien nicht genug Stoff für ein fast 300 Seiten dickes Buch und ein solches sei daher zwangläufig langweilig, den kann ich eines Besseren belehren. Mir war es beim Lesen keine Sekunde langweilig! Auch wenn - was natürlich ist - das Spektakuläre, das Sensationelle fehlt; schließlich ist der Weg weder im Himalaya noch in der Arktis oder im südamerikanischen Dschungel angesiedelt, weshalb der Leser auf Sherpas, Erfrierungen sowie auf Giftspinnen und Würgeschlangen verzichten muss. Aber: dennoch passiert auf dem Weg von Meike Moshammer jeden und jedenTag etwas Erwähnenswertes. Und das ist der Grund, warum ich dieses Buch so gerne las. Auch wenn der Rezensent sich bei Ankunft am Tagesziel eher auf ein Weizenbier freuen würde, als die Autorin, die stets ihren heißgeliebten Aperol Spritz ersehnt, kann er deren tägliche Vorfreude auf ihr Getränk und den damit verbundenen Rückblick auf den Tag nur allzu gut verstehen.

Nachvollziehbar beantwortet Meike Moshammer auch die Frage, die sich mir bei solchen Unternehmungen stellt: Unterkünfte vorab reservieren, um "auf der sicheren Seite" zu sein oder nicht - zugunsten spontaner, anderer situationsabhängiger Entscheidungen wie z.B. abweichende Streckenführung oder andere Etappenlänge.  Ich würde wie sie entscheiden.  Noch einen Pluspunkt beim Sympathiefaktor erhält die Autorin von mir, weil sie sich nicht scheut, auch über ein Thema wie „Wo kann ich das dringend notwendige nächste Pipi machen?“ zu schreiben. Text-Einschübe mit geschichtlichen, geologischen, architektonischen und weiteren Sachinformationen wie Hoteladressen und Bewertungen der Unterkünfte sind für den/diejenigen, der/die es Meike Mooshammer nachmachen will/wollen, wichtig und hilfreich. Für diejenigen sei hier auch ein Satz gegen Ende des Buches zitiert: „Nicht zu lange das Für und Wider abwägen - einfach machen!“.  Stimmt.
Last not least runden zahlreiche Bilder, leider in schwarz-weiß - zumindest in meiner E-Book Version - , Rankings der Etappen, der Unterkünfte, der Städte und eine Packliste das Werk und die Beschreibung von 650 km in 4,5 Wochen (vom 23.4. bis 23.5.) mit Etappenlängen zwischen 14 und 34 km ab. 
Noch was zum Titel: der stimmt genau genommen gar nicht, denn Frau Moshammer hat alles mit Halbschuhen statt mit Stiefeln erwandert. Aber das mindert natürlich nicht das Leseerlebnis, sondern erhöht nur die Leistung der Autorin. Fazit:  gut zu lesen, anschaulich und ausführlich beschrieben, unterhaltsam und informativ, inspirierend, empfehlenswert.

Von Meike Moshammer stammt auch „Als Frau alleine über die Alpen: Auf dem E5 von Konstanz über Bozen nach Verona“, was zwei Jahre zuvor erschienen ist.

 Meine Bewertung:

Für am Fernwanderweg "Romantische Straße" Interessierte ein Muss

sehr lesenswert für Alle mit Ambitionen für einen Fernwanderweg

lohnt sich zu lesen

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Wolfram Fleischhauer

Fatal Tango

Erscheinungsdatum: 13.03.2012 Rezensionsdatum: 22.02.2021 

Format: Kindle; ASIN: B006LMNE18; Sprache Englisch; Herausgeber: amazon crossing; Seitenzahl der Printausgabe: 459


Die junge Berliner Ballettschülerin Giulietta Battin verliebt sich in den begnadeten Tangotänzer Damian Alsina, der nach einem für alle unerklärlichen Verhalten sowohl gegenüber seiner Tangopartnerin Nieves als auch Giuliettas Vater gegenüber spurlos verschwindet. Giulietta scheut kein Risiko, ihn wieder zu finden.
Ähnlich wie auch in dem Werk "Die Frau mit den Regenhänden"  liegt ein Reiz der Lektüre dieses Buches in seiner Vielfältigkeit, die es nicht ermöglicht, es ausschließlich einem einzelnen Genre zuzuordnen: es hat ganz viel von einem Liebesroman, es geht aber auch um jüngere Geschichte - speziell Argentiniens - und um tragische Schicksale zweier Familien; viele Szenen spielen in den Themen Ballett und Tango und  im Verlauf hat es zunehmend mehr von einem Politkrimi incl. deutscher Geschichte, womit hier die ehemalige DDR und deren Stasi gemeint ist.
In deutscher Sprache trägt das Buch den Titel "Drei Minuten mit der Wirklichkeit ".

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Michael Klonovsky 

Der Ramses-Code

Erscheinungsdatum: 1.1.2003 ;  Rezensionsdatum: 3.2.2021

Verlag:  Aufbau Taschenbuch Verlag ;  ISBN 10:  3746619114

Format: Taschenbuch  ; Seitenzahl:  474 


Die Rezensionen hier zu den ebenfalls von diesem Autor geschriebenen Büchern "Radfahren", "Land der Wunder"  und  "Lebenswerte"  liesen es naheliegend erscheinen,  auch sein Buch  "Der Ramses-Code" zu lesen und zu rezensieren.  Klonovsky beweist erneut seine Vielfältigkeit, indem er sich auch dem "Ägythophilen" widmet, indem er sich auch eines Stoffes über Jean-François Champollion annimmt. Jean-François Champollion war ein französischer Sprachwissenschaftler, der mit der Entzifferung der ersten Hieroglyphen auf dem Stein von Rosette den Grundstein für die wissenschaftliche Erforschung des dynastischen Ägyptens legte. Und der Autor schildert in diesem seinem Werk, das Liebesroman, Sachbuch  und Biographie zugleich ist, dessen Leben. Es geht darin um Sprachen und Schriftzeichen, um das Koptische, das Hebräische, das Altägyptische, das Arabische und natürlich insbesondere um die Hieroglyphen. Und es geht um Napoleon.  Lesen Sie dieses Buch; es lohnt sich.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Heinz Helfgen 

Ich trampe zum Nordpol

Erscheinungsdatum: 1.1.1957 ;  Rezensionsdatum: 27.01.2021
Verlag: Bertelsmann 

Format: gebundenes Buch ; Seitenzahl:  278 ; Quellenangabe Foto: eigene Aufnahme


Logische  Konsequenz aus meiner begeisterten Rezension zu Heinz Helfgens Buch "Ich radle um die Welt" war es, endlich auch mal sein danach erschienenes  Werk "Ich trampe zum Nordpol" zu lesen.  "Danach erschienen" heißt in diesem Fall: im Jahr 1957! Wenngleich mich Hobbyradler  "Ich radle um die Welt" noch mehr beeindruckt hat , so lohnt es sich sehr, sich dieses alte Werk als gebundenes Buch in einem Antiquariat zu besorgen und zu lesen, wozu ich - nachdem es nun seit 4 Jahren in meinem Bücherregal steht - in diesen Tagen endlich mal die Zeit fand.
Und um noch Eines vorwegzunehmen: dem Rezensent sei es nachgesehen, dass er sich veranlasst sieht, einen Satz aus der Rezension von "Ich radle um die Welt" wortwörtlich zu übernehmen:  "Es ist schier unglaublich was Heinz Helfgen geleistet, was Heinz Helfgen erlebt und dass Heinz Helfgen das überlebt hat."
Zum Titel: "Ich trampe..." ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck; es sei denn, das englische Wort war inhaltlich damals anders belegt als heute, denn natürlich stand Heinz Helfgen nicht mit ausgestrecktem Daumen an der Landstrasse. Vielmehr soll es wohl bedeuten "aufs Geradewohl",  ohne feste Buchung und ohne Kenntnis des  Ablaufs, der Route, der jewiligen Transportfahrzeuge u.ä.m. So geht es zunächst mit einer Autofahrt los, dann folgen als Transportmittel ein Buschflugzeug mit Heinz Helfgen als Pilot, später dann das aus Deutschland mitgebrachte Kautschuk-Schlauchboot und ganz im Norden ein Hundeschlitten. Ein Großteil der Handlung spielt sich nördlich des Polarkreises im äußersten Alaska an der Beringsee, in der Nähe der Datumsgrenze ab, wo im Sommer die Sonne 36 Tage nicht untergeht und wo sie im Winter nur eine halbe Stunde täglich scheint. Und das Ganze mit Sicht bis Sibirien, denn die kleine, zu den USA gehörende Diomedesinsel ist von der großen, zu Russland gehörenden, Diomedesinsel nur 4 km  entfernt.
Besonders interessant sind die Begegnungen des Autors mit den Buschpiloten, den Goldgräbern, den Walrossjägern und insbesondere natürlich mit der Kultur der Eskimos, über die er sehr respektvoll, fast liebevoll, schreibt.
An einer Stelle sagt der Autor "Was ich mir vornehme, führe ich auch durch" und der Leser, 65 Jahre danach, kann dem nur zustimmen. Sein Durchhaltevermögen wird an vielen Stellen sehr deutlich, insbes. vielleicht in der Sequenz, in der Helfgen sein Zelt verlies und in einen Blizzard geriet, der ihn erst 71 Stunden später in sein Zelt zurückkommen lies. Nicht verhungert, nicht erfroren zu sein, zeugt von seinem eisernen Willen.
58 Originalfotos in schwarz-weiß vermitteln zusätzliche visuelle Eindrücke.
Sicherlich lohnt sich nach  "
Ich radle um die Welt. Von Düsseldorf bis Burma, 1954", "Ich radle um die Welt. Birma, Indochina, Japan, USA, Grüne Hölle, 1955" , "Ich radle um die Welt" [Ausgaben von 1954 und 1955 in einem Band], 1988", diesem hier rezensierten Buch "Ich trampe zum Nordpol. Abenteuerlicher Bericht einer Ein-Mann-Expedition mit Auto, Buschflugzeug, Hundeschlitten und Schlauchboot, 1956" auch noch "Zwischen Gefahr und Geheimnis, 1960", "Spur entlang der Wüste, 1961", "Höllenfahrt ins Paradies, 1964" und "Gelber Monsun, 1968".

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Meg Wollitzer

Die Ehefrau

Erscheinungsdatum: 2003 ;  Rezensionsdatum7.1.2021
Verlag: Dumont, 2. Auflage 2013

Format: Taschenbuch ;  ISBN 978-3-8321-6432-4
Seitenzahl:  270


Der Roman besteht zu 100 % aus den Erinnerungen der Joan Castleman, Ehefrau des Schriftstellers Joe Castleman, auf deren beider Reise nach Helsinki, wo Joe der renomierte Helsinki-Literaturpreis verliehen werden soll und wird.  Ausführlich memoriert Joan, wie sie ihren Mann als seine Studentin kennen gelernt hat, wie er sie verführt hat und seine damalige, erste Frau mit ihr betrogen hat, wie sie 3 Kinder kriegen, wie sie sich ein Leben lang in der Welt der Literatur und Schriftsteller bewegten und all diese Erinnerungen werden wach gehalten, nachdem sie sich entschieden hat, sich nach 46 Ehejahren auf dieser Reise von ihrem Mann  zu trennen. 
Zuweilen schreibt Meg Wollitzer über viele Buchzeilen hinweg lange Sätze, die mein Gymnasiallehrer mir so nicht hätte durchgehen lassen und doch liest sich der Text meist flüssig. Oft verwendet die Schriftstellerin auch eine sehr bildreiche, kunstvolle Sprache. Egal ob Meg Wollitzer über die Studentin schreibt, die später Joe Castlemans Ehefrau wird oder über die Untreue amerikanischer Ehemänner oder darüber, dass es in Joes erstem Roman autobiographisch um einen Leiter eines Literaturkurses und dessen sexuelle Beziehung zu einer Studentin geht, es geht oft um Sex, manchmal  ein bisschen zu viel, oft zu nah, manchmal zu real (s. z.B. S. 151).  Hat sich Meg Wolitzer dabei zu sehr in die Gefühlswelt ihrer Protagonisten versetzt?  Auch eine weitere Frage stellt sich dabei: ist das ein Frauenroman?  Gehört er zu diesem Genre der Literatur von Frauen über Frauen für Frauen?  Die Antwort lautet: ja. Manche Aussagen, manche Szenen .... hätte sie ein Mann geschrieben, würden sie als sexistisch gelten. Es ist auch deshalb ein Frauenroman,  weil zunehmend deutlicher wird, welche Null, menschlich und schriftstellerisch Joe neben seiner Ehefrau ist und weil auch andere Paare so dargestellt werden, dass die Frauen stets besser wegkommen als ihre Männer und weil sie, Joan,  Sympathien auf sich zieht, die ihre Wurzeln darin haben, dass sie zu ihm, zu diesem wirklich beschissenen Charakter hält, (fast) ihr ganzes Leben lang.
Die Zuordnung zu diesem Genre ist - das möge man dem männlichen Rezensenten bitte glauben -  nicht der Grund dafür, dem Roman ein höhere als die hier vergebene Bewertung zu verweigern. Nein, der Grund dafür das Buch nicht als besonders unterhaltsam und lohnenswert zu bezeichnen, liegt darin, dass es im Vergleich zu dem Riesenangebot anderer literarischer Meisterleistungern mir dann doch etwas zu sehr kleinklein und zu langatmig ist.
Anm.: Der Roman wurde  - obwohl in ihm eine deutliche Differenzierung zw. Literaturpreis in Helsinki und Nobelpreis in Stockholm enthalten ist - unter dem Titel "Die Frau des Nobelpreisträgers" sehr erfolgreich verfilmt .

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Kurt Keller

Bis alles in Scherben fällt 

Erscheinungsdatum:  1999 ;   Rezensionsdatum22.12.2020
Verlag: Manusript in center tv-Projekt  "Zeitzeugen erzählen"

Format: Broschüre ; 
Seitenzahl :  204  ;  Quellenangabe Foto: eigenes Foto


Noch nie habe ich ein Buch über die Zeit des 2. Weltkrieges und danach gelesen, das mich so beeindruckt hat; das mir die Grausamkeiten dieses Krieges so deutlich werden ließ.
Der 1925 geborene Autor war begeistertes Mitglied – wenn man liest, was er schreibt, kann man es ihm nicht verdenken – der Hitler-Jugend. Sodann musste er im Juni 1944 als 18-Jähriger (!) in der Normandie die ersten schrecklichen Kriegserfahrungen sammeln. Diese führten dazu, dass - um es milde auszudrücken - seine Begeisterung für den Nationalsozialismus rapide nachließ, und dass er schließlich – traumatisiert von dem, was er erleben musste - einen Fluchtversuch, zurück in die saarländische Heimat, unternahm. Hieraufhin wurde das Todesurteil über ihn ausgesprochen. Doch statt der Exekution wurde er einem Himmelfahrtskommando an der Ostfront zugeteilt. Dies wiederum führte ihn schließlich in Kriegsgefangenschaft nach Sibirien, die auch nach Ende des Krieges 1945 fortdauerte. Was er dort erleben musste, übersteigt das, was sich ein nach dem Krieg in der Bundesrepublik geborener Deutscher vorstellen mag. 
Er flieht aus Sibirien und wird erneut gefangen genommen. Nach unvorstellbarem Leid kehrt er im November 1949 - mehr als 4 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges -  mit nur noch 46 Kilogramm Körpergewicht heim zu seinen Eltern nach Homburg im Saarland. Der Charakter von Kurt Keller wird mglw. besonders an der Stelle deutlich, an der er schreibt, dass dieser einmalige Tag ihm Entschädigung für die Jahre des Leidens in Sibirien schenkte. Mehr Bescheidenheit und Dankbarkeit geht nicht.
Gestatten Sie mir noch 3 Schlussbemerkungen: 
a) Ich bin froh, dass ich Gelegenheit hatte, dem inzwischen 95-jährigen Kurt Keller zu Weihnachten 2020 schriftlich alles Gute zu wünschen und er mir sehr dankbar geantwortet hat.
b) Die Zuordnung zur Rubrik Sachbuch / non fiction, also nicht zu Belletristik / fiction erfolgt hier aus voller Überzeugung.
c) Kurt Keller hat auch das Buch „Von Omaha Beach bis Sibirien: Horror-Odyssee eines Deutschen Soldaten“ verfasst.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Khaled Hosseini  

Drachenläufer

Erscheinungsdatum:  2004 ;   Rezensionsdatum19.11.20
Verlag: BvT Berliner Taschenbuchverlag

Format: Taschenbuch ; ISBN 978-3-8333-0149-0
Seitenzahl der Printausgabe:  386


Im Zentrum des Buches steht Afghanistan, seine Geschichte, seine Kriege und inbesondere die Beziehung zweier Freunde, die Anfgang der1960er Jahre in Kabul zur Welt kamen und gemeinsam aufwuchsen: Da ist einerseits Amir, Sohn des geschäftstüchtigen Baba, Sunnite und zum Volk der Paschtunen gehörend und da ist andererseits Hassan, Sohn von Ali, der bei Baba als dessen Diener arbeitet, Schiite und zum Volk der Hazara gehörend. Dritter Hauptaktuer ist Rahim Khan, Freund von Ali und Baba. Drastische Ereignisse, beginnend mit ihren Müttern, der Frau von Ali, Sanaubar und der von Baba, Sophia Akrami, verbinden und trennen Amir und Hassan miteinander bzw. voneinander.
Der Leser schwankt im ersten Teil des Buches zwischen Mitleid mit dem jungen Amir, ob seines Schicksals, seinem Leid unter seinem Vater Baba u.a.m. und andererseits verachtet man seine Feigheit und sein Benehmen gegenüber Hassan, seinen allzu oft deutlich werdenden fiesen Charakter, wenngleich Amir selbst extrem darunter leidet. Die Wege der Akteure trennen sich, als Ali und sein Sohn Hassan das Haus von Baba und Amir verlassen müssen und diese später aus Afganisthan nach Pakistan flüchten und nach USA auswandern müssen.  Es ist Rahim Khan, der viele Jahre später die Vergangenheit wieder aufleben lässt und dramatische Ereignisse einleitet, indem er von Amir den Mut einfordert, den dieser als Kind nicht hatte; ihn auffordert, sein Schuld zu tilgen und Amir damit in eine ungeheuer große Verantwortung zwingt. Amir, jahrelang von Schuldgefühlen verfolgt, stellt sich dieser Aufgabe . Er erlebt mit seiner Reise aus den USA zurück nach Afganisthan Schreckliches und gerät in nahezu ausweglose Situationen.

Man liest und lernt viel über die wechselhafte Geschichte des Landes, über authentische geschichtliche Ereignisse, über die Sitten und Gebräuche und die Greuel und Schrecken der Kriege in und um Afghanistan werden sehr viel plastischer als dies in einem Geschichtsbuch oder Sachbuch  zum Ausdruck kommt.
Abgerundet wird das Werk mit einem  kurzen Abriss über die Geschichte Afganisthans, mit zum Weiterdenken animierenden Fragen und mit einem  Interview mit dem Autor, in dem er schildert, was ihn zu dem Roman bewogen hat und in dem deutlich wird, wieviel Autobiographisches darin verabeitet wurde. Zudem drückt Khaeld Hosseini darin die Hoffnung aus, dass seine Geschichte den Leser berührt: Was mich betrifft, hat sich diese sein Hoffnung voll und ganz erfüllt. Ein bewegendes Buch, eine ergreifende Geschichte!

Kritisch anzumerken ist, dass die Namen von z.B. Speisen und Gebräuchen, Traditionen der Kultur usw. oft nur in der Landessprache widergegeben werden; hier wäre ein Verzeichnis mit Übersetzungen oder Erklärungen dem Leser dienlich gewesen.

Noch was: im 2. Teil des Buches spielt neben den oben schon  genannten Akteuren Suhrab die entscheidenste Rolle. Sie fragen sich, wer Suhrab ist? Nun, dann lesen Sie "Drachenläufer", denn das Buch ist sehr lesenswert.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Richard David Precht 

Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens

Erscheinungsdatum: 15. 06. 2020  Rezensionsdatum:  11.11.20
Verlag: Goldmann Verlag

Format: Kindle  ;  ASIN: B07ZTGNX3
Seitenzahl der Printausgabe:  200


Ein Rat vorweg: Geben Sie nicht auf, wenn Sie sich schon zu Beginn des Buches mit Biopolitik, Synkopen, komputationale Genetik und mit Ketten von Trilobiten, Graptolithen, Ammoniten und Foraminiferen auseinandersetzen müssen. Das Buch ist halt eine umfassende Betrachtung, mehr noch eine ethische  Bewertung der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) und zwar eine sehr kritische.
Richard David Precht geht dabei hart ins Gericht mit Vordenkern in Sachen KI wie z.B.
dem Autor, Erfinder, Futurist und Leiter der technischen Entwicklung bei Google, Ray Kurzweil oder dem schwedischen Philosophen Nick Bostrom oder dem Apple-Mitgründer Stephe Wozniak sowie Elon Musk, der maßgeblich  an der Gründung von  PayPal und dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX sowie dem Elektroautohersteller Tesla beteiligt war bzw. ist. Für Precht allesamt Hightech-Visionäre und Technofundamentalisten mit Scheuklappen. Dies wird  - ebenfalls schon ganz zu Anfang des Buches -  klar, wenn er schreibt (Zitat) "Die Futuristen der digitalen Welt ... kennen bislang weder Rohstoffmangel noch Müllberge, keine Umweltzerstörung und keine als CO2-Deponie missbrauchte Atmosphäre. Kein arktisches Eis schmilzt in ihrer perfekten Zukunft, keine Dürren schicken Abermillionen Menschen auf die Reise, keine Millionenstädte am Äquator versinden in den Fluten."
Erfreulich deutlich positioniert Precht sich auch im weiteren Verlauf des Buches zu Umweltfragen, indem er auch z.B. über Europas Elektronikschrottberge von Agbogbloshi in Ghana schreibt oder ausführt (Zitat) "Wenn Donald Trump aus dem Klimaabkommen von Kyoto und aus dem Atomabkommen mit dem Iran aussteigt und ein Tropen-Nazi wie Jair Bolsonaro in Brasilien den Regenwald abbrennen lässt, nützt auch kein alternative Empfehlung einer Superintelligenz."  Auch wenn er - um ein weiteres Beispiel, dem uneingeschränkt zuzustimmen ist, zu zitieren - schreibt "Die seit den fünfziger Jahren unausgesetzt propagierte Idee, dass jeder Bürger ein eigenes Auto fahren soll, ist ausgereizt und ad absurdum geführt."
Bei weitergehender Lektüre wird Prechts Bewertung  der KI stets kritischer und es stellt sich die Frage, warum er dieses Buch nicht  "Künstliche Intelligenz versus Sinn des Lebens" betitelt hat.
Geradezu gnadenlos prangert er GAFA (Anfangsbuchstaben der 4 der wertvollsten Unternehmen der Welt, also  Google, Apple, Facebook und Amazon) an und sieht darin eine Zerstörung der freien Marktwirtschaft.
Das Vorwort mit Aussagen zur aktuellen Corana-Pandemie (Zitat: "Das Virus weckt die Welt aus ihrem technotopischen Schlummer.")  und ein sehr umfangreiches Quellenverzeichnis runden das umfängliche Werk ab.
Warum ordne ich das Buch keiner höheren Kategorie als der der hier gewählten zu?  Da sind 2 Aspekte zu nennen: Zum Einen, weil mich der Autor trotz seiner - zweifelsohne hochintelligenten - Denkkonstrukte nicht recht davon überzeugen konnte, KI für falsch oder gar verwerflich zu betrachten (und in der Folge ihren o.a. Vorreitern wirklich jede gute Absicht abzusprechen und hierbei bin ich weit davon entfernt anzunehmen, dass es diesen primär nicht um Gewinnmaximierung geht). Es ist doch wie bei jeder Technik: Es kommt darauf an, was man damit macht.  Ein Auto kann mich im günstigen Fall schnell von A nach B bringen, aber es kann im ungünstigsten Fall spielende Kinder überfahren. Warum sollte es bei KI anders sein? Die Darstellung alternativer Szenarien, bei denen die Ethik nicht auf der Strecke bleibt, kommt mir zu kurz.
Zum Zweiten weil - wie eingangs bereits erwähnt,  das Niveau des Buches ein sehr hohes ist;  für die Lektüre "so eben zwischendurch"  sind Ausführungen über Anthropomorphismus und Anthropozentrismus nicht geeignet ist und somit diejenigen Leser dieser Rezension, die nicht die erforderliche Zeit und Muße haben, sich darin wirklich zu vertiefen, eher zu anderer Literatur greifen sollten.  Wer z.B. zur gleichen Thematik ein vom Genre gänzlich anderes Buch lesen will, das zwar auch zum Nachdenken anregt, dabei aber in erster Linie viel Anlass zum Lachen gibt, dem sei das hier ebenfalls rezensierte "Qualityland"  von  Marc-Uwe Kling empfohlen.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Mechthild Borrmann 

Der Geiger

Erscheinungsdatum: 20.08.2012 ;   Rezensionsdatum:  26.10.2020
Verlag: Goldmann Verlag

Format: Taschenbuch  ;  ISBN 13:  9783426199251
Seitenzahl: 304


Das Buch handelt, beschreibt die unvorstellbaren Repressalien in der Sowjetunion und die damaligen Grausamkeiten der Stalin-Diktatur unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg, also Ende der 1940er Jahre. Hauptpersonen darin sind der begnadete Geiger Ilja, Erbe und Besitzer einer Stradivari und - in einem 2. Handlungsstrang - seine Frau Galina, die beide 1948 aus ihrem damaligen Leben geradezu herauskatapultiert werden. Ein weiterer, damit 3. Handlungsstrang beschreibt die Ereignisse, die die Enkel der damals so vom Schicksal Geschlagenen rund 60 Jahre danach erleben, d.h. dieser spielt 2 Generationen später. Der Roman ist fesselnd, spannend, mitreißend geschrieben und der Leser hofft mit Ilja und Galina auf ein Ende ihrer Gefangenschaft und Verbannung in Sibirien. Einer höheren Bewertung des Buches steht entgegen, dass es für den Leser gegen Ende zunehmend schwerer wird, das von der Schriftstellerin aufgebaute, generationsübergreifende komplizierte Konstrukt an Beziehungsverflechtungen zu durchschauen.

 Meine Bewertung:

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Robert Goddard 

Die Schatten der Toten

Erscheinungsdatum:  03.01.20 ;   Rezensionsdatum: 30.09.20
Verlag:  dotbooks

Format: Kindle ;  ASIN:  B0836F48GK
Seitenzahl der Printausgabe:  631


Im umgangssprachlichen Sinne ein episches Werk. Läge es als gedrucktes, gebundenes Buch vor mir, so läge da - mit seinen 631 Seiten - ein Riesenwälzer. Das Buch beinhaltet ein kompliziertes Geflecht mehrere Generationen übergreifender, verwandtschaftlicher Beziehungen und Konflikte in der Zeit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der eingangs abgebildete Stammbaum erleichtert einen Überblick über die Beziehungen der Hauptakteure; reicht jedoch nicht für den Durchblick, weshalb dem Leser angeraten sei, sich tunlichst zusätzlich eigene Aufzeichnungen über Namen, Orte und Daten zu fertigen (aber wer will das schon, wenn er/sie einen Roman liest?).
Kern der Geschichte ist, dass James - einer der Erben - nachdem er angeblich vor einigen Jahren Selbstmord begangen hat, plötzlich auftaucht, u.a. seine frühere Geliebte Constance (die inzwischen verheiratet und Mutter einer Tochter ist)  kontaktiert, von ihr die Erwiderung seiner andauernden Liebe erwartet und von seinen Verwandten Adelstitel, Land und Erbe einfordert.  
Meine hauptsächliche Kritik an dem Buch erwächst aus der extremen Unwahrscheinlichkeit , dass die oben Genannten und weitere Akteure - wie z.B. der langjährige Hausarzt der Familie - allesamt ernsthaft und anhaltend zweifeln, ob James James ist.
Das vom Autor gewählte Stilmittel des ständigen Wechsels der Perspektive des Erzählers (einmal neutral, dann aus Sicht von Constances Ehemann) lockert zwar auf, nimmt aber dem Buch unterm Strich nichts an Langatmigkeit, um nicht zu sagen Langweiligkeit. Fazit: es gibt viel bessere Bücher, mehr noch: dieses hier ist Zeitverschwendung.

 Meine Bewertung:

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Marc-Uwe Kling 

Qualityland

Erscheinungsdatum:  7. Auflage 22.09. 2017  ;   Rezensionsdatum: 21.09.2020
Verlag:   Ullstein eBooks

Format: Kindle;  ASIN B071436DMF
Seitenzahl der Printausgabe:  385 Seiten


Wenn Sie mit Ihrem PKW mit Tempomat über die Autobahn fahren, Ihr Navigationsgerät Sie vor Staus voraus warnt und anzeigt, wo die nächsten Restaurants sind, Sie Ihrer Alexa, Siri oder Mercedes oder wem auch immer sagen, welche Musik Sie hören wollen und gleichzeitig  per Handyapp zuhause die Rolladen runter lassen, dann.... ja, dann leben Sie in einer Welt mit einem Digitalisierungsgrad von ca. 1 % dessen den uns Marc-Uwe Kling in Qualityland präsentiert.  Entwicklungen wie die oben skizzierten, hat er konsequent und tabulos weiter gedacht. Die analoge Welt ist in jeder Hinsicht vergangene Welt. Das Land heißt wie das Buch, die Städte heißen Digital, Profit, Growth und Quality-City; die Menschen werden nach ihrem Level beurteilt und eingestuft. Ein humaner Roboter, ein Android, kandidiert für die Präsidentschaft (interessanterweise verspricht er ein bedingungslosen Grundeinkommen, d.h. dass es ein solches auch in dieser Science fiction der anderen Art noch nicht gibt).  
Etwas verwirrend ist, dass es das Buch in einer hellen und in einer dunklen Ausgabe gibt, wobei sich die jeweiligen Zwischenkapitel unterscheiden.
Die Ideen von M.U. Kling sind phantastisch und gleichzeitig in gewisser Weise logisch. Mit fortschreitendem Verlauf mag er aber beim Schreiben etwas zu tief in die Glaskugel - oder ins Glas - geguckt haben. Gegen Ende wird es langatmig, der Klamauk gewinnt überhand und schließlich ist alles einfach "too much", was letztlich einer besseren Bewertung entgegensteht. Schade.
PS: Wenn Sie mal was lesen wollen zum "100% gleichen Thema" in einem zu "100% anderen Genre" dann lesen Sie "Künstliche Intelligenz" von Richard-David Precht.

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Kristin Hannah 

Die Nachtigall

Erscheinungsdatum: Auflage: 4 am 19. September 2016   ;   Rezensionsdatum:  11.08.20
Verlag: Aufbau Digital; 

Format: Kindle ;  ASIN B01CYE6RTC 
Seitenzahl der Printausgabe: 603 


Es geht in diesem packenden Roman der 1960 in Südkalifornien geborenen Autorin primär um das Schicksal zweier ungleicher Frauen, der Schwestern Vianne und Isabelle, während der Besatzung Frankreichs durch das deutsche Militär im 2. Weltkrieg. Sehr plastisch, ergreifend und fesselnd wird dem Leser vermittelt, welche ungeheuerlichen Belastungen für die einheimische Bevölkerung damit  einhergingen.  Häuserbeschlagnahmen, um deutsche Offiziere dort unterzubringen, Lebensmittelrationierungen und -bezugsscheine, Denunziationen, Kollaboration, Antisemitismus und Deportationen sind nur wenige Stichworte, hinter denen sich die Grausamkeiten, die man sich heute kaum noch vorstellen kann und vorstellen mag, gegenüber der einheimischen Bevölkerung verbergen und die Isabelle zu einer sehr mutigen Zugehörigen der Resistance machen. Andererseits wird hie und da auch deutlich, dass sich auch hinter Hitlers Soldaten grausame Schicksale verbargen.
Ebenso ist interessant und anmerkenswert, welche Rolle Charles de Gaulle damals spielte, wenn man berücksichtigt, dass er später gemeinsam mit Konrad Adenauer die deutsch-französische Freundschaft voran trieb. Auch wenn mit Isabelle und Vianne und mit deren Freundin Rachel die Schicksale dieser Frauen vorrangig das Geschehen prägen, so ist das Werk von Kristin Hannah, das zum Welterfolg wurde,  kein reiner Frauenroman.

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Wolfram Fleischhauer 

Die Frau mit den Regenhänden

Erscheinungsdatum:  01.01.1999 ;   Rezensionsdatum: 17.06.2020
Verlag:  Droemer-Knaur

Format: gebundenes Buch ; ISBN 978-3-426-19784-4
Seitenzahl:  489


Das Buch beginnt mit unterschiedlichen Handlungssträngen zu unterschiedlichen Zeiten. Zu nennen sind - in 1867 handelnd -  u.a. die Bergung der Leiche eines Kindes aus der Seine und die Vorbereitungen des Strafverteidigers Antoine Bertaut auf die Verhandlung vor den Geschworenengericht zum Einen und  - in 1992 spielend - die Szenen in der historischen Bibliothek in Paris, wo der Ich-Erzähler Bruno, ein deutscher Architekturstudent,  erstmals die ihn bezaubernde Gaetane sieht, zum Zweiten. Die Örtlichkeit (= Paris) bleibt im Folgenden konstant. Die Handlungsstränge wachsen erst sehr spät im Buch zusammen.

Wenn Bruno von seinen Recherchen über Napoleon III. in den Pariser Archiven berichtet, erhält der Leser einen ganz guten Nachhilfeunterricht in Geschichte. Anschaulicher als mein Geschichtsunterricht in der Schule. Jedoch: Selten liest man ein Buch mit im Folgenden so vielen unterschiedlichsten Szenen in unterschiedlichsten Milieus mit ständig neuen Facetten: Die Schilderung verschiedenster Kriege in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die ausführlichen Darstellungen zu Kaiser Maximilian von Österreich, zugleich Kaiser von Mexiko, die Ausführungen über Malerei und deren Repräsentanten wie Magritte, Manet (man bekommt Lust das Gemälde der Erschießung des Kaisers in der Kunsthalle Mannheim mal wieder zu sehen), Gauguin, James Ensor u.v.a. Nebenhandlungsstränge mehr, fordern den Leser schon etwas.

Stets ist es die Frage, was die schöne junge Frau in der Bibliothek im Jahr 1992 mit der grauenvollen Tat in der Vergangenheit verbindet, die zum Weiterlesen animiert.
Aber: Es dauert lange, gar bis über Seite 330 hinaus, bis der Leser die Zusammenhänge zwischen den Ereignissen in den 1860er Jahren und denen in den 1990er Jahren zunächst erahnt, dann erkennt, und bis sich das verbindende Element immer mehr herauskristallisiert.

Letztlich hat der Roman mit all seinen Schilderungen über Geschichte, Architektur, Zeitgeist und Lebensumstände in der 2. Hälfte des 19.Jahrhundert etwas von einem Drama und Historienroman, mit dem Verbrechen im Hintergrund und den Ermittlungen hierzu etwas von einem Krimi, mit all den Nennungen der Stadtviertel, Straßen und Plätzen etwas von einem Paris-Reiseführer, mit seinen erotischen Szenen und den Gedanken Brunos über die lange rätselhaft bleibende Gaetane etwas von einem Liebesroman und mit seinem Schluss gar etwas von einem Sachbuch in Angelegenheiten der Medizin u. der Virologie. Und trotz all dieser Zutaten entstand daraus kein Eintopf, eher ein Sterne-Menue. Fazit: Ein ungewöhnliches, ein anspruchsvolles, ein sehr lesenswertes Buch.

Von Wolfram Fleischhauer stammt u.a. auch "Fatal Tango".

 Meine Bewertung:

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Tracey Chevalier 

Das Mädchen mit dem Perlenohrring

Erscheinungsdatum: 05.08.2019  ;   Rezensionsdatum:  28.05.2020
Verlag: Atlantik

Format: Kindle  ;  ASIN B07W6Y3YV9
Seitenzahl der Printausgabe:  219 Seiten

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Griet, 17-jährige Tochter eines in Delft ansässigen Kachelmalers, muss in 1664 Geld zum Lebensunterhalt der 5-köpfigen Familie beisteuern; nicht zuletzt, weil ihr Vater infolge eines Unfalls erblindet ist und somit nicht mehr arbeiten kann. Sie kommt als Dienstmagd in den Haushalt des Kunstmalers Johannes (Jan) Vermeer, der mit seiner Frau Katharina, deren Mutter Maria Thins und einer Reihe von Kindern in einem anderen Stadtteil von Delft wohnt. Die ungewohnte Umgebung, die Eigenarten der Familienmitglieder und der anderen Dienstmagd dort, machen es Griet sehr schwer. Es entwickelt sich ein eigenartiges, dann spannendes, schließlich gar prickelndes Verhältnis zwischen Griet und dem Maler. Dieser ist gar nicht so wohlhabend, wie es zunächst den Anschein hat. Vielmehr ist er und seine Familie von einem einzelnen Mäzen abhängig, der wiederum mit Griet nicht die besten Absichten hat. Von der Dienstmagd wird Griet schleichend zur Gehilfin des Malers und schließlich zu seinem Model. Und zwar hinter dem Rücken der eifersüchtigen Ehefrau Katharina, aber mit Duldung, gar Förderung, durch deren Mutter, des Malers Schwiegermutter. Nachdem Katharina herausfand, dass Griet ihrem Mann Model sitzt und dabei gar noch ihre Perlenohrringe trägt, eskaliert die ohnehin spannungsgeladene Situation.
Der Film aus 2003, der möglicherweise bekannter ist als das Buch, weicht in seiner Handlung von diesem ihm zugrundeliegenden Roman kaum ab. So wie auch das hier zusätzlich eingefügte Foto von Scarlett Johansson kaum von dem Originalgemälde von Jan Vermeer abweicht. Sofern man erst nach dem Film zum Buch greift, hat man natürlich beim Lesen dessen Bilder und Szenen vor dem geistigen Auge. Das macht das Lesen plastischer, aber nicht weniger lohnend.

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Martin Suter

Der Koch

Erscheinungsdatum:  26.01.2010 ;   Rezensionsdatum: 30.04.2020 

Verlag: Diogenes ;  Seitenzahl : 320 Seiten

  ISBN-13: 978-3257239997

Der Roman ist das Produkt aus einerseits – wie sollte es anders sein – ganz viel Phantasie des Autors; und andererseits fundierter Recherche incl. profunder fachlicher Beratung.
Letzteres umfasst Themen wie die Kultur, Heimat und Geschichte der Tamilen, die Liberation Tigers of Tamil Eelam (kurz LTTE, auch Tamil Tigers genannt), die für die Unabhängigkeit des von Tamilen dominierten Nordostens Sri Lankas kämpften; es geht  um die Distrikte Kilinochchi und Jaffna und um die Progrome von 1983 gegen die tamilische Minderheit und um die Rekrutierung von Kindersoldaten durch die Tamil Tigers, um nur einige Aspekte zu nennen.
Und es geht zunächst um die Atmosphäre und Hierarchie in einem Zürcher Sternerestaurant. Um die Hauptakteure Maravan und Andrea zwischen Chef de Cuisine, Sommeliers, Gardemanager, Annonceur u.a., die da hantieren mit Cloches, Rotationsverdampfer u.ä. und ihren Gästen marinierte Waldbeeren mit knusprigen Blätterteig-Arlettes als dreilagige Millefeuilles servieren.
Aber es geht auch viel um die Küche Maravans, um die ayurvedische Küche, um Molekularküche ja insbesondere gar um aphrodisische Küche. Die Handlung dreht sich um spezifische Essenszutaten wie Curryblätter, Kokosöl, Korianderschaum, Bockshornklee, Alginat, Xanthan und AgarAgar. Es werden Chapatis, Urd-Linsen-Cordons, gefrorene Safran-Mandel-Espumas, Churaa Varai, Niemblütenpachadi und – man lese und staune - gar Spargel-Ghee-Phallen sowie glasierte Kichererbsen-Ingwer-Pfeffer-Muschis zubereitet.
Nach flottem Start kommt es - spätestens im 3. Drittel des Buches – doch und trotz o.a. vielfältigen Aspekten zu Längen und der Leser braucht etwas Durchhaltevermögen.
Daran ändert auch nichts, dass Martin Suter seinen Roman neben o.a. würzigen Zutaten zusätzlich „anreichert“ mit so unterschiedlichen Beilagen und aktuellen Ereignissen wie die Finanzkrise 2008/2009, die Fußball-EM in der Schweiz 2008, dem Schweizer Bankgeheimnis, dem Atomprogramm des Iran, illegalen Waffenexporten, den Aktivitäten der o.a. Befreiungstigern LTTE und gar dem 15fachen Mord in Winnenden bei Stuttgart am 11. März 2009. Und – als hätte der Autor in 2010 die in 2020 aktuelle Corona-Pandemie vorausgesehen – findet auch noch die Schweinegrippe ihren Platz im Buch. Zu viel meinen Sie, geehrter Leser? Zu überladen und zu wild gemischt? Nun, da will der Rezensent nicht widersprechen. Denn es drängt sich in der Tat der Verdacht auf, dass Suter da noch viele Notizschnipsel auf seinem Schreibtisch hatte, die er unbedingt in das Geschehen noch „reinwurschteln“ wollte. Und dies steht letztlich einer besseren Bewertung im Wege.
Im Anhang des Buches sind die Rezepte der von Maravan zubereiteten Menüs enthalten.
Fazit und Vergleich mit den hier ebenfalls rezensierten Werken von Martin Suter: Der Koch ist besser als „Lila, Lila“ oder „Allmen und die Libellen“, hat aber bei Weitem nicht das Niveau von z.B. “Small World“, „Ein perfekter Freund“, „Der Teufel von Mailand“, „Die dunkle Seite des Mondes“ oder „Der letzte Weynfeldt“ und liegt damit im „Suterschen Gesamtwerk“ so mittendrin, in etwa gleichauf mit  „Die Zeit, die Zeit“. Von daher: ja, Lesen lohnt sich, aber es gibt Besseres, auch von Martin Suter.

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Martin Suter

Lila, Lila

Erscheinungsdatum: 10.11.2009  ;   Rezensionsdatum: 19.04.2020 

Verlag: diogenes ;  Seitenzahl : 352 Seiten

  ISBN-13: 978-3257234695

Zu Beginn des Buches wird der Leser mit mehreren Handlungssträngen und einer Vielzahl von Akteuren schon etwas gefordert: Das sind Peter Landwei und „seine“ Sophie im Roman von Alfred Duster - eine Geschichte in der Geschichte -  und da sind im Roman von Martin Suter insbesondere der antriebslose Kellner David Kern, seine Stammgäste und Kumpels, allen voran Ralph Grand, die Dekorateurin und zugleich Schülerin Marie Berger, ihre Männerbekanntschaften nicht abgeneigte Mutter Myrtha, die Verlagsmitarbeiterin Karin Kohler und es dauert etwas bis mit Jacky aus dem Männerheim der nächste Hauptakteur in Szene tritt.
David Kerns Geltungsbedürfnis und der Zufall, ein Romanmanuskript in einem antiken Möbelstück zu finden, führen dazu, dass David sich als Schriftsteller ausgibt und sich so erfolgreich für Marie interessant macht. Ab dann nehmen die Dinge ihren Lauf. David, dessen Verhalten man zunehmend weniger gutheißen kann, wird ein Star; er bleibt Hauptperson in der Story, wenngleich nicht mehr Hauptakteur des Geschehens, weil diese Rolle zunehmen von Jacky Stocker ausgeübt wird, was – ebenfalls zunehmend – zu Konflikten mit Marie führt.
Im Vergleich zu den hier ebenfalls rezensierten Büchern von Martin Suter „Der letzte Weynfeldt“, „Die dunkle Seite des Mondes", „Der Teufel von Mailand“, "Die Zeit, die Zeit" sowie „Allmen und die Libellen“ und „Small World“ nimmt „Lila, Lila“ nicht den Spitzenplatz ein. Grund hierfür ist zum einen, dass alles doch etwas zu vorhersehbar bleibt, also Überraschungen und Wendungen ausbleiben.  Zum anderen der Eindruck, dass Suter sich nicht so recht entscheiden konnte, ob er die Verlogenheit des Literaturgeschäfts aufzeigen oder eine traurige Liebesgeschichte erzählen möchte.

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Carsten Jensen

Rasmussens letzte Reise

Erscheinungsdatum:  26.07.2010 ;   Rezensionsdatum: 03.04.2020 

Verlag: Knaus ;  Seitenzahl : 488 Seiten

ISBN-10: 3813503313  ISBN-13: 978-3813503319

Es ist schon erstaunlich: liest man ein Buch nach vielen Jahren ein zweites Mal kann man durchaus zu einer anderen Einschätzung kommen als damals. Aber dazu später mehr. Zum Anfang des Romans wird etwas Kopenhagener Lokalkolorit vermittelt, z.B. wenn der Autor Carsten Jensen von der Havnegade und vom Kongens Nytorv schreibt. Ohne zu googlen und ohne Wikipedia kommt der Rezensent, den es noch nie nach Dänemark geführt hat, da nicht weiter.
Obendrein werden dann noch ein paar nautische, zumindest seemännische Kenntnisse gefordert, wenn „die Kvaesthusbro achteraus gleitet“. Der Landrattenrezensent kommt hier – natürlich auch wieder nur nach entsprechender Recherche - zu dem Schluss, dass ein Kai, ein Pier, eine Anlegestelle (?) im Hafen von Kopenhagen rückwärtig aus der Sicht gerät. (Verbesserungsvorschläge hierzu sind ausdrücklich gewünscht). Klüverbaum, Galeassen, Jollen und Bramsegel sowie Schanzkleid u.ä gehören natürlich auch zum kleinen Seemann-Einmaleins.
Hat man sich in diese Dinge eingedacht, ist man gerüstet für die 2. Grönlandreise des Jens Erik Carl Rasmussen. Er wurde 1841 in Dänemark geboren. Anl. dieser 2. Reise, die 23 Jahre nach seiner ersten stattfand, ist er am 1.10.1893 zwischen Orkney und Shetland im Atlantik ertrunken. Er – der somit nur 52 Jahre alt wurde - gilt als erster Künstler, der die Inuit-Kultur und das raue Wesen der grönländischen Natur in seinen Werken festhielt. Sein Talent als Maler - was ein wesentlicher Aspekt im Buch ist - hat er in sich und haben andere in ihm schon in seinem jugendlichen Alter erkannt. Im Buch spring die Handlung kapitelweise zwischen damals und heute, zwischen Jungend und Erwachsenenalter, zwischen der ersten Grönlandreise und der Jetzigen, hin und her. Im weiteren Verlauf gewinnt der Rückblick, gewinnen die Erinnerungen an Raum und noch später verschwimmt vieles. Dabei wird immer deutlicher, welch gequälter Geist in Carl steckt. Sein egozentrischer Charakter, sein Missmut und seine Selbstzweifel, sowie Enttäuschungen, Depression und Orientierungslosigkeit nagen an Carl und der Leser hat zunehmend weniger Sympathie und Verständnis für diesen Mann; so ging es jedenfalls mir beim Lesen. Gegen Schluss wird das Buch immer etwas surrealer; aber ein Roman über das Meer, über das Leben der Eskimos im Eis, mal ohne Dunkelheit mal ohne Licht, ist halt kein Sachbuch.
Zurück zu der Eingangsbemerkung: Als ich das Buch vor ca. 10 Jahren zum ersten Mal las,  wirkte alles - die Personen, die Landschaft, das Wetter, die Erlebnisse -  so traurig, so deprimierend und ich kam zu dem Schluss das Carsten Jensens Buch ein Buch ist, wie wohl die Palette des Malers ausgesehen haben mag: Umbrabraun, grau; kein Ultramarinblau, kein Karminrot! Mein Urteil fiel damals negativer aus als heute. Am besten gefiel mir noch die Passage – und das gilt auch noch heute so - als Carl Rasmussen einen französischen Maler mit dänischer Frau trifft. Unschwer ist dieser Franzose als Paul Gauguin zu erkennen, auch wenn Carsten Jensen diesen Namen nicht nennt. Und auch beim 2. Lesen komm ich zu dem Schluss: Hätt' ich die Wahl zwischen einem Gauguin oder einem Rasmussen an meiner Wohnzimmerwand, so wäre meine Wahl genauso eindeutig, wie die zwischen einem Aufenthalt auf Gauguins Tahiti oder Rasmussens Eiswüste auf Grönland. Auch könnte ich sich sagen: so eindeutig wie die zwischen dem lebensbejahendem Selbstbewusstsein a la Gauguin und der lebensverneinenden Selbstzerstörung Rasmussens.

Anmerkung: Wissen Sie was ein Qivitoq ist? Nein, dann lesen Sie „Rasmussens letzte Reise“, denn es lohnt sich schon. Brauchen Sie hingegen etwas was Geist und Gemüt erheitern soll, dann meiden Sie dieses Buch.
Abschließend möchte ich noch auf die gelungene Gestaltung des Umschlages hinweisen: Das Bild dieses bedrohlichen Meeres, das unter einem schwarzen Himmel auf einen schwarzen Strand trifft:  Wie das Bild, so die Stimmung im Buch.
 

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Emma Wagner

Weil ich von dir träumte 

Erscheinungsdatum: 10.09.2019 ;   Rezensionsdatum: 25.03.2020

Verlag:   Tinte & Feder

Der Rezension zugrundeliegendes Format: Kindle;  ASIN: B07QDND1RH;  Seitenzahl als Druckausgabe: 488 Seiten 
Das Buch, das - ich weiß gar nicht mehr wie und wieso -  auf meinem Kindle-eBook gespeichert ist, startet mit der Schilderung eines Alptraums von einem Brand. Sodann beginnt der erste Handlungsstrang in New York, wo die Künstlerin Justine, nachdem sie auch einen Alptraum in der Nacht zuvor hatte, bei einer Vernissage, zu der sie von Ihrem Vater begleitet wird und wo sie vergeblich auf ihren Freund Dean wartet, von einem geheimnisvollen Raphael angesprochen wird. Ein bisschen zu viel für den Anfang?  Nun denn, ebenfalls noch im 1. Kapitel  springt die Autorin für den 2. Handlungsstrang zeitlich 30 Jahre zurück und räumlich von New York nach Korsika in die Küche von Oma Sofia, deren Tochter Maria und deren beiden Töchter Therese und Litizia, der Cristo, der ein uneheliches Kind ist und von Giorgio Bonaceri und dessen Frau Ludovica adoptiert wurde, einen Heiratsantrag macht und wo neben Therese, deren Verlobter gestorben ist,  auch noch ein Edmond eine Rolle spielt, der ein leibliches Kind von Cristos Zieheltern ist. Wuff !!
Ja, es ist in der Tat ein bisschen sehr viel für den Anfang! Aber wer anderer Meinung ist, sollte wissen, dass da  ja auch noch Commissaire Dubois ist, der Letizia nachts auflaufert und dass zum Zeitpunkt Litizias  größter Bedrängnis urplötzlich  Matteu
erscheint, dessen Onkel nach Amerika ausgewandert war und den Letizia liebt, obwohl sie sich doch gerade Cristo versprochen hat. Der Leser, der noch durchhält sei daran errinnert, dass wir noch immer im 1. von 9 Kapitel sind. Das 2. beginnt dann damit, dass Justine - wieder 30 Jahre später - sich mit dem ominösen Raphael in Korsika trifft und als dann auch noch dessen Verwandte - zunächst  in Form seines kleines Bruder Jaques -  ins Spiel kommen, wird es dem Rezensenten endgültig zu viel und die Lektüre wird - sorry, Frau Wagner - beendet, um sich wieder besserer Literatur zuzuwenden.

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Juli Zeh

Leere Herzen

Erscheinungsdatum: 13.11.2017 ;   Rezensionsdatum: 22.03.2020

Verlag:  Luchterhand 

Der Rezension zugrundeliegendes Format: Kindle;  ASIN: 3630875238 ;  Seitenzahl als Druckausgabe: 301 ;  ISBN  978-3630875231
Nach den hier ebenfalls rezensierten Büchern von Juli Zeh, dem - wie ich es bezeichnen möchte - Gesamtkunstwerk  "Unterleuten"  sowie  "Nullzeit" und "Schilf" ist "Leere Herzen" das vierte von mir gelesene Juli-Zeh-Buch.  
Die Autorin lässt es entspannt, fast familiär idyllisch angehen:  Da ist Britta mit ihrem Mann Richard und der 7jährigen Tochter Vera und da ist Janina mit ihrem Mann Knut und ihrer ebenfalls 7jährigen Tochter Cora. Die beiden Paare treffen sich zu einem gemeinsamen Abendessen und tauschen sich u.a. über ihre beruflichen Tätigkeiten und Pläne aus. Erste Zweifel an der Idylle kommen dem Leser, wenn er langsam erkennt, fast möchte man sagen "erkennen muß",  worauf das Geschäftsmodell der von Britta betriebenen psychotherapeutischen Praxis mit dem Firmenname "Die Brücke" beruht. Und es wird immer klarer: Leere Herzen ist ein Psychothriller!  
Der 2017 entstandene Roman spielt  in den Jahren 2025 - ca.2030, wie aus einzelnen Anmerkungen ("Merkel ist über siebzig") geschlussfolgert werden kann. Aus der heutigen AfD ist die BBB  ("Besorgte Bürger Bewegeung") geworden, die die Kanzlerin stellt; eine Frau Wagenknecht (!) ist Innenministerin. Und aktuelle politische Themen sind Frexit, freeflandern und katalonienfirst. Rechtsradikale erschlagen Migranten; Nordafrikaner erschlagen priviligierte Gymnasiasten; das bedingungslose Grundeinkommen wird von jungen Männern genutzt, ihre Zeit auf den Parkbänken zu verbingen;  in den Innenstädten werden gerade die letzten arabischen Lokale geschlossen und Negativzinsen sind normal. Soviel zum Umfeld.  
Die in der heutigen Zeit unvorstellbaren Methoden der Brücke mit Suizidgefährdeten, die von Brittas Partner Babak aus dem Darknet gefischt werden und das was Britta und Babak und ihre "Patientin" Julietta erleben und erleiden, tragen ebenfalls dazu bei, dass die Lektüre für Zartbesaitete immer weniger lesens-/ empfehlenswert wird; ganz anders für nicht so schwache Gemüter. Letzlich ein Apell von Frau Zeh an politikverdrossene NIchtwähler sich für
die Grundlagen und gegen die Gefährdungen der Demokratie einzusetzen, wie er heftiger kaum sein könnte, was auch schon im Vorwort  "Da. So seid ihr.“ zum Ausdruck kommt, aber natürlich erst nach der Lektüre verständlich wird.


 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

        sehr lesenswert

lohnt sich

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 Rosie M. Clark

 Das Salzmädchen

Erscheinungsdatum: 15.01.2019;   Rezensionsdatum: 10.03.2020

Verlag: Tinte & Feder

Format Kindle;  ASIN: B07GR5J2VV ;  Seitenzahl als Druckausgabe: 301 ;  ISBN 2919807293
Es ist die Geschichte von Ella. Eine junge Frau, die als Kind adoptiert wurde. Ihre Adoptivoma gibt ihr - ganz  kurz vor ihrem Tod - rätselhafte Hinweise auf Ellas leibliche Mutter und auf Mallorca. Diese sind Anlass für Ella, auf die Baleareninsel zu reisen, wo sie u.a. den Olivenbauer Miguel bei einem mysteriösen Zwischenfall auf einem Markt kennen lernt und in den sie sich anschließend verliebt. Über einen Ring, den sie schon lange trägt und dessen Bedeutung sie nicht kennt, baut sich - leider recht nur allmählich und insgesamt recht langsam - ein Spannungsbogen auf. Dieser steigt an, als sich herausstellt, dass es über das Symbol auf dem Ring eine Verbindung zu  dem Vater von Miguels hübscher Freundin gibt. Aber bis dahin, bis zu diesem Punkt fordert die Autorin schon etwas Durchhaltvermögen vom Leser. Nach  erneut eher seichten, klischeehaften, stellenweise kitschigen Passagen nimmt das Buch gegen Ende wieder Fahrt auf. Die Geschichte ist verträumt, romantisch, emotionsgeladen und stellenweise schön zu lesen; dennoch muss ich  resümieren, dass es bessere Bücher im Genre gibt.
Insbesondere  wer sich etwas mehr Lokalkolorit, Informationen über Landschaft, Orte und Gebräuche auf Mallorca wünscht, sollte besser zu dem hier ebenfalls rezensierte Buch von Heinrich Breloer und Frank Schauhoff mit dem Titel "Mallorca, ein Jahr " greifen.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

        sehr lesenswert

lohnt sich

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 Giovanni di Lorenzo

 Verstehen Sie das, Herr Schmidt 

Erscheinungsdatum: 2012 ;   Rezensionsdatum: 10.03.2020

Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Seitenzahl:  263 Seiten  

Giovanni di Lorenzo ist Journalist, Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit", Mitherausgeber des Berliner Tagesspiegels, Moderator der Talkshow "3 nach 9" bei Radio Bremen und Autor! Bis ins Jahr 2009 veröffentlichte das Zeit-Magazin seine Reihe „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt“ und das Buch darüber war ein Bestseller. Die 22 Gespräche umfassende Fortsetzung hiervon ist „Verstehen Sie das, Herr Schmidt?“ und  dieser Herr Schmidt, von 1974 bis 1982 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, wird in diesem Buch aus dem Jahr 2012 seinem Ruf als elder statesman mehr als gerecht. 
Obwohl das Buch weniger als 10 Jahre alt ist, denkt man „Wie doch die Zeit vergeht!“, wenn man heute über Waldsterben, Abwrackprämie, die Minister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg und Philipp Rösler usw. liest. Wenngleich es aus heutiger Sicht somit natürlich politische Literatur gibt, die - weil aktueller - es eher lohnt zu lesen, so bleibt dieses Büchlein dennoch lesenswert.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

        sehr lesenswert

lohnt sich

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 Heinrich Breloer u. Frank Schauhoff

 Mallorca, ein Jahr

Erscheinungsdatum: 1995 ;   Rezensionsdatum: 01.02.2020

Verlag:  Kiepenheuer&Witsch;  Seitenzahl: 320 ;  ISBN 13: 978-462-30936-2
Aus Anlass eines bevorstehenden Mallorca-Aufenthalts griff ich wieder zu diesem Buch, das schon so lange im Regal steht. Auch das verschwommene Aquarell auf dem Einband machte mir Lust, das Buch wieder zu lesen.
Es handelt von einem Fernsehjournalisten, Michael Weidling, der anl. eines Interviews mit Kanzler Kohl in der Bonner Zeit unserer Republik plötzlich einen Blackout erleidet und infolgedessen keinen vernünftigen Satz mehr zustande bringt. Dies zeigt ihm, dass er eine Auszeit benötigt. Die nimmt er sich, indem er Mallorca bucht und zwar von Oktober bis Oktober, also für ein Jahr.
Zunächst im Haus von Bekannten im Norden (er muss begreifen, dass Lluc Alcari nicht Llucmajor ist), lernt er insbesondere mit Toni und Tomeu schnell Einheimische kennen, die zu Freunden werden. Sie bringen ihm die Teile der Insel, die nicht jeder Tourist kennt, näher; also das Landesinnere und die Menschen, die dort leben. Es geht auch viel um Sitten und Gebräuche, ums Essen und auch um die mallorquinische Sprache. Nachdem Michael den Sommer in einem Häuschen am Meer im Süden (Ses Covetes)  verbracht hat, gelingt es ihm sogar,  ein  Haus in der Nähe von  Randa  zu kaufen, es zu renovieren und sein Glück wird vollkommen, als sich auch die von ihm angehimmelte Mar zu ihm bekennt. Nach einem Jahr kehrt er - mit dem Wissen, dass er vom Rheinland in 3 Stunden in seinem neuen Refugium sein kann - zurück in den Beruf. 
Fazit:  ein machmal zwar etwas kitschiges und  klischeehaftes  Buch mit meist idealisierten Handlungsabläufen; aber manchmal  auch ein informatives Buch, das nett und kurzweilig zu lesen ist und evtl.  Anregungen für eigene Ausflüge/Radtouren enthält. Und ein bisschen Spanisch lernt man auch noch dabei. Mann sollte aber auch stets bedenken, dass das Buch nunmehr bereits 25 Jahre alt ist.
Meine geteilte Bewertung: lohnt sich bedingt zu lesen. Nämlich speziell vor oder während eines Aufenthaltes auf der Insel, um noch etwas von der Atmosphäre zu erleben bevor Mallorca "zum 17. Bundesland" wurde.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich bedingt

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Christoph Brumme

  111 Gründe, das Radfahren zu lieben


 Erscheinungsdatum: 01.05.2014  ;   Rezensionsdatum: 16.01.2020

Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf ;  Seitenzahl: 277  ;  ISBN 13: 978-3862653607 

Um es ausnahmsweise mal vorweg zu nehmen: Freunde klassischer Literatur übers Radfahren, wozu die hier rezensierten Bücher ... zu zählen sind, sowie fesselnder Radreiseberichte, wofür die hier ebenfalls rezensierten  ...
besonders hervorzuhebende Werke darstellen, werden sich mit diesem Buch und dem Schreibstil des Autors und Ukrainekenners schwer tun und in der Folge von dem Buch enttäuscht sein.  

Die Gründe liegen darin, dass der Autor häufig etwas verwirrt daherkommt und es zuweilen danach aussieht, dass er zusammenhanglos und ohne roten Faden was runterschreibt. Auf Etappe 4, Seite 70/71, lässt er  z.B. unter der Überschrift / dem Grund 23 "Weil man als Radfahrer die wahren Feinde erkennt" (!) seinen Frust über sein Jobcenter raus.

Dann sind da die vielen Textpassagen, die wohl noch aus dem Philosophiestudium des Autors stammen und die er nach Lust und Laune als Füllsel gebraucht. Sowas erwartet der am Radfahren, an Radreisen interessierte Leser nicht und braucht er nicht.  Die Gründe 27 und 88 sind nur 2 Beispiele von vielen hierfür. Die Ausführungen über Anthropologie, Carlos Castaneda, Dostojewski und Borderline auf Seite 219 kann der geneigte Leser vermutlich auch nach 3-maligem Lesen dem Kontext nicht zuordnen.  

Zuweilen kommt man nicht umhin, zu vermuten, dass der Autor nicht nur beim Radfahren sondern auch beim anschließenden Schreiben zu viel Marihuana genascht und/oder zu viel an der Wodkaflasche genuggelt hat. Quelle für Erstere Vermutung: Grund 78 auf Seite 196. Quelle für zweite Vermutung: Zahlreiche im Buch. Grund 92 ab Seite 227 wird hier nur als ein Beispiel solcher Kapitel genannt.

Negativ ist auch anzumerken, dass Brumme davon erzählt, dass er viel fotografiert habe und dass er sich habe fotografieren lassen, aber keines dieser Fotos in dem Buch abgebildet ist. Die Fotos hingegen, die in dem Buch enthalten sind, sind mehr oder weniger nichtssagend, ohne Bezug zu der jeweiligen Etappe und den durchaus anerkennenswerten 6 Fahrten von Berlin an die Wolga, die dem Buch zugrunde liegen. Das mag ja Verlagsvorgaben o.ä. - und damit nicht dem Autor - geschuldet sein; mich hat`s gestört und zu meiner Gesamtbewertung beigetragen.
Apropos Verlag: Im Vorwort führt C. Brumme aus, dass das Buch auch den Titel tragen könnte "Wie ich ein glücklicher Mensch wurde": Ich kann ihm nur zustimmen; das hätte in der Tat besser gepasst.

Um noch einen positiven Touch einzubringen: Vielleicht hat man mehr davon,  das Buch nicht wie einen belletristischen Roman an einem Stück zu lesen, sondern sich stattdessen täglich einen Grund einer Etappe herauszupicken. Auch wenn man dann 111 Tage braucht. Dann kann es als "philosophischer Denkanstoßgeber" durchgehen und dann kann der eine oder andere Gedanke des Autors möglicherweise beim Leser seine Wirkung entfalten (Daher hier auch der Rubrik Sachbuch zugeordnet).
Dennoch kommt das Buch über eine Einstufung "Es gibt besseres" (ergänzend ist hinzuzufügen: speziell im Genre Radreiseberichte - siehe oben)" nicht hinaus.
 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Hans Rath

  Und Gott sprach: Du musst mir helfen


Band 3 der Jakob Jakobi Trilogie ; Erscheinungsdatum: 21.10.16  ;   Rezensionsdatum: 30.12.19

Verlag: Rowohlt Taschenbuch ;  Seitenzahl: 288  ;  ISBN 13: 978-3499271427

Nach Band 1 „Und Gott sprach: Wir müssen reden!“ und Band 2 „Und Gott sprach: Der Teufel ist auch nur ein Mensch!“ ist auch Band 3 der Jakob-Jakobi-Trilogie von Hans Rath mit dem Titel „Und Gott sprach: Du musst mir helfen!“ sehr kurzweilig und mit vielen amüsanten Dialogen gespickt.
Der Erzählstrang schließt zunächst an Band 1 an und führt im Verlauf u.a. dazu, dass Gott glaubt, wer sich in Band 2 so erfolgreich dem Teufel widersetzt hat, habe das Zeug zu einem neuen Messias. Sie merken: Natürlich geht es auch in diesem Band der Trilogie wieder höchst skurril zu. Um nur  3 von vielen Szenen zu skizzieren, z.B. wenn ...
  • Jakob Jakobi mit Logik und Rhetorik gespickte Unterhaltungen im Ganovenmilieu führt; selbst Skinheads, die ihn mit Messern bedrohen, erfolgreich „philosophisch-juristisch-psychologische“ Vorträge hält oder 
  • überrascht ist, dass der Teufel an seiner Wohnungstür klingelt während er gerade mit Gott telefoniert oder 
  • mit einem syrischen Flüchtling über dessen Sprachkompetenzniveau C1 im Vergleich zu C2 spricht, nachdem ihm selbst gerade die Schneidezähne ausgeschlagen wurden. 
Wessen Begeisterung für das Phantastische hierfür nicht ausreicht, der sollte halt zu einer anderen Art Buch greifen. Wer aber erkennt, dass zwischen all dem Ulk und Schabernack und all der Ironie ganz oft Lebensweisheit, Hintersinn und Tiefgang stecken (sei es zu den Themen Tierschutz, Migrantenintegration, Veganismus, Seelsorge, soziale Schichtung in unserer Gesellschaft u.a.m.), der wird das Buch nach der Lektüre mit einem Schmunzeln ins Regal stellen und darauf hoffen, dass Hans Rath möglicherweise gerade über Band IV der Jakob-Jakobi-Reihe mit dem Titel „Und Gott sprach: …“ brütet. Denn besonders lobenswert ist, dass in dieser Reihe das Niveau nicht – wie das bei Fortsetzungen leider so oft der Fall ist – von Band zu Band abfällt.
Und last but not least ist anzumerken, dass die Idee des Autors (pardon: die Idee Gottes, oder war es Abel Baumann?), die 10 Gebote auf ein neues Gebot „Du sollst nicht gleichgültig sein“ zu verdichten, jeden Lesern ansprechen sollte. Ich persönlich kann mir dieses Gebot z.B. auch als Kernaussage einer Predigt von der Kanzel einer katholischen Kirche recht gut vorstellen.

Meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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Hans Rath

  Und Gott sprach: Der Teufel ist auch nur ein Mensch!


Band 2 der Jakob Jakobi Trilogie ; Erscheinungsdatum: 30.10.15  ;   Rezensionsdatum: 23.12.19

Verlag: Rowohlt Taschenbuch ;  Seitenzahl: 304  ;  ISBN 13: 978-3499268601

In meiner vorausgeganenen Rezension  zu "Und Gott sprach: Wir müssen reden" (Band 1 der Jakob JakobiTrilogie)"  hatte ich ja bereits die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass der Autor nicht sein ganzes Pulver dort  verschossen hat , sondern sein Ideenreichtum für einen weiteren Band, möglicherweise für 2 weitere Bände ausreichen wird. Hans Rath hat mich nicht enttäuscht. Der Folgeband ist nicht - wie das so oft bei solchen Reihen der Fall ist - die Verwertungsstelle für alles was nicht gut genug war, um in Band 1 seinen Platz zu finden; nein er ist mehr.  Band 2 bleibt natürlich im Genre, ist mit derselben Art von speziellem, schwarzen Humor geschrieben, die man mögen muss, um das Buch gut zu finden. Er knüpft blasphemisch an die Thematik an, bleibt auch  beim Hauptakteur, dem Psychotherapeuten Dr. Jakob Jakobi;  kehrt aber einen weiteren Hauptaktuer sozusagen um 180 Grad um.  Es ist vielleicht nicht zwingend, aber auf jeden Fall  besser,  vor Band 2  Band 1 gelesen zu haben.  Dann versteht man besser, dass Abel Baumann jetzt Anton  Auerbach ist und sich neben dem Namen auch so einiges Andere an ihm total geändert hat, während Jakob Jakobi von ähnlichen Zweifeln und Ängsten wie in Band 1 geplagt wird. Es macht Spaß zu lesen, wie mittelalterliches Denken und religiöse Gebräuche dieser Zeit  (Stichwort Exorzismus)  in die heutige Zeit transferiert werden, wobei strenggläubigen, nicht mit Humor gesegneten Katholiken von der Lektüre wohl doch eher abzuraten ist. In meiner persönlichen Bewertungsskala eine Stufe tiefer als Band 1, da Band 2 so ab der Buchmitte doch etwas langatmig wirkt. Dennoch: für meinen Teil gilt: Band 3 "Und Gott sprach: Du musst mir helfen!" wird auch gelesen.

Meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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Hans Rath

  Und Gott sprach: Wir müssen reden!


Band 1 der Jakob Jakobi Trilogie ; Erscheinungsdatum: Nov. 2013  ;   Rezensionsdatum: 4.12.19

Verlag: Rowohlt Taschenbuch ;  Seitenzahl: 288 ;  ISBN 13: 978-3499259814

Es beginnt damit, dass der finanziell angeschlagene und vom neuen Mann seiner Exfrau soeben zusammengeschlagene Psychotherapeut Dr. Jakob Jakobi – beim durch den K.O. notwendig gewordenen Krankenhausaufenthalt - auf einen Zirkusclown trifft, der sofort sein Patient werden will und der dabei überzeugt von sich behauptet, er sei Gott.  Skurril hoch drei, hört sich das an. Zu skurril um weiterzulesen, meinen Sie? Da kann ich Sie nur warnen, denn Sie werden sich wundern, wie tiefsinnig, zugleich lustig, und wie lesenswert die Geschichte noch wird. 

Dass Abel Baumann – so der Name des neuen Patienten mit seinem schier unglaublichen Wahn – nach Lust und Laune die Rolle eines Chefarztes, die eines Flugkapitäns einer Passagiermaschine ausfüllen kann , auch schon mal im Hochsicherheitstrakt eines AKW festgenommen wurde und tatsächlich wundersame Dinge bewirken kann, steigert nur die Lust  weiterzulesen, um zu erfahren, wer er wirklich ist. Zur weiteren Spannung trägt dann auch bei, dass Baumann zwischendurch immer mal wieder was aufblitzten lässt, was Zweifel daran säht, ob es sich bei dem, was er erzählt denn „nur“ um einen erneuten psychotischen Schub handelt. Bei allem Amüsement der Episoden, die Jakob und Abel erleben, kommt immer wieder auch der ernste Hintergrund der Szenen zum Vorschein. So z.B. bei dem Zusammentreffen von Jakob Jakobi mit Abel Baumanns leiblichen Sohn im Kloster, um nur ein Beispiel zu nennen. Und wer Therapeut und wer zu Therapierender ist wird zunehmend in Frage gestellt.

So unterschiedliche Themen wie Religion, Kriminalistik, Psychologie, Familienliebe, Investmentbanking, Gesellschaftskritik und vieles andere mehr treffen hier auf  ganz, ganz viel Phantasie des Autors, der uns diese Zutaten nicht als gerührter Eintopf, sondern als gelungenes Menü, präsentiert

Klar macht das Lust, auch „Und Gott sprach: Der Teufel ist auch nur ein Mensch! (Die Jakob-Jakobi-Bücher, Band 2) sowie „Und Gott sprach: Du musst mir helfen! (Die Jakob-Jakobi-Bücher, Band 3)“ zu lesen und darauf zu hoffen, dass das Pulver des Hans Rath nicht im Band 1 verschossen ist, sondern für eine Trilogie reicht . Aber da bin ich mir fast sicher.

 Meine Bewertung:

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Thomas Tuma

  Der moderne Mann


Erscheinungsdatum: 26.8.16  ;   Rezensionsdatum: 21.11.19

Verlag:  Gabal ; Seitenzahl: 120 ;  ISBN 13: 978-3869367286

50 Kolumnen aus dem Handelsblatt, Düsseldorf,  sind in diesem Büchlein auf 120 Seiten zusammengefasst. Hauptprotagonist ist Herr K., der  laut seiner Frau von Beruf "Senior Consultant Key Account Irgendwas" ist und als solcher im mittleren Management eines mittleren Unternehmens tätig ist.  Bravourös gelingt es Thomas Tuma, die teilweise überspitzten, ausufernden, mit Anglizismen durchsetzten Modernisierungsbemühungen im heutigen Büroalltag aufs Korn zu nehmen. Die Lektüre lässt an manche Anekdote des eigenen - im Falle des Rezensenten vergangenen -  Büroalltags denken und ruft Charaktere und Episoden in (verklärte) Erinnerung.
Und der meist gestresste Herr K. muss zudem abends und an den Wochenenden auch noch von Frau und  Kindern so einiges einstecken. 
Wenn man bedenkt,  dass dieses Büchlein für sage und schreibe 1 Euro (das entspricht nach einer Radtour 2 Schluck Weizenbier im  Biergarten)  in Buchhandlungen ausliegt, dann lohnen sich Kauf und Lektüre allemal. Mir hat es Spaß gemacht.

 Meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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D.O. Hasselmann

  Im Langboot


Erscheinungsdatum:  3.6.19 ;   Rezensionsdatum: 2.10.19
Verlag: TWENTYSIX

Format: Kindle ;  ASIN: B07SNFXH5K
Seitenzahl der Printausgabe:  261


Im Jahr 1841 heuert der junge schwedische Matrose Alexander Holmes in Liverpool auf dem Segelschiff William Brown an. Es soll Menschen über den Atlantik bringen, wo diese sich eine bessere Zukunft als in dem von Hungersnot und Armut geprägten England erhoffen.
Schon die ersten Szenen, in denen der Steuermann Francis Rhodes "auf die Bühne tritt", lassen den Leser erkennen, welch schlechter, ausschließlich von Profitgier und dem Streben nach Ruhm geprägter Charakter da daherkommt. Früh erkennt Alexander Holmes, dass es Rhodes´ Fehler ist, nicht die damals übliche Route zu nehmen, die von England nach Süden an Spanien und den Kapverden vorbei geführt hätte, um dann nach Westen in Richtung Karibik zu segeln. Er ist sich sicher, dass die von Rhodes geplante kürzere, wesentlich weiter nördlich verlaufende Route in Richtung Neufundland viel zu gefährlich ist und sorgt willentlich und insgeheim für einen nach Süden abweichenden Kurs, um  eine Kollision mit einem Eisberg zu verhindern. Die unmenschliche Strafe, mit der Rhodes Alexander Holmes daraufhin belegt, stellt den vorläufigen Höhepunkt dessen Unfähigkeit und Grausamkeit dar. Wer glaubt, eine Steigerung der Leiden der Passagiere und des Versagens seitens des Kapitäns und des Steuermanns Rhodes sei unmöglich, wird wiederholt eines Besseren belehrt.  Es kommt schließlich - schauen Sie das Cover des Buches - wie es kommen musste! Der Spannungsbogen beim Lesen besteht immer mehr darin, dass man insbesondere Rhodes alles erdenklich Böse und umgekehrt dem Gutmenschen Holmes, der als alle zunehmend in Panik geraten und immer hysterischer werden, Ruhe und Zuversicht bewahrt, nur das Beste wünscht.
Der Roman endet mit einem Kapitel im Gerichtssaal und es schließt sich der Kreis, indem sich das geflügelte Wort "Vor Gericht  und auf hoher See ist man in Gottes Hand" bestätigt..
Dirk Hasselmann schildert in diesem Roman sehr kenntnisreich das Leben der damaligen Zeit - zunächst in Dublin und Liverpool - und dann natürlich die unendlichen Leiden der Auswanderer an Bord des Schiffes. Sein Schreibstil macht es dem Leser leicht, sich in die Zeit und die Akteure hineinzuversetzen.
So ganz nebenbei lernt eine Landratte wie der Rezensent, der zwar Bug und Heck unterscheiden kann, aber bei Backbord und Steuerbord schon ins Grübeln kommt, was ein Fockmast, was eine Bramrah, was ein Dollbord und was ein Bugspriet ist und dass man am Sextant die Alhidade (!) entsperren muss.
Für "Im Langboot" spreche ich  eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aus. Kritisch anzumerken ist allenfalls, dass manche Dialoge etwas gestelzt anmuten, insbesondere wenn die jeweiligen Akteure auch in Situationen größter Gefahr, größter Anspannung wohlfeil, wortreich und druckreif (!) formulieren, was dann diesen Situationen nicht angemessen erscheint.
Sollte Dirk Hasselmann ein weiteres belletristisches Buch schreiben - in diesem oder einem anderen Genre - so ist der Kauf schon vorgemerkt. Zunächst aber: Lesen Sie dieses Buch; denn ... es ist sehr lesenswert.
Anm.: Zwischenzeitlich ist das oben erwähnte weitere Buch erschienen. Lesen Sie "Die Höllenfahrt der Acheron"

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Doris Iding

 Alles ist Yoga

Erscheinungsdatum: 2010  ;   Rezensionsdatum: 23.09.2019

Verlag: Schirner Verlag, Darmstadt

Seitenzahl der Printausgabe:  176
ISBN-13: 978-3-8434-4694-5

Yoga-Bücher gibts fast so viele wie Yoga-Matten; und davon gibt´s sehr viele. Die meisten widmen sich der richtigen Ausführung der Asanas. Diese körperliche Ausrichtung des Yoga passt besser zu unserer westlichen Welt. Das Buch hier von Doris Iding ist insofern anders als die meisten Yoga-Bücher, denn die Integration verschiedener spiritueller Traditionen in unseren Alltag bildet seinen Kern. In kurzen, zuweilen sehr kurzen, voneinander unabhängigen Kapiteln wird dem Leser jeweils eine Geschichte - die Autorin nennt sie Lebensweisheiten - präsentiert. Die Geschichten, manche lange überliefert, andere aus dem Alltag der Autorin,  regen zum Teil zum Nachdenken, zum Teil auch zum Schmunzeln  an;  manche mehr, manche weniger, das bleibt jedem überlassen. Manche enden sehr aprupt und lassen den Leser möglicherweise auch allein zurück. Ich persönlich fand es ganz amüsant im Kontext von Yoga, Ashrams und Gurus eine Beschreibung von Himmel und Hölle zu lesen, die sich von der, die Bestandteil meines christlichen Religionsunterrichts in der Kindheit war, so gut wie nicht unterscheidet. Das Büchlein lohnt sich für jeden, der an Hintergründen zum Yoga interessiert ist oder sich in puncto Achtsamkeit und Gelassenheit noch was anlesen möchte.

 Meine Bewertung:

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Sebastian Fitzeck

 Flugangst 7a

Erscheinungsdatum:  Auflage1 : 25. Oktober 2017 ;   Rezensionsdatum: 22.09.19

Verlag:   Droemer eBook; 

Seitenzahl der Printausgabe:  401 Seiten
Format Kindle;  ASIN: 
B072NBZS2J

Ein Psychiater wird auf einem Flug  von Buenos Aires nach Berlin damit erpresst, 600 Passagiere in den Tod stürzen zu lassen, um seine entführte, schwangere Tochter zu retten.  Der seelische Ausnahmezustand von "Fitzecks Opfern", dem Vater und seiner Tochter, könnte kaum größer sein. Der Autor versteht es, den Leser an das Buch zu binden, indem er nahezu jedes der insgesamt 76 Kapitel mit einem Paukenschlag enden lässt und man so ständig wissen will, wie es danach weitergeht. Obwohl S. Fitzek zuweilen zu lange an einem Thema festhält bzw. einem Aspekt zu viel Raum überlässt,  wie z.B. die Geburtswehen der Tochter, wird der Spannungsbogen durch o.a. Schreibtechnik  gehalten. Im Verlauf des Romans verwischen sich die Konturen zwischen Täter und Opfer mehr und mehr. Nach und nach ergeben sich unerwartete Wendungen und eröffnen sich dem Leser neue Beziehungsgeflechte zwischen den Akteuren
Einer besseren Bewertung steht entgegen, dass die Story passagenweise dann doch etwas zu skurril, zu langatmig und  zu weit hergeholt erscheint.
Ausgesprochen postiiv hingegen ist anzumerken, wie interessant, amüsant und sympatisch sich der Autor in den abschließenden Anmerkungen und Danksagungen präsentiert. Summa Summarum: Der hier auch rezensierte Roman Die Therapie von Sebastian Fitzek ist besser.

 Meine Bewertung:

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Melanie Metzenthin

  Im Lautlosen

Erscheinungsdatum: 11.07.2017  ;   Rezensionsdatum: 14.08.2019

Verlag:  Tinte und Feder 

Seitenzahl der Printausgabe: 516  
ISBN-13: 978-1542045964 ;  ASIN: B06XWB6HG6

Genial verpackter Geschichtsunterricht über die Zeit von 1926 bis 1945. Der Schwerpunkt dabei liegt auf der Psychiatrie in dieser Zeit und dem Widerstand einiger Psychiater gegen das Naziregime und das damals sog. "unwerte Leben". Die Autorin, die selbst Fachärztin für Psychiatrie ist und im.übrigen unter dem Pseudonym "Antonia Fennek" auch Psychothriller schreibt, hat hervorragend recherchiert und bindet ihre Ergebnisse geschickt in die aus 3 Teilen und 61 Kapiteln bestehende Handlung ein. 
Zuweilen erscheinen die Dialoge der Akteure etwas zu detailliert und wirken daher etwas holprig, aber das schmälert den Gesamteindruck nur gering.
Jedem, der den Krieg nur aus Geschichtsbüchern, allenfalls noch -  wie ich -  aus Erzählungen des Vaters und der Großväter kennt (und  Personen anderer Gruppen als diese Beiden werden wohl kaum zum Kreis der Leser dieser Rezension gehören),  wird das Buch  unter die Haut gehen. Mich hat es teilweise sehr belastet, das Schicksal von Paula und Richard und ihren Familien und Freunden zu lesen. 
Vermutlich kommt der Folgeband, der in Zeiten des Wirtschaftswachstums/-wunders spielt, beschwingter daher; aber das ist momentan Spekulation.

 Meine Bewertung:

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Karsten Dusse

  Achtsam Morden

Erscheinungsdatum: 10.06.2019  ;   Rezensionsdatum: 27.7.2019
Verlag:  Heyne

Seitenzahl der Printausgabe:  416
ISBN-13: 978-3453439689

Schon das gelungene Buchcover sagt – wie auch der Titel –  viel über die dieses Buch prägende Kombination von „an und für sich“ nicht Kombinierbarem aus. Wer mordet, ist nicht achtsam; wer Kieselsteine stapelt, setzt kein Kreuz obendrauf und lässt kein Blut runtertropfen. Karsten Dusse aber kombiniert Symbole und Wörter auf eine sehr gelungene Art. Er tut es - zunächst jedenfalls, aber davon später mehr – sehr gekonnt und voller schwarzen Humors, was das Buch aus der Reihe vergleichbarer Bücher positiv heraushebt. 
Der von seinem Beruf gestresste Wirtschafts- und Strafrechtsanwalt Björn Diemel, des Geldes  und seiner Karriere zuliebe stets bereit, den Spalt zwischen Recht und Gerechtigkeit noch ein Stück breiter zu machen und sein Rechtsempfinden permanent gegen viel Geld einzutauschen, belegt auf  Drängen seiner Frau und um seine Ehe zu retten ein Achtsamkeitsseminar.Weil sein Mandant ein brutaler Krimineller ist, sitzt Björn bald ganz tief in der Patsche. Aber sein Achtsamkeitstraining rettet ihn mehr als einmal.
Soweit und so gut; nicht richtiges Handeln, nicht gerechtes Tun mit Achtsamkeit zu rechtfertigen, liest sich kurzweilig, ist unterhaltsam und sorgt beim Leser für manchen Schmunzler und stellenweise herzhaftes Lachen. Besonders gelungen ist , dass Achtsamkeit als Lebensphilosophie ernst genommen wird, nicht lächerlich gemacht wird, sondern gekonnt satirisch überspitzt wird. Jedoch so ca. ab der Mitte wird das Buch leider zunehmend langatmig, ja langweilig. Der Lese-Spaß sinkt enorm, weil sich das Hauptmotiv, der oben beschriebene Reiz der Orientierung an Achtsamkeit, zwischenzeitlich doch stark abgenutzt hat und weil der Übergang des Hauptprotagonisten von geschliffenen Rechtsanwalt, der sein Rechtsempfinden stets ein wenig mehr strapazierte zum Schwerkriminellen nicht glaubwürdig rüberkommt.
Im weiteren Verlauf überzieht der Autor zunehmend. Es wird einfach „too much“. Und letztlich langweilig, wenn nicht gar mühsam (So muss es auch der Korrekturleser empfunden haben; wie sonst erklärt sich ein Fehler wie „Standrand“ statt „Stadtrand“ auf S. 287). Fazit: Spätestens ab Buchmitte war „der Drops eigentlich gelutscht“, will heißen: war das Potential des Themas, der Reiz der Kombination Unkombinierbarens, erschöpft, um der Erschöpfung des Lesers Platz zu machen. Eigentlich schade. Vielleicht wären 200-250 Seiten statt 416 genug gewesen.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Henning Mankell:  

  Die schwedischen Gummistiefel

Erscheinungsdatum:  8.12.2007 ;   Rezensionsdatum: 27.7.2019

Verlag:  dtv

Seitenzahl der Printausgabe:  480

ISBN 978-3-423-21705-7




Wir waren zusammen in Urlaub, mein Schwager und ich, als er stets mit diesem Buch auf den Knien da saß. Nachdem er es ausgelesen hatte, empfahl er es mir. Und ich kann nun sagen: Es war eine gute Empfehlung, denn es hat sehr zum Nachdenken angeregt.
Die Hauptperson der Handlung ist der Ich-Erzähler Frederik und man kommt nicht umhin, in ihm den Autor Mankell zu sehen. Es geht viel ums Älterwerden und ums Sterben und man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass Mankell hier seine ganz eigenen Gedanken zu seiner Person und zu diesem Thema verarbeitet hat. Das traurige, melancholische Buch, war das letzte Buch, das Mankell vor seinem Tod fertigstellen konnte
Mankells Schreibstil in diesem Buch (von ihm ist hier auch "Die rote Antilope" rezensiert) mag zuweilen befremden: Viele kurz aneinandergereihte Hauptsätze, wo jeder Grundschullehrer seinen Schülern empfehlen würde, auch mal einen Relativsatz oder anderen Nebensatz einzufügen.. Und dennoch…. es liest sich gut. Ich bin gewöhnlich sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, den in Rezensionen so oft gebrachten Ausdruck „Man kann das Buch einfach nicht aus der Hand legen“ zu gebrauchen;  aber dieses Mal möchte ich ihn verwenden: Man kann das Buch einfach nicht aus der Hand legen.
Übrigens ist es ist keinesfalls zwingend, den chronologisch ersten Band „Die italienischen Schuhe“ gelesen zu haben, um „Die schwedischen Gummistiefel“ zu verstehen. Ich habe „Die italienischen Schuhe“ erst nach „Die schwedischen Gummistiefel“ gelesen und kann - abweichend von anderen „Serien“ - hier konstatieren, dass in diesem Fall die Fortsetzung eindeutig das bessere Buch ist.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Catalina Ferrera:  

  Spanische Delikatessen

Erscheinungsdatum:  26.02.18 ;   Rezensionsdatum: 10.05.19

Verlag:  Droemer e-book

 Format: Kindle;  Seitenzahl der Printausgabe: 304 ;  ASIN: B06Y1626KY 
Hier präsentiert uns eine Autorin, deren Name für dieses Buch nicht typischer sein könnte als er ist (wen wundert's, er ist ja auch ein Synonym, und zwar für Eva Siegmund) einen netten, flott und leicht zu lesenden Barcelona-Krimi. Bevorzugt dann zu lesen, wenn man sich womöglich gerade auf einer Reise in die katalonische Hauptstadt befindet oder schon dort weilt. Schon das Cover mit Gaudis letztem Meisterwerk, der berühmten Sagrada Familia, und dann der Roman voller Lokalkolorit machen Lust darauf, vor Ort all die genannten Viertel und Plätze (Passeig del Born, die Altstadt Ciutat Vella, die Stadtviertel Barceloneta, El Besos, Barri Gotic und El Raval, ... ) aufzusuchen und die beschriebenen Delikatessen mit Tapas und einem Tempranillo sowie einem Hierbas danach zu genießen.
Nur beim Schinken, beim Jamon, wird der Leser des Buches sicher vorsichtig zurückhaltend sein, denn ein solcher spielt in dem Roman eine wichtige Rolle. N
icht etwa ein Jamon Serrano oder ein Jamon Iberico wie man meinen sollte, da der Schinken doch in einem Feinkostgeschäft von der Decke hängt; nein - sonst wäre es ja auch kein Thema für einen Krimi - einer aus Menschenfleisch hängt dort und zwar noch mit dem Aufdruck "100% carne humane". Das makabre, widerliche, abstoßende Teil ruft natürlich die Mossos d`Esquadra (die Geschwaderjungs, die Polizei von Katalonien) auf den Plan. Die besteht neben dem ortsansässigen Alex aus Karl, einem Deutschen irischer Abstammung, der seiner spanischen Frau, zugleich Schwester von Alex, zuliebe mit ihr und ihrem gemeinsamen Sohn in Barcelona lebt. Halb aus Leidenschaft zu seinem früheren Beruf in Berlin und halb um seinem Schwager zu helfen ist er bereit, an der Aufklärung der Herkunft des mysteriösen Schinkens mitzuwirken und Alex zu helfen.
Anfangs wirkt dieser Einstieg gemäß dem Karl von Alex als Praktikant eingestellt wird, ein wenig gekünselt. Aber wenn man darüber mal hinweg ist und das einfach akzeptiert, findet man in die Geschichte gut rein. Man wünscht dem ungleichen Ermittlerpaar Erfolg bei der Aufklärung eines so myteriösen Falles.  Insbesondere  in der 2. Hälfte des Romans, nachdem ein Geständnis vorliegt und der Fall  scheinbar  aufgeklärt ist,
wird's richtig spannend . Denn Karl Lindberg glaubt - seinem kriminalistischen Instinkt folgend - nicht daran, dass der Geständige der Mörder ist und setzt seine Ermittlungen daher fort.
Historisches zum aktuell ja noch andauernden Konflikt zwischen Katalonien und Spanien ergänzen die Krimihandlung und Rezepte am Ende runden ihn ab.
Das Buch macht Laune, anschließend auch die Fortsetzungsbände  "Spanischer Totentanz" und "Spanischer Feuerlauf"  zu lesen. Bleibt zu hoffen, dass Eva Siegmund, excusa Catalina Ferrera, nicht alle ihre guten Ideen in den ersten Band gepackt hat.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Martina Borger und Maria Elisabeth Straub:  

 Im Gehege

Erscheinungsdatum:  24.01.2006 ;   Rezensionsdatum:  28.02.2019

Verlag:  Diogenes

 Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl : 384 ;  ISBN13: 978-3257235050

Ähnlich wie bei Volker Klüpfel und Michael Kobr hat man es hier mit einem Autorenpaar zu tun. Allerdings sind diese Beiden hier weiblich und viel weniger bekannt. Schade; nicht, dass sie weiblich sind, sondern dass sie weniger bekannt sind. Eigentlich wird eine simple und alltägliche Geschichte erzählt. Jon Ewermann, Lehrer an einem Hamburger Gymnasium, Anfang 50, Ehe kinderlos und mit den Jahren fade geworden, gewisse vorübergehende Verhältnisse mit anderen Frauen, die daraus resultieren. Soweit, so schlecht. Eines Tages  tritt Julie in sein Leben und alles ändert sich. Sie ist anders als alle anderen Frauen, sie ist schön und geheimnisvoll. Jon überschätzt sich enorm und ist zu allem entschlossen, was ihm eine gemeinsame Zukunft mit Julie möglich machen könnte. Er geht  hierfür über Leichen. Der Leser ahnt schon, das wird kein Happy End haben. Obwohl sich die Geschichte im Folgenden lang hinzieht, wird sie nicht langweilig; der Leser bleibt gespannt, weshalb meine Bewertung lautet "lohnt sich".  
Ach ja, der Titel: die Autorinnen fügen dem Roman Hamburger Lokalkolorit in Form realer Ortsangaben und Straßennamen hinzu und das Gehege ist ein Park mit Wildgehege in Hamburg-Niendorf.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Daniel Kehlmann:  

 Ruhm

Erscheinungsdatum:  1.11.2010 ;   Rezensionsdatum:  28.01.2019

Verlag:  rowohlt

 Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl : 208 ;  ISBN13: 978-3499249266

Neun Geschichten, Episoden, Kapitel - wie auch immer man es nennen mag -  sind es. Ist es trotzdem ein Roman? Die Frage bleibt; auch wenn der Leser, der zunächst an eigenständige, abgeschlossene Geschichten glaubt, bald merkt, dass diese subtil miteinander verwoben sind. Verwoben und verquickt, weil sich die Wege der Akteure kreuzen. Der Leser fragt sich, wo und wie und mit wem wird mir die oder der wieder begegnen.  Und wenn es dann geschieht, erhellt es natürlich den Blick auf das Gesamte. Aber insgesamt ist das zu wenig, um von einem wirklich guten Roman zu sprechen. 
Ein schaler Beigeschmack - um einen kulinarischen Vergleich zu ziehen - stellt sich auch dadurch ein, als man zunehmend den Eindruck hat, es weniger mit einem  Menü, sondern eher mit einem Resteessen zu tun zu haben. Will heißen: Der Autor hatte Ideen, Gedanken, Phantasien, Schnipsel einer Story, die für einen wirklichen Roman zu wenig her gaben, andererseits noch gut genug waren, um irgendwie verwertet zu werden und sie uns dann in "Ruhm" serviert; ... oder sollte ich eher sagen, "hingestellt" ? (Ein Aspekt, den man leider auch bei vielen Serienromanen erkennen muss: Das erste, das zweite Buch verkaufen sich gut; also wird alles, was nicht gut genug war, darin verwertet zu werden, aber auch nicht in der Ideenbox vergammeln soll, in einen dritten und vierten Band der Reihe gepackt). Hinzu kommt, dass einige Charaktere schlicht langweilen, wenn ihr Teil am Ganzen sich über 26 Seiten erstreckt, wie das mit dem Internetforenfreak Wollwitz und dessen konstruiertem Bloggerslang in dem Kapitel "Ein Beitrag zur Debatte" geschieht. 
Mein Fazit "Es gibt Besseres; speziell auch von Daniel Kehlmann, insbesondere sein Historienroman, zugleich Doppelbiographie "Die Vermessung der Welt" ist im Vergleich ein Bravourstück.
Von Daniel Kehlmann sind hier auch rezensiert: Tyll ,  Beerholms VorstellungDie Vermessung der Welt .

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Martin Suter:

 Die Zeit, die Zeit

Erscheinungsdatum: 23.10.13  ;   Rezensionsdatum:  23.01.19

Verlag:  Diogenes

Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl : 304 ;  ISBN13:  978-3257242614

Man nehme ein wenig Krimi, eine Prise Science fiction und eine Portion Philosophie. Als Story nehme man zwei unterschiedliche Männer, die sich einander nähern,  weil sie  an eine schier unmögliche Lösung glauben.  Das Ergebnis dieser Zutaten - insbesondere unter Hinzugabe des Autors Phantasie - liest sich flott und spannend. 

Die Nachbarn Thaler und Knupp haben beide ihre Ehefrauen verloren und  trauern; jeder auf seine Weise. Während Thaler sich eher hoffnungslos allem ergibt, scheint  Knupp eine Lösung gefunden zu haben. Er glaubt, den Verlust rückgängig machen zu können, indem er die Zeit zurückdreht. Mehr noch: nach seiner festen Überzeugung gibt es gar keine verstreichende Zeit, sondern nur voranschreitende Veränderungen. Ergo:  man muß - so seine Überzeugung - nur Veränderungen rückgängig machen und man befindet sich wieder an dem gewünschten Zeitpunkt.

Trotz dieser oder wegen dieser gewagten Theorie gewinnen die Akteure des Romans zunehmend des Lesers Sympathie. Ihr eigentlich doch unmögliches Projekt, die  Nichtexistenz der Zeit zu beweisen und dadurch ihre Ehefrauen von den Toten zu erwecken, schreitet voran; es finden sich Mithelfer; es finden sich nicht alltägliche Lösungen und das Vorhaben scheint gar von Erfolg gekrönt zu werden. Suter nimmt die Leser mit, indem er es versteht, sie dazu zu bringen, dass diese den Protagonisten diesen Erfolg wünschen und hoffen, dass Thaler und Knupp die Ausnahmesituationen, in die sie gebracht werden, meistern.  Die Dinge spitzen sich zu ... und am Schluss ...!? Lesen Sie selbst! Denn: 
Die Zeit, die Sie in "Die Zeit, die Zeit" investieren, ist gut genutzte Zeit. 

Warum dann keine bessere  Bewertung als "lohnt sich"? Warum kein "sehr empfehlenswert" oder gar mehr? Nun, es sind zum Einen gewisse Längen in der Mitte des Romans;  aber es ist primär der Schlus: Er ist nicht das furiose Finale, auf das man hofft. Er ist abrupt und er lässt den Leser nicht nachdenklich, sondern eher unbefriedigt zurück. Einen weiteren kleinen Minuspunkt gibt der Rezensent aufgrund folgender Einschätzung/Fragestellung: Wenn das "Hier" und  das "Jetzt" für den Raum und die Zeit stehen, vernachlässigt Suter das "Hier", d.h. man fragt sich, warum handelt es sich bei dem Raum um die Wohnsiedlung, um Teile der Straße und nicht um einen kleineren Raum wie z.B. das Haus oder um einen größeren Raum wie z.B die Stadt. Aber der Titel ist ja auch "Die Zeit, die Zeit" und nicht "Die Zeit u. der Raum".

Von Martin Suter sind hier auch rezensiert: Der letzte Weynfeldt, das sehr gute Buch  Die dunkle Seite des Mondes sowie Small World und Ein perfekter Freund und Der Teufel von Mailand.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Dave Eggers:

  Der Circle

Erscheinungsdatum: 14.08.14 ;   Rezensionsdatum:  11.01.19

Verlag:  Kiepenheuer & Witsch eBook

Format: Kindle eBook ;  ASIN: BOOK11SS3E; Seitenzahl der Printausgabe: 552 

Kennen Sie Michel Houellebecq und sein hier ebenfalls rezensiertes Buch „Unterwerfung“? Man ist beim Lesen geneigt zu sagen „Nein, so kann sich das nicht entwickeln, so wird das nicht kommen." Und dann kommen Einem Zweifel und man schränkt ein: "Zumindest in allzu naher Zukunft nicht“ ergänzt man dann, weil man erkannt hat, dass es in der Gegenwart eben doch schon so manches Anzeichen für eine Entwicklung dahin gibt. So ähnlich wird es Ihnen ergehen, wenn Sie „Der Circle“ lesen und dabei unweigerlich Amazon, Google, Apple, Facebook, Instagram,Twitter u. weitere Unternehmen dieser Art in ihrer heutigen Form und ihren heutigen Praktiken und Geschäftsideen mit der dann gar nicht mehr so utopischen Welt des Circle vergleichen. Geht es bei „Unterwerfung“ um die Ausbreitung des Islam, so geht es beim Circle um die Entwicklung der Digitalisierung, um schwindenden Datenschutz, um die Aufgabe alles Persönlichen und letztlich gar um falsch verstandene Demokratie. Mit dem Vergleich soll keinesfalls gesagt werden,  Eggers habe sich von  Houllebecq inspirieren lassen; schließlich ist "Der Circle" in englischer Fassung schon zwei Jahre vor  "Unterwerfung" erschienen. "Honi soit qui mal y pense" es sei umgekehrt gewesen.
Natürlich könnte man daher auch  weiter zurückgehen und - statt auf Michel Houllebecq und 2015  - auf Georges Orwell und sein 1949 erschienenes „1984“ zurückgreifen; auch hiervon scheint mir „Der Circle“ die mehr oder weniger logische Fortschreibung eines aktuellen, brisanten Themas zu sein.

Soviel zu Einordnung; nun zum Inhalt:  Die 24-jährige Mae Holland hat einen Job in einem kalifornischen Internetkonzern angetreten, der zuvor nahezu alle Unternehmen der vorgenannten Art vereinnahmt hat und alle dort Registrierten samt sämtlicher ihrer Daten unter einer einzigen Internetidentität zusammengefasst und der damit jegliche Anonymität im Netz beseitigt hat. Der Circle spielt in einer Welt, in der es keines Hackerangriffs zur Gewinnung von Daten mehr bedarf, weil eh alle Daten öffentlich zugänglich sind. Die Bewahrung von Persönlichem, von Geheimnissen und Intimen sind in dieser Welt ein Affront gegenüber den Mitmenschen, der nicht geduldet wird. Mae verinnerlicht all das, macht es immer mehr zu ihrer Überzeugung und wird so beim Circle immer mehr zur Vorzeigemitarbeiterin; sie macht mächtig Karriere und treibt den Wahn, Alles müsse transparent sein, auf die Spitze. In ihrer Denke könnte der Circle auch Regierungen und Parlamente ersetzen.Die Bedenken einiger Weniger aus ihrem privaten Umfeld ignoriert sie. Wie jedoch wird sich die Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen entwickeln? Wird sie alles durcheinander bringen?
Es ist eine Phantasiewelt, aber wohl kaum eine phantastische Welt; auf jeden Fall aber ist "Der Circle" ein phantastisches, empfehlenswertes Buch. Dies obwohl Dave Eggers -  m.E. völlig unnötig - glaubte, der Handlung noch einen Schuss Erotik (schon wieder muss der Rezensent an Houllebecq denken) beimischen zu müssen, was die literarische Qualität des Buches mindert, weil der Roman dadurch passagenweise ins Triviale abgleitet. Zweite kritische Anmerkung: Bei allem Verständnis dafür, dass der Autor den Leser dazu anregen will, die Fortsetzung der Entwicklung für sich selbst zu Ende zu denken, ist mir der Schluss dann doch zu abrupt.

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Walter Mosley:

  Der weiße Schmetterling

Erscheinungsdatum: 1992;   Rezensionsdatum:  27.12.18

Verlag:  btb

Taschenbuch: 255 Seiten; ISBN-13: 978-3442720934 

Der Roman spielt in den 1950er Jahren in Los Angeles und dort im von Säufern, Raub, Schlägereien, Prostitution und Morden geprägtem Milieu. Der Ich-Erzähler ist ein Farbiger, der noch im 2. Weltgkrig war und nun mit dubiosen Geschäften sein nicht gerade üppiges Einkommen verdient. Er ist so ein Art V-Mann der offensichtlich überforderten Polizei und versucht mit ihr die Morde an 4 Frauen des Milieus aufzuklären .
Mit fortschreitender Story wird dies leider immer etwas wirrer und es fällt dem Leser schwer, Walter Mosley zu folgen. Auch die Entscheidung der Übersetzer den Slang des Amerikanischen, dessen sich die Akteure bedienen im Deutschen nachzubilden, nachzuahmen, verliert mit zunehmendem Lesefortschritt, ihren Reiz.
Letzlich mündet der Roman in der Erkenntnis, dass die damalige, dortige Polizei von Recht wohl ebenso wenig hält wie der Teil der Bevölkerung LAs, dem die Romanfigurgen angehören. 

 Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Heinrich Kuhlmann:

  Rechtspfleger Grothjahn

Erscheinungsdatum: 1935; Neuauflage: 2008 ; Rezensionsdatum:  27.12.18

Verlag:  Bund deutscher Rechtspfleger, Landesverband Hamburg

Gebundene Ausgabe: 201 Seiten; ISBN-13: keine

Ganz ganz zufällig fiel mir dieses Buch in die Hände und animiert durch die hier ebenfalls rezensierten Bücher „Heute keine Schüsse“ von Brigitte Krächan sowie „1913“ von Florian Illies begann ich mit der Lektüre; spielt doch die Handlung ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Sehr schnell stellte sich heraus, dass neben der Zeitachse das erzählerische Moment der jeweiligen Hauptprotagonisten eine weitere Parallelität mit „Heute keine Schüsse“ darstellte. Ansonsten aber hat „Rechtspfleger Grothjahn“ ein andere, besondere Geschichte: Der bereits 1935 erschiene Roman, der so gar nicht in die damalige Zeit passt, beschreibt das Leben des Heinrich Grothjahn ab seiner Schulentlassfeier im Jahr 1897 bis in das Jahr 1933.
Sein Berufswunsch,  Musiker zu werden, wozu seine wallende Künstlermähne gepasst hätte, lässt sich nicht realisieren; stattdessen schlägt Heinrich eine Beamtenlaufbahn ein und strebt als „Einjähriger“ (ein Schulabschluss, den wohl heute kaum ein Jugendlicher noch kennt, der aber den Rezensenten an seine eigene Schulzeit und die Schwierigkeiten, diesen zu erreichen, denken lässt) das Ziel an, „Hilfsschreiber am Gericht“ zu werden. Humorvoll wird seine Karriere in diesem Metier, das aus heutiger Sicht natürlich sehr beschaulich anmutet, beschrieben. Zudem finden das Private, Heinrichs Familie, seine Liebe zu Grete, die Wirren und Leiden des Krieges und seine spätere glückliche Ehe mit Armide sowie die Entwicklung des Berufsstandes, der Weg zum Rechtspfleger als Beamten des gehobenen Dienstes,  ihre angemessenen Plätze auf den rund 200 Seiten.
Wie schreibt Heinrich Kuhlmann im Jahr 1935 doch so schön in seinem Epilog über Heinrich Grothjahn: „Es wird noch mal die Zeit kommen, in der man seiner gedenkt.“ Der Bund der Rechtspfleger hat das im Jahr 2008 getan, indem er das Buch neu herausgab und damit u.a. mir die Möglichkeit geschaffen, es im Jahr 2018 auch zu tun.  Daher meine Anerkennung  und mein Dankeschön an Volker Laedtke vom Bund der Deutschen Rechtspfleger. Der Roman sollte für Justizbeamte ein Muss sein und ist darüber hinaus auch anderen Staatsdienern sehr zu empfehlen.
Auch die Tuschezeichnung von Marlies Schaper auf dem Titel, die verschiedene Personen vor einem Hamburger Justizgebäude darstellt,  soll hier nicht ungelobt bleiben, da sie einen so guten Eindruck der damaligen Zeit vermittelt.
Schade, dass ein Buch nicht merkt, dass man es aus der hintersten Ecke eines Büchertauschschranks gekramt hat (soviel zum „ganz zufällig“ eingangs) und dass man ihm  nach der Lektüre einen besonderen Platz im Bücherregal einräumt.

 Meine Bewertung:

Für  Literaturinteressierte ein Muss

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Brigitte Krächan:

  Kalte Rache - Ein Fall für Schmalenbeck und Paulsen

Erscheinungsdatum: 4.7.17 ; Rezensionsdatum:  12.12.18

Verlag: dot.books.com

Gebundene Ausgabe: 275 Seiten; ISBN-13: 978-3-95824-990-5
Rezensiert auf Basis des Formats Kindle Edition; ASIN:  B073FRSTZH
Wenn ich "Kalte Rache" mit "Heute keine Schüsse" vergleiche, stellt sich mir die Frage "Wie kann eine Autorin nur so unterschiedliche Bücher schreiben?". Damit meine ich nicht nur das Genre, sondern insbesondere die Qualität, denn "Kalte Rache" ist trivial.
Es geht in dem Büchlein um den mysteriösen Tod eines Erben einer großen Kaffeerösterei im Milieu von Transsexualität und SM-Praktiken. An der Aufklärung des Mordes müht sich ein ungleiches Pärchen zweier Kriminalbeamter ab. Authentisch wirkt dabei allenfalls die männliche Hälfte. Der Chef der Beiden wird zur Witzfigur degradiert.
Ich las das Buch halt zu Ende; permanent in der Erwartungshaltung, dass sich meine Meinung darüber vielleicht doch noch zum Positiven wendet. Und zweitens, weil ich mich der Autorin aufgrund ihres hier ebenfalls rezensierten, hervorragenden Werks "Heute keine Schüsse" irgendwie verpflichtet fühlte. Aber "Kalte Rache" ist ganz sicher kein Buch, das man sich -  nachdem man es als e-book zu Ende gelesen hat - als gebundenes Buch fürs Regal wünscht und dem man dann - bevor man es dort abstellt -  noch einmal liebevoll über den Einband streichen möchte. Meine Bewertung lautet "Es gibt Besseres" und ich möchte betonen, auch von dieser Autorin!

 Meine Bewertung:

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Brigitte Krächan: Heute keine Schüsse

Erscheinungsdatum: 24.04.2018 ; Rezensionsdatum:  26.10.2018

  Verlag: tredition

Gebundene Ausgabe: 400 Seiten; ISBN-13: 978-3746917757;
Rezensiert auf Basis des Formats Kindle Edition; ASIN
: B07D74X9ZX
Als ich Gelegenheit hatte, auf einer Buchmesse mit der Autorin zu sprechen und sie mir ihre Idee zu dem Buch und die für deren Umsetzung erforderliche enorme  Recherchearbeit schilderte, wusste ich natürlich noch nicht, wie hervorragend sie diese Idee umgesetzt hat und mit welch großartigem Werk ich es hier zu tun haben werde. Es sei mir erlaubt, diese Einschätzung und Einstufung nicht als Fazit bzw. Resümee der Rezension am Schluss zu ziehen, sondern einleitend voran zu stellen.
Nun aber der Reihe nach: Noch unter dem Eindruck von Florian Illies "1913" schien es mir sehr logisch, geschichtlich unmittelbar anschließende Literatur zu lesen und was passte da besser als dieser Roman, der exakt die Zeit von 1914 bis 1933 beschreibt. Hierbei ist "beschreiben" insofern wörtlich zu verstehen, als das von Brigitte Krächans Hauptprotagonist, dem Galeriegehilfen Walter Schachtschneider, in dieser Zeit geführte Tagebuch den roten Faden, den Plot, wie man heute sagt, darstellt. 
Der Schreibstil in Tagebuchform ist natürlich nicht der für einen Roman typische; es sind  oft nur kleine, aus wenigen Zeilen bestehende Einträge pro Kalendertag;  zuweilen auch - für sich allein genommen - eher unbedeutende Details; aber sie sind wie Puzzlesteine, d.h. sie als Teile des Ganzen ergeben in  ihrer  Zusammensetzung das Gesamtbild.
Zunächst geht es in dem Tagebuch um den Krieg, den man später den 1. Weltkrieg nennen wird und den Walter qualvoll erleben musste. Das Buch hat meine Vorstellung hierüber verändert. Meine beiden Großväter waren in diesem Krieg, aber zu gemeinsamen Lebzeiten in den 1960er/1970er Jahren, war ich zu jung um zu verstehen, was sie nach meiner Erinnerung manchmal und widerwillig davon erzählten.
Ein hochsympatischer Gutmensch ist der Tagebuchschreiber Walter, der uns hier über diese schlimme Zeit berichtet. Und weil er nach dem Krieg in einer Kunstgalerie arbeitet, erfährt der Leser gewissermaßen en passant sehr viel über z.B.  Im- und Expressionismus, über Dadaismus, den blauen Reiter, das Bauhaus usw... Die zusätzliche Auflistung all der Namen der Künstler, die mit diesen Stilrichtungen einhergehen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen; im Buch bereichert sie selbstverständlich das Werk.
Kritisch möchte ich hierzu  anmerken, dass bei der Nennung der Namen der Künstler, die ihr Leben in diesem schrecklichen Krieg lassen mussten (August Macke, Franz Marc, ...) sich der saarländische Rezensent  von der saarländischen Autorin gewünscht hätte, dass hier auch der Saarländer Albert Weisgerber erwähnt wird.
Historisch konsequent setzt sich das Tagebuch mit dem schwierigen Start der Weimarer Republik, den dennoch sog. goldenen Zwanzigern, der Machergreifung der Nationalsozialisten 1933 und dem anschließenden Untergang der jungen Demokratie
fort.
Mein Bewertung lautet "Geschichts- und zugleich Kunstunterricht der ganz besonderen Art und somit für an guter Literatur, an jüngerer Geschichte und an Kunst aus dieser Zeit Interessierte ist das Buch ein absolutes Muss".

 Meine Bewertung:

Für Geschichts- / Kunst- und Literaturinteressierte ein Muss

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Benjo Maso: Der Schweiß der Götter

Erscheinungsdatum: 01.10.2011 ; Rezensionsdatum:  08.10.2018

  Verlag: Covadonga  ,  280 Seiten
ISBN-13: 978-3936973600


Ein äußerst detail- und faktenreiches (weshalb es hier unter der Rubrik Sachbuch eingereiht ist) Werk über die Geschichte und Hintergründe des Radsports. Es geht primär um die Tour de France, aber auch um  viele andere große Radrennen wie Giro d´Italia, Vuelta, Mailand-Sanremo, Paris-Roubaix oder Lüttich-Bastogne-Lüttich, um nur einige zu nennen. Das Buch reicht weit in die Vergangenheit zurück  und daher sollte man wissen, dass man sich schon bis auf Seiten jenseits der 200 durchlesen muss, bevor man auf Namen der jetzt auch nicht mehr so jungen Vergangenheit wie Jan Ullrich oder Lance Armstrong trifft. Wer also jüngere Informationen will, wird anderweitig schneller fündig werden.
 
Es belegt auch, dass die „Ungereimtheiten“, die den Profiradsport in den 80er-90er Jahren und zu Beginn dieses Jahrtausends dermaßen in Verruf gebracht haben, ihre Wurzeln schon in den Jahren ganz zu Beginn des letzten Jahrhunderts haben. Da sind - zuvor in Trinkflaschen versteckte - Nägel, die im Rennen auf die Straßen gestreut wurden und den Konkurrenten mehr als nur einen platten Reifen bescherten, nur eines von vielen Beispielen. Auch informiert das Buch über die Anfänge des Sponsorings, die Entwicklung zum Mannschaftssport, die Ausbildung der Teamhierarchien (Wasserträger, Edelhelfer, Domestiken, Kapitäne,… ). Hierüber  Bescheid zu wissen, ist sehr hilfreich dabei, die Taktiken der heutigen Teams  zu verstehen.  Zuweilen mag es etwas langweilen, sich auch durch Details der TdF vor dem 2. Weltkrieg durchzuarbeiten; für das Verständnis der Gepfogenheiten, Sitten und Taktiken heute ist das aber wie gesagt durchaus hilfreich. Man erfährt  auch viele kleine, weitgehend vergessene Anekdoten:  um wieder nur ein Beispiel zu nennen, die wonach die erste Trikotwerbung, die nicht von einem Fahrradhersteller gesponsert wurde, Nivea lautete.

Fotos und eine umfassende Bibliographie komplettieren das Werk.
Wer jedoch ein spannendes, fesselndes Buch erwartet, dem sei von Kauf und Lektüre abgeraten , dazu ist dieses Werk mit zu vielen Daten, Fakten, Zahlen und Details befrachtet und es ist - wie oben schon erwähnt - doch eher ein Sachbuch.  Ein Kapitel im Buch ist mit "Schön, aber langweilig"  überschrieben; ich will nicht soweit gehen, das zum Resümee des gesamten Buches zu erheben, aber so in die Richtung geht mein Fazit dann doch.
 
Allen Fans der o.a. traditionellen Radrennen, aber auch neu aufblühender wie z.B. die Deutschlandtour, sei die Lektüre empfohlen. Allen die mit dem Radsport nicht so viel am Hut haben, vielleicht weil sie von den Dopingsündern doch allzu sehr enttäuscht waren, sei andere Lektüre empfohlen.  Ich leg das Werk jetzt erst mal zur Seite; aber mit dem festen Vorhaben, es im Frühjahr 2019 als Stimulator auf die dann in Brüssel startende Tour 2019 erneut zu lesen.

Meine Bewertung:

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Fernando Aramburo: Patria

Erscheinungsdatum: 2 Auflage 16.01.18 ; Rezensionsdatum:  11.03.18

  Verlag: Rowohlt , 768 Seiten
ISBN-13: 978-3498001025


Es geht in dem Buch um das Baskenland, spezieller um die ETA (die "Euskadi Ta Askatasuna"), die von 1960 bis 2011 das Ziel eines von Spanien unabhängigen, sozialistisch geprägten baskischen Staates verfolgte, der die spanischen Regionen Baskenland und Navarra sowie das französische Baskenland umfassen sollte. Soviel zum inzwischen historischen Hintergrund. Vor diesem  geht es um  die Angehörigen insbesondere zweier Familien über 3 Generationen. Sie leben in einem fiktiven Dorf in der Nähe von San Sebastian. Durch die Entwicklungen, durch die Politik, durch das Streben nach einem unabhängigen Baskenland, frei von – wie die ETA es nannte - der spanischen Besetzung, durch die damit einhergehende Gewalt und ein dadurch ausgelöstes ganz tragisches Ereignis werden sie von Freunden zu erbitterten Feinden. Die politischen Konflikte wirken derart in den Alltag hinein, dass sie Familien und Freundschaften, ja Leben, zerstören.
Und nicht nur zwischen den Familien, auch innerhalb dieser resultieren aus dem Terror der ETA tiefe Spalten und schwere seelische Verletzungen. Zuweilen „richtig starker Tobak“, was die Akteure durchmachen müssen.
Der Autor beschreibt dies alles sehr einfühlsam und lässt den Leser die Gefühle und Gedanken der Akteure spüren, nachempfinden. Da ist nichts Schrilles, alles geschrieben, wie mit Weichzeichner gezeichnet. Und doch geht es so richtig unter die Haut. Zahlreiche Zeitsprünge (nahezu von jedem der zahlreichen Kapitel zum nächsten),  Episoden, die keiner chronologischen Ordnung folgen und häufige Wechsel der Erzähler und ihrer Perspektiven: Bei so manchen Autor verwirrt sowas den Leser ungemein; nicht so bei Fernando Aramburu. Diese seine Stilmittel sind trotz ihrer Häufigkeit nicht nur kein Problem, sondern machen den besonderen Reiz des Buches aus, denn der Autor nimmt den Leser hierbei ganz behutsam mit und unterstützt ihn, das Gesamtbild zu erkennen.

Dass der Text zuweilen Ausdrücke in baskischer Sprache (Euskera) enthält, macht das Buch noch stimmungsvoller; kritisch ist  jedoch anzumerken, dass man für eine Übersetzung stets im Glossar am Ende des Buches nachschlagen muss, was den Lesefluss unterbricht. Hier wären Fußnoten am unteren Rand jeder betroffenen Seite die bessere technische Lösung gewesen.

Auch vor dem aktuellen (2018) Hintergrund des Konfliktes in Katalonien, wenngleich dieser - da ohne Waffengewalt -  nicht 1:1 vergleichbar ist, ist der emotional mitreißende Roman sehr lesenswert. Ich gehe gar darüber hinaus und urteile, das Buch ist für alle Literaturinteressierte ein Muss.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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Daniel Kehlmann: Tyll

Erscheinungsdatum: 09.1017 ; Rezensionsdatum:  20.02.18

  Verlag Rowohlt,   480 Seiten
ISBN-13: 978-3498035679


Der Autor so phänomenaler Werke wie z.B. „Die Vermessung der Welt“ legt uns hier ein Buch vor, das so irgendwie, irgendwo zwischen historischem Roman und Märchen anzusiedeln ist. Er bedient sich dabei umfassend - was natürlich das gute Recht eines jeden Romanschriftstellers ist - seiner dichterischen Freiheit. Das  äußert sich u.a. darin, dass er geschickt historisch belegte Ereignisse und tatsächlich damals lebende Personen  mit Erfundenem verknüpft. Das kennt man so auch aus anderen Romanen. Kehlmann geht hier aber noch viel weiter (und man fragt sich „muss das sein?), indem er den Hauptdarsteller und Namensgeber des Buches, Tyll Ulenspiegel,  rund 3 Jahrhunderte - später leben lässt, als man allgemein das Leben des Narren Gauklers Till Eulenspiegel (nämlich im 14. Jahrhundert) datiert.

Der Narr und Überlebenskünstler Tyll Ulenspiegel im Buch lebt  nämlich zur Zeit des 30jährigen Kriegs (1618 bis 1648).  Eine  Zeit in der Angehörige des fahrenden Handwerkes - und dazu gehörten Narren ebenso wie Scherenschleifer, Obsthändler, Heiler und Bartscherer - beraubt und umgebracht werden durften, ohne dass die Täter dafür verfolgt wurden (s. S. 173). Dies um hier  nur eine der harmloseren Varianten der Grausamkeiten dieser Zeit zu nennen. Insgesamt brachte der 30jährige Krieg noch weit Schlimmeres zustande, was Kehlmann ausführlich beschreibt.

Das Buch ist in 8 Abschnitte eingeteilt. Die Zusammenhänge zwischen diesen erschließen sich dem Leser nicht leicht; auch weil sie nicht chronologisch sind. In Teilen wirkt das manchmal konfus.Aber das war nur ein Aspekt dafür, warum ich mich beim Lesen sehr schwer tat und durchaus Durchhaltevermögen brauchte, um das Buch nicht halbgelesen ins Regal zu stellen. Insgesamt gesehen kann ich nicht nachvollziehen, warum das Buch auf den Bestsellerlisten erscheint und von renommierten Zeitungen so gute Kritiken bekam. „Die Vermessung der Welt“ und auch z.B. „Beerholms Vorstellung“ bewerte ich weit höher. Ich will nicht eben so weit gehen und das Buch der niedrigsten Kategorie meiner Bewertungsskala, die da lautet „Zeitverschwendung“ zuordnen; aber über die Kategorie „es gibt Besseres“ kommt es bei mir nicht hinaus.

PS: Von Daniel Kehlmann sind hier auch rezensiert: Ruhm, Die Vermessung der Welt, Beerholms Vorstellung
 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 
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Herbert  Genzmer: Das perfekte Spiel

Erscheinungsdatum: 31.05.2016 ; Rezensionsdatum:  10.01.18

Rezensiert auf Basis des Formats Kindle Edition,  Amazon-ASIN: B01GEF3W8G

Printausgabe dotbooks Verlag, 356  Seiten


Auf das Buch wurde ich über den Autor, den Linguist Herbert Genzmer,  aufmerksam. Auf den Autor wurde ich über sein Sachbuch "Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben - Unsere Grammatik; die Schönheit der Sprache" aufmerksam. Auf dieses Sachbuch wiederum wurde ich über Herbert Genzmers facebook-Seite gleichen Titels aufmerksam. Vergleichbar z.B. mit dem leider zu früh verstorbenen Dietrich Schwanitz, der sowohl das außerordentlich gute Sachbuch "Bildung - Alles was man wissen muss" als auch Romane wie "Der Campus" geschrieben hat, so hat offensichtlich auch Herbert Genzmer die Befähigung, beide Sparten gut zu bedienen.

Das perfekte Spiel erzählt das Leben des Felix Gidden von seiner Zeit als Kind im Waisenhaus in der Kriegs-/Nachkriegszeit bis kurz vor seinem Tot im Altenheim. Felix Gidden ist ein Kleinkrimineller in Düsseldorf, als er Opfer einer Verwechslung wird, was sein Leben für immer verändern wird.  Um zu beweisen, dass er nicht die Person ist, für die man ihn hält, reist er nach Istanbul und dort lernt er einen Mann kennen, der ihn in die hohe Kunst des richtigen Fälschens und Betrügens einweist. Nun beginnt für Felix das perfekte Spiel.

Regional gesehen erzählt der Roman nicht nur von Düsseldorf einschl. der Städtchen am Unterrhein und von  Istanbul sondern - in weitem Bogen - auch von Izmir, von Cordoba und anderen Städten in Südspanien, von Barcelona, der Provence, von Mallorca u.a.m. Bei Felix Gidden und seinem Umfeld ist stets Spiel, was in Wahrheit Lüge, Betrug und gar Mord ist;  dennoch gelingt es Einem als Leser nicht so recht, ihn dafür zu verurteilen oder gar zu hassen. Der Roman ist so facettenreich und vielfältig, dass er sich mir - will ich nicht wie Felix Gidden der Lüge den Vorzug geben - wahrscheinlich erst beim zweiten Lesen vollkommen erschliesen wird.  Dass man anfänglich nicht leicht in das Buch hineinfindet liegt auch daran, dass sich die Zeitsprünge zwischen den Passagen, die von dem jungen Felix Gidden in den 50er Jahren erzählen einerseits und den Buchseiten, auf denen ein alter Malnn einem Arzt sein Leben erzählt andererseits  nicht - wie das vlt. bei anderen Romanen der Fall ist - durch plakative  Überschriften der Jahreszahlen des Geschehens oder ähnliche stilistische Mittel verdeutlicht werden. Hier braucht der Leser  etwas Zeit um den roten Faden dennoch zu erkennen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Donna W. Cross: Die Päpstin

Erscheinungsdatum: 2009 ; Rezensionsdatum:  10.01.18

Rezensiert auf Basis des Formats Kindle Edition,  Amazon-ASIN: B004TTN2GM

Printausgabe Taschenbuch: Verlag Aufbau, 585 Seiten


Ein fesselnder historischer Roman, der sehr anschaulich erzählt, wie eine junge Frau unter schwierigsten Umständen im frühen Mittelalter bis ins allerhöchste Kirchenamt gelangte. Die Autorin malt ein sehr stimmungsvolles Bild, so dass sich der Leser in diese grausame Zeit sehr gut reinversetzen kann. Gegen unglaubliche Widerstände hat Johanna von Ingelheim sich Bildung erworben. Frauen waren nichts wert, damals im 9. Jahrhundert, und es war gar eine Sünde, wenn sie etwas lernen wollten. So ist Johanna denn als Mönch Johannes Anglicus einen sehr steinigen Weg  gegangen.
Ein phantastisches Buch. Zudem ein großartiges Buch, denn bei aller Phantasie, die die Schriftstellerin investieren musste und investiert hat, ist mit der Päpstin möglicherweise ja doch historische Wahrheit verbunden. Letzerem widmet sich die Verfasserin in einem ausführlichen Nachwort zu dem Roman auf interessante Weise.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Florian  Illies: 1913 - Der Sommer des Jahrhunderts

Erscheinungsdatum: 2015 ; Rezensionsdatum:  17.12.17

Rezensiert auf Basis des Formats Kindle Edition,  Amazon-ASIN: B0081VLFXG 
Printausgabe:  Verlag: S. Fischer,  320 Seiten


Leichte Kost ist es nicht, dieses ungewöhnliche Buch. So viel ist m.E. unstrittig. Strittig hingegen kann durchaus die Frage diskutiert werden, ob es "nur" eine enorme Fleißarbeit ist, die Florian Illies uns hier präsentiert oder ob aus der zweifelsohne immensen Recherchearbeit auch ein Meisterwerk resultierte. Klar hingegen ist wiederum: hätte man mir in meiner Schulzeit deutsche Kunst- und Kulturgeschichte so nahegebracht, wie das hier geschieht, mein Interesse daran wäre damals expotenziell gestiegen.

Aber der Reihe nach: Der 
1971 geborene Florian Illies - auch Autor von "Anleitung zum Unglücklichsein" und "Generation Golf" - schildert in 12 Kapiteln (eines für jeden Monat dieses Jahres 1913) und in zahlreichen, unterschiedlich langen Anekdoten ganz viel aus Kunst und Kultur in diesem letzten Vorkriegsjahr und schafft so eine Jahreschronik in Form einer abwechslungsreichen, interessanten Collage.Gekonnt verknüpft er historische Fakten mit seiner Phantasie, was dazu führt, dass die hier vorgenommene Zuordnung zu der Kategorie Sachbuch (Grund: es gibt keinen fortlaufenden Handlungsstrang, wie in einem Roman) durchaus hinterfragt werden kann. Wer glaubt, erst in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts sei es "so richtig rund gegangen" wird hier eines Besseren belehrt. Man fühlt die  Atmosphäre in dieser Zeit, in diesem Jahr - zumindest die in den hier beschriebenen gesellschaftlichen Kreisen.

Es ist kaum zu glauben, wieviele bekannte Persönlichkeiten 1913 gelebt haben und sich auch begegnet sind. Man fragt sich, wie das vergleichsweise heute ist: hätte ein Autor in - angenommen - 2117 genauso viele, genauso interessante, ihre Zeit prägende Personen als Quellen.


Spannend beim Lesen ist, jeweils die Nahtstelle zu finden, zwischen Realem, historisch Belegtem oder Belegbarem einerseits und der schriftstellerischer Freiheit andererseits. Nur ein Beispiel dazu:  Hiter und Stalin halten sich in 1913 in Wien auf. Hitler lebte vom Februar 1910 bis zum Mai 1913 in einem Männerwohnheim im Stadtviertel Brigittenau und Stalin  schrieb von Anfang Januar bis Mitte Februar in der Schönbrunner Schlosstraße an seinem Werk "Der Marxismus und die nationale Frage";  ... aber trafen sie sich auch wirklich beim Spazierengehen im Schlosspark Schönbrunn?

Meine Bewertung lautet auf jeden Fall "sehr lesenswert" und  für  Kunst-/Geschichtsinteressierte ein Muss.
PS: Von Florian Illies sind hier auch resensiert: "Anleitung zum Unglücklichsein"" und "Liebe in Zeiten des Hasses"

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Gerhard Drokur:   Letzte Etappe Mont Ventoux

Format: Kindle Edition;  Amazon-ASIN:  B00UZDQP9C
Printausgabe:  Verlag Der kleine Buchverlag ; Seitenzahl der Print-Ausgabe:  286
Erscheinungsdatum: 02.03.15 ; Rezensionsdatum:   17.09.17


Wenn man jüngst "Ventoux" von Bert Wagendorp und zuletzt "Vom Glück auf zwei Rädern" von Robert Penn gelesen hat, wenn man zudem selbst passionierter Rennradfahrer ist und wenn man schließlich noch erfährt, dass der Autor gleichaltrig ist und dann auch noch aus einer Gemeinde stammt im nächsten Umkreis derer, wo man selbst seine Jugend verbracht hat (fast müsste man sich ja kennen), ist es klar und konsequent, dass man dieses Buch lesen muss. Da bedarf es nur noch der Vollständigkeit halber der Anmerkung, dass zudem der Hauptprotagonist des Romans (wohl wie der Autor auch) beruflich Controller ist und man selbst im Berufsleben u.a. damit auch beschäftigt war. Soviel dazu, warum eine Affinität zu dem Buch sich bei dem Rezensenten geradezu zwangsläufig ergab.
Damit aber genug des Hurrageschreis, denn insgesamt folgt im Buch auf Licht immer auch viel Schatten. Neben so mancher Unlogik im Geschehen stört insbesondere die Art der Dialoge. Sie sind ausgesprochen hölzern, gestelzt, künstlich und sehr, sehr antiquiert (Welche junge Frau heutiger Zeit spricht - um nur ein Beispiel zu nennen - einen jungen Mann, der ihr hilft einen Platten zu reparieren, mit "Mein Herr" an). 
Im Kap. 7 erklärt der Autor anhand von Laktatabbau, Hämokritwerten, EPO usw. recht verständlich wie Doping durch Erhöhung des Anteils der roten Blutkörperchen funktioniert, macht andererseits aber einen so groben handwerklichen Fehler, das Fahren auf der Rolle mit Indoorcycling im Fitnesscenter gleichzusetzen; schwer nachvollziehbar.
Diese Aspekte -  Ungereimtheiten im Ablauf, antiquierte Dialoge, handwerkliche Fehler -  sind schade und letzlich der Grund dafür, warum ich die Lektüre des Buches nicht unbedingt empfehle.
Daran ändert letzlich auch die Tatsache nichts, dass der Autor die Handlung des Romans, "den Plot" wie man heute sagt,  immer wieder verlässt, um detailliert Radstrecken zu beschreiben. So werden nicht nur der Weg von Heidelberg nach Besancon, sondern auch viele andere Strecken so genau beschrieben, wie es sonst wohl nur ein Sachbuch bzw. ein spezifischer Radreiseführer könnte, was durchaus Lust macht, diese Strecken nachzufahren.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Robert Penn:   Vom Glück auf zwei Rädern

Format: amazon Kindle ;  ASIN: B012U7RKFI  
 Verlag: Haffmans & Tolkemitt   ;   Seitenzahl der gebundenen Ausgabe: 224  
Erscheinungsdatum:  21.12.12  ;  Rezensionsdatum:  11.08.17



Dieses Buch ist ein ganz spezielles Buch: es ist für Radliebhaber, für Radfreaks, für an der Geschichte des Fahrrads und an den technischen Details dieses meist benutzten Verkehrsmittels der Welt Interessierte. Da der Rezensent sich zu dieser Spezies von Menschen durchaus hingezogen, wenn nicht zugehörig, fühlt,  war die Grundlage für eine positive Bewertung gelegt.
Roter Faden ist, dass der Autor weder Kosten noch Mühen, in dem Fall insbesondere Reisen, gescheut hat, um sich sein ganz spezielles Traumrad zusammenzustellen. Robert Penn reiste aus seinem heimischen Wales an die verschiedensten Orte, um für  jedesTeil seines Rads das feinste Stück zu ergattern. Seien es die Felgen, die Speichen, der Rahmen, der Sattel, die Komponenten wie Schalthebel, Kurbel, Ritzelpaket, die Kette u.v.a.m. ; kein Teil wird ausgelassen, keine Herstellerfirma ist entfernt genug, jedes Teil ist wichtig genug, etwas über seine Entstehungsgeschichte und über die besten Hersteller zu erfahren. Selbstverständlich werden dem Leser dabei so bekannte Namen wie Bianchi, Campangola,Colnago, Raleigh, Ritchey, Peugeot, Pinarello, Schwinn  u.v.a.m begegnen. 
Daneben lässt Robert Penn kleine Anekdoten seiner  eigenen Weltumrundung einfliesen, bei der er in drei Jahren 40.000 km zurücklegte. Und auch die eine oder andere Anekdote aus der Welt des Rennradsports, sei es mit Fausto Coppi, sei es mit Hugo Koblet, hat in dem Buch ihren Platz gefunden. 
Breiten Raum nimmt  die Geschichte der Erfindung und Entwicklung des Rades ein. Aus deutscher Sicht interessant, dass auch  Freiherr von Drais mit seinem Laufrad, seiner Draisine, und seiner Fahrt von Mannheim nach Schwetzingen genannt wird. Sodann wird die weitere Entwicklung über das Hochrad, das Veloziped von 1860 mit erstmals Pedalkurbel (damals noch am Vorderrad) bis zur heutigen Carbonrennmaschine erzählt.

Abgerundet wird das Werk durch zahlreiche Lektürempfehlungen und nützliche Links. Somit ist es gerade aus Anlass des 200. Jahrestages der Erfindung des Fahrrads (orientiert man sich an o.a. Freiherr von Drais und 1817) im Jahr 2017 eine empfehlenswerte Lektüre. Der Autor hat meine Erwartungshaltung mehr als erfüllt. Nach der Lektüre sieht man auch sein eigenes Rad/seine eigenen Räder mit anderen Augen. Daher lautet meine Bewertung "sehr lesenswert" bzw. für für die eingangs erwähnte "Gattung" gar "ein Muss".

Meine Bewertung:

Für "Radnarren" ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Bert Wagendorp:   Ventoux

Format: Gebundene Ausgabe;  ISBN 13:  978-3442754755
 Verlag: btb-Verlag. ; Seitenzahl:  320
Erscheinungsdatum: 27.06.16 ; Rezensionsdatum:  01.08.17


Wer das Radfahren mag, wird dieses Buch mögen; wer zudem die Provence mag, wird diesem Buch einen Ehrenplatz auf dem Bücherregal einräumen; wer dort den - schon von Francesco Petrarca beschriebenen - Mont Ventoux schon mal mit dem Rad bezwungen hat, wird dieses Buch lieben.

Es handelt von den Beziehungen 5 junger Männer untereinander, insbes. aber von denen zu der wunderschönen Laura, in die während ihrer gemeinsamen Jugend alle fünf verliebt waren und von der Renaissance dieser Beziehungen rund 30 Jahre später - als die sechs um die 50 Jahre alt sind. Beim Lesen der Erlebnisse von Laura, Bart, Joost, Andre, David und Peter in den frühen 80er Jahren komme ich auch „als ü60er“  nicht umhin, mich an die eigene Jugend zu erinnern und Parallelen zu ziehen. Fast möchte ich sagen, den Buchuntertitel „Ein Sommer, der das Fieber des Lebens in sich trug“ zu fühlen. Umso mehr Parallelen zieht man, wenn man die schwierigen Auffahrten von Bedoin und Malaucene und die einfachere von Sault incl. der Abfahrt vom Gipfel zum Chalet Renard aus eigener Erfahrung kennt. Zurück zum Inhaltlichen: Nicht obwohl, sondern gerade weil 30 Jahre zuvor dabei etwas so Schlimmes geschah, treffen sich die sechs nach 30 Jahren wieder in Bedoin und fahren noch einmal auf den Ventoux. Für diesen gemeinsamen Kurzurlaub und die Fahrt hinauf hat sich der Autor ein überraschendes Ende einfallen lassen.

Für den deutschen Leser weniger einnehmend dürfte die Portion niederländischen Lokalkolorits (Schilderungen von Landschaften und Städten und Beschreibungen von Dialekten) sein, die Wagendorp dem Buch einverleibt hat, aber das ist eher nebensächlich. Zumal dies durch den Schreibstil des Autors und sein geschicktes Wechseln zwischen 1982 und 2012, seinem gekonnten Springen zwischen Ernstem und Amüsantem mehr als kompensiert wird.

Fazit: Das Buch ist für mich - neben z.B.  „Radfahren“ von Michael Klonovski  - ein weiterer Beleg dafür, dass eine Aussage einer der Protagonisten der Handlung, die da lautet „Radsportler schreiben nicht und Schriftsteller fahren kein Rad“  nicht stimmt. Somit kann ich „Ventoux“ von Bert Wagendorp sehr empfehlen. Es ist - wenn nicht meiner höchsten Bewertungsstufe „Für Literaturinteressierte ein Muss“ – so doch als „Für literaturinteressierte Radfahrer ein Muss“ einzuordnen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Juli  Zeh:   Schilf

Format: Kindle Edition;  Amazon-ASIN: B008MV24WQ 
Printausgabe:  Verlag Schöffling u. Co. ; Seitenzahl der Print-Ausgabe:  385
Erscheinungsdatum: 01.08.12 ; Rezensionsdatum:   25.07.17


Nach dem Gesamtkunstwerk  "Unterleuten"  und nach "Nullzeit" (siehe hierzu jeweils meine Rezensionen ) nun mein drittes Juli Zeh-Buch. Leider das am wenigsten Gelungene. Wenn schon die physikalisch-philosophischen Fachsimpeleien zwischen den beiden befreundeten Physikern (Oskar und Sebastian) weder überzeugen noch begeistern,  so tut es die Tatsache,  dass der schräge, zum Extremen neigende, Kriminalkommisar (Titelfigur Schilf)  sich daran auch beteiligen muss, umso weniger. In der Summe wird das Buch zunehmend unglaubwürdiger, zu skurril, grotesk. Die Story zwischen Quantenphysik und Hirntumor wird zunehmend anstrengender, die Charaktere werden zunehmend grotesker; das Lesevergnügen leidet. Leider können die gelungene Sprache, die wunderbaren Sätze,  die  poetischen Bilder, mit denen Juli Zeh  Geschehendes in malerische Worte und Zusammenhänge setzt , ihre herrlichen Beschreibungen von Landschaften und alltäglichen, natürlichen Ereignisse sowie die vielen gelungenen Metaphern, denen sie sich gekonnt bedient, das Vorgenannte nicht kompensieren. Schade. Ich weiß aus den eingangs genannten Werken, dass die Autorin zu viel Besserem befähigt ist.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Juli Zeh:   Nullzeit  

Format: Kindle Edition;  Amazon-ASIN: B008MV6ZAI
Printausgabe: Verlag: Schöffling u. Co. ; Seitenzahl der Print-Ausgabe: 321; 
Erscheinungsdatum: 01.08.12 ; Rezensionsdatum:  28.04.17


Angeregt durch Juli Zehs phantastisches Gesamtkunstwerk (siehe hierzu meine Rezension)  "Unterleuten" las ich ihren früher entstandenen Roman "Nullzeit". 

Auch wenn die Autorin einen ihrer Hauptprotagonisten (Theo) sich echauffieren und sagen lässt (Zitat)  "... woher nehme ein Mensch, der es künstlerisch zu nichts gebracht habe, das Recht, die Arbeit eines anderen zu beurteilen? Auch der lobende Kritiker finde sich selbst wichtiger als den von ihm beurteilten Autor" (Zitatende), wage ich mich, auch in diesem Fall meine kleine Tradition, Gelesenes zu rezensieren - ganz ohne Anmaßung - fortzusetzen. Mit profunden Kenntnissen über die Technik des Sporttauchens und der hierzu benötigten Gerätschaften kreiert Juli Zeh gekonnt eine spannende Dreiecksgeschichte über den Tauchlehrer Sven auf Lanzarote und seine Schüler, das verhaltensanomale Pärchen Jola und Theo. Der Leser wird gezielt verunsichert, schwankt zwischen Jola und Sven, schwankt zwischen Lüge und Wahrheit ebenso wie zwischen Hass und Liebe, registriert wie alles und Alle immer unberechenbarer werden und ahnt, dass am Ende alle verlieren. 

Wenngleich sich die Autorin mit "Unterleuten" noch gesteigert hat, so ist "Nullzeit" sehr lesenswert (was hingegen für "Schilf" leider nicht attestiert werden kann).

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Juli  Zeh:   Unterleuten  

Format: Kindle Edition;  Seitenzahl der Print-Ausgabe: 641 Seiten

Verlag: Luchterhand; Erscheinungsdatum: 8. März 2016

  Amazon-ASIN: B0196UB3SC; Rezensionsdatum:   07.02.17

Roman, Thriller, Sozialstudie, Gesellschaftsroman, wie auch immer man diesen Buch  nennen will, für mich ist es über all das  hinaus ein phantastisches, multimediales Gesamtkunstwerk. Denn es ist mehr als nur ein Buch, aber darüber später mehr.

Das Buch beschreibt in 6 Teilen die Schicksale von Bewohnern eines kleinen, brandenburgischen Dorfes namens Unterleuten rd. 20 Jahre nach dem Mauerfall. In schöner Natur gelegen, von Vögeln seltener Art (s. Titelbild)  besucht, ist nichts in Unterleuten so idyllisch, wie man meint, wie es sein könnte. Zudem ist nichts anonym, denn alle in Unterleuten sind „unter Leuten“. Der Focus liegt auf dem komplexen Geflecht von Beziehungen und Ereignissen rd. um die Dorfbewohner. Es brodelt heftig. Zum Teil aus aktuellen Begebenheiten, was auch die großstadtmüden, hinzugezogenen Wessis einbezieht; zum Teil aus lang in die DDR zurückreichenden Zeiten, was die Alteingesessenen betrifft. Und jeder erlebt und erzählt aus seiner Perspektive. Brandbeschleuniger für Entstehen und Wiederaufleben von Streitigkeiten und Konflikten, von Aggressivität und Zerwürfnissen ist die geplante Errichtung eines Windparks. Jeder lebt hierbei seine Rolle und jeder findet diese richtig. Moral bleibt zurück hinter Familienverbünden und Eigeninteressen. In der Dorfgemeinschaft entwickeln sich egoistische Hassfiguren.

Es ist reizvoll zu spekulieren, wie viel Autobiographisches (vermutlich jede Menge) die Autorin, die – wie man lesen kann – selbst von Leipzig in ein brandenburgisches Dorf gezogen sei, hier verarbeitet hat.

Wesentlicher aber ist folgendes: Wenn ich eingangs sagte, es sei mehr als nur ein Buch so begründet sich das damit, dass Juli Zeh hier wirklich im wahrsten Sinne dieses Wortes ein Gesamtkunstwerk  geschaffen hat. Zum Einen hat sie zusätzlich - reale und doch fiktive - Websites kreiert: für die Gemeinde Unterleuten http://www.unterleuten.de/ (incl. Flurkarte), für die „Windkraftfirma Ventodirect“ http://www.ventodirect.de/ (incl. Kontaktformular),  für das Unterleutener Dorflokal „Märkischer Landmann“ http://www.maerkischer-landmann-unterleuten.de/  (incl. Speisekarte), für den „Vogelschutzbund Unterleuten“ http://www.vogelschutzbund-unterleuten.de/  (incl. Foto eines der Hauptakteure im Roman). Auf diese Internetseiten sei hier nicht nur verwiesen, sondern auch verlinkt, damit der Leser sich  davon überzeugen möge, wie täuschend echt diese wirken und  wie Fiktion zur Wirklichkeit wird. Zum Zweiten hat wohl Juli Zeh unter dem Synonym Manfred Gortz ein weiteres Buch („Dein Erfolg“) geschrieben, das im Roman häufig zitiert wird und dessen reale Autorenschaft im Dunkeln bleibt. Natürlich hat auch dieser „Autor“ eine Website zum Buch  http://www.manfred-gortz.de/ (incl. Impressum; auch Youtube-Videos von ihm finden sich im Netz), was das Verwirrspiel komplett macht.

Beides – o.a. Internettäuschungen und zusätzliches Buch – sind ergänzende Aspekte, absichtlich integrierte „Fakenews“, wie man heute sagt, was ich so elegant kreativ bisher noch bei keinem Autor gesehen habe. Alles zusammen macht dies „Unter Leuten“ m.E. zu einem Geniestreich, für den ich gerne in meiner persönlichen Skala die  Bewertung „Für Literaturinteressierte ein Muss“ vergebe.  Eine Bewertung die  "Nullzeit"  nicht und  "Schilf"  bei weitem nicht erreichen.

Meine Bewertung:

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Thomas Gottschalk:   Herbstblond  

Format: Gebundene Ausgabe; Seiten: 368

Verlag: Heyne; Erscheinungsdatum: 27.04.15;

ISBN 13: 978-3-45320-084-5; Rezensionsdatum:  07.02.17


Wieder mal war es mehr Zufall als gezielter Entschluss meinerseits, der mich zum Leser ausgerechnet dieses Buches werden ließ. Im ersten Teil schildert Thomas Gottschalk in Sonnyboy-Manier, die man von ihm von Bühne und Fernsehen kennt, wie er vom Jugendlichen zu dem bekannten Showmaster wurde. Wie er im fränkischen Kulmbach aufwuchs, zunächst zum Radio kam, dann zum Fernsehen und er erzählt natürlich über „Wetten dass ...?“.  In bemerkenswerter Weise macht er kein Hehl daraus, dass ihm der Erfolg weitgehend eher in den Schoß gefallen ist, als er Ergebnis harter Arbeit war. Im 2. Teil des Buches lässt er diesen Aspekt gar noch deutlicher werden (S. 257, 346).
Während der erste Teil auch mit „Wie ich wurde, was ich bin“ überschrieben sein könnte, könnte der zweite, der nachdenklichere, Teil auch mit „Wie es weiterging und wohl weitergehen wird“ betitelt sein. Hier erzählt Gottschalk mit viel Selbstreflexion von seinem Leben im Allgemeinen und dem in Amerika im Speziellen.  Es ist unglaublich mit wie vielen Promis dieser Welt - nicht nur aus dem Showgeschäft -  er Kontakte hatte und hat.  Deutlich wird in seinen Ausführungen zur Karriere,  zur Familie, zum Geld und gar zum Thema Religion auch:  ein Thomas Gottschalk ist nicht nur ein Spaßfreak und bunter Paradiesvogel, auch einer wie er macht sich Sorgen; z.B. um  Quotenmisserfolge, ums Altwerden und gar um Hoffnung, Glaube und Liebe.
Anmerkung am Schluss: Als sehr gelungen empfinde ich, dass sich der Musikkenner und -liebhaber für Songtitel aus seiner (und damit auch meiner) Zeit als Kapitelüberschriften entschieden hat.

Meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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Doris  Dörrie:   Und was wird aus mir?  

Format: Taschenbuch;  Seiten: 432 Verlag: Diogenes; 

ISBN 13: 978-3-25723-777-1; Rezensionsdatum:  12.01.17

Ein Autor bzw. eine Autorin muss sich schon sehr viel (oder halt auch gar nichts) einfallen lassen, damit ich ein Buch, nachdem ich mich bis zur Hälfte durchgequält habe, nicht zu Ende weiterlese. Doris Dörrie hat das mit „Und was wird aus mir?“ geschafft. Apropos „geschafft“: Insbes. die 16-jährige japanische Pornodarstellerin hat es nach ihrem Freitod (Sturz vom Hochhaus) zwar nach Kalifornien (als Gespenst oder Medium einer von der Schauspielerin zur esoterischen Hellseherin oder Wunderheilerin o.ä mutierten Person),  nicht aber in mein (Leser-) Herz „geschafft“.  Und damit greife ich  nur eine Person und nur eine Geschichte von ganz verschiedenen Personen und Geschichten, die da nebeneinander herlaufen und für die das ähnlich gilt, heraus.
Wie sicher viele andere lasse ich mich beim Griff zum Buch gerne von der Innenklappe des Schutzumschlages zum Lesen animieren. Hier jedoch stimmt dieser „Waschzettel“  gar nicht. Da wird eine Story erzählt von einem zunächst erfolgreichen deutschen Regisseur in Hollywood, dessen spätere Filme aber floppten, so dass er sein Ansehen verlor und was sich in der Folge daraus ergab. Von Rigoletto und dessen Buckel  und von Esoterik und Geistern usw. kein Wort. Im Buch nehmen Letztere aber durchaus großen Raum ein. Insofern fühlte ich mich auch noch in die Irre geführt.
Doris Dörrie mag Filme drehen und Opern inszenieren und mglw. auch Bestseller schreiben können. Letzteres hat sie mit diesem Buch gewiss nicht. Mich wundert übrigens nicht, dass das Buch gebraucht im Internet ohne Versandkosten für 0,01 € (!) zu haben ist. Ich kann leider nur den geringsten Wert auf meiner persönlichen Werteskala vergeben: Zeitverschwendung.

Meine Bewertung:

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Joachim  Meyerhoff:   Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war  

Format: Taschenbuch; ISBN 13: 978-3-46204-681-6; Seiten:  352

 Verlag: Kiepenheuer und Witsch - KiWi-Taschenbuch;  Erscheinungsdatum: 8. Januar 2015

Gelesen als E-Book;  Format: Kindle Edition; Dateigröße: 2312 KB; ASIN: B00AJCIKJC

Rezensionsdatum:   20.12.16

„Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war- Alle Toten fliegen hoch“ ist Band 2 der Reihe (Band 1 war „Alle Toten fliegen hoch  - Amerika“ und ist hier ebenfalls rezensiert). Was die zeitliche Chronologie betrifft, ist Band 2 nur bedingt die Fortsetzung von Band 1. Während Band 1 vorwiegend die Zeit des Erwachsenwerdens beschreibt, spielt Band 2 zu etwa drei Viertel zeitlich davor. Die spätere Zeit als Austauschschüler in Wyoming wird, ebenso wie der tragische Einschnitt ins Familienleben zwar erwähnt;  aber der Autor, zugleich Ich-Erzähler Josse, schildert zunächst die Zeit seiner Kindheit. In dieser lebt er mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern  seltsamerweise in der Mitte einer riesigen Psychiatrieklinik - dem Landeskrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig, dem sein Vater als Direktor vorsteht. Er wächst dort zwischen Hunderten von „Verrückten“ - wie er es nennt - auf und mag das sogar.

Zwar gelingt es Meyerhoff ganz gut das Familienleben incl. seiner Beziehung zu seinen Eltern und seinen beiden Brüdern  in dieser seltsamen Umgebung zu schildern; aber mir ist das streckenweise doch etwas zu detailbeladen und zu langatmig. Um nicht zu sagen … langweilig. Dieser Eindruck begründet sich darin, dass keine auch so kleine unbedeutende Kindheitserinnerung unbedeutend genug zu sein scheint, um nicht doch noch Einzug ins Buch zu finden. Selbst der Lappen mit dem sein Vater sich den Po abputzt, hat das im Kapitel „Vierzig Kugeln Sorgfalt“ noch geschafft. Spätestens da fragte ich mich, was veranlasst den Autor zu glauben, dass seine Erzähllust noch mit der Leselust des Buchkäufers übereinstimmt. Und es kam Zweifel auf, ob ich das wirklich lesen will. In dem Kapitel „Sehnsucht nach Schreien“ beschreibt Meyerhoff detailliert die verschiedensten Schreiformen der Anstaltsinsassen in lauen Sommerabenden. Er ordnet sodann den Schreien Vokale und den vokalen Gefühle zu und ich weiß nicht, ob ich mich über sein Talent, das so zu beschreiben oder über die Eltern, die ihrem Kind dieses Umfeld zumuteten, mehr wundern soll.

Aber an dieser Stelle sei mir ein kleiner Exkurs in die Psychologie nachgesehen;  zumal der von der Psychiatrieklinik ausgehend, so fachfremd nun ja auch nicht ist:  Demnach bezeichnet Sucht das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand und diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Also: So wie die Raucher wissen, dass Rauchen tödlich sein kann und doch rauchen, so wusste ich beim Lesen von „Wann wird es endlich wieder so wie es nie war“, dass es viele, viel bessere Bücher gibt und konnte doch nicht mit dem Lesen aufhören. Wenn ich somit Band 2 der 3-teiligen Reihe als nicht gutes Buch einstufe, bewerte ich es negativ; wenn es mich aber süchtig nach Lesen macht, bewerte ich es positiv. Und genau diese beiden gegensätzlichen Sichtweisen werden m.E. dem Band gerecht. Das Dilemma zwischen einerseits dem Wortwitz des Autors, seiner guten Sprache und seiner Fähigkeit, Komik und Tragik so gekonnt zu verknüpfen und der langatmigen Aneinanderreihung der Jugenderinnerungen, dem fehlenden Spannungsbogen sowie zu viel Lapidarem  andererseits besteht durch alle Kapitel.

Meine Bewertung lautet zusammengefasst "Komik und Tragik gekonnt verknüpft, aber zuweilen zu detailbeladen" und sie muss letztlich irgendwo zwischen „sehr lesenswert“ und „es gibt Besseres“ angesiedelt werden; aber zur Lektüre von Band 3  „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke (Alle Toten fliegen hoch - Band 3)“ werde ich mich voraussichtlich so bald nicht entscheiden können.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Michael  Klonovsky:   Lebenswerte
 

Format:  Taschenbuch gebunden ; Seitenzahl: 170 

Verlag: Lichtschlag  ;  Ausgabe. 2009 ;   

Rezensionsdatum:  05.12.16 (überarbeitet am 5.2.21)

Unbeachtet seiner jüngsten politischen Aktivitäten nahm ich dieses vor längerem erworbene und schon mehrfach gelesene Buch wieder zur Hand und genoss es erneut.

Schon optisch und haptisch ein Genuss! Zum Ersten: ziert doch mit „Le Ballon“ ein Gemälde des von mir so geschätzten Felix Valloton  den Buchdeckel. Ein Maler, den auch Martin Suter (oder sein Verlag detebe) ausgewählt hat, um das Cover von „Der letzte Weynfeldt“ (dort ist es „Nackte Frau vor dem Salamander-Ofen“ ) zu schmücken. Zum Zweiten: Wie das Büchlein in der Hand liegt! Ohne überflüssigen papiernen Schutzumschlag mit seinen 12 x 20 cm und den 170 Seiten dazwischen; fachmännisch bedruckt und kunstvoll gebunden, mit dem am Kopf des Buchblockes befestigten schmalen Stoffband als Lesebändchen: So müssen Bücher aussehen! Allenfalls noch etwas dicker, würde man sich wünschen.

Und damit kommen wir zum Inhaltlichen und zum „Beschränkenmüssen“. 31 Werte aus einem breiten Spektrum, die das Leben für den Autor lebenswert machen, wurden von ihm subjektiv ausgewählt und beschrieben. Er ist mutig; sowohl  bei der Auswahl als auch beim Weglassen. Weggelassen hat er z.B. Familie, Arbeit  und Freunde sowie Schönheit und Reisen (und begründet dies in seinen Vorbemerkungen).
Die getroffene Auswahl ist - neben Optik und Haptik - das Dritte, was mich für den Band einnimmt: Es ist kein Lebenswert dabei, dem ich die Existenzberechtigung an dieser Stelle absprechen will.  Es sind - wie schon ausgeführt - mutige Nennungen dabei: so erklärt der Autor auch Brüste, High Heels und Orgasmen zu seinen Lebenswerten. Widersprucherhebende Feministinnen seien  darauf hingewiesen, dass M. Klonovsky auch „Frauenverehrung“ als einen seiner  31 Werte benannt u. begründet hat. Zudem macht er in  den Vorbemerkungen aus seiner Machosicht kein Hehl.  
Eine herausragende Rolle nimmt für mich der „Lebenswert Radfahren“ (Seiten 124 – 128) ein, weshalb natürlich auch das hier ebenfalls rezensierte Buch „Radfahren“  von Michael Klonvovky zu meinen Lieblingsbüchern zählt.

Neben der Auswahl, neben der gelungenen Beschränkung auf die 31 sind es natürlich der Schreibstil, sein Geschick zu pointieren, seine Süffisanz und der Esprit des M. Klonovsky, die dafür sorgen, dass mit dem Büchlein über Lebenswerte so viel Lesenswertes daher kommt, weshalb es weiterhin einen Logenplatz auf meinem Bücherregal haben wird.

PS 1: Zwischenzeitlich gibt es wohl eine Neuauflage aus dem Jahr 2014 (Verlag: Manuscriptum; ISBN-13: 978-3944872018), die noch um einige Lebenswerte erweitert wurde. 
PS 2: Ebenfalls hier rezensiert sind  o.a. "Radfahren" und  "Land der Wunder" und "Der Ramses-Code".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Joachim  Meyerhoff:   Alle Toten fliegen hoch, Teil 1: Amerika  

Format: Taschenbuch ; ISBN 13: 978-3-462-04436-2

Seitenzahl: 320 ;  Verlag: Kiepenheuer und Witsch;  

Erscheinungsdatum: 14.02.13 ; Rezensionsdatum: 01.12.16

Wie schon auf Seite 7  nachlesbar stammt der Buchautor  - wenngleich nicht dort aufgewachsen, so doch dort geboren  -  aus meiner Heimatstadt. Warum er diesen seinen Geburtsort als „seltsam“ bezeichnet, bleibt ebenso schleierhaft wie die Wahl der Titel für die Bände seiner Trilogie. Damit aber schon genug der negativen Kritik, denn insgesamt war die Lektüre recht gut investierte Zeit.
Joachim Meyerhoff schildert gekonnt und pointiert, sensibel und selbstironisch, wortgewandt und aus autobiographischer Sicht eine Epoche seiner Adoleszenz, insbes. das Jahr als Austauschschüler in Wyoming, USA. Er „malt“ dabei schöne, gut nachvollziehbare Bilder sowohl seiner leiblichen Familie  zuhause in Norddeutschland  als auch seiner Gastfamilie in Laramie sowie der sonstigen Menschen, die der jugendliche Ich-Erzähler dort kennenlernt  und die ihn in seinem Abnablungsprozess vom Elternhaus begleiten und prägen. Der lebensältere (männliche?) Leser wird - wie der Rezensent, auch ohne Austauschschüler gewesen zu sein - nicht umhin kommen, gewisse Parallelen zu seiner eigenen Zeit zu erkennen. Der Autor arbeitet die Charaktere der Personen und die Stimmungen und Situationen fein heraus. Lustiges und Tragisches wechseln sich ab und man erfährt so nebenbei einiges über den american way of life.
Joachim Meyerhoff, der wohl primär als Schauspieler bekannt ist,  verfügt über einen sehr guten Erzählstil mit einer ordentlichen Portion Humor und ist daher auch ein durchaus weiterzuempfehlender Schriftsteller. Deshalb stehen auch „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war (Alle Toten fliegen hoch, Band 2)“ und „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke (Alle Toten fliegen hoch, Band 3)“  auf meiner Leseliste. Vielleicht versteh' ich dann auch die Buchtitel.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Kerstin Rech:   Sankt Martin  
Format: Kindle ; amazonspezifische Produktinformationsnumme ASIN: B00M23D85C ; 

Seitenzahl Printausgabe 188; 
Verlag:  Südwestbuch; 
 

Rezensionsdatum: 27.11.16

Krimis sind nicht das Genre, das bei mir ganz oben auf der Leseagenda steht. Dennoch habe ich den einen oder anderen Regionalkrimi schon gelesen und auch schon so oder so rezensiert. So, d.h. positiv, z.B. „Kobr/Kluepfel,  Milchgeld“ oder so, d.h. negativ, z.B. „Cay Rademacher, Mörderischer Mystral“.

Dieses Mal  waren es nicht die Berge im Allgäu und auch nicht der Lavendel der Provence, die mich animierten. Dieses Mal war es die Heimat und somit ein Saarland-Krimi (getreu dem Motto „Warum denn, lieber Rezensent, in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah“).   Der zweite und  entscheidendere Anstoß etwas von Kerstin Rech zu lesen, war jedoch ihre Lesung über Kriminalfälle im Saarland ganz anderer Art, nämlich ihr Sachbuch „Spektakuläre Kriminalfälle im Saarland“. Und ich muss sagen, nach so tragisch Ernstem tat es gut, sich etwas leichtere Kost in Form von Erfundenem zuzuführen.

Die Handlung spielt zwischen Saarbrücken, Blieskastel und Homburg in Mühlweiler. Einem fiktiven Dorf, das ich mir zwischen den realen und im Roman genannten Dörfern Blickweiler, Breitfurt, Altheim, Webenheim und Wolfersheim (alles Stadteile von Blieskastel) nur allzu gut vorstellen kann. Zu wünschen wäre Blieskastel die Prosperität, die die kleine Stadt im Roman genießt und die nicht nur in einem Blieskasteler Bahnhof auf der Eurocity-Strecke Bratislava - Paris  zum Ausdruck kommt.

Warum auf dem Titelbild des Buches die Saarschleife abgebildet ist, die ganz im Nordwesten des Saarlandes liegt, während die Handlung im Bliesgau und somit im äußersten Südosten spielt und es sich daher sowie aufgrund des Romaninhaltes vielmehr angeboten hätte, neblige Bliesauen abzulichten, weiß wohl nur der Verlag; es ist vermutlich der Annahme geschuldet, dass es für einen Hamburger oder Münchner so einfacher ist, die maßgeblichen Synapsen für die Verbindung von Region und Buch zu aktivieren.  Das finde ich persönlich schade (nicht nur wegen der Leser aus Merzig oder Mettlach, die sich das Buch kaufen und nichts über das saarländische Wahrzeichen zum Lesen kriegen).

Eine alte Frau, die es vor langer Zeit nach Mühlweiler verschlagen hat, sorgte zu ihren Lebzeiten dafür, dass ein Mythos sich aufrecht hielt, der mit dem 11.11., dem St. Martinstag, zusammenhängt. Demnach wird alle 100 Jahre ein(e) Verstorbene(r)  aus dem Jenseits ins Diesseits zurückkehren und für seinen/ihren Tot Rache nehmen. Als dann ein nicht gelittener Dorfbewohner, der am St. Martinstag den Bettler mimen sollte, vor St. Martins Pferd, noch ehe er einen halben Mantel dankbar in Empfang nehmen kann, blutüberströmt mit einem Messer in der Brust tot zusammenbricht, ist die Grundlage für den vermeintlichen Übertritt des Mythos zum Realen gelegt. Kerstin Rech gelingt es durchaus, einen Spannungsbogen aufzubauen, eine Liebschaft zwischen Polizist und Tochter des Opfers glaubhaft und vorstellbar einzuweben, die Charaktere der Akteure nachvollziehbar zu beschreiben und beim Leser für Unterhaltung zu sorgen. Was mir nicht so gefiel, waren die Dialoge, die zum Teil etwas gestelzt, künstlich, aufgesetzt, naiv, in Kinderbuchmanier daherkommen. Letztlich aber kein Grund das Buch nicht an einem kalten, nebligen Novemberabend, am besten natürlich am 11.11. einen Jahres, zu lesen und vor dem Zubettgehen, noch mal unter dem Bett nachzuschauen, ob da wirklich kein Verstorbener zurückgekehrt ist. Wenn ja, dann wird aus dem gemütlichen Leseabend doch noch ein sehr ungemütlicher Abend.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung



 

 


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Kerstin Rech:   Spektakuläre Kriminalfälle im Saarland
 

Format: Taschenbuch ; Verlag: Geistkirch ; 

 ISBN-13: 978-3-946036-43-2 ;  Seitenzahl: 208 

Rezensionsdatum: 18.11.16

Wieder war es eine besuchte Lesung, die mich animierte. Diesmal die Homburger Lesezeit und dabei wieder das angenehme Format des ergänzenden Projekts „VLV-VIPs lesen vor (das mir auch den Anstoß gab, „Narziß und Goldmund“ von Hermann Hesse zu lesen und hier zu rezensieren).

Die aus dem Saarland stammende Autorin Kerstin Rech beschreibt insgesamt 4 spektakuläre Fälle, über die seinerzeit auch bundesweit berichtet wurde. Drei davon verbindet der Rezensent mit persönlichen Erinnerungen, was das Buch natürlich für mich besonders lesenswert machte.

Im Einzelnen geht es um den Mord an einem Polizisten im saarländischen Bexbach (1945). Zum Zweiten um den Mord an 4 Soldaten in einem Munitionslager der Bundeswehr im saarländischen Lebach (1969). Der dritte Fall beschreibt die grausame Entführung eines Mitarbeiters und Neffen des Besitzers der Karlberg-Brauerei in Homburg (1976). Und der vierte und jüngste Fall die schreckliche Entführung des 5-jährigen Pascal in Saarbrücken-Burbach (2001).

Insbesondere der Fall des  kleinen Pascal macht sehr traurig. Aber auch der etwas länger zurückliegende Fall des entführten Gernot Egolf ging mir soz. unter die Haut: zum einen wegen der offen bleibenden Frage, ob sein grausames Ende durch bessere Polizeiarbeit hätte verhindert werden können;  zum anderen wegen der im Vergleich zum Fall Pascal noch größeren, räumlichen Nähe: denn er ereignete sich nicht nur in dem Land, nicht nur in der Stadt,  einzelne Geschehnisse spielten sich gar in der Straße, in der ich wohne, ab.

Positiv hervorzuheben ist,  dass die Autorin - wie es sich für ein Sachbuch gehört - die Fälle akribisch beschreibt und dabei auch die sich anschließende Reaktion des Rechtsstaats einbezieht,  sich aber was ihre Bewertungen betrifft, eher zurückhält und  dies dem Leser überlässt. Der in der Historie des Rechts gel. auftretende Widerspruch zwischen Recht und Gerechtigkeit wird insbesondere beim Fall Pascal deutlich: Während ersteres (in Form des Richterspruchs) stattfand, bleibt das Zweite mehr als fraglich.

Meine Bewertung des Buches lautet: insbesondere für Saarländer, sehr lesenswert, lohnt sich aber auch für andere Interessierte. Es sei denn, man verfügt über schwache Nerven; denn denjenigen, die zum Buch greifen, um Entspannung zu erfahren, sei von der Lektüre abgeraten und sie seien stattdessen auf das Eine oder Andere hier rezensierte und für diesen Zweck besser geeignete Buch verwiesen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

für Saarländer

lohnt sich

für alle Anderen

es gibt Besseres

Zeitverschwendung


 

 


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Marlo Morgan:   Traumreisende
 

Format: Taschenbuch ; Verlag: Goldmann ;  ISBN-13: 978- 3442448791

Seitenzahl : 347 Seiten

Rezensionsdatum:  02.11.16

Im Australischen Outback wird eine Ureinwohnerin, eine Aborigine, Mutter von Zwillingskindern. Die Babys werden der jungen Frau nur einen Tag nach der Geburt durch die Frau des Geistlichen der örtlichen Missionsstation grausam weggenommen und voneinander getrennt. Über die Kapitel 1 bis 26 des Buches hinweg wird das schwere Schicksal geschildert. Kapitelweise abwechselnd beschreibt die Autorin wie Beatrice und Geoff getrennt voneinander, ohne Kenntnis voneinander, unter schwierigsten Bedingungen und ohne geliebt zu werden, aufwachsen.

Handlungsstrang und Kapitelinhalte ändern sich ab Kap. 27, als Beatrice sich entschließt den Weißen den Rücken zu kehren und ihre Wurzeln zu suchen, drastisch! Ab dann wird das Buch schwerer zu lesen, der Anteil des Spirituellen und Mystischen nimmt plötzlich viel Raum ein und das Buch ist ab dann weniger unterhaltsam, dafür mehr zum Nachdenken anregend, vielleicht gar lehrreich. Denn die Autorin schildert nun detailliert die Kultur, die Lebensweise und Lebenseinstellungen, die Sitten und Gebräuche der australischen Ureinwohner;  und zwar der wenigen, die sich nicht der westlichen Lebensweise angepasst haben, sondern Traditionen verpflichtet weiterhin - in den Norden des Kontinents zurückgezogen - im Busch ein Nomadenleben leben. Der Rezensent ist zunächst geneigt, bereits die erste Aborigine, die Beatrice kennenlernt, als skurril zu charakterisieren, als unglaubwürdig dargestellt, zu bezeichnen. Dies begründet sich darin, dass sie einerseits „eine Wilde“ ist, die zum Überleben mühelos ein Opossum mit einem Stein erschlägt oder eine Schlange tötet, um ihre abgezogene Haut wenig später als Filter für schmutziges Wasser zu verwenden (um nur 2 Beispiele zu nennen);  andererseits aber in der Lage ist, hochphilosophisch zu rezitieren. U.a. irritieren dabei ihre, mal mehr, mal weniger offensichtlichen, Versuche, das Volk der Aborigines nicht nur als unterdrücktes, sondern auch als das bessere Volk darzustellen. Spätestens als sie beim Hervorheben der Kultur ihres Volkes diese auch deshalb über die Kultur der Eroberer stellt, weil es nie ein Alphabet oder eine Schriftsprache entwickelt hat, war ich geneigt, das Buch nicht zu Ende zu lesen. So auch an der Stelle als Beatrice zu der Erkenntnis kam  bzw. gebracht wurde, es sei (Zitat von S. 182) „bedeutsam zu einer Kultur zu gehören, wo die Menschen nicht Farmer, Kaufleute und Anwälte sind, sondern Künstler, Dichter, Musiker und Magier“. ABER:  Würde ich als Leser dann nicht genau den Fehler begehen, den die Aborigines so sehr beklagen? Nämlich den, dass der weiße Mann alles wofür die Ureinwohner des Kontinents stehen als falsch, dumm und böse einstuft. Also hielt ich durch.

Auf Seite 301 in Kap. 46 vollzieht sich erneut eine drastische Wende, als Beatrice nach Jahren im Busch in die Zivilisation zurückkehrt.

Besonders hervorzuheben sind m.E. die „10 Du sollst …“. Die 10 wichtigsten Gesetze für ein Aborigine, die im Text anlassbezogen erwähnt und am Ende des Buchs zusammenfassend dargestellt und erläutert sind. Auch Christen, auch Westeuropäern täte es gut, sich so manches davon zu Eigen zu machen. Der Respekt für die Autorin, die Milde der „10 Du sollst …“ lässt mich denn auch nicht kritisch fragen, wieso Bea in Kap. 47, im letzten Kapitel, bei ihrem Engagement für Aborigines in ausländischen Gefängnissen ausgerechnet (unwissentlich) auf Geoff trifft. Stattdessen ist der Leser hier so weit, dass er beobachtet ohne zu urteilen, dass er liest ohne zu bewerten. Und das ist schön, das ist Verdienst der Autorin zum Einen und Verdienst des Lesers, doch zu Ende gelesen zu haben, zum Anderen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


Aufmerksam wurde ich auf dieses Taschenbuch (mal wie-der so ein Flohmarktschnäppchen für einen Spottpreis) durch sein Cover. Das ansprechende Foto schöner alter, in Leder gebundener Bücher auf einem massiven Holzregal erinnerte mich so an  „Alles was man wissen muss“ von Dietrich Schwanitz  oder an „Bücher, Alles was man lesen muss“ von  Christiane Tschirnt. Sein Titel „Der Mann der die Wörter liebte“ wiederum erinnerte mich an andere Bücher zum Thema Sprache, wie z.B. das vor vielen Jahren gelesene „Den Leuten aufs Maul“ von Eike Christian Hirsch oder „Wortstoffhof“ von Axel Hacke. Und damit lag ich nicht falsch: denn es geht im Buch primär um Bücher und sekundär um Sprache oder umgekehrt.

Simon Winchester:   Der Mann, der die Wörter liebte
 

Format: Taschenbuch ; Verlag: dtb ;  ISBN-13: 978-34427266431 ;

Seitenzahl : 284 Seiten

Rezensionsdatum:  25.10.16

Aufmerksam wurde ich auf dieses Taschenbuch (mal wieder so ein Flohmarktschnäppchen für einen Spottpreis) durch sein Cover. Das ansprechende Foto schöner alter, in Leder gebundener Bücher auf einem massiven Holzregal erinnerte mich an  „Alles was man wissen muss“ von Dietrich Schwanitz  oder an „Bücher, Alles was man lesen muss“ von  Christiane Tschirnt. Sein Titel „Der Mann der die Wörter liebte“ wiederum erinnerte mich an andere Bücher zum Thema Sprache, wie z.B. das vor vielen Jahren gelesene „Den Leuten aufs Maul“ von Eike Christian Hirsch oder „Wortstoffhof“ von Axel Hacke. Und damit lag ich nicht falsch: denn es geht im Buch primär um Bücher und sekundär um Sprache oder umgekehrt.
Speziell geht’s um die Entstehung des äußerst umfänglichen Oxford English Dictionary (OED), des umfangreichsten Wörterbuchs der englischen Sprache. Es bildet den gesamten englischen Wortschatz seit dem 9. Jahrhundert einschließlich aller in diesem  Zeitraum bekannten und sich ändernden Wortbedeutungen,  -varianten und -verwendungen ab. Die 2. Auflage in 20 Bänden, ist 1989 erschienen und enthält etwa 600.000 Schlagwörter mit rund 2,5 Millionen Nachweisen. Die 3. Auflage ist in Arbeit.
Das Buch von Simon Winchester schildert die Entstehung der ersten Auflage. Und schon die belief sich, misst man die Strecke der von Hand gesetzten Lettern auf den Druckplatten, auf 285 Km. Zeitlich betrachtet ist damit nicht weniger gemeint als die Jahre von  1857 - 1928. Im Mittelpunkt der wahren Geschichte, die hier erzählt wird,  stehen 2 Männer: James Murray, der damalige OED-Projektleiter und insbesondere William C. Minor.

Murrays Begeisterung für Sprache und Worte kommt vlt. am Deutlichsten  zum Ausdruck, als er am Sterbebett seiner ersten Frau saß und (Zitat von Seite 51)  "…registrierte sogar, während seine dahinsiechende und treugeliebte Maggie mit dem Tod rang, mit amüsierter Distanziertheit, dass sie in ihrem nächtlichen Delirium in den breiten schottischen Dialekt ihrer Kindheit verfiel…“. Sogar in solch einer Situation denkt er an Sprache und Worte.

Minor wurde 1834 in Ceylon geboren (war fast gleich alt mit Murray, der 1837 geboren wurde) und verstarb 1920 in Hartford, Connecticut, Vereinigte Staaten. Von Beruf war er Militärarzt bei der US-Armee, erlebte ganz Schreckliches im Amerikanischen Bürgerkrieg (dessen Schilderung einen gewissen Raum in dem Buch einnimmt), was ihn traumatisierte, zu einer Paranoia führt und verbrachte in der Folge den größten Teil seines Lebens in einem psychiatrischen Krankenhaus (damals noch Irrenhaus genannt), nachdem er in einem Anfall von Geisteskrankheit einen unschuldigen Menschen getötet hatte. Er war über viele Jahre der eifrigste und wohl auch beste freiwillige Mitarbeiter von James Murray, letztlich  gar der bedeutendste Mitarbeiter am Oxford English Dictionary. Murray waren Hintergründe und Schicksal des W.C. Minor nicht bekannt. Somit war seine Überraschung groß, als er ihn nach über 20 Jahren Briefwechsel das erste Mal besuchen wollte, am Bahnhof von einer Kutsche abgeholt wurde, in ein großes Gebäude geführt wurde und sich dort einem stattlichen Mann vorstellte, den er für Minor hielt, ja  halten musste, der aber in Wirklichkeit der Leiter der Irrenanstalt war.
Dieses Ereignis, das außer im Klappentext schon früh im Buch geschildert wird, findet später statt, als anderes was danach beschrieben wird; d.h. Simon Winchester mutet dem Leser zuweilen - insbes. in der Buchmitte -  recht viele Zeitsprünge zu, was auch den unterschiedlichen Quellen, denen er sich bedienen muss, geschuldet ist. Da sollte man unbedingt durch und das Buch nicht zum Stapel „Les‘ ich später mal fertig“ legen. Denn dann würde man nicht nur das sehr tragische Ende des W.C. Minor, nach einer unvorstellbaren Handlung an sich selbst in geistiger Verwirrung, versäumen; man würde dann auch keinen Eindruck davon bekommen, welch immenser Aufwand mit der Erstellung eines umfassenden Wörterbuchs verbunden ist und welche Sisyphusarbeit das bedeutete.

Sinnvoll abgerundet wird das Werk (als solches muss man das Taschenbuch bezeichnen dürfen; man stelle sich nur den Rechercheaufwand vor, den S. Winchester investieren musste ) durch mehrere  interessante Anreicherungen:
Da sind zum Einen zwei Originalfotos der Protagonisten und da sind zum Anderen die jedem Kapitel vorangestellten Originaldarstellungen aus dem OED (tlw. in unterschiedlichen Schrifttypen und Sprachen) zu einem Wort, das im Folgenden Kapitel eine Rolle spielt. Insbesondere dadurch wird deutlich, welch immenser Aufwand hinter jedem Wort steht und warum sich die Erstellung der ersten Ausgabe über Jahrzehnte erstreckte. Drittens folgen auch aktuelle medizinische Erkenntnisse zu unterschiedlichen Geisteskrankheiten.
Auch die  in solchen Werken übliche Danksagung an Mitarbeiter, Zulieferer, Gönner, Unterstützer usw. ist hier eine besondere, in der die Wertschätzung des Autors für deren Arbeit glaubwürdig und sympathisch rüberkommt.

Meine Bewertung: nicht nur für Sprachwissenschaftler „sehr lesenswert“.

PS: Wieder so ein Buch, irgendwo zwischen Belletristik, weil von hohem Unterhaltungswert, und Sachbuch, weil es auf wahrer Historie beruht; ein „literarisches Sachbuch“, wie es einleitend auch bezeichnet wird. Ein Sachbuch in Romanform. Wegen seines hohen Wahrheitsgehalts entscheide ich mich, es hier als Sachbuch einzuordnen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Hermann Hesse:   Narziß und Goldmund
 

Format: Kindle ; Verlag: Suhrkamp ;  

Seitenzahl der Print-Ausgabe: 264 Seiten ; Rezensionsdatum:  18.10.16

Aktuell animiert durch eine Lesung widmete ich mich diesem (1877 geborenen und 1962 verstorbenen) Klassiker und Literaturnobelpreisträger (1946) unter den deutschsprachigen Literaten und seiner Ende der Zwanziger Jahre entstandenen, also fast 90 Jahre alten, Erzählung. 

Schon ewig hatte ich von Hesse nichts gelesen; um ehrlich zu sein: es muss in der Schulzeit gewesen sein; und dort war es - vermutlich aus Gründen, auf die ich noch komme - nicht "Narziß und Goldmund", sondern nach meiner Erinnerung "Steppenwolf". 
Das Buch "Narziß und Goldmund" erzählt eine im Mittelalter spielende Geschichte, in deren Zentrum zwei so unterschiedliche, gar gegensätzliche,  Freunde stehen: der Eine, Narziß,  ein Mensch des Geistes, der Andere, Goldmund, ein Mensch der Sinne; der Eine der Denker, der Andere der Träumer und die Erzählung reicht von Beider Jugend in einem Kloster, über Goldmunds ausgedehnte Wanderjahre bis dessen Tod. Und bis dahin hören sie nie auf, den jeweils so ganz Anderen trotz ihrer so gegensätzlichen Lebensentwürfe, was die gesamte Erzählung prägt, zu bewundern, gar zu lieben. 
Die Geschichte an sich und die Sprache des Autors, seine Erzählkunst,  begeisterten, ja faszinierten,  mich und ... das Buch überraschte mich - und damit komme ich auf die Eingangsbemerkung zur Schulzeit zurück - was den großen Anteil Erotik betrifft:  Goldmund lies - um es im heutigen Jargon flapsig auszudrücken -  in seinen Wanderjahren  "nix anbrennen" und Hesse schildert das in manchen Passagen recht detailliert. Letzlich ist das aber nur Mittel zum Zweck und zwar dem, die Gegensätzlichkeit der Beiden noch zu unterstreichen.  Hesse arbeitet die Stärken und Schwächen beider Charaktere fein heraus ohne je die eine oder andere Seite zu favorisieren. Denker vs. Träumer, Kopf vs. Bauch, Ratio vs.Emotion = Remis, also unentschieden. Entschieden hingegen bin ich in meinem Urteil: Sowohl sprachlich als auch inhaltlich handelt es sich um ein Meisterwerk und somit ist das Buch - auch heute noch - mehr als lesenswert.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Helmut Schmidt und Peer Steinbrück:  Zug um Zug
 

Format: gebunden; Verlag:  Hoffmann und Campe Erscheinungsdatum: 2011;    

ISBN 13:  978-3-455-50197-1 ; Rezensionsdatum:  05.06.16

Gekauft für 1 Euro im Bücher-Flohmarkt; gelesen und danach seinen Wert auf das Vielfache angesetzt. Gerade durch den Abstand von rd. 5 Jahren zwischen Entstehen und Lesen wird dieses Buch über Gespräche zweier charismatischer Politiker verschiedener Generationen so wertvoll. Welche Weitsicht diese beiden Strategen in ihren  im Sommer 2011 geführten Gesprächen an den Tag legten, wird eben nur in der Retrospektive deutlich. Die Integrationspolitik, die Finanzpolitik sind nur 2 Beispiele. Schade, dass beide heute in der aktuellen Politik keine Rolle mehr spielen. Der Eine zwangsläufig, weil er im Nov. 2015 verstarb; der Andere, weil er nach meiner Erinnerung über Nebeneinkünfte und Sponsorengelder für ein Schachturnier u.ä. stolperte. Politiker solchen Geistes und Formats und solcher Intellektualität wünschte ich mir mehr.

Auch wenn ich kritisch anmerken möchte, dass die echte Dialogbereitschaft Beider in dem Buch manchmal etwas ausgeprägter sein könnte, indem deutlicher auf die unmittelbar vorausgegangene Aussage des jeweils anderen eingegangen würde, so lautet meine Bewertung und zugleich Empfehlung  „sehr lesenswert“! Und die wird auch durch den falsch aufgestellten Schachtisch auf dem Titelbild in keinster Weise getrübt.

Den Kaufpreis stellte ich oben an den Anfang; mit dem Kaufpreis will ich diese Rezension schließen: 1 Euro (das ist kaum mehr als der Schaum auf meinem Weizenbier in einer durchschnittlichen deutschen Kneipe) für so viel Wissen! Welche Werteverschiebung gegenüber den 60er/70er-Jahren!

PS am Rande (eigentlich Quatsch: das PS ist immer am Rande, nämlich am Unteren, aber diesen "weißen Schimmel" erlaube ich mir hier, weil es "wirklich" nur eine Randnotiz ist): selbst an das von mir vor kurzem rezensierte Buch von Kai Twilfer "Schantall, tu ma die Omma winken" fühlte ich mich erinnert, als Peer Steinbrück auf S. 135 das Bildungs- und Sprachniveau deutscher Kinder beklagt, wenn er von einer 5jährigen erzählt, die im Zoo am Schafstall von ihrer Mutter zu hören kriegt "Jakkeline, mach dem Mäh ma ei".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Kai Twilfer:  Schantall, tu ma die Omma winken
 

Verlag: Schwarzkopf und Schwarzkopf;  Erscheinungsdatum: Feb. 2013;  

ISBN 13: 978-3-86265-219-8 Rezensionsdatum: 04.06.16

Ziemlich spät und durch Zufall kam ich auf den Band, von dem es inzwischen Folgebände gibt. Der Text ist  in Teilen durchaus humorvoll und das Buch daher nicht unbedingt langweilig - auch wenn sich eigentlich Klischee an Klischee reiht. Der Autor beschreibt die Welt einer typischen Vertreterin einer bildungsfernen Gesellschaftsschicht (die mit 2 bis 4 Büchern im Regal, wovon 2 das örtliche Telefonbuch und der Versandhauskatalog sind) zwischen Jobcenter unter Ibiza.  

Durchaus zuftreffend wird auf S. 102 die "überaus pragmatische Begabung der Schantall genannt, Dinge und Zusammenhänge, für die unsereins gerne mal einen Nebensatz an den kunstvoll arrangierten Hautpsatz hängt, in zwei, drei Worten zu erklären." Das Dumme  ist nur, dass der Autor ("unsereins") es eben unbedingt ganz anders machen will als sie und dabei unerträglich lange Sätze mit zig Adjektiven und Nebensätzen produziert. Das ist manchmal einfach zu viel, zu gestelzt und überfrachtet; und daher holprig zu lesen.

Und noch eine kritische Anmerkung bzw. rhetorische Frage: Hat Kai Twilfer möglicherweise bei Peer Steinbrück (!) abgekupfert, wenn er 2013  mit "Schantall, tu ma die Omma winken" sein erstes   und 2014 mit  "Schantall, tu ma die Omma Prost sagen"  sein 2. Schantall-Buch  veröffentlicht, während Steinbrück in dem hier ebenfalls rezensierten Werk  "Zug um Zug" ( Erscheinungsjahr 2011! ) auf S. 135 das Bildungs- und Sprachniveau deutscher Kinder beklagt, indem er von einer 5-jährigen erzählt, die im Zoo am Schafstall von ihrer Mutter zu hören kriegt "Jakkeline, mach dem Mäh ma ei"?

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Heinz Helfgen:  Ich radle um die Welt
 

  

Originalversion: Bertelsmann-Verlag Gütersloh, erschienen 1954-1955; 2 Bände 

Neuausgabe Version 1988: Verlag:  BVA, Bielefeld;   

ISBN 13: 978-3-87073-032-3; Rezensionsdatum: 13.02.16

Animiert nicht zuletzt durch den sehr, sehr guten und auf dieser Website ebenfalls rezensierten  Radreisebericht von Elena Erat u. Peter Materne „Radabenteuer Welt kam ich zu diesem, sehr viel früher entstandenen, Werk des Politikwissenschaftlers Dr. Heinrich „Heinz“ Johann Helfgen. In den Jahren 1951 bis 1953 durchreiste er mit einem 3-Gang-Tourenrad und 3,80 DM zum Start in der Tasche  Österreich, Jugoslawien, Griechenland, die Türkei, Syrien, Irak, Iran, Pakistan, Indien, Ostpakistan (das heutige Bangladesch), Birma, Thailand, Kambodscha, Vietnam, Japan, die USA, Kuba, Jamaika, Aruba, Venezuela und Brasilien. Er hat damals in einer Zeitungskolumne in 157 Folgen darüber berichtet; seinerzeit angeblich mit  großer Resonanz und u.a. deshalb hat er sein 1954 bzw. 1955 entstandenes 2-bändiges Buch in den 80er Jahren überarbeitet. Zunächst lag mir nur diese neuere Fassung (zwischenzeitlich als E-Book) vor. Erst danach konnte ich über ein Internetantiquariat auch die beiden  1955 bzw. 1956 veröffentlichten Originale der Erstfassung erwerben

Um das Fazit vorwegzunehmen: Es ist schier unglaublich was Heinz Helfgen geleistet,  was Heinz Helfgen erlebt und dass Heinz Helfgen das überlebt hat.

Des Weiteren ist es verwunderlich, dass der Rezensent - Saarländer, genau wie der Autor und zur Schule gegangen in einem Nachbarort von Helfgens Geburtsort -  nie zuvor von ihm gehört hat. Aus der Retrospektive erscheint es mir wünschenswert, das Buch eines so großen Saarländers wäre seinerzeit vom Kultusministerium des so kleinen Saarlands oder seinen Lehrern z.B. in den Geographieunterricht eingebunden worden. Ich hätte es als Jugendlicher gewiss in ähnlicher Weise wie Karl May verschlungen.
Eventuellen Bedenkenträgern, die sich daran stören könnten, dass ich Helfgen hier als „großen“ Saarländer bezeichne und die dies damit begründen könnten, dass der Autor im Jahr 1928 der NSDAP beigetreten ist, sei neben dem Verweis auf sein Geburtsjahr 1910 gesagt, dass Helfgen 1934 wg. eines Zeitungsartikels, in dem er am mittlerweile herrschenden System Kritik übte, ein Jahr inhaftiert war.

Zurück zum Buch: Wenngleich der Autor alles sehr plastisch beschreibt, leidet die E-Book-Version darunter, dass  Bilder fehlen und die Originalausgabe darunter, dass es so wenige Bilder sind. Mehr noch: man denkt beim Lesen an bewegte Bilder, d.h. an eine Verfilmung. Vielleicht – auch wenn mir der Unterschied zwischen Humboldt und Helfgen sehr wohl bewusst ist -  im Stil von Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“. Mein Apell lautet: „Regisseure, Filmproduktionsgesellschaften, werdet aufmerksam! Das wird garantiert ein Kassenschlager.“

Eine Parallele zu Karl May habe ich oben schon kurz erwähnt. Bekanntermaßen hat der allerdings alles nur erfunden und Helfgen hat es erlebt. Woher ich das weiß? Ich weiß es natürlich nicht und die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Abläufe und Schilderungen stellt sich mit fortschreitendem Verlauf der Erzählungen immer mehr. Ich komme für mich zu einem Schluss, mit dem ich als Leser sehr gut leben kann; der lautet: hie und da hat der Autor vielleicht ein wenig geschummelt, hat er vielleicht das Eine oder Andere etwas aufgepeppt und damit „dicke Arme“ gemacht. Zuweilen präsentiert er dem Leser einen Weltenradler in James-Bond-Manier und trägt dabei gewiss zu dick auf. Das ist ihm keinesfalls zu verdenken und es trübt den positiven Gesamteindruck nicht. Die Leselust wird dadurch an keinem Punkt vermiest; zumal historische Fakten nicht verfälscht werden.

Aus letzterem resultiert die Frage, ob der Reisebericht in erster Linie Sachbuch oder Unterhaltungsliteratur ist, d.h. welcher Rubrik meiner Rezensionen er hier eigentlich zuzuordnen  ist. In Anbetracht meiner o.a. Spekulation des Hinzuerfundenen und einer dem Autor nachgesagten Karl-May-Nähe sowie des ausgezeichneten Unterhaltungswertes entscheide ich mich für die Belletristik. Dass das Werk dabei auch so viele nachprüfbare Daten und Fakten zu Ländern, Regionen, Flüssen, Sitten, geschichtlichen Ereignissen und Persönlichkeiten enthält, steht dem schließlich nicht entgegen.

Ich kann die Lektüre sehr empfehlen.

Anmerkung:  Das Buch "Ich trampe zum Nordpol"  von Heinz Helfgen ist auf  dieser Website ebenfalls rezensiert !

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr, sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Herbert Rosendorfer: Absterbende Gemütlichkeit
 

Verlag: dtv,  erschienen 1.1.15, ISBN 13:  978-3-423-13294-7, 256  Seiten; 

Rezensionsdatum: 03.01.16

Nachdem ich "Die große Umwendung" eher enttäuschend empfand, hat mich dieser Band mit dem 2015 verstorbenen Autor Herbert Rosendorfer, den ich ansonsten sehr schätze und von auch dem "Briefe in die chinesischen Vergangenheit" und "Ein Liebhaber ungerader Zahlen" stammen, wieder versöhnt . Zwölf Geschichten aus Bayern, d.h. von dort  wo jemand der (Zitat) "im Verdacht steht, mit der ökologischen Bewegung der Grünen zu sympatisieren, von Glück sagen kann, wenn man ihm nichts nachweisen kann." (s. S. 215).
Mal amüsant wie in "Verlustreiche Ferienreise", mal mutig wie in "Ewige Wache", wo Rosendorfer den Stammtisch ehemaliger SS-Fanatiker beschreibt, mal makaber wie in "Ruhe in Frieden" und dabei alles aus "dem richtigen Leben". Dazwischen - wie es sich für Rosendorfer gehört - hie und da ein Prise Juristerei und so entstand mit "Absterbende Gemütlichkeit" ein weiteres gelungenes Bändchen dieser rosaeingebundenen dtv-Reihe .

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Michael Klonovsky: Land der Wunder
 

Verlag:  rororo; Seiten 544;  ISBN 13: 978-3-499247-96-5 ;

 Verlag:  Manuscriptum Waltrop; Seiten 544;  ISBN 13: 978-3-944872-26-1 ;   

Rezensionsdatum: 03.01.16 (überarbeitet am 5.2.21)

Motiviert durch sein hervorragendes Buch „Radfahren“ las ich Michael Klonovskys Roman „Land der Wunder“. Im Mittelpunkt stehen die Veränderungen in Deutschland zur Zeit der Wende, genauer gesagt die Veränderung der Menschen der ehemaligen DDR; noch genauer gesagt, die Karriere – oder sollte man es eher als Metamorphose bezeichnen – des Johannes Schönbach. Am Anfang des Veränderungsprozesses steht der junge Philologiestudenten Ende der 80er Jahre, der sich mit den politischen Verhältnissen in der zu Ende gehenden DDR nicht arrangieren kann und will. Am Ende steht der  Münchner Geschäfts- und Lebemann, dem die Vergangenheit auf ganz außergewöhnliche Weise wieder begegnet. Die Stationen dazwischen reichen vom von der Uni verwiesenen Studenten, über die eines Gabelstaplerfahrers, wo Johannes dem Alkohol verfällt,  über die eines Toilettenmannes in einem Schwimmbad und über die eines Korrektors bei einer Tageszeitung, wo er es – noch zu DDR-Zeiten – nicht lassen kann, die Artikel auch inhaltlich zu kritisieren, obwohl er eigentlich doch nur Druckfehler finden soll, über die eines Redaktionsmitgliedes bei eben dieser Zeitung, was ihm mit der Wende und dem Einzug der Wessis in die Chefetage der Zeitung verdankt war, über die eines Chefreporters bei einem Münchner „Peoplemagazin“, womit einherging, dass er zumindest teil- und zeitweise seine früheren Werte und Normen über Bord warf bis zu der eines Multimillionärs am sog. „Neuen Markt“ zur Zeit des Börsenbooms Ende der 90er Jahre. Statt durch Einträge in die Kaderakte wird sein Leben dann durch Maßanzüge und Essen in Sternerestaurants geprägt. Nur ein Stellenwert bleibt unverändert: Der des anderen Geschlechts; weshalb der Autor  den Lebensweg des Johannes Schönbach mit einem gehörigen Schuss Verbalerotik würzt. 

Parallelen der Biographie Schönbachs mit der des Autors sind absolut unübersehbar: Wie die Romanfigur stammt  auch Klonovsky aus der DDR , wie Schönbach war auch er dort – gezwungenermaßen – als Hilfsarbeiter tätig und wie Schönbach kam auch er nach München, wo er u.a.Chef vom Dienst bei Focus war. Und wer trotzdem zweifelt, dem sei gesagt – und damit schließt sich der Kreis zum o.a. Buch „Radfahren“ -  dass wie Klonovsky so auch Schönbach zum Amateurrennradfahrer avanciert und sich u.a. nach Alpe d’Huez hinaufquält.  Auch dieses gemeinsame Hobby, das von Schönbach, Klonovsky und des Rezensenten, lassen Letzteren zu dem Urteil kommen, dass „Land der Wunder“ ein  besonders empfehlenswertes Buch ist! Klonovskys Sätze sind oft lang, hintergründig und tiefsinnig und meist genial formuliert. Ein Beispiel: Klonovsky schreibt nicht "Er zweifelte nicht an seiner sozialistischen Einstellung" ; Klonovsky schreibt: "Des Zweifels Blässe kränkelte seinen Sozialistenschädel nicht an." (Seite 49). Und auch seine Vorliebe für recht ausgefallene Fremdwörter (" seine anagogische Höhle" ; "Mit diesem Kompendium sublimster Torturen ... " ;  "Megärisch streckte sie die Hand ... aus " ; " sie arbeitete in subalterner Rolle ... "  ;   " ... wandte sich ... an den fülligen Häresiarchen" ; "trübten ... Tränensäcke den chevaleresken Gesamteindruck" usw.) unterscheiden den Roman auffallend von ansonsten vergleichbarer Gegenwartsliteratur leichterer Kost und sollten keinesfalls von der Lektüre abschrecken - ganz im Gegenteil. Daher lautet meine Bewertung "sehr lesenswert". 

Hier ebenfalls rezensiert sind - neben "Land der Wunder" - auch das o.a. Buch "Radfahren" und  "Lebenswerte" und "Der Ramses-Code".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung
Taschenbuch  
ISBN-13:  978-3-499-24549-7 ; 249 Seiten ; Verlag: rororo

Rezensionsdatum: 31.12.15

Klar war es "Die Vermessung der Welt" und nicht zuletzt die sich etwas ähnelnden Bucheinbände, die mich dazu verleiteten von Daniel Kehlmann auch dessen sehr viel früher entstandenen Roman "Beerholms Vorstellung" zu lesen.
Der junge Beerholm  wird nach seiner Geburt (seine Eltern hat er nie gekannt und zumindest seinen Vater wollte er auch nie kennenlernen) von  Pflegeeltern aufgezogen. Prägendstes
Erlebnis seiner Kindheit ist ein  Blitz, von dem seine Adoptivmutter Ella Beerholm, die er Mama nannte,   erschlagen wird. In der Jugend, in einem Schweizer Nobel-Internat, wird er zufällig von einem Mitschüler mit einem Kartenspielertrick konfrontiert. Das ist DAS Ereignis schlechthin; es wird sein gesamtes Leben prägen. Ein Leben, das - nachdem es lange von der Mathematik -  bis zum Schluss von der Magie bestimmt sein wird; hieran können auch eine Unterbrechung in Form eines Theologiestudiums, das ihn immerhin bis zu den niederen Weihen eines Priesters führte und eine Zeit, in der sich der Erzähler zu Exerzitien in einem Kloster aufhielt, nichts ändern. Vielmehr hat diese Zeit und damit die Religion wohl gar den Ausschlag dafür gegeben,  zu erkennen, dass er ohne Zauberei nicht sein kann. Aber Zauberei allein reicht ihm  nicht aus. Als er längst schon ein weltweit angesehener Zauberer ist, lässt ihn das weiter unzufrieden sein. Er will mehr: Beerholm  will Magier werden, jenseits von Tricks und Täuschung, die ein Nur-Zauberer braucht. Und als er es schließlich ist, zu sein scheint, wirklich oder im Traum, wer weiß das schon, der Leser ebenso wenig wie Beerholm, ist er nicht nur weiter unzufrieden, da wird er wahnsinnig und steuert auf sein tragisches Ende.
Beeindruckend ist in erster Linie natürlich wie das Buch geschrieben ist;  wie geschickt der Autor Mathematik, Religion und Magie miteinander verknüpft. Zuweilen hatte ich den Eindruck,  der Erzähler spricht mich, den Leser, mit Du an, bis sich herausstellt, dass er seine Worte an die von ihm magisch erschaffene imaginäre Sie, an Nimue,  richtet. An die 
Hüterin des Sees, aus welchem Artus das Schwert Excalibur erhielt, an die Ziehmutter  und die Lehrerin oder Geliebte des Zauberers Merlin. Spätestens dann war es Kehlmann gelungen, mich in seine Perspektive bzw. in die seines  Protagonisten und dessen Geschichten zu versetzen. Nicht weniger beeindruckend wie es geschrieben ist, ist  wann Daniel Kehlmann es geschrieben hat:  nämlich als er gerade mal 22 Jahre alt war. Kehlmann war schon damals Magier: Magier der Sprache, der Worte, der Bilder, der Träume. Und er hat damals den Grundstein dafür gelegt, dass man ihn heute mit Gabriel Garcia Marquez in einem Atemzug nennt.  Sehr beeindruckend.
Eine  fesselnde Geschichte, die ich jedem, der auf der Suche nach zeitgenössischer und dennoch interessanter, hochwertiger Literatur ist, als "sehr lesenwert" empfehlen möchte.  
Von Daniel Kehlmann sind hier auch rezensiert: Tyll , Ruhm,  Die Vermessung der Welt 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Hanni  Münzer Solange es Schmetterlinge gibt.
 

Als E-Book gelesen ; ASIN B016UV08GI (amazonspezifische Produktinformationsnummer)
Taschenbuch:  
ISBN-13 978-1519110992 ; 422 Seiten ; Verlag: Create Space Independent Publishing Platform

Rezensionsdatum: 23.12.15

Das Buch hat bei Weitem nicht das Niveau von Honigtot.   

Ein Eintopf kann ja durchaus hervorragend gut sein; solange wir uns im kulinarischen Bereich bewegen; begeben wir uns hingegen in den literarischen, so geht das Schnippeln in viele kleine Stückchen und das Rühren und Vermischen nicht gut. 

Angeblich - so die Autorin im Vorwort -  soll das Buch eine Brücke schlagen von der ausgezeichneten Familiensaga "Honigtot zu deren geplanter Fortsetzung "Marlene" (angekündigt für Sept. 2016). Ich erkenne aber keine  überleitenden Gedanken, die dem Bild einer Brücke entsprächen. Dass sich für den Leser und die verschrobenen Grundschullehrerin Penelope sehr spät herausstellt, dass Marlene eine frühere Freundin der skurrilen, hobbyphilosophischen, hobbypsychotherapeutischen, kiffenden Hausbewohnerin Trudi  war, reicht mir als Brücke nun wirklich nicht aus.
Ich frage mich, um meinerseits ein Brücke
von der Literatur zur Malerei zu schlagen, wären Paul Cezanne, Claude Monet, George Braque, Edward Hopper, Pablo Picasso und viele andere die großen Künstler geworden, die sie wurden, hätten Sie ihre Skizzenbücher und Notizen statt ihrer Gemälde veröffentlicht. Zurück zur Literatur: Wäre "Der Zauberberg" ein solches geniales Werk geworden, hätte Thomas Mann, alles was ihm beim Schreiben grad so einfiel, irgendwie und irgendwo reingequetscht?
Ich verstehe Hanni Münzer insoweit nicht: warum den gewonnenen Leser, ja Fan, nach Honigtot nicht mit freudiger Erwartung auf "Marlene" warten lassen, statt ihn mit diesem in weiten Teilen
klischeeüberladenen Gedankensammelsurium zu vergraulen und den Eindruck zu vermitteln, die Luft sei bei ihr  raus. Es ist wirklich schade, zu erfahren, wie in diesem  Buch  Banalitäten und Unglaubwürdiges langweilig aneinandergereiht und Puzzlesteine, die nicht zueinander - ja mehr noch, die nicht ins Bild - passen, mit Gewalt in dieses hineingedrückt werden (So sind das SGB II undHartz IV ein solches nicht ins Bild passende Puzzleteil, auf dem eine Türkin vom allwissenden, gutaussehenden, promovierten, durchtrainierten Kriminologen und Hobbypsychologen Jason an das "Jobcenter, sprich ARGE" verwiesen wird und so ist die Argonautensage ein anderes, wenn Jason als Namensvetter von Iason bezeichnet wird und er ganz sicher auch, um das goldene Vlies zu stehlen als Einziger die gefährliche Brandung der Plankten überwunden hätte. Das sind nur 2 von vielen Beispielen).
Ich habe durchgehalten, aber es hat sich mir bis zum Schluss  nicht erschlossen, was Hanni Münzer uns mit dieser Story und diesen Schnipseln denn nun wirklich nahe bringen wollte.  Sie riskiert ihren Ruf und gerät stattdessen in den Verdacht eine von vielen  Wald-und-Wiesen-Schreiberlingen  zu sein; das hat sie nicht verdient!
Nur deshalb vermeide ich die in meiner persönlichen Skala negativste Bewertung "Zeitverschwendung" und entschließe mich zu "Es gibt Besseres".  Ob das reicht, im Herbst 2016 "Marlene" zu lesen? Schaun mer mal. 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Cay Rademacher Mörderischer Mistral    

Verlag: Du Mont, erschienen: Mrz. 2015,  272 Seiten

Rezensionsdatum:  10.12.2015 

Verlag: Goldmann -Taschenbuch ;  Seitenzahl: 355 ;  ISBN 978-3-8321-6316-7 
 

Leider nicht so schön, nicht so stimmungsvoll wie der Bucheinband das verspricht. Die Story etwas "abgelutscht" und sie bedient - ebenso wie die Charaktere - auch  wirklich jedes  Klischee. Echtes Provence-Gefühl im Sinne von "Da will ich bald wieder hin", wie das bei Peter Mayle z.B. durchaus der Fall ist, kam bei mir beim Lesen nicht auf. Ebenfalls vermisste ich einen Spannungsbogen. Am meisten störte mich aber die Sprache. Rademacher hält es wahrscheinlich für eingängig und blumig,  nahezu jedem Substantiv ein Adjektiv voranzustellen, immer wieder Vergleiche einzubauen  und dabei Sätze zu produzieren, wie den auf Seite 57 (nur ein Beispiel): "Über dem halbrunden Portal wölbte sich ein Giebel, dessen zwei Glocken wie ein Scherenschnitt vor dem Himmel standen. Eine helle Madonnenstatue segnete von einer Nische der Seitenwand die leere Luft und verschwendete ihr gütiges Lächeln auf eine Fliege, die träge Runde brummte."  (Wow!) Ich verschwendete beim Lesen eher meine Zeit als mein gütiges Lächeln, mir tat die Fliege leid, weil sie im Gegensatz zur Luft nicht mit einem Adjektiv bedacht wurde;  und wenn bei mir was brummte, war es mein Schädel beim Lesen solcher Konstrukte. Sie sind nicht überzeugt? Ok, dann noch ein Zitat von S. 180: "Neben der Route departementale erhob sich in trotziger Würde die Ruine eines einst prachtvoll Bauernhauses. Die gelben Steinwände waren vom wilden Wein überwuchert, durch die geschwärzten, zersplitterten Balken des Dachstuhls zwängten sich die Äste einer Eiche, wie die Finger eines Gefangenen im Kerker". Wenn es ein Manko des Rezensenten sein sollte, dass er beim Anblick von Ästen noch nie an die Finger eines Gefangenen im Kerker gedacht hat, dann kann dieser (der Rezensent, vlt. nicht der Gefangene) ganz gut damit leben.  Der avisierte Band II zu dieser Reihe um den Korruptionsermittler Roger Blanc wird keines der nächsten Bücher sein, die ich lesen werde!  Vom Band I schau ich mir allenfalls gelegentlich den Einband noch mal an, auf dem sich tiefviolette Lavendelbüsche in geometrischer Ordnung an einen sanften Hügel schmiegen  und geradewegs auf einen knorrigen Baum am nahe Horizont zulaufen, der der Hitze trotzt und  hinter dem sich ein blaues Firmanent erhebt, das nur durch ganz leichte Wölkchen weiter oben eine etwas dunklere Färbung erhält. Sorry, Herr Rademacher, das war frech.

Für Literaturinteressierte ein Muss
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 Ingeborg Seltmann  Horst allein zu Haus    

Verlag: rororo, erschienen: Sept.  2015 ,  384Seiten
ISBN: 978 3 499 26953 0 

 
Rezensionsdatum: 25.11.15

Der erste Band "Mehr Zeit mit Horst" machte einfach Lust auf den Zweiten "Horst allein zu Haus". Und ich kann sagen: die Erwartung wurde erfüllt. Natürlich gibt es den einen oder anderen Rückgriff auf "Mehr Zeit mit Horst", aber das ist normal, denn schließlich soll ja auch der Leser, der nur den neuen Band zur Hand hat, in die Story reinfinden. Es ist jedenfalls nicht so (was sonst bei Folgebänden häufig zu kritisieren ist), dass Gedankengut, das nicht gut genug war, in den ersten Band einzufliesen und - nach dessen Erfolg -  in der Annahme, für einen zweiten Band wird es schon noch gut genug sein, nun wieder aus dem Papierkorb gekramt wurde; nein, da ist auch ganz viel neuer Esprit bei der Autorin entstanden und eingefossen. 
Die Story beider Bücher ist eigentlich schnell erzählt: Lehrer Horst König geht in den Ruhestand, will diesen gemeinsam mit seiner Frau Gaby verbringen, die aber - trotz ihres miesen Chefs - ihren Job in der Filiale einer großen Buchhandelskette noch nicht aufgeben will bzw. kann und somit zwischen ihrer Famile, zu der neben Horst ihre 3 Kinder, nun auch ein Enkelkind und im weiteren Sinne die  Partner(innen) der Kinder und ein Schwiegerelternpaar gehören, und sich selbst  hin- und hergerissen ist. Das zwischendrin noch ein ihr nachstellender Liebhaber früherer Jahre aufkreuzt, trägt nicht gerade zu Gabys Seelenheil bei. 
"Horst allein zu Haus" ist  - wie der Vorgängerband -  witzig ohne Klamauk zu sein und sehr kurzweilig zu lesen; die Story ist lebensnah und realistisch  (schreib' ich das, weil ich mich in ähnlicher Lebenslage befinde?).  Nicht verschönernd schildert Ingeborg Seltmann den Fortgang und die Entwicklungen. Dabei gelingt es ihr, dass ich als Mann - obwohl kein ehemaliger Pauker, aber halt in ähnlicher Lebenssituation - mich natürlich in die Rolle Horsts, aber eben  auch in die der Ich-Erzählerin, seiner Frau Gaby, nur allzu gut hineinversetzen und diese nachvollziehen kann. D.h. die Autorin erreicht durchaus beide Geschlechter. Apropos Autorin: Ingeborg Seltmann ist Ines Schäfer. Ergo: Ich muss unbedingt auch mal was von Ines Schäfer lesen. Meine Bewertung für "Horst allein zu Haus" und "Mehr Zeit mit Horst"  liegen im obersten Bereich der hier gewählten Kategorie; und sind nur deshalb nicht noch höher angesiedelt, weil die grobe 5er-Skala ja auch noch Raum lassen muss, für z.B. "Die Buddenbrooks" oder "Der Zauberberg". Und wenn jemand dafür Verständnis hat, dann ist es:  Gaby König !

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Zeitverschwendung


 

 

 


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 Ingeborg Seltmann  Mehr Zeit mit Horst    

Verlag: rororo , erschienen: April 2014 ,  304Seiten
ISBN 13: 978- 3- 499- 23224- 4
 

Rezensionsdatum: 11.11.15

Amüsant und witzig ist dieses Buch, wobei das auf keinen Fall mit billigem Klaumauk gleichgesetzt werden darf. Sympathisch: die Hauptdarstellerin Gaby König (Buchhändlerin, bald sechzig, 3-fache Mutter und bald Oma); lebensnah: die Story (Gaby leidet unter ihrem Filialleiter, der leidet unter der Zentrale);  nachvollziehbar: der Horst (ausgestattet mit deutlich weniger Empathie als seine Gaby) wechselt in den Ruhestand und will den gemeinsam mit seiner Gaby genießen; begnadet: die Autorin; macht Lust auf mehr: das Ende (Gaby wird 60 und Horst ist im Ruhestand). Eine Fortsetzung,  die ich ganz bestimmt auch lesen werde: "Horst allein zu Haus". 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Lilli Gruber  Das Erbe    

Verlag: Droemer-Knaur, erschienen am  01.08.2013, 344 Seiten
ISBN: 978-3-426-27621-1
  Format: Von mir als e-Book gelesen ;

Rezensionsdatum: 18.10.15

Anlässlich eines bevorstehenden Südtirolaufenthalts war ich auf der Suche nach Literatur über dieses wunderschöne und - wie ich dann eingängig erfuhr - auch so geschichtsträchtige - Stück Erde. So wie das Land jenseits des Brenner, so sollte das Buch  jenseits der üblichen Bildbände und Wanderführer (weil ich davon schon eine ganze Reihe im Regal stehen habe) liegen. Dabei stieß ich auf "Das Erbe" von Lilli Gruber. Mit zunehmender Begeisterung über den Erzählstil und für die Familie, die den Mittelpunkt der Handlung darstellt und aus den unmittelbaren Vorfahren der Autorin besteht, wollte ich auch mehr über die Schriftstellerin wissen. Erst dann erfuhr ich, dass Dietlinde (so ihr richtiger Vorname) Gruber zum Einen eine in Italien und darüber hinaus sehr bekannte Journalistin, Fernsehmoderatorin und Auslandskorrespondentin und zum anderen erfolgreiche (bei den Wahlen zum Europäischen Parlament konnte sie in der italienischen Hauptstadt Rom das Duell ihrer Partei, des Linksbündnisses L’Ulivo, gegen Berlusconis Forza Italia klar für sich entscheiden) Europapolikterin ist. Sehr gute Grundvoraussetzung dafür bringt sie mit; zu nennen sind  zum Einen ihre Vita  (geboren 1957 in Bozen, Muttersprache deutsch, perfekt viersprachig, Literaturstudium in Venedig, verheiratet mit einem in Paris lebenden Franzosen und selbst wohnhaft in Rom und Brüssel)  und nach meinem Eindruck zum Zweiten die Gene ihrer Urgroßmutter Rosa sowie deren Töchter incl. der Großtante Hella, zwei der Hauptdarstellerinnen des Buches. Sehr nachvollziehbar schildert Lilli Gruber deren Schicksal, den italienischen Faschismus zum Einen, den deutschen Nationalsozialismus zum Anderen, die Unterschiede zwischen Beiden, die Zerrissenheit der Südtiroler, deren Orte  auf Druck "der Welschen" von Brixen zu Bressanone, von Kurtatsch zu Cortaccia und die selbst gar auf behördliche Anordnung von Hella zu Elena, von Jakob zu Giacomo  wurden, was schließlich in der von Hitler und Mussolini aufgezwungenen Option gipfelte. Das alles erzählt Lilli Gruber und unterstreicht es durch Hinzuziehen von Originaldokumenten wie Rosas Tagebuch, zahlreichen Briefen der Familenmitglieder und schriftlicher Darlegungen Anderer. Sehr schön abgerundet wird das Buch durch eine Ahnentafel und Originalfotos der Familienmitglieder.  "Das Erbe"  animiert zum Lesen auch von "Der Sturm" (erschienen im September 2015). 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Wilfried de Jong  Ein Mann und sein Rad    

 
  als e-Book gelesen ;

Rezensionsdatum: 20.09.15

Ein beeindruckendes Buch!  Man muss nicht unbedingt eine Campagnola  am Geräusch erkennen, man muss nicht unbedingt seinen Rädern Vornamen geben, man muss nicht mal  unbedingt ein Rennradfahrer sein, um es gut zu finden. Wenn man aber passionierter Radfahrer ist, kann man es nur super finden. In zwanzig mitnehmenden Geschichten bringt uns der Autor den jeweiligen "Darsteller" sehr nah. Manchmal (nur) zum Schmunzeln; meist aber dürften dem Leser die Stories und das Erlebte/das Geschilderte so richtig nah gehen. Der infolge des Afghanistankrieges beinamputierte amerikanische Fahrer in "Hotel neuf" oder der italienische Motorradfahrer in "Kurve" sind nur 2 Beispiele. Wegen der gelungenen Komposition, der (ähnlich wie bei Michael Klonovsky in Radfahren) eine gehörige Prise (Radfahrer-)Philosopie beigemischt ist, lautet meine Bewertung " Für Literaturinteressierte ein Muss" (und das findet sich nicht so oft auf dieser Website)

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Iris Alanyali Die blaue Reise    

  Verlag rororo ISBN13: 978-3-499-62134-5 ;
 256 Seiten ;

Rezensionsdatum: 07.07.15

Wer glaubt, dass viel passiert in dem Buch von Iris Alanyali wird dann enttäuscht sein, wenn er Action und Spannung erwartet; hingegen hoch zufrieden sein, wenn er unter "passiert" versteht, dass die Autorin nahezu ihr gesamtes bisheriges  Leben in sympathischer und humorvoller Art und Weise erzählerisch vorüberziehen lässt. Wenn sich Erinnerungen und Anekdoten - so unbedeutend jede einzelne für sich genommen auch sein mag - so zu einem Gesamtbild , zu einer Biographie, zusammenfügen, wenn  das Wechselspiel zweier Kulturen so gekonnt und abwechslungsreich beschrieben wird, dass der Leser am Schluss  nicht nur ihre Familie und Freunde , incl. deren Ansichten, Gewohnheiten und Traditionen, kennt, sondern auch viel über die Türkei gelernt und  über eine mustergültige Integration erfahren hat. Wenn das auch eines der Ziele war, die die Autorin beabsichtigte, dann hat sie dieses Ziel ebenso  vorbildlich erreicht, wie ihr persönliches (eine Unterstellung des Rezensenten), das Beste zweier Welten für sich selbst zu erkennen, mitzunehmen und zu genießen (wenn ich lese, dass sie zwischenzeitlich in den USA lebt, fügt sie den 2 Welten möglicherweise damit eine Dritte hinzu).

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Zeitverschwendung

 

 

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Frank Schätzing:  Breaking News    

  Verlag Kiepenheuer und Witsch ISBN 13: 978-3-462-04527-7 ;
 965 Seiten ;

Rezens
ionsdatum: 04.07.15

Nach "Der Schwarm" wieder ein opulentes Werk von Frank Schätzing, in dem Realität - nach tiefgreifender Recherche - und Fiktion - mit viel schriftstellerischer Phantasie - gekonnt verwoben werden. Nicht immer leicht zu lesen; wegen mehrerer Handlungsstränge und vielen Zeitsprüngen, die vier Generationen umfassen. Nicht einzuordnen, ob Roman, Actionthriller, Krimi, Familiensaga, Geschichts -  oder Sachbuch; eben von allem etwas und vor allem sehr gekonnt miteinander verflochten. Abgehackte Sprache im Krimi, Telegrammstil im Actionthriller, authentisch im Bezug auf das Reale, unterhaltsam was die Schilderung der Charaktere und Familienmitglieder betrifft.. Hilfreich und lehrreich zum Verstehen der Geschichte Israels, zum Verstehen der Konflikte zwischen Israel und seiner Nachbarn zum Einen sowie im Innern zum Anderen. Ein Buch das dafür sorgte, dass ich ein völlig neues Verständnis erhielt von Israel, von seiner Siedlungspolitik, von Likud, PLO, Hamas, Intifada, Gaza, Tel Aviv, Jerusalem, Hisbollah, Ariel Sharon, Mahmmut Abbas , Jom Kippur Krieg , ja gar vom Judentum insgesamt.  

Lesen Sie neben "Breaking News" auch "Der Schwarm" und sehen Sie auch die Rezension zu  "Lautlos".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 

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Michel Houllebecq

Unterwerfung 

Erscheinungsdatum:   ;  Rezensionsdatum: 30.03.15

Verlag: Dümont  ;  Format: Taschenbuch ;  Seitenzahl: 272  ;  ISBN 978 3 832 19795 7 ; 


Auf Zehenspitzen kommt sie daher, die Islamisierung, wie Michel Houllebecq sie beschreibt. Keine Revolution, nicht der ganz große Terror, schon gar kein Krieg; nein, schleichend und ohne flächendeckend  sichtbar den Boden der Demokratie verlassend,  somit ohne staatliche Gegensteuerung. Freiwillig unterwirft sich Frankreich und - wie am Rande erwähnt - unterwerfen sich auch andere westliche europäische Staaten. Hätte man das Buch vor Jahren noch als Science fiction eingestuft und eine solche Entwicklung als unvorstellbar eingestuft, so ist vieles des Beschriebenen heute – wenngleich noch immer Fiktion, denn schließlich spielt die Handlung in 2022 - doch  so nah ; und wäre auch in Deutschland - wo partiell ( wie jüngst über eine Grundschule in Neu-Ulm berichtet)   "Du Christ" als Schimpfwort gilt,  und wo ein Karnevalsumzug in Braunschweig wegen islamistischer Terrorgefahr verboten  wird,  gar nicht mehr so ganz und gar unwahrscheinlich wie vor wenigen Jahrzehnten. Hat man solche Veränderungen (also Unterwerfung statt Auflehnung)  der Gesellschaft und  der sie ausmachenden Individuen, der sie prägenden Presse (Stichwort: kollektives Schweigen)  nicht schon schon sehr oft erlebt? Ja, man hat!  Ob die mehrfach zwischengestreuten Ausflüge ins Pornographische sein müssen, da kann man sicher geteilter Meinung sein (Aber das sei – habe ich mir sagen lassen – typisch für das enfant terrible Houllebecq). Verzichtbar wäre es auf jeden Fall, dass er die männliche Hauptperson François neben deren Berichte über ihre Aktivitäten in diesem Bereich und Empfindungen in diesen Körperregionen auch noch über die zu anderen Anlässen empfundenen Schmerzen in den Zehen berichtet lässt, wo man sich denn nun wirklich fragen muss, ob des Lesers Interessen damit getroffen werden. Letzlich sind  solche Passagen ursächlich dafür, dass ich mich nicht in ein "Je suis Houllebecqu"  hineinsteigern kann und will und die mich hindern, das  Buch mit einer über "lohnt sich" bis "lesenswert" noch hinausgehenden Gesamtbewertung zu versehen.
Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

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John Williams:  Stoner    


 Verlag: dtv, (2. Auflage, 2015)  ; ISBN13: 978-3-423-14395-0
Rezensionsdatum: 26.02.15
Mir scheint, es gibt nur Stoner-Fans und Stoner-Hasser. Ich begebe mich mir aufgrund des folgenden, ambivalenten Nebeneinander von gegensätzlichen Gefühlen und Gedanken in die große Nische dazwischen:
Bewerte ich Sprache und Schreibweise, zweifelsfrei ein grandioses Buch, ein literarisches Meisterwerk. Kleiner Belege hierfür gefällig? Zitat „Als William Stoner sehr jung war, hatte er die Liebe für einen vollkommenen Seinszustand gehalten, zu dem Zugang fand, wer Glück hatte. Als er erwachsen wurde, sagte er sich, die Liebe sei der Himmel einer falschen Religion, dem man mit belustigter Ungläubigkeit, vage vertrauter Verachtung und verlegener Sehnsucht entgegen sehen sollte.“  Ein Satz über den man schon mal ein Stündchen nachdenken kann bzw. muss). Oder wissen Sie – vorausgesetzt, Sie wissen was eine falsche Religion ist – was eine verlegene Sehnsucht ist?
Bewerte ich aber den Romaninhalt, so wirkt dieser ausgesprochen deprimierend. Eine Hommage an das Leben – wie ich in einer Rezension las – vermag ich keinesfalls darin zu sehen. Vielmehr schraubt die durchdringende Trostlosigkeit dieser Geschichte, die noch dunkler als das Cover des Buches daherkommt,  die  Motivation zum Weiterlessen immer mehr herunter, bis man sich dann doch dazu zwingt. So als wolle man Stoner nicht auch das noch antun, seine Geschichte nicht mit ihm bis zum Ende durchzustehen.
Diese schizophrene Wahrnehmung mag eine Hassliebe  aufkommen lassen, einerseits das Buch nicht zur Seite  legen zu wollen und andererseits sich mit fortschreitendem Verlauf mehr und mehr  - statt dem vorliegenden - nach einem „Gute Laune-Buch“ zu sehnen, weil  man glaubt,  sich diese unendliche, graue Traurigkeit einfach nicht länger antun zu müssen  (Erklärt letzteres möglicherweise warum das Buch bei seinem Erscheinen in den 60er Jahren kein Erfolg war? Wenn ja, warum ist es dann ein solcher im Jahr 2015?).
Mein Urteil, meine Bewertung muss daher leider irgendwo zwischen „Zeitverschwendung“ und „Für Literaturinteressierte ein Muss“ liegen, auch wenn ich damit mit einem Fuß im Eiswasser und mit dem anderen im kochenden Wasser stehe und dabei glaube, im Schnitt im wohltemperiertem Wasser zu stehen. Daher „lohnt sich“.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 


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Gregor Sieböck:  Der Weltenwanderer    


 Verlag Piper; Reihe: Malik National Geographic, (5. Auflage, Mai 2013)
  • ISBN-103-492-40418-9 ;  ISBN-139783492404181
Rezensionsdatum: 06.02.15
Ohne jeden Zweifel hat Gregor Sieböck Phantastisches geleistet! Schon die Idee, von Österreich nach Japan zu wandern, war phantastisch; dann auch noch nach Westen statt nach Osten zu gehen umso phantastischer. Und dann die Tagesetappen: Marathondistanzen! Zumeist auf unwegsamen Gelände, zum Teil auf gefährlichem Terrain, häufig einsam. Hierfür hat er hohe Anerkennung verdient. Anerkennung auch seinen Einstelllungen zu Umwelt und Natur und ohne jeden Zweifel hat er recht, wenn er Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung anprangert und die Notwendigkeit einer ökologischen Wende herausstellt, mehr Nachhaltigkeit usw. fordert. Aber muss er es in einem Reisebericht so predigen, muss er so missionarisch daherkommen und muss er es so tun, wie er es tut, nämlich so – sorry - penetrant. Man fragt sich oft: „Wann schreibt er endlich mal wieder was übers Reisen, über die Länder und die Menschen, über Flora und Fauna, über seine Erlebnisse und überlässt dem Leser das weitere Denken?“. In der ersten Hälfte des Buches wird er einer solchen – von Buchtitel und –cover geprägten – Erwartungshaltung durchaus noch gerecht; gegen Ende immer weniger und das Missionarische und gar das Esoterische treten immer mehr in den Vordergrund. Der Autor strapaziert und enttäuscht den Leser, der Reiseliteratur lesen will, damit; dessen Interessenlage wird fast mit jeder Seite weniger getroffen. Mit fortschreitendem Verlauf wird Sieböck in seinem Buchtext zudem immer etwas sprunghafter; die Reiseroute wird weniger gut nachvollziehbar. Dennoch: es lohnt sich, dieses  Buch zu lesen. Aber was den Schreib- und Erzählstil angeht, gibt es bessere: zum Beispiel das von Elena Erat und Peter Materne, die in „Radabentuer Welt“ ihre Reise mit den Mountainbikes durch 28 Länder beschreiben.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 


 

 

 

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Elena Erat u. Peter Materne Radabenteuer Welt    

Als E-Book gelesen.   
In Druckform erschienen 1998 bei Der Neue! Verlag, Delmenhorst und  
in 2 Bänden in der Sierra-Taschenburch-Reihe (3. Auflage 2007)


Rezensionsdatum: 11.01.15

Der Bericht über die Radreise, die die beiden Autoren in 2 1/4 Jahren auf 45.000 Radkilometern durch 28 Länder in der ganzen Welt führt, ist ein  ganz besonderer Reisebericht und ein außerordentlich lesenswerter Reisebericht.  Ich kann ihn  uneingeschränkt empfehlen. Sehr  plastisch, eindrucksvoll und lebhaft erzählen die beiden Autoren in diesem E-Book abwechselnd in schönem Schreibstil ihre Erlebnisse auf dieser ihrer Tour, für die ihnen hohe Anerkennung zu zollen ist. Sowohl die Strapazen und Widrigkeiten, von nahezu alltäglich platten Reifen und  gefühlt stets herrschendem Gegenwind über Hundeattacken bis zu  richtig lebensbedrohlichen Situationen als auch die vielen schönen Erlebnisse und Begegnungen finden ihren jeweils angemessenen Platz auf den über 800 Seiten. Was das Paar alles erlebt hat, ist mehr als eindrucksvoll. Die Schilderungen beschränken sich aber gar nicht mal auf  "nur" Erlebtes: sie werden angereichert durch viele Hintergrundinfos aus Geschichte und Kultur, über Bräuche und Sehenswürdigkeiten sowie eine Reihe Fotos.  Zudem ist bemerkenswert: Beim Lesen des Buches im Jahr 2015 will man zuweilen kaum glauben , dass die Reise rund 20 Jahre zurückliegt; so aktuell sind noch viele Zustände, Namen und Schilderungen, z.B. wenn es um Umweltschutz geht, um nur einen Aspekt herauszugreifen. Sehr tragisch, dass Peter Materne im Alter von nur  49 Jahren infolge eines Herzinfarkts sterben musste.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 

 


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Hanni  Münzer Honigtot 
  

Seiten: als E-Book gelesen ;
ASIN: B00HSE9QDS ;

Rezensionsdatum: 11.05.14

 Noch selten habe ich eine eingängigere, plastischere Schilderung der Grausamkeiten der Nazi-Diktatur, der Leiden der Bevölkerung während des Krieges und schon davor und der Scheuslichkeit des Holocausts in Romanform gelesen. Hätte ich eine ordentlich nach Genren sortierte Buchsammlung oder gar -handlung, ich wüsste nicht, in welches Regal ich das Werk von Hanni Münzer einsortieren sollte: Historienroman, Liebesroman, Bestseller, Thriller, Frauenliteratur, Geschichte, gar die Erotikabteilung oder das Horrorregal  kämen in Betracht.  Wahrscheinlich bekäme es einen Top-Platz auf allen Regalen, weil es so viele Aspekte erfasst , abdeckt und unter  die Haut gehend beschreibt . Der Preis von 3,99 € als E-Book erklärt sich mir nicht. Hier gilt keinesfalls "Was nix kostet, ist nix". Der 4 Generationen umfassende Roman mit Deborah und Marlene in den Hauptrollen hat es wahrlich in sich und ich kann ihn nur empfehlen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 

 

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Manfred  Poser
  
 Radsport furios
   (als E-Book gelesen);
veröffentlicht: 12.02.13 , hier rezensiert: 10.5.14
ISBN-10: 3-944257-11-1 ;    EAN: 9783944257112  

Das 2013 erschiene Buch ist die Neuauflage des 2006 aufgelegten „Radsport kurios“. Leider beinhaltet meine E-Book-Variante von „Radsport furios“ ein paar grammatikalische Fehler. Nicht nur deshalb will ich hier nicht so weit gehen und  mit „Für Literaturinteressierte ein Muss“ bewerten, weshalb ich hier den Zeigefinger nicht ganz links einordne,  aber das Buch ist auf jeden Fall für Radsportinteressierte ein Muss. In nicht weniger als 22 Kapitel widmet sich Manfred Poser nahezu jeder Disziplin, jeder Anekdote, jedem Aspekt des Radsports. Vieles hat man schon mal gehört; Poser greift es auf,  reiht es historisch und regional richtig ein. So wie schon das Jahrzehnte umspannenden Titelbild, so das ganz Buch. Wohltuend auch sein Umgang mit dem leidigen Dopingthema: er schweigt es nicht tot; es prägt aber auch zum Glück nicht das Buch, so wie das speziell in deutschen Medien permanent der Fall ist,  wenn es um Radsport geht. Ein umfassendes Quellenverzeichnis listet  weitere Literatur über das Radfahren auf und rundet so das Buch ab.

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte 
ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

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Jonas  Jonasson
  
 Die Analpabetin, die rechnen konnte
  448 Seiten (als E-Book gelesen);
veröffentlicht: 15.11.13 , hier rezensiert: 9.5.14

ISBN-10: 3-641-08308-7;  ISBN-13:9783570585122;  EAN: 9783641083083    

Da Jonas Jonasson sein vorausgegangenes Erfolgswerk nicht nur mit einem Relativsatz betitelte, was schon für sich allein ungewöhnlich genug war, sondern diesem mit dem Hinweis auf das Verschwinden des Hauptakteurs gar noch einen Zusatz anfügte ("Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand"), wäre es nur konsequent gewesen, sein neues Werk "Die Analphabetin, die rechnen konnte und auch sonst noch so allerlei anstellte" (...oder so ähnlich) zu nennen. Nur der Hinweis aufs Rechnen wird Nombekos (so der  Name der weiblichen Hauptperson) Fähigkeiten nämlich bei weitem nicht gerecht. Man muss sich als Leser  auf weit mehr einstellen  und man muss sich einlassen auf den Stil des Autors, dem er sich treu geblieben ist;  dem zwar der rote Faden fehlt , aber bei dem sich wie auf einem Faden Anekdoten in kurzer Folge aneinanderreihen, gewürzt mit Skurrilem und Kuriosem zum Einen und historischen, politischen und technischen Fakten zum Anderen. Und vielleicht liegt der besondere Reiz für den Leser darin, beides zu erkennen und zu unterscheiden. Bringt man die Bereitschaft hierfür auf und die Fähigkeit dazu mit, dann – und nur dann – ist es ein tolles Lesevergnügen. Anderenfalls – und ich muss gestehen, so ging es mir zuweilen – kommt doch - mindestens nachdem Nombeko Südafrika verlassen hat und die beiden Erzählstränge in Schweden zusammenlaufen - das Gefühl auf, jetzt würde es aber allmählich zu kunterbunt und man wünscht sich, das Buch möge enden, bevor es denn allzu absurd wird. Jonas Jonasson hat jüngere Geschichte und Weltpolitik, hat Apartheid, Perestroika, Menschenrechte und Staatsformen und vieles andere ohne Rücksicht auf die Ernsthaftigkeit dieser Themen in diesem Buch in knallbuntes Bonbonpapier gepackt und damit auch so was wie ein modernes und zugleich lehrreiches Märchen geschrieben. Wer nicht wusste, dass sowohl eine Monarchie als auch ein Republik eine Demokratie sein können und wer nicht wusste wieviel Megatonnen Sprengkraft eine Petajoule sind, der erfährt es hier in diesem Buch. Ich bin gespannt auf „Das Pferd, das immer Schnupfen hatte und doch die Welt regierte“ (oder so ähnlich). Allerdings: ein  Verlust an Substanziellem, wie er zwischen dem Hundertjährigen und der Analphabetin durchaus zu erkennen ist, sollte sich nicht wiederholen.

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte 
ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

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Richard  Häusler
  
 Der satirische Kreuzfahrt-Flüsterer 
  Verlag: Books on Demand; 212 Seiten (als E-Book gelesen);
veröffentlicht: 08.05.09

ISBN-10: 3837098168  ; ISBN-13:  978-3837098167
In sehr lockerer Folge  mischt Häusler "echte", eigene Kreuzfahrtreise-Erlebnisse mit Witzchen und Sprüchen. In Ersteres packt er durchaus reale und verwertbare Sach-Informationen über die von ihm sog. Alibi-Schiffe (man muss nur wenige Buchstaben austauschen, um auf den realen Namen zu kommen) sowie deren Anlaufhäfen und -städte (z.B. informative Beschreibungen von Barcelona, Valencia, Tunis, Kairo, Istanbul u.a.m.) ; unter Zweitem findet sich vieles zum Lachen, wobei auch die Region "unter der Gürtellinie" im Grenzbereich zwischen Amüsantem und Zotigem nicht ausgespart wird. Beides in ein Buch zu packen, ist bestimmt nicht jedermanns Geschmack; für das kurzweilige Moment ist damit aber durchaus gesorgt. Wenn man es noch fertig bringt, sich von dem teilweise unfertig wirkenden Zustand  (Grammatik, Rechtschreibung, Wiederholungen) nicht stören zu lassen und wenn man auch die Zeichnungen im Kinderbuchstil noch nachsieht, so finde ich aber die Passagen, die den Weg ins Buch gefunden haben, ohne dass sie einen wirklichen Bezug zu Kreuzfahrten haben oder bei denen der Autor halbherzig versucht hat, einen solchen herzustellen, durchaus störend. So z.B. die nach Sternzeichen differenzierten Typen von Büromitarbeitern. Kompensiert wird dieser Negativeindruck dann mit der Tatsache, dass Häusler die Bucherlöse einem Münchner Kinderheim stiftet. In der Summe als lockere Lektüre an Bord und bei Bereitschaft beim Feinsinnigen ein paar Abstriche zu machen durchaus lohnend. 

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte 
ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

cover_ich_lenke_also_bin_ich

Kai Schächtel:
  
 Ich lenke, also bin ich 
  Verlag: Heyne-Taschenbücher ;  221 Seiten (von mir als E-Book gelesen);
veröffentlicht 8.6.2012.

ISBN-10: 3-453-60183-1  ; ISBN-13: 9783453601833  

Diese drei Vergleiche seien mir hier erlaubt: Wenn Michael Klonovskys Buch "Radfahren" das geistreichste Buch zum Thema ist, ist Kai Schächteles Buch "Ich lenke, also bin ich" das Lustigste. Wenn Michael Klonovskys Buch "Radfahren" das interessanteste Buch zum Thema ist, ist Kai Schächteles Buch "Ich lenke, also bin ich" das kurzweiligste. Wenn Michael Klonovskys Buch "Radfahren" einen Ehrenplatz auf meinem Regal hat (und das hat es), würde ich Kai Schächteles Buch "Ich lenke, also bin ich" direkt neben dran stellen; ... aber wie geht das mit einem E-Book? Aber im Ernst: sehr lesenswert! Für Radfahrer, für Radfahrer wie mich, für überzeugte Radfahrer, wie es im Untertitel steht und denen Schächtetle hier ein ums andere mal aus der tiefsten Radfahrerseele spricht. Sie sind kein überzeugter Radfahrer? Lesen Sie Kai Schächteles Buch "Ich lenke, also bin ich", die Chancen stehen gut, dass Sie einer werden.

meine Bewertung:

Für Radfahrer ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 
 

  

  

 

cover_am_ende_der_eiszeit

Klaus Scherer:
  
 Am Ende der Eiszeit  - Die Arktis im Wandel - 
  Piper-Verlag ;  280 Seiten ; veröffentlicht 12.11.13

ISBN-10: 3-492-05618-0 ; ISBN-13: 9783492056182 

 Text momentan in  Überarbeitung

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

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Herbert  Rosendorfer:   Monolog in schwarz
  dtv- Taschenbuch-Verlag:  ;  223 Seiten ; veröffentlicht 1.1.10

ISBN-10: 3-423-13842-4  ; ISBN-13: 9783423138420 

Wieder ein klassischer Rosendorfer aus dem höchst umfangreichen Werk des mit dem Literaturpreis der Stadt München ausgezeichneten Autors: sehr abwechslungsreich durch verschiedenste Themen, Genres und Zeitbezüge. Wie häufiger in seinem Gesamtwerk mit  autobiographischem Touch zur Juristerei oder zur Kunst und dabei mit kritischer Distanz zu ihrer modernen Ausprägung. Humor, ebenso geistreich wie  schwarz - und damit dem Titel entsprechend. Das Bändchen im gewohnten Zartrosa ist in gleicher Weise sehr lesenswert wie z.B. "Die große Umwendung" sowie "Das selbstfahrende Bett" von Herbert Rosendorfer. Lesen Sie aber auch meine Rezension "Ein Liebhaber ungerader Zahlen" 

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

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Wätzold Plaum:   Die Wiki-Revolution
  Verlag: Rotbuch ;   272 Seiten ;  veröffentl. Feb. 2012

ISBN-10: 3-86789-152-4 ; ISBN-13: 9783867891523  

Wollen Sie wissen, wie man so verschiedene Themen wie "Wikileaks", "Die Entwicklung der realen und der nominalen Lohnstückkosten", "Stuttgart 21", "Die Erfindung des Buchdrucks", "Die Entwicklung des Betriebssystems Unix" u.v.a.m in einem Sachbuch unterbringt? Dann lesen Sie "Wätzold Plaum - Die Wiki-Revolution". Wollen Sie wissen, wie man zwischen so verschiedenen Themen einen roten Faden spannt? Dann lesen Sie " Wätzold Plaum - Die Wiki-Revolution" ein zweites Mal. Was ich damit sagen will ist, dass sich die Message des Autors nicht so schnell , letztlich aber doch erschließt. Ersteres weil sein Buch sehr vielfältig, um nicht zu sagen verworren, schwarzmalerisch beginnt; Zweites, weil  sein roter Faden und seine Vision dann doch deutlich werden. Eines der Kernthemen  ist die Wiki-Republik, die der Autor probagiert, weil seine Kritik an der bestehenden  repräsentativen Demokratie heftig ist und er andererseits aber auch die Nachteile einer direkten Demokratie nicht verkennt. Den Vorwurf, er verharre in der Theorie kann man dem Autor jedenfalls nicht machen, denn er lässt seinen von der Kritik am gesellschaftspolitischen Status quo geprägten kritischen Gedanken im Teil 1 des Buches im Teil 2 sehr praktische Vorschläge folgen, z.B. bis hin dazu, wie ein - den technologischen Fortschritt, sprich die Verbreitung des Internets,  berücksichtigender -  Wahlzettel in seiner Wiki-Republik gestaltet sein könnte.

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

  

  

 

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Reise in die Nacht

Gianrico  Carofiglio:  Reise in die Nacht
  Verlag: Goldmann ;   285 Seiten

ISBN-10: 3-442-31099-7 ; ISBN-13:  9783442310999

Ein Rechtsanwalt im süditalienischen Bari in Apulien, Avvocato Guido  Guerrieri, entfremdet sich von seiner einst geliebten Ehefrau und sie setzt ihn vor die Tür. Soweit eine ganz alltägliche Geschichte. Er erhält dann den Auftrag, einen mittellosen Schwarzafrikaner, Senegalese und  Strandverkäufer gefälschter Markenartikel, zu verteidigen, den die Staatsanwaltschaft des fürchterlichen Verbrechens anklagt, einen kleinen Jungen misshandelt und getötet zu haben. Sodann enthält man beim Lesen des Romans weitgehende Einblicke sowohl in die labile Psyche dieses Anwalts, des Avvocato Guido Guerrieri, und in sein seelisches Tief als auch in die Mechanismen der italienischen Polizei und Justiz. Der Roman, der „ohne Actionszenen“ auskommt, streift in seinem weiteren – eher ruhigen, dennoch nie langweiligen - Verlauf  auch die feindliche Gesinnung von Bewohnern des Stiefels denen des nahen Afrika gegenüber. Im weiteren Fortgang der Geschichte und mit Fortschritt seiner Recherchen überwindet Guido  Guerrieri seine Lebenskrise und der Roman endet mit seinem flammenden Plädoyer vor dem Schwurgericht. Ob er Schöffen und hauptamtliche Richter überzeugt? Lesen Sie „Reise in die Nacht“! 
 

meine Bewertung:

 

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 
 

 

  

   

 

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RitaFalk: Dampfnudelblues
  Verlag: dtv ;   253 Seiten

ISBN-10: 3-423-24850-5  ISBN-13: 9783423248501

Für „Dampfnudelblues“ gilt meine Rezension zu „Winterkartoffelknödel“ in gleicher Weise. Die Autorin ist sich und ihrem Schreibstil treu geblieben. Und das ist gut so. Sie hat sich gar fortentwickelt, indem die Handlung  gegen Schluss nicht mehr so auseinanderläuft und mit Wiederholungen etwas sparsamer umgegangangen wird, als das in Winterkartoffelknödel der Fall war und indem die  Akteure noch an Kontur gewonnen haben. Und das ist selbtstverständlich auch gut so. Und, .. es ist wieder ganz schön was los, sowohl in der Familie Eberhofer als auch  in Niederkaltenkirchen. Leopold ist Vater geworden, die Susi heiraten mag der Eberhofer Franz noch immer nicht, der Dorffußballverein hat einen Angolaner verpflichtet und der Rektor der Realschule ……. Ja, liebe Rezensionsleser, lesen Sie „Dampfnudelblues“ und Sie werden’s dort erfahren, was mit ihm ist. Diese Empfehlung würde ich nicht aussprechen, wäre Band 2 der Autorin Rita Falk - wenn man mal wieder weniger anspruchsvolle, aber abwechslungsreiche Ablenkungslektüre braucht -  nicht empfehlenswert. Und Kochrezepte von der Oma gibt's gewissermaßen noch als Zugabe. Also:  Finger auf "Lohnt sich":  

meine Bewertung:

 

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 
 

 

  

   

 

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Lawrence DurellIn der Provence

  Verlag: insel Taschenbuch;  127 Seiten; 

ISBN-13: 978-3-458-34971-6

 


Aus Anlass eines erneuten Provenceaufenthalts hatte ich mir dieses Bändchen gekauft.  Das Titelbild zeigt – wie so viele Provence-Reisebücher – die Abtei von Senanque mit den obligatorischen (gleichwohl sehr schönen)  Lavendelbüscheln. Der Inhalt unterscheidet sich sodann doch ganz erheblich von konventionellen Reiseführern. So ist das Büchlein denn auch weniger ein Führer, aber doch ein nützlicher Begleiter durch diesen so herrlichen Flecken Erde. In sieben Kapiteln beschreibt der 1990 verstorbene Autor die Städte und ihre Geschichte, die Bewohner und ihre Bräuche. Ein eigenes Kapitel ist dem Stierkampf gewidmet; darin werden u.a. die Unterschiede  zu dem in der spanischen Tradition dargestellt. Ein anderes beschreibt den „unermesslichen Geist Caesars“, für den die „Provinz“ zu seinen Lieblingslandstrichen zählte. Hierin unterstreicht Durrell die Unterschiede zwischen römischen und griechischen Besatzern.

Tiefsinn und Hintergründigkeit sorgen dafür, dass das Buch von L. Durrell nicht immer leichte Kost darstellt: Kein Buch für den schnellen Überblick, für den eiligen Leser, sondern eines auf das man sich einlassen muss, das Muße erfordert. An einer Stelle (Seite 90) schreibt der Autor  „Dieser Bericht ist zwangsläufig parteiisch und individuell anstatt vollständig; er ist ein Versuch, sich mit Atmosphäre und Stimmungen auseinanderzusetzen“. Besser als er es hiermit getan hat, kann ich das Buch nicht beschreiben (weshalb meine Rezension hiermit endet; nicht aber ohne noch hinzuzufügen, dass ihm dieser Versuch durchaus gelungen ist).

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 
 

 

  

 

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Rita Falk: Winterkartoffelknödel

  Verlag: dtv;  233 Seiten

ISBN 10:  3-423-24810-6 ;
ISBN-13: 9783423248105 


"Eigentlich“ wollte ich ja keine Regionalkrimis mehr lesen; nachdem ich zuletzt von  “Rauhnacht“ von Klüpfl und Kobr und deren Allgäu-Kommissar Kluftinger so enttäuscht war. Aber diese beiden Autoren waren ja auch mal sehr viel besser, z.B.mit ihrem Erstlingswerk „ Milchgeld" oder auch noch mit  "Erntedank und haben auch nur deshalb nachgelassen, weil sie glaubten, weniger Gutes reiche für Folgebände allemal. Also, her mit wieder einem Erstlingswerk: Es war „Winterkartoffelknödel“ von Rita Falk, was mir empfohlen wurde und ich war angenehm überrascht. Sucht man lockere, leicht lesbare Ablenkungslektüre, die einem viel Anlass zum Schmunzeln, zuweilen auch herzhaften Lachen bietet, ist man hier fündig geworden. Natürlich keine große Literatur, aber diesen Anspruch hat die Autorin m.E. auch gar nicht. Es sind das Genre, die Provinzpossen, die das Buch ausmachen und es ist die Sprache in kurzen Sätzen, die den Schreibstil prägt. Es ist die Liebe der Autorin zu  Bayern, den dort lebenden Menschen und ihren Einstellungen und  Gebräuchen, die rüberkommt. Obwohl hochdeutsch geschrieben, ist der regionale bayerische Bezug allgegenwärtig. Genauer ist es die Gegend um Landshut und noch genauer der Ort Niederkaltenkirchen. Bitte nicht in google.maps suchen, lieber Rezensionsleser, gibt‘ s nämlich nicht. Aber Rita Falk gibt es eben: und die hat sich eine Familie ausgedacht, die besteht aus dem Erzähler und  Hauptfigur, Franz Eberhofer, dem Polizist von Niederkaltenkirchen, der wegen allzu voreiligen Waffengebrauchs in der Landeshauptstadt des Freistaats aus disziplinarischen Gründen zurück in seine Heimat versetzt wurde, was aber für ihn wohl keine wirkliche Strafe darstellt, und  aus seiner geliebten, schwerhörigen und immer auf Rabattangebote fixierten Oma; dazwischen sein Vater, einer der 68er Generation, der immer (noch) die Beatles hört, Joints raucht und dafür auf seinem Hof Hanf anbaut, was Franz gar nicht tolerieren kann und dann ist da noch der Bruder Leopold, Vaters Liebling, was Franz  gar nicht verstehen kann. Drumherum der Flötzinger, der sog. Heizungspfuscher des Orts,  die Sekretärin in der Gemeindeverwaltung und zugleich Franz‘ G’spusi Susi,  und - für Franz‘ leibliches Wohl ebenfalls besonders wichtig - der Dorfwirt und der Metzger, der Simmerl. Während Franz und die Oma und die anderen Akteure sehr authentisch „rüberkommen“, hab ich mit dem Bild des Vaters (weil eher meine Generation?) und des Bruders (weil der Beruf des Buchhändlers nicht so recht zu dem Charakter passt?) etwas Probleme. Egal, das Buch liest sich – wie gesagt – locker leicht und schnell und man kann sich die bayerische Lebensart und –einstellung nur allzu gut vorstellen. Obwohl die Handlungsstränge gegen Schluss etwas verzwickt werden, die Autorin m.E. allzuviele Wiederholungen - wie die Runde mit dem Ludwig -  eingebaut hat, kriegt dieser Regionalkrimi von mir eine gute Note und  in der Hoffnung, dass die  Autorin noch einige Ideen für ihren zweiten Band „ Dampfnudelblues“ aufgehoben hat, werde ich auch den lesen.   

meine Bewertung:

 

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 
 

 

  

   

 

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Daniel Kehlmann:

Die Vermessung der Welt

  Verlag: rororo ;  381 Seiten

 ISBN-13: 978 3 499 25503 4 

"Eigentlich" wollte ich mir dieses Buch mit dem -  in tradierter Manier gezeichneten - Vulkan auf dem Titel schon lange kaufen, da ich es doch schon so oft auf den Bestsellerlisten sah. Den Ausschlag für den Kauf gab dann ein Aufenthalt in einer großen Berliner Buchhandlung, wo ich es in einer Sonderedition von rororo in kleinformatiger gebundener Form sah. So viel Wissen, Unterhaltung und wertvolle Literatur  -  dass dem so sein wird, ahnte ich bereits -  so kompakt in der Manteltasche zu haben, fast so wie ein Brockhaus auf einem USB-Stick, gab mir ein gutes Gefühl. Ich sollte nicht enttäuscht werden. Daher nun aber zum Inhaltlichen: Daniel Kehlmann beschreibt das Leben des Forschers und Entdeckers Alexander von Humboldt und des Mathematikers Carl Friedrich Gauss  und deren Bekanntschaft, fast schon Freundschaft, sowie ihre Erfolge, aber auch ihre Sehnsüchte, Ängste, charakterliche Schwächen und Launen; damit holt Kehlmann sie vom Sockel, lässt sie vom Denkmal für Genies zu Menschen werden. Während in der ersten Hälfte des Buches Alexander von Humboldts Reise und Abenteuer  in Südamerika (damals Neuspanien, Neubarcelona, Neuandalusien)  im Vordergrund stehen , spielt der zweite Teil insbesondere im preußischen Berlin, wodurch neben Naturwissenschaften auch Geschichtliches aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Roman einfließt. Daniel Kehlmann vermag interessante Dialoge verständlich  zu beschreiben, ohne auch nur einmal die direkte Rede zu verwenden. Insofern ist das Buch nicht nur lehrreich, sondern auch sehr unterhaltsam und auch für jeden der Physik, Astronomie, Mathematik, Geographie und &ndashlogie usw.  nicht zu seinen ersten Interessengebieten zählt, sehr lesenswert. Insgesamt wird das Buch den vielen Lorbeeren, die es erhielt, mehr als gerecht. Es hat mich animiert, mehr von diesem und über diesen Autor zu lesen. Zunächst wird dies wohl das Buch von Gunther Nickel (Hrsg.) mit Materialien, Dokumenten, Interpretationen zu Kehlmanns Historienroman und Doppelbiographie "Die Vermessung der Welt"  (ISBN  978-3-499-24725-5) sein.
Lesen Sie neben dieser Rezension zu "Die
Vermessung der Welt" auch meine Rezensionen zu Daniel Kehlmanns Büchern "Beerholms Vorstellung", "Tyll" und  "Ruhm"

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

   

  

 

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Elke Heidenreich und Bernd Schröder:

 Alte Liebe
  
Verlag: Fischer-Taschenbuch ;  192 Seiten

ISBN-10: 3-596-18749-4 ; ISBN-13: 9783596187492 

Das Buch erzählt die Geschichte - nein treffender und dem Titel entsprechend ausgedrückt - die Liebesgeschichte der seit rund 40 Jahren miteinander verheirateten Lore und Harry. Ein Paar und eine Ehe mit allen Sehnsüchten und Ängsten, mit allen Freuden und Leiden - rund um die Beziehung untereinander und zur Tochter, zu anderen Verwandten sowie zum Beruf. Ein Buch also zu Themen, wie sie in vielen anderen Büchern auch zu finden sind;  und doch ist dieses Buch ein ganz besonderes, ein ganz besonders lesenswertes Buch. Dies gilt natürlich primär für seinen Inhalt; gilt damit primär für das Zusammenhalten und (Wieder-) Zueinanderfinden von Harry und Lore sowie für das leider traurige Ende. Aber auch die Tatsache, dass der Roman zwei Autoren hat, die m.W. selbst mal ein Paar waren und nun nur noch ein Autorenpaar sind, ist ja durchaus was Besonderes. Es gilt weiterhin für den Stil, in dem es geschrieben ist. In jedem Kapitel setzen die Autoren Harry und Lore abwechselnd in die Rolle des Erzählers; ihren jeweiligen Monologen schließen sich dann die dazugehörenden Dialoge &ndash stets interessant und amüsant -  an. Die Spekulation, dass hierbei auch Autobiographisches eingeflossen sein kann, sei mir erlaubt. Aber auch vom Autorenpaar ganz abgesehen werden Paare in vergleichbaren Lebenssituationen und &ndashabschnitten zahlreiche Parallelen zu eigenen Erfahrungen und Erlebnissen entdecken und nicht zuletzt dieses Alltägliche lassen Lore und Harry so sympathisch erscheinen. Der Beruf Lores ( sie ist Bibliothekarin ) ermöglicht es Elke Heidenreich zudem, ihre Rolle als Literaturkritikerin in diesen Dialogroman einzuweben.  

meine Bewertung:

 

Für Literaturinteressierte ein Muss

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cover_allmen_und_die_libellen

Martin Suter: Allmen und die Libellen
  
Verlag: Diogenes-Verlag ; 208 Seiten; 
ISBN-10:
3-257-06777-1 ; ISBN-13: 9783257067774  

Wissen Sie, was ich mich fragte, als ich zum ersten Mal das im Januar 2011 erschienene Buch zur Hand nahm, dessen Titel (Allmen?) mir so gar nichts sagen wollte und als ich las, dass es das erste Buch einer Serie sei? Ich fragte mich, warum Martin Suter, wenn er Ideen und Stoff für x Bücher über Allmen (wie ich inzwischen weiß Herr Johann Friedrich von Allmen) und seinen Diener Carlos hat, seine Leser mit einer  "Kurzgeschichte" statt einem Roman "beglückt". Und ich gab mir die Antwort, dass er sich wohl gedacht haben mag, warum 500 Seiten für ein Buch für ca. 24,80 Euro beschreiben, wenn ich mit demselben Stoff, derselben Kreativität fünf oder 10 Bücher a 18, 90 Euro füllen kann. Gemein und niederträchtig, solch ein Gedanke, gell?

Aber:  Schließlich haben Der letzte Weynfeldt 320 Seiten, Die dunkle Seite des Mondes 320 Seiten, Der Koch 320 Seiten, Small World 336 Seiten, Der Teufel von Mailand 304 Seiten, Ein perfekter Freund 352 Seiten und Lila, Lila 352 Seiten usw.

Okay, okay, das sind natürlich nicht die Kriterien für die Bewertung eines Buches; trotzdem: Sie merken schon, ich war etwas sauer und meine langjährige Zugehörigkeit zur "Suterschen Fangemeinde" bekam einen Knacks. Nachdem ich nun "Allmen und die Libellen"gelesen habe, bin ich etwas versöhnt. Der Lebemann und Privatier Allmen hat meine Sympathie: nicht zuletzt weil ich seinen Lebensstil auch mal pflegen möchte; zumindest zeitweise (Nein, nicht wegen Jojo, eher wegen "Allmen schlief noch, als Carlos ihm den Tee brachte").  

Apropos Carlos: Die Figur des Schuhputzers aus Guatemala hat noch Potenzial nach oben. "Allmen und die Libellen" ist zweifelsohne leichte Lektüre (und damit meine ich nicht nur das Gewicht des Büchleins) ; viele Suter-Fans hätten sich mehr (dto.) erwartet und viele Suter-Fans werde die Buchreihe von Allmen und seinem Buttler trotzdem weiter verfolgen. Und ich glaube, ich gehör´ dazu. Also: Schaun mer mal, was die Schweizer Version von Holmes und Watson noch so bieten werden.

 

meine Bewertung:

 

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Ulrich Wickert:  Vom Glück Franzose zu sein
 
Unglaubliche Geschichten aus einem unbekannten Land
Verlag Heyne; 240 Seiten; 
ISBN-10: 
3-453-60043-6 ; ISBN-13: 9783453600430 

Liest man den Untertitel dieses Buches von Ulrich Wickert, von dem auf dieser Homepage auch "Zeit zu handeln" rezensiert ist, so ist man geneigt, zu kontern "Wieso unbekannt? Natürlich kenne ich Frankreich!" Das wäre voreilig! Wickert belegt nämlich in dem Band wahrhaft intime Kenntnisse. Eine sehr , sehr umfängliche und sorgfältige Recherche muss vorausgegangen sein. Und so liest man in der Tat Unbekanntes und zum Teil auch Unglaubliches. Natürlich geht er dabei auch in historische und regionale Details, von denen man sich fragt, ob man das wirklich wissen muss;  interessant und kurzweilig zu lesen, sind aber auch die allemal. Sympathisch finde ich , dass es keine blinde Liebe zu Land und Leute ist, sondern dass der Autor ehrlich "rüberkommt" und sich durchaus auch einen kritischen Blick auf manches bewahrt hat. Mutig finde ich, wie er unter Nennung prominenter Namen, Korruption und Vetternwirtschaft selbst in den obersten Chargen der Politik anprangert. Dass U. Wickert neben einem guten Erzähler und fleißigem Rechercheur sowie  intellektuell  Gebildetem auch ein Genussmensch ist, wird dadurch deutlich dass die Berichte über Gaumenfreuden, seien sie durch den Käse oder auch nur die Kartoffel verursacht, ebenfalls ihren Platz gefunden haben.

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Martin Suter: Der Teufel von Mailand
 Diogenes Verlag;  304 Seiten; 2006

ISBN-10: 3-257-06534-5; ISBN-13: 9783257065343

Nach - zuletzt dramatisch - gescheiterter Ehe mit Frederic bricht Sonia aus ihrem Leben mit zu vielen Gin-Tonics ohne Tonic und Antidepressiva aus und arbeitet in ihrem früheren Beruf als Physiotherapeutin in einem einsam gelegenen Hotel im Engadin. Ihre einzigen Kontakte zu ihrem früheren Leben sind - zunächst - die SMS mit ihrer Freundin Malu. Ihr einziger Vertrauter in ihrem neuen Leben ist - zunächst - ihr Kollege Manuel. Sie lebt in Angst vor den Folgen früherer LSD-Trips, vor der auf sie bedrohlich wirkenden Bergwelt, vor den mysteriösen Menschen in ihrem neuen Umfeld und insbesondere davor, dass ihr früheres Leben sie einholt. Was denn auch geschieht! Zuerst in Person ihrer Ex-Schwiegermutter. Gesteigert wird Sonias Angst, die sie Farben riechen und fühlen lässt, Töne sehen lässt und Formen schmecken lässt (sie ist nämlich Synästhetikerin geworden, d.h. sie leidet an einer unnatürlichen Kopplung physisch getrennter Wahrnehmungsbereiche) durch mysteriöse Parallelitäten zwischen dem realen Leben in dem abgeschiedenen Hotel mit den Ereignissen und Prophezeiungen einer uralten Teufelssage: Der Sage vom Teufel von Mailand. Wer ist es, der mit Sonia diese alte Sage aktuell nachspielt und wie kann sie sich dem Bösem, dem grausamen Ende, entziehen?
Wie in "Die dunkle Seite des Mondes" und in "Ein perfekter Freund" gelingt es Martin Suter hervorragend, eine spezifische Stimmung aufzubauen, die Charaktere der Akteure herauszuarbeiten und die Spannung während des Romans zu steigern und lange auf hohem Niveau zu halten.
Ebenfalls hier rezensiert: "
Allmen und die Libellen"

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Cover_Lea

Pascal Mercier: Lea
 Carl-Hanser-Verlag,  256 Seiten, 2007

ISBN-13: 
978-3-446-20915-2

Zwei Männer treffen sich zufällig in der Provence. Verbindendes ist zunächst nur, dass sie beide aus Bern kommen. Der Eine von Ihnen, der gebürtige Holländer Martijn van Vliet erzählt - nachdem bei Beiden die ansonsten zwischen Fremden zunächst zu erwartenden Distanz schnell verfliegt - dabei dem Anderen, Adrian Herzog, seine tragische Lebensgeschichte. Herzog hört zu; geduldig, interessiert, teilnehmend, gepackt. Der Bericht erstreckt sich über Tage! Van Vliet kommt ihm dabei immer näher. Herzog nimmt im Buch ausschließlich die Rolle des Erzählers ein. Er erzählt van Vliets Geschichte; er ist nicht der Redner gegenüber van Vliet. Nur hie und da entlässt ihn Pascal Mercier aus dieser Rolle; dann darf er kurz von sich selbst erzählen und der Leser bemerkt, dass auch Herzog eine Biographie, ein Leben vor diesen Gesprächen mit van Vliet hat und dass auch er seine Problemsituationen durchlebt hat und es nicht immer einfach hatte. Aber im Mittelpunkt stehen van Vliet und dessen Verzweiflung über das Schicksal seiner Tochter Lea und das damit so eng verbundene Eigene. Die Tochter, die er nicht wollte, weil er die Verantwortung scheute, die mit dem Vatersein verbunden ist, weil er sich dieser Verantwortung nicht gewachsen fühlte. Lea, deren Mutter früh starb, wird Violinistin, zunächst begeistert, dann besessen; sie erreicht Berühmtheit und dann zerbricht sie, an sich und an ihrer unerfüllten Liebe zu ihrem Lehrer, nach van Vliets Meinung möglicherweise auch an ihm, an ihrem sie so liebenden Vater, der alles für sie tut, der seine Existenz für sie ruiniert. Und doch muss er erkennen, dass er ihr nicht helfen kann. Und Adrian Herzog? Wird er zumindest van Vliet noch helfen können? Das Ende ist zwangsläufig. Und das Buch ist .. brillant erzählt. Für meinen Geschmack: eindeutig fesselnder und damit besser als "Nachtzug nach Lissabon".

(c) EL 23.08.2010

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Michael Klonvosky

 Radfahren 

Erscheinungsdatum:  01.04.2006,  Rezensionsdatum 23.01.2010

Verlag: dtv-taschenbücher,  128 Seiten,  ISBN 9783423342896

 
Wenn Sie ein Buch über das Radfahren gekauft haben und Sie lesen darin schon in den Vorbemerkungen ein Zitat von Schiller, dann über Platon auf S. 23, über Kant auf S. 25 und über Aristoteles und über Thomas Mann auf S. 26, über Albert Camus auf S. 54, über Hegel, Heidegger und Niklas Luhmann auf S. 62, dann legen Sie es auf gar keinen Fall beiseite, weil Sie glauben, sich verkauft zu haben, sondern vergegenwärtigen Sie sich den Untertitel, den Sie vielleicht überlesen haben: "Kleine Philosophie".
Lassen Sie sich auch nicht schrecken von Sätzen wie diesem auf Seite 25: "Mein Quasi-Masochismus schlägt abends in Hedonismus um, wobei ein Hedonismus, der unmittelbar auf der Selbstkasteiung fußt, letztlich nur das alte Motto "Nach getaner Arbeit ist gut ruhn" etwas überhöht", sondern lesen Sie weiter! Unbedingt! Es lohnt sich, denn Sie haben ein Buch von Michael Klonvovsky vor sich.
Der Autor versteht es, Radfahren und solch Tiefsinniges in Einklang zu bringen. Ich kann ihm sogar folgen! Oder sollte ich besser sagen "ihm nachempfinden"? Denn vielleicht, nein wahrscheinlich sogar, fährt er so gut Rad, dass ich ihm gerade eben nicht folgen könnte.
Daher Beispiele fürs Nachempfinden: Wie bei ihm, so macht auch bei mir ein gutes Abendessen, nach einem Tag auf dem Rad, aus einem guten einen gelungenen Tag. Wie er, so ärgere auch ich mich über die hupenden Autofahrer. Wie er, so denke auch ich, wenn ich mich einen Berg hoch quäle, über die vor Jahrmillionen gelegten genetische Grundlagen dafür nach und so wie er stolz ist, einen Berg der Hors Categorie gefahren zu sein, so war auch ich es auf dem Mont Ventoux; wie er, kam ich zum Radfahren, weil meine Knie das Laufen nicht mehr mitmachen wollten. Vielleicht sind es diese vielen Parallelen, die mir das Bändchen als so gelungen erscheinen lassen und vielleicht ist Beides bei Ihnen ganz anders (keine Parallelen, kein Gefallen an dem Büchlein)!?
Für mich jedenfalls gilt: ein Buch, das ich mitnehmen werde, wenn ich "reif bin, für die Insel" (natürlich nur, wenn man dort ausgiebig Rad fahren kann; aber warum sollte ich sonst auf diese Insel?). Und wenn es mir wider Erwarten dort mal dreckig gehen sollte und ich was zum Träumen brauch, dann lese ich - zugegeben aus maskuliner Sicht  "Die Frau in Rot " ab S. 96.
Last but not least: ein Buch übers (Renn-) Radfahren bei dem Doping zwar erwähnt wird, aber zum Glück mal nicht im Mittelpunkt steht.
Und noch ein allerletztes Lob: Die Analyse der Unterschiede zwischen Armstrong und Ullrich könnte treffender nicht sein. 

PS: Hier ebenfalls rezensiert sind   "Land der Wunder" und "Lebenswerte"  und "Der Ramses-Code"
Für Literaturinteressierte ein Muss
sehr lesenswert  

lohnt sich

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Martin Bettinger: Die Liebhaber meiner Frau
Conte Verlag Piper , 216 Seiten;
ISBN-13: 9783941657038

Rezensionsdatum 21.12.09
Rund 3 Jahre nach "Engelssterben" stellt Martin Bettinger, von dem auch der Roman "Der Panflötenmann" stammt, sein neuestes Werk "Die Liebhaber meiner Frau" vor. Ein gutes Buch!
 Ich komme zu diesem Schluss, weil für mich ein Aspekt, der aus einem Roman einen gelungenen Roman macht (neben vielen anderen, zu denen unbedingt gelungene Dialoge gehören)  der folgende ist: Wenn man, nachdem man die letzte Seite gelesen hat, zum Anfang zurückblättert, um sich zu erinnern, um die Charaktere vom Beginn noch mal mit denen zu vergleichen, die der Roman in seinem Verlauf aus ihnen gemacht hat. So ging es mir auch mit Blum; genauer: Christoph Blum. Der ist verliebt in Laura, seine Frau; nicht im wahren Sinne seine Frau, sondern nur in seiner Denke; nur aus seiner Sicht, also nicht wirklich. Wirklich hingegen sind deren Liebhaber, wirklich und erlebbar ist auch die Szenerie im Höfchen, der Straße in der Laura mit ihrem Sohn, dessen Patenonkel Hottsch, dem alten Wilhelm, der Vermieterin und Christoph Blum leben und in die Simon, der 4. (!) Liebhaber hinzu stößt; wirklich bedauernswert ist Blum, der wiederholt durchs 2. juristische Staatsexamen gefallen ist und seine Brötchen als Eisverkäufer verdient. Und wirklich bemerkenswert ist, welche Entwicklungen sich sodann vollziehen. Dabei ist man als Leser immer etwas auf Blums Seite, sogar wenn er Lauras E-Mails löscht, sofern er deren Inhalt als nicht gut für Laura bewertet und auch wenn er, animiert vom schließlich nur scheinbar lebenstüchtigeren Simon, seine Eiskäufer übers Ohr haut. Sollten sich am Ende gar seine Träume vom Rechtsanwalt Blum, von Laura als seiner Frau erfüllen? 
Martin Bettinger -  so scheint es - mag sie alle, seine von ihm erdachten Romanfiguren, schildert und behandelt sie irgendwie liebevoll und hält für jeden der Hauptdarsteller unter ihnen einen passenden Schluss bereit.
Bleibt nur noch die Frage an den Autor: Wann folgt "Blum-Band2"?

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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  cover ein perfekter freund

Martin Suter: Ein perfekter Freund
Diogenes Verlag ,
352 Seiten; ISBN 13:
9783257233780

Stellen bei "Small World" die Rechercheergebnisse des Autors bezüglich der Alzheimer Krankheit das Gerüst dar, an dem die Romanhandlung sich hoch hangelt, so sind es in "Ein perfekter Freund" die Auslöser von BSE und Kreuzfeld-Jakob. Über Interviews mit Lokomotivführern, die keine Chance hatten, Selbstmörder nicht zu überfahren und über die Witwe eines dieser Selbstmörder kommt Fabio Rossi den Machenschaften einer Lebensmittelmafia auf die Schliche und erreicht der Autor, dass auch ich keine Lust mehr auf Schokoriegel habe (Mal sehen wie lange das anhält). Wenn in wieder einmal gelungener Sprache und dem spannendem Erzählstil, wie ich ihn schon aus " Der letzte Weynfeldt" und "Die dunkle Seite des Mondes" kenne und beschrieben habe, dann auch noch eines meiner Hobbies, nämlich Tai Chi, eine Rolle spielt, ist es nicht verwunderlich, dass ich das Buch als "sehr lesenswert" empfehle.

Ach ja: Der Titel? Bleibt die Frage: war er es, der Lucas, der perfekte Freund oder war er exakt das Gegenteil? Lesen Sie selbst!
PS: ... und wenn Sie einen Roman, in dem Synästhesie eine Rolle spielt, lesen wollen, dann lesen Sie "
Der Teufel von Mailand".
(c) EL 17.10.2009 u. (PS) 25.08.2010

meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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Martin Suter: Small World
Verlag Diogenes,
336 Seiten; ISBN:
9783257230888 

Rezensionsdatum: 16.04.19
Martin Suter wagt sich, das Thema Alzheimer in einem Roman zu verarbeiten. Wie insbes. bei "Die dunkle Seite des Mondes" recherchiert er auch hierfür wieder sehr gründlich, beschreibt einleuchtend die immer deutlicher werdenden Symptome, die Grausamkeit der Krankheit und gegen Ende des Buches auch das Thema Medikamentenzulassung und -wirkung. Das Buch liest sich in der ersten Hälfte sehr flüssig und fesselt. Die 2. Hälfte ist eher langgezogen. Die Beziehung der Hauptperson, des erkrankenden Konrad Lang (= Koni), zu der Schweizer Industriellenfamilie Koch, insbesondere zu Thomas Koch (= Tomi), die über 4 Generationen hinweg beschrieben wird, ist in der 1. Hälfte auch noch gut nachvollziehbar, wird aber in der 2. Hälfte immer skurriler. Die aufopfernde Pflege, durch die Schwiegertochter Simone der millionenschweren alten Dame der Familie und insbesondere die ganz gegen Ende deutlich werdende absolut ungewöhnliche, wahre Beziehung der Romanpersonen zueinander, die sich durch die Wortspiele mit Konitomi und Tomikoni andeutet, wirken dann doch allzu konstruiert. Gleichwohl lautet mein Urteil &bdquosehr lesenswert&ldquo und damit schneidet das Buch in meiner persönlichen Kritik sogar noch etwas besser ab als "Der letzte Weynfeldt" ohne jedoch an "Die dunkle Seite des Mondes" heranzureichen.
(c) EL 16.04.2009
PS: Ebenfalls hier rezensiert: Der Teufel von Mailand, Allmen und die Libellen

meine Bewertung:

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sehr lesenswert

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Martin Suter:

 Der letzte Weynfeldt
Verlag Diogenes
272 Seiten; ISBN 13: 9783257066302 ; Rezensionsdatum: 14.2.2009

Das Buch spielt im Zürcher Milieu des reichen Erben Adrian Weynfeldt, der zum Zeitvertreib - und nicht etwa weil es nötig hätte - seinem Beruf als Kunsthändler, -auktionator und -ausstellungssveranstalter nachgeht; ansonsten seine beiden Bekanntenkreise pflegt und den all diese Tätigkeiten insbesondere deshalb nicht aus- und erfüllen, weil ihm die Frau an seiner Seite fehlt. Bis Lorena in sein Leben eintritt und es gehörig verändert: zunächst - wie sich herausstellt - mit gar nicht ehrbaren Absichten. Die Frage ist es sodann, ob sich ihre Absichten beim näheren Kennenlernern ändern. So nebenbei lernt man beim Lesen des Buches auch noch was über den Maler Felix Vallotton (siehe Umschlagbild); mich hat das Buch angeregt, mich näher mit ihm zu beschäftigen. Der Roman hat jedoch bei Weitem nicht die Klasse von "Die dunkle Seite den Mondes".

meine Bewertung:

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 Die
Heimkehr; Bernhard Schlink
 384 Seiten; Diogenes Taschenbücher

ISBN13: 978325723722

Ein vielfältiges Buch, will man es nicht gar als etwas wirr bezeichnen, was mit meinem Respekt, den ich Bernhard Schlink entgegenbringe, nicht vereinbar wäre. Vielfältig u.a. deshalb, weil der Buchtitel, die Heimkehr, in vielen Facetten beleuchtet wird: da ist der Soldat, der aus dem Krieg heimkehrt, genauso wie Odysseus, der von seiner Odyssee heimkehrt; für meinen Geschmack etwas zu viel rein gepackt: von dem kleinen Jungen bei seinen Schweizer Großeltern, von Rechtsphilosophie über die deutsche Wiedervereinigung , vom (Liebes-) Leben eines Lektors über die Kriegswirren im 2. Weltkrieg, vom Mutter-Sohn-Verhältnis zur Kommune eines amerikanischen Professors in den Bergen, der zudem noch der Vater des Erzählers ist. Ein Roman, der nicht das Niveau von Liebesfluchten oder gar von Der Vorleser erreicht. Trotzdem ...

meine Bewertung:

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Tim Binding, Cliffhanger
marebuchverlag ,
350 Seiten; ISBN: 978-3-86648-089-6

Eigentlich ist er ein richtiger Mistkerl, ein Satan, dieser Al Greenwood, Taxifahrer in Südengland und Ich-Erzähler in diesem Roman. Er liebt allenfalls sein Taxi und seine beiden Edelkarpfen in seinem Hausteich. Andererseits kommt bei ihm auch immer wieder Menschliches, Verständliches durch; für Sympathie mit ihm reicht das zwar noch lange nicht, allenfalls für etwas Nachvollziehbarkeit des Schicksals eines Mannes, der eine Erziehung &bdquogenosssen&ldquo hatte, die u.a. darin bestand, ihm die Kinderhand in die Autotür zu halten und diese dann zuzuschlagen und dessen außereheliche Tochter Mirinda (die liebt er auch, aber dieses Gefühl muss er verstecken), ohne dass jemand von seiner Vaterschaft weiß, bei ihrer Mutter und deren Mann in unmittelbarer Nachbarschaf aufwächst. Eine Nachbarschaft die aus skurrilen Menschen mit Sorgen und Nöten besteht, die sie mit Alkohohl ertränken und mit Cannabis vergessen wollen und die sie in Aggressivität und Depressionen führen. Konstellationen die letztlich dazu führen, dass Al seine Frau Audrey ( oder war es jemand anderes, womöglich gar seine Tochter?) von den Klippen ins Meer stößt! Serviert wird dem Leser das Leben dieses Taugenichts (ein Scheißleben würde Al es nennen) von dem Autor mit viel Humor, wodurch die Szenerie durchaus nicht mehr so düster erscheint, wie es nach meiner o.a. Beschreibung den Anschein hat (übrigens: nicht nur der Autor hat Humor, auch Al hat ihn, wenngleich etwas derber). Hinzu kommt südenglischer Lokalkolorit, so dass man sich (war man mal dort) das Taxi, die heckenumsäumten Straßen, die Klippen gut vorstellen kann und weil Al und Audrey neben den fleischlichen Genüssen (zumindest in einer Schlüsselstelle am Beginn des Buches) auch den mit der Nahrungsaufnahme verbundenen leiblichen Genüssen nicht abgeneigt sind, erinnert man sich auch wieder an Scones mit Clotted cream.

meine Bewertung:

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Marc Buhl, drei sieben fünf
Verlag: Eichhorm,
280 Seiten; ISBN: 978-3-8218-5782-4

Es war weniger das Thema DDR- und Stasi-Vergangenheit, das mich motivierte, dieses Buch zu lesen, sondern die Ankündigung im Klappentext, dass der Roman auch den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit zum Inhalt habe; ein Thema, das mich aus unterschiedlichen Gründen in meiner Biographie interessiert. Etwas enttäuschend, dass sich dieses Thema im Buch allenfalls oberflächlich wiederfand, nämlich in dem Aspekt, dass die Vertreter des DDR-Staates nach damals für sie geltendem Recht handelten (Die Radbruchsche Formel hätte etwas mehr Tiefgang verdient). Auch enttäuschend, dass man sich, bevor das Buch etwas an Güte gewinnt, durch Sätze kämpfen muss, wie z.B. dem Folgenden (Zitat Anfang): Wie ein Schattenriss stand eine Kuh gegen den Horizont und verdeckte die Sonne mit ihrem ruhigen, massigen Rücken, dessen Rand aufglomm wie flüssiges Gold. Sie hob ihren Schwanz und pisste einen kräftigen Strahl, in dem das gleißende Licht gebrochen wurde , so dass sich ein leuchtender Fächer in den Regenbogenfarben auffaltete, eingerahmt von goldenen Tröpfchen, in denen ein Funke der Sonne glänzte (Zitat Ende). Oh Gott, oh Gott!! Der Autor müsste mir dankbar sein, dass ich trotz dieser Sätze auf Seite 70 noch weiterlas und ich bin ihm dankbar, dass es nicht bis auf Seite 281so weiterging.

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Martin Walser, Tod eines Kritikers
Verlag: Suhrkamp,
383 Seiten; ISBN-10: 3-518-41378-3

Ein Aufenthalt am Bodensee, in Überlingen und der Brunnen "Bodenseereiter" von Peter Lenk dort, haben mich dazu gebracht, dieses Buch von Martin Walser zu lesen. Ein Schlüsselroman, selbstverständlich, aber selbst verstehen kann man ihn nicht. Was mag den Autor wohl motiviert haben, wie groß muss die Verbitterung sein, solch ein Buch zu schreiben? Ein Buch über Marcel Reich-Ranicki (Andre Ehrl-König) und Robert Habermas (Professor Silberfuchs) und Walter Jens (Rainer Heiner Henkel). Oder nur ein Publicitygag? Nur allzu offensichtlich sind die wahren Personen hinter den Erfundenen. Dazu die meines Erachtens abstrusen Sequenzen, die sich so gar nicht in das Geschehen einfügen wollen, insbesondere das &ndash ich muss es so bezeichnen - Gelabere von Mani-Mani und die Identität von Erzähler Landolf mit dem, über den er berichtet, den wegen Mordverdachts Einsitzenden Hans Lach. Alles für mich wenig verständlich, wenig nachvollziehbar, so dass ich das Buch zwar zu Ende lese, aber mit wenig Begeisterung.

meine Bewertung:

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Nicci French, Höhenangst
Verlag: C. Bertelsmann,
383 Seiten; ISBN-10: 3-570-00294-2

Eine junge Frau verliebt sich auf der Strasse und auf den ersten Blick unsterblich in einen Mann. Da es ihm mit ihr ebenso ergeht, werden sie ein Paar und heiraten. Ihr Zusammensein entwickelt sich zu einem Alptraum als sie Opfer seiner Gewalt wird und ihn schließlich gar entlarvt, am Chungawat 7 Menschen getötet zu haben. Am Chungawat? Ein erfundener Berg, aber die Story ist meines Erachtens nicht ganz frei erfunden: zu auffällig sind die Parallelen in dem 1999 erschienen Roman mit den realen Ereignisssen anl. Scott Fischers tragischer Mount-Everest-Expedition im Mai 1996, wie sie - wenngleich diese Autoren den Vorwurf des Mordes an keiner Stelle ihrer Bücher erheben - Lene Gammelgaard in "Die letzte Herausforderung", John Krakauer in "In eisigen Höhen", Anatoli Boukreev in "Der Gipfel" u.a. beschreiben. © E.L. 12.08.08

meine Bewertung:

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Bernhard Schlink, Das Wochenende
Verlag: Diogenes,
240 Seiten;
ISBN-10: 3-257-06633-3; ISBN-13: 9783257066333

Christine holt ihren Bruder Jörg - nachdem der als RAF-Häftling über 20 Jahre im Gefängnis saß - am Tor der Haftanstalt ab und bringt ihn zu ihrem Haus auf dem Land, abgelegen in einem der neuen Bundesländer. Sie hat neben ihrer eigenen Freundin, der melancholischen Margarete, die Freunde von damals eingeladen; seinerzeit Weggefährten, mindestens aber Sympathisanten, die aber im Gegensatz zu Jörg in ein bürgerliches Leben als Rechtsanwalt, Unternehmer oder gar Bischöfin gefunden haben. Es herrscht eine durchaus gespannte Atmosphäre, die zusätzlich belastet wird durch die Anwesenheit des jungen Marko, der Jörg zu erneutem Kampf gegen die Gesellschaft anstachelt; dieses Mal in Zusammenarbeit mit islamitischen Fundamentalisten. Eine &ndash wie ich finde &ndash gar nicht so unrealistische Vorstellung - allerdings erschreckend phantastisch. Aber Marko ist nicht der beindruckendste Gast an diesem Wochenende. Da ist noch ein überraschender Besucher, dessen Identität eine ganz und gar andere ist, als die Gäste zunächst vermuten. Und da ist noch ein 2. Erzählstrang: Lisa, eine der Gäste, schreibt von Jan, der sich für tot erklären lässt, um dann ein 2. Leben als Terrorist zu führen. Sie überlegt beim Schreiben, ob sie die bekannte Geschichte des Terrorismus in Deutschland beschreiben soll. Bernhard Schlink erzählt uns in diesem Band jedenfalls eine unbekannte. Seinem Stil, dem liebevollen Umgang mit der Sprache, bleibt er auch in Das Wochenende treu. Schlink jongliert so ruhig mit den Worten, er wirkt daher auf mich in Das Wochende ebenso beruhigend wie z.B. in "Liebesfluchten" oder "Der Vorleser".
© E.L. 10.08.08

meine Bewertung:

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Pascal Mercier, Nachtzug nach Lissabon
Verlag: btb, Band 73436
496 Seiten; ISBN-13: 9783442734368

Es gibt bei diesem Buch, so scheint es mir nach Gesprächen mit Bekannten, die das Buch gelesen haben, nur "himmelhoch Begeisterte" und Leute, die nichts damit anfangen können. Leider gehöre ich zu der 2. Gruppe. Ich habe mich durchgekämpft und von Seite zu Seite darauf gewartet, dass der Funke, von dem der Autor zweifelsohne beseelt ist, überspringt. Aber..., er tat es nicht. Auch nach der letzten Seite blieb ich ratlos zurück. Nun denn, auch solche Bücher muss es (ja, das gestehe ich denn schon zu) geben. Jedenfalls finden ich "Lea" von Pascal Mercier besser. © E.L. 09.03.08 u. 23.08.10

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 

  

 

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Volker Klüpfel, Michael Kobr;
Seegrund
Verlag/Reihe: "Piper"
342 Seiten
ISBN-13: 9-783- 49204954-2

Nach Milchgeld und dem Ausflug in die Welt der Sagen in Erntedank bedienen Klüpfel und Kobr den Leser in  "Seegrund" mit einer Mischung (um nicht zu sagen mit einem Allerlei, oder gar Durcheinander) aus einem Rückblick auf dunkle Jahre der deutschen Geschichte (die letzten Kriegsmonate) und einigen naturwissenschaftlichen Aspekten (Schwefelbakterien im blutenden Alatsee [Anm.: keine Fiktion, sondern Realität]) sowie erneut einem Schuss Mystischem (gesichtloser Ketten rasselnder Mönch), dazu noch viel Zwischenmenschliches, sowohl geschlechter- (Kripo-Kollegin Friedel Marx), generationen- (die Freundin des Sohnes) als auch erdteilübergreifend (Essen mit der Japanerin beim Japaner). Obendrauf &ndash wie in den vorausgegangen Bänden &ndash viel Allgäuer Lokalkolorit, viele Gemeinheiten gegenüber dem Nachbarn Dr. Langhammer (besonders schön die Szene mit dem Wein in der schneeverwehten Einfahrt) , einen vorgesetzten Polizisten, im Vergleich zu dem der Patta vom Kommissar Brunetti in Venedig eine wahre Koryphäe ist und einem nicht ganz auf der Höhe der Zeit agierendem Kluftinger (fragt seinen Sohn, ob er auch dieses Ebi auf seinem Computer hat, als er sich mal schlau machen will, was ebay ist), der sich erkältungsgeplagt durch den Band kämpft, aber am Ende mal wieder das hellste Köpfchen von Allen ist. Nun ja, ganz so schlecht wie man denn nach dieser Aufzählung meinen könnte, find ich Seegrund nun jedoch nicht; nur wie gesagt ein bisschen viel reingepackt und dadurch manchmal etwas langatmig. Den ein oder anderen Aspekt weniger, dafür vielleicht 20- 30 Seiten weniger (dann wären es immer noch so viele wie in Milchgeld gewesen), wäre mehr gewesen. Wie zuweilen bei anderen Autoren auch habe ich den Eindruck, Gedanken, die in den ersten Bänden keinen Platz fanden, müssten damit sie nicht im Papierkorb der Autoren verenden auf Biegen und Brechen dann in einem der Folgebände untergebracht werden und da fühlt man sich als Leser zuweilen etwas ver..äppelt. Leider haben die Autoren, dieses Prinzip in ihrem 5. Band "Rauhnacht" nun wirklich übertrieben.Aber Seegrund weist auch wieder Passagen aus, die zeigen, was die Autoren wirklich drauf haben, die begeistern. Stilistisch geschickt gemacht ist zum Beispiel auch, einen vergangenen Handlungs- und Erzählstrang in rückwärts gerichteter Reihenfolge sowie authentische historische Dokumente einzubauen. Summa summarum weniger gut als die Bände 1 und 2, aber immer noch gut genug, um auch auf Band 4 (= Laienspiel; Erscheintermin März 2008) gespannt zu sein. © E.L. 28.12.2007

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Volker Klüpfel, Michael Kobr;
Erntedank
Verlag/Reihe: "Piper/Serie Piper"
384 Seiten; ISBN:
9-783-49224511-1

Nachdem ich von Milchgeld so positiv überrascht war und mich über die beiden Autoren näher informiert hatte, war ihr 2. Band "Erntedank" für mich fast schon ein Muss. Die Autoren bleiben sich dabei treu und das ist gut so. Die Figuren bleiben dieselben, aber das macht es nicht langweilig, sondern gibt den roten Faden vor (Anmerkung: Man muss sich beim Lesen übrigens nicht unbedingt an die Reihenfolge, in der die Bände entstanden sind, halten; das gilt allerdings m.E. nicht für den 3. Band = "Seegrund", weil darin was verraten wird, was der Spannung im 2. Band (würde man ihn nach dem 3. lesen abträglich wäre.). In "Erntedank" bauen Klüpfel und Kobr wieder selbst Gelesenes, selbst Erlebtes oder Gehörtes, geschickt in ihren "Allgäuer/Kluftinger-Rahmen" ein. Inhaltlich geht es im 2. Band in die Welt der Sagen und Mythen, mit der sich real nicht nur mancher Ortsname im Allgäu, sondern in der Fiktion auch der Beginn einer Mordserie, von der das Buch handelt, erklären lassen.

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Volker Klüpfel, Michael Kobr ;Milchgeld
Verlag/Reihe: "Piper Boulevard"
320 Seiten; ISBN: 9-783-49226227-9

Wieder so ein Buch, auf das ich - nachdem man es mir empfohlen hatte - zunächst etwas ablehnend reagierte, weil ich mir dachte, Venedig hat seinen Brunetti, Schweden sein Wallander, wozu glauben 2 Autoren, dass das Allgäu jetzt auch noch einen kantigen, zugleich liebenswerten, Kommissar, nämlich seinen Kluftinger, braucht. Ein (Vor-)Urteil, das ich schnell revidierte. Mögen die Autoren sich auch immer mal wieder an Donna Leon anlehnen (die Parallelen sowohl bei der Sekretärin des Kommissars, als auch bei den jeweiligen Vorgesetzten, sind schon frappierend), so schaffen sie es trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) das Buch sehr lesenswert zu machen. Insbesondere wenn man die Landschaft des Allgäu kennt, fällt es einem leicht, die Heimatverbundenheit, die die Autoren weder leugnen wollen noch sollen, zu erkennen und - wenn ich das als Nicht-Allgäuer, aber als Deutscher (hierzu verweise ich u.a. auf meine Rezension zu "In meinem kleinen Land" von Jan Weiler), sagen darf - zu teilen. Da erscheinen beim Lesen nicht nur die Wiesen, Gehöfte und Berge bei Kempten, Memmingen, Altusried, Oberstdorf ("Der Daumen") vor dem geistigen Auge, da entdeckt man auch so viel Menschliches beim "Klufti", das einen an selbst Erlebtes, sei es im Beruf bezüglich der Kollegen, sei es im Privaten bezüglich der Nachbarn oder der Ehefrau, erinnert und schmunzeln lässt. Ein lesenswertes Buch, weshalb ich auch Band 2 = "Erntedank" und Band 3 = "Seegrund" gelesen habe und Band 4 = "Laienspiel" lesen werde.

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Jan Weiler ; In meinem kleinen Land
Verlag. rororo
352 Seiten; ISBN: 9-783-49962199-4

Angeregt durch "Antonio im Wunderland" von Jan Weiler, las ich dieses Buch und es erinnerte mich an zweierlei: zum Einen an meine eigenenen Eindrücke und Abläufe, bei - meist beruflich bedingten - Zugreisen durch unser Lande, zum anderen an ein vor vielen Jahren gelesenes, sehr empfehlenswertes, Buch von Michael Holzach mit dem Titel "Deutschland umsonst". Zwar reisen Jan Weiler und ich weitaus komfortabler als seinerzeit Michael Holzach; gemeinsam haben wir aber - wenn ich mich bei diesen beiden Autoren mal einreihen darf - eine Sicht auf unser Land, die man vielleicht mit einem bayrisch-fränkischen "Passt scho" ganz gut beschreiben könnte, wenn man andere, mit Pathos belegte, Begriffe an dieser Stelle vermeiden will.

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Jan Weiler ; Antonio im Wunderland
Verlag Kindler
272 Seiten; ISBN-10: 3-46340-484-2 ; ISBN-13: 978-3-49924263-2

Flotter Schreibstil, sehr intelligent verpackt. Es geht um die Beziehung des Erzählers zu seinem Schwiegervater. Sehr schön zu lesen. Liebevoll beschreibt der Autor seinen - eigentlich doch gar nicht so liebenswerten - Schwiegervater, den italienischen Gastarbeiter, Antonio Marcipane, und dessen italienischen Akzent ebenso treffend wie den rheinischen seines besten Freundes Benno. Mit beiden macht der Autor eine Reise ins "Wunderland USA" zur Rettung von Antonios Heimatstadt Campobasso.

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Hape Kerkeling ; Ich bin dann mal weg
- Meine Reise auf dem Jakobsweg -
Malik-Verlag ; 345 Seiten ; 35 Fotos ,

ISBN-10: 3-89029-312-3 ; ISBN 13: 978-3-89029312-7

Ich hatte mir vorgenommen, dieses Buch des TV-Entertainers, der mich in seinem blauen Jeanshemd von den Regalen in den Buchhandlungen, auf denen die Bestseller aufgereiht sind, stets aus den oberen Rängen schwul angrinst, nicht zu kaufen! Sei ihm doch sein Erfolg als Komiker gegönnt, warum muss er sich auch noch als Buchautor produzieren, dachte ich mir. Doch dann bekam ich das Buch geliehen und siehe da, der Autor wurde mir ein gutes Stück sympathischer; und ich entdeckte so Manches zum Nachdenken Anregende; nur zwei Beispiele: "eine Art Buddhist mit christlichem Überbau" sagt er auf Seite 20 von sich; oder auf Seite 187: "Gott ist der Film und die Kirche ist das Kino, in dem der Film läuft". Das und vieles mehr gefiel mir gut. Chokes wechseln mit fast Philosophischem und zurück; eine gelungene Melange aus Lustigem und Ernstem macht das Buch amüsant, interessant und kurzweilig. Wenngleich es - nach meinem Geschmack - besser gewesen wäre, die Szenen "Nahtoderlebnis" und "Reinkarnation" weg zu lassen und - bei allem Respekt vor der Offenheit des Autors - auch die vielen Sequenzen, in den Hape Kerkeling über sein Verhältnis zu Gott schreibt, etwas sparsamer einzustreuen, und die Fotos im Buch statt Schwarz-Weiß in Farbe sein könnten, so steht der Reisebericht dennoch zu Recht oben auf den aktuellen Bestsellerlisten und somit lautet ...

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Basitian Sick ; Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 - Noch mehr Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache-
Kiwi - Paperback Kiepenheuer und Witsch ; ISBN
13: 978- 3- 46203742-5

Eines ist erstaunlich: Wenn man Folge 1 und Folge 2 gelesen hat, glaubt man, Alles über mögliche Sprachverwirrungen gelesen zu haben; aber Bastian Sick entdeckt tatsächlich noch mehr. Und das Buch hat seinen Untertitel zu Recht. Auch Folge 3 ist sehr lehrreich und gewinnbringend (... oder heißt es Gewinn bringend?). Apropos Rechtschreibreform: Natürlich widmet sich der Autor auch ihr in einer der 36 Kolumnen, die der neue Band umfasst. Dass Bastian Sick in einer anderen, in der er einerseits begrüßt, dass durch E-Mails und SMS in Deutschland wieder mehr geschrieben wird, andererseits beklagt, dass Orthographie und Zeichensetzung dabei zu kurz kommen, auch Buchrezensenten im Internet, also Leute wie mich, kritisch beäugt, war mir Anlass meine Texte, noch mal zu sichten. In der Hoffnung, dass Punkt und Kommata richtig gesetzt sind und groß- und kleinschreibung ;-)) korrekt sind, bin ich gespannt, ob der Autor auch noch für eine Folge 4 genügend Stoff findet. Mindestens einen Leser und Rezensenten dafür hat er schon.

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Ulrich Wickert ; Zeit zu handeln
Den Werten einen Wert geben
Hoffmann und Campe; ISBN
: 3-455-11253-6

Der bekannte ARD-Korrespondent und Tagesthemen-Moderator (von dem auf dieser Homepage auch "Vom Glück Franzose zu sein" rezensiert ist)  auf den Spuren so berühmter Männer wie die Philosophen Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau und John Locke oder der Soziologe Max Weber! Mit einem eindringlichen Plädoyer für mehr Toleranz (zugleich "keine Toleranz der Intoleranz"), Verantwortung und Mut zum Handeln. Sehr lesenswert, sehr wertvoll. Bezeichnend fand ich, dass ich das Buch in einer Buchhandlung in Halle als sog. Mängelexemplar für 3,95 Euro erwerben konnte; ein Betrag, für den man ansonsten eine mit Werbung vollgestopfte Illustrierte kaufen kann. Auch eine Form von Werteverfall in unserer Gesellschaft und bemerkenswerte Korrelation zu dem Untertitel, dass ein so wertvolles Buch sich für seinen wahren Wert von 20,95 Euro nicht verkaufen lässt und somit auf dem Wühltisch landet.

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Basitian Sick ; Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2 - 

- Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache-
Kiwi - Paperback Kiepenheuer und Witsch ; ISBN
: 3- 462-03606-8

Als ich meine Anmerkungen zu "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1" - schrieb, ahnte ich schon, dass auch Folge 2 interessant, lehrreich und zugleich unterhaltsam sein wird. Bastian Sick hätte ich mir als Mitglied der Gremien, die die Rechtschreibreform berieten und beschlossen, gewünscht: dann wäre vielleicht manche Änderung einleuchtender ausgefallen; aber wahrscheinlich hätten Kulturpolitiker auf ihn ebenso wenig gehört, wie Wirtschaftspolitiker auf Wirtschaftsweise. Nur gibt es von denen mehr als "Sprachweise", wie Sick für mich einer ist. Und wenn ich ihm nun schon diesen Titel hier verleihe, dann ist klar, dass ich das Buch jedem Interessierten nur als "sehr lesenswert" empfehlen kann. Andererseits frage ich mich zuweilen aber auch, ob Sick letztlich vielleicht doch gegen Windmühlen kämpft, ob die von ihm beklagten Strömungen, mit denen die Sprache sich verändert, evtl. so stark werden, dass seine Kolumnen und Bücher in nicht allzu ferner Zeit die eines Bewahrers, eines ewig Gestrigen, sein werden, an den man sich nicht bewundernd, sondern mitleidig lächelnd, erinnert. Davor kommt aber sicher Folge 3 auf den Büchermarkt; jedenfalls hoffe ich das.

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Amelie Fried; Verborgene Laster und andere Geständnisse
Heyne Taschenbuch; ISBN
: 3-453-87129-4

Die Autorin gibt sie preis, ihre Laster, so dass sie nicht länger verborgen sind. Glaubhaft und offen (schließlich trägt das Buch ja auch auch das Wort Geständnisse im Untertitel) und ohne jegliches Stargehabe. So hat mir dieses Buch, obwohl eher für Geschlechtsgenossinnen der Autorin geschrieben, durchaus Spaß gemacht. Zwar wirken manche Sequenzen - wohl gerade weil sie so ehrlich rüberkommen - so alltäglich, um nicht zu sagen banal, dass man sich fragt: Ist das wirklich der Stoff, um ein Buch damit zu füllen, ist das Literatur? Hier sollte man jedoch "strafmildernd" berücksichtigen, dass Amelie Fried die Texte ursprünglich nicht als Buch geschrieben hat, sondern dass der Heyne-Verlag hier ihre Kolumnen in einer Frauenillustrierten in Buchform zusammengefasst hat. Insgesamt 52 kurzweilige unterhaltsame Einwürfe auf 172 Seiten.

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Peter Mayle; Mein Jahr in der Povence
Knaur Taschenbuch; ISBN
: 3-426-03248-1
281 Seiten

Aus Anlass eines bevorstehenden Provenceurlaubs griff ich Ende 2006 wieder zu diesem Buch, das ich bereits 1993 zum 1. Mal las. Und die Nennung all der Ortsnamen Menerbes, Bonnieux, Lacoste, L'Isle sur la Sorgue, Gordes, Carpentras u.a.m. ließen meine Erinnerungen an diesen schönen Flecken Erde wieder aufleben. Peter Mayle, in die Provence gezogener Engländer, beschreibt in diesem Buch, dem später dann noch "Encore Provence" und "Toujours Provence" folgen sollten, von Januar bis Dezember eines Jahres seine Erlebnisse mit dem Klima der Region, der Sprache und Mentalität und Gewohnheiten ihrer Bewohner. Beim Letzteren spielt selbstverständlich das wichtigste Organ eines Provencalen, sein Magen, eine wesentliche Rolle und so erfährt man auch viel über die typische Küche Der Autor beschreibt all dies so, dass man beim Lesen glaubt, Lavendel zu riechen, Pastis zu schmecken, das Klack-Klack der Boules-Kugeln zu hören, an einem mit blau-gelben Tuch überzogenen Tisch in der Sonne zu sitzen und die Ockerfelsen von Roussillion im Hintergrund zu sehen. Alles ist so präsent, dass es an einem grauen, nebligen Dezembertag viel Vorfreude auf den nächsten Provenceaufenthalt aufkommen lässt; auch wenn dieser leider viel kürzer als ein Jahr dauern wird.

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Tim Moore: Alpenpässe und Anchovis
Verlag Covadonga; ISBN
: 3-9366973-05-9
320 Seiten

Ein Buch, das insbesondere Radsportfans gerne und genüsslich lesen werden. Gerne, weil Tim Moore so trefflich beschreibt wie schön und wie hart zuweilen das Leben auf einem schmalen Rennradsattel sein kann und genüsslich, weil er dies mit so unendlich viel und typisch englischem Humor tut. Insbesondere seine Vergleiche lassen einen immer wieder herzlichst lachen. Zuweilen erinnerten mich Autor und Buch ein wenig an Bill Bryson, zum Beispiel dessen "Picknick mit Bären"; nur geht es halt in "Alpenpässe und Anchovis" nicht ums Wandern, sondern um das bekannteste Radrennen der Welt, die Tour de France. Genauer gesagt, es geht darum, dass Tim Moore die Strecke der Tour abfährt; und dabei betrügt wie die Profis, wobei der Betrug bei ihm nicht aus EPO und Blutkonserven und Testosteronpflaster auf den Hoden, sondern aus Abkürzungen und Auslassen der schwierigsten Streckenteile besteht. Aber auch das macht er mit so viel Charme, dass man ihm nicht böse sein kann. Nebenbei erfährt man auch viele Fakten über die Historie der Tour.

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Frank Schätzing: Lautlos
Goldmann-Verlag ; ISBN
13: 978-3-442-45922-3
703 Seiten

Nachdem ich "Der Schwarm" gelesen hatte, las ich den davor geschriebenen Roman "Lautlos" und ich muss sagen, der Autor hat sich mächtig entwickelt: Die Klasse von "Der Schwarm" hat "Lautlos" bei Weitem nicht. In diesen Politkrimi hat Schätzing so Unterschiedliches verarbeitet wie die IRA, Bill Clintons Monicagate, Köln-Düsseldorfer Lokalkolorit (wobei Lokal hier durchaus doppeldeutig zu verstehen ist), die Liebe (seine Liebe?) zum Whisky, Milosevics Rache für das Amselfeld und dazu noch Technisches, und zwar aus dem Metier des Hauptakteurs O'Connor, eines irischen Nobelpreisaspiranten für Physik, der auch noch für eine Liebesgeschichte mit einer Mitarbeiterin seines Verlages herhalten muss. Gegen Ende des Buchs mag man dem Autor nicht mehr so recht folgen; spätestens als der im Sterben liegende Verlagslektor noch zum Philosophieren Lust hat, hab ich mich durch den Rest des Buchs gequält. Fazit: Wenn Schätzing, dann "Der Schwarm"! .... oder sein neueres Werk "Breaking News"

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Sebastian Fitzek: 

Die Therapie

Knaur-Verlag ; ISBN: 3-426-63309-4
272 Seiten

Ein Psychothriller wegen dessen ich am nächsten Morgen übermüdet und mit dunklen Ringen unter den Augen zur Arbeit ging; ich konnte nämlich das Buch, abends mit dem Lesen angefangen, einfach nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte handelt von einem Psychiater, dessen kleine Tochter spurlos verschwand und der dann - 4 Jahre später- auf einer Nordseeinsel einer schizophrenen Frau begegnet, die immer mehr in die Sache zu verwickelt sein scheint oder tatsächlich ist. Es gelingt dem Autor vortrefflich die Spannung aufzubauen und lange zu halten. Der Schluss: man kann ihn mögen, man muss es aber nicht. Überraschend, ungewöhnlich, phantastisch (im wahren Sinn des Wortes) ist er auf jeden Fall. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass der Autor bis zu seinem nächsten Thriller noch etwas an seinem Schreibstil feilt; er ist mir in "Die Therapie" manchmal etwas zu sehr "Klein-Erna-mäßig", zu viele Klischees und Wiederholungen. Und trotzdem: sehr lesenswert 

PS: Von Sebastian Fitzeck ist hier auch rezensiert: Flugangst 7a.

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Frank Schätzing: Der Schwarm
Fischer- Taschenbuchverlag ; ISBN
13: 978-3-596-16453-0;
987
Seiten

Ich habe mir dieses Buch gekauft, weil mir die Umschlaggestaltung häufig aufgefallen war; immer wieder sah ich Leute mit diesem dicken schwarzen Wälzer vor der Nase: auf der Parkbank, im Zug, im Cafe, ja selbst in der Sauna sah ich das Cover mit dem blau leuchtenden Kreis. Was war da abgebildet? Ein Auge? Eine Pupille? Gespannt darauf las ich mich durch die ersten Seiten, auf denen sich die Handlung zunächst etwas schleppend dahinzieht. Aber nach und nach baut der Autor den Spannungsbogen immer mehr auf, so dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte. Und spätestens ab Seite 776 wusste ich, was auf dem Titel abgebildet war: Kein Auge, etwas ganz, wirklich ganz, Anderes! Spezifisches Wissen, dem eine unglaublich umfängliche Recherche vorausgegangen sein muss, über insbesondere das Meer, die Wale darin und die Tiefseeforschung, aber auch über Biologie und Geologie, über die Indianer Kanadas und über die Eskimos und über die Evolution der Menschheit hat Frank Schätzing in eine spannende Handlung eingewoben. Man könnte es sich einfach machen und die 1000 Seiten in 3 mal 5 Worten zusammenfassen: Das hieße dann "Krieg der Sterne im Meer" oder "Philosophie im James Bond-Look" oder "Genwissenschaft in Jerry Cotton-Manier". Aber mit solchen Schlagwörtern würde man dem Werk und dem Autor unrecht tun. Denn da steckt sehr viel mehr drin: Da ist auch ganz viel Achtung vor der Schöpfung mit dabei! Wenn Klein-Erna sich fremde intelligente Wesen als kleine grüne Männchen vorstellt, dann ist Schätzing zu Klein-Erna so diametral entgegengesetzt, wie man es sich nur dann vorstellen kann, wenn man das Buch gelesen hat. (Anm: von Frank Schätzing stammt  - beide hier ebenfalls rezensiert -  auch "Lautlos" und   "Breaking News").

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Tommy Jaud: Resturlaub 
Scherz-Fischr-Verlag ; ISBN 13: 978-3-502-11004-0, 248 Seiten

Jedem, der lockere, leichte Lektüre sucht, kann ich dieses Buch (das 2. von Tommy Jaud nach "Vollidiot") nur empfehlen. Während einer (!) Bahnreise habe ich es verschlungen. Einfach super oder "subber" wie der Hauptakteur, "de Beder", genannt Pitschi, sagen würde, wenn er nicht grad in Buenos Aires versucht, seine Herkunft aus dem fränkischen "Bambersch" zu verleugnen. 248 Seiten bieten 248 mal Anlass, mindestens zum Schmunzeln, meist zum amüsierten Kichern und oft genug zum herzhaften Lachen. Was will man mehr von einem Buch dieses Genres? ... und das meine ich keineswegs abwertend. Einfach köstlich wie die kleinstädtische Idylle für Peter Greulich zunehmend enger wird, wie er versucht in Argentinien Fuß zu fassen und wie er ... Aber was erzähl ich das? Lesen Sie "Resturlaub" doch selbst ! Ich verspreche, es lohnt sich. Eines noch als Nachtrag: "Sollten Sie, Herr Jaud, sich mit dem Gedanken tragen, kein 3. Buch zu schreiben, kann ich Ihnen nur sagen: Des kannst net machen, weil das geht echt net."

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Frank Schirrmacher: Das Methusalem-Komplott 
Karl Blessing Verlag: , ISBN 13: 978-3-89667-310-7, 220 Seiten

Diskussionen um die Demographie kennt man spätestens seit Norbert Blüms "Die Rente ist sicher". Schirrmacher geht weit hinaus über die alltäglich gewordenen politischen Debatten über Alterspyramiden, Renten- und Pflegeversicherung, Lebensarbeitszeit und all die Statistiken dazu; er denkt konsequenter vor als Andere und kommt zu spektakulären Schlüssen. Fast stakkatoartig schießt Schirrmacher seine Thesen ab, oft kurze knappe Sätze, so gar nicht die gewundene Sprache anderer Intellektueller. Ungeschminkt prangert der Autor die Überalterung unserer Gesellschaft und den Jugendwahn an; sagt voraus, dass unsere Gesellschaft daran zugrunde gehen wird uns sieht Rassismus gegen Alte, gar Euthanasie und massenhafte Suizide auf uns zukommen. Aus seinem Buch spricht mehr als Verwunderung darüber, dass wir in Anbetracht der absehbaren Entwicklungen so relativ ruhig bleiben; zuweilen scheint es regelrechte Wut zu sein, die Schirrmacher treibt. Ich werde mir unbedingt auch sein neues Buch "Minimum" besorgen.

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Heinz Berggruen: Hauptweg und Nebenwege 
Nicolai Verlag: , ISBN: 3-87584-597-8 , 262 Seiten

Ein aufregendes Leben, das Leben des 1914 geborenen Autors. Vom Journalist zum Kunstsammler geworden, emigriert und in die Heimatstadt Berlin zurückgekehrt, kreuzte sich sein Lebensweg mit dem vieler Großen der Kunstszene. Allen voran ist wohl Picasso zu nennen. Auch Paul Klee, aus dessen Oeuvre der Titel des Buches entliehen ist, spielt in der Sammlung Berggruen, die heute in Berlin zu sehen ist, eine bedeutende Rolle. In dem Buch erfährt man viel über die Kunstszene des 20. Jahrhunderts und das Leben der sie prägenden Künstler und Sammler und Galeristen. Kurzweilig reiht Berggruen die Anekdoten, die er mit ihnen erlebte, anneinander. Für Kunstinteressierte ein Muss und für Literaturinteressierte lautet ...

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Uli Röhm und Wilfried Voigt: Tatort Autobahn 
campus Verlag: , ISBN-10: 3-593-37316-5 , 222 Seiten

Mit tiefgehender Sachkenntnis beschreiben die Autoren Ursachen und Auswirkungen organisierter Kriminalität in der Speditionsbranche. Der Bogen reicht von der Hinterziehung von Zöllen, Umsatz-, Kfz- und anderer Steuern sowie Sozialabgaben über illegale Beschäftigung ohne Arbeitserlaubnis,  Dumpinglöhnen, Knebelverträgen bis zur Erpressung usw. Mafia und Camorra seien - so ein Zitat - angenehme Zeitgenossen im Vergleich zu den Arbeitgebern dieser Branche; sicher nicht allen, aber für viele, denn für die Branche gilt halt auch  - und das wird nachvollziehbar beschrieben -  dass der Ehrliche der Dumme ist.  Mutig und offen werden unter Nennung der Namen der betr. Fa. deren  jeweilige Praktiken  geschildert und angeklagt. Aufwendige Recherchen und sicher auch die ein oder andere Connection zu Insidern und Maulwürfen waren hierfür vermutlich erforderlich. Da ist zum Beispiel der Zigarettenschmuggel (Hätten Sie geglaubt, dass ein (!) mit Zigaretten voll beladener LKW, der am Zoll vorbei geschmuggelt wird, einen Gewinn von einer Million Euro bedeutet?). Breiten Raum nimmt auch die Beschreibung der Knebelverträge mit scheinselbständigen Fahrern ein. Ebenso werden Steuer- und Sozialabgabenhinterziehung angeprangert, die ihre Ursachen darin haben, dass aufgrund eines europaweit verzweigten Netzes von Schein- und Briefkastenfirmen den Firmeninhabern letztlich kaum noch nachgewiesen werden kann, nach welchem nationalen Recht, in welcher Höhe und in welchen Staat die Abgaben zu entrichten gewesen wären. Die Nachgiebigkeit von Politik und Verwaltung wird kritisiert, wenn die von Ermittlungen und Nachforderungen betroffenen Firmen und Insolvenzverwalter die Arbeitsplatzkeule schwingen. Und last not least die Situation der Fahrer, nach 45 Stunden hinterm Lenkrad (S. 124), nach 404 Stunden Arbeitszeit am Monatsende (S. 122) und nach dem Aufessen (!) der Fahrtenschreibertachoscheibe vor den Augen der Kontrolleure (S. 143). Aber die Autoren unterbreiten auch Vorschläge zur Bekämpfung der Misstände: der einfachste davon ist, den Fahrtenschreiber mit einer außen angebrachten Leuchte zu verbinden, die ein Überschreiten der zulässigen Lenkzeit signalisiert;  zu den wichtigsten gehören, die Vernetzung der Behörden im Inland, härtere Strafen für Serientäter, die Fahrer zu Kronzeugen der Anklage zu machen und die Kooperation mit der ausländischen Justiz. Ein Statistikteil am Schluss rundet das Buch ab.

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Heinrich Harrer: Mein Leben 
Ullstein Verlag: , ISBN 3-550-07524-3, 571 Seiten

Der Tod des Autors am 7.1.2006 war mir Anlass, mich wieder mit seiner Person und speziell diesem Buch zu befassen und ich fand - um mein abschließendes Urteil mal vorwegzunehmen - die Autobiographie sehr, sehr beeindruckend.
U.a. schildert der in Österreich geborene Heinrich Harrer darin - einigermaßen nachvollziehbar,ich sage nicht entschuldbar - auch die Ereignisse, die zu seiner NSDAP-Mitgliedschaft führten; seine SS-Uniform eines Scharführers bei seiner Hochzeit will man ihm dann trotzdem nicht ganz nachsehen. Selbst wenn er am Ende des Buches in einer Art Gesamtresümee seines Lebens das Thema nochmals aufgreift.
Höchsten Respekt und Anerkennung hingegen gebührt ihm mit Blick auf die Erstbesteigung der Eiger-Nordwand vom 21.- 24.7.1938. Hat man, wie ich, zuerst den Film "7 Jahre in Tibet" gesehen und dieses Buch erst danach gelesen, so ist man vielleicht davon überrascht , wie nah Regisseur Annoud, Drehbuchautorin und Brad Pitt in der Rolle des Heinrich Harres an den Realitäten geblieben sind. Die Flucht aus der englischen Internierung in Indien, die Strapazen des langen Marsches, schließlich die Ankunft in Lhasa und das Zusammentreffen mit dem Dalai Lama bis zur "Befreiung Tibets durch die Chinesen" sind die wesentlichsten Inhalte dieses Teils des Buches. Aber die Jahre in Tibet von 1944 bis 1951 sind nur ein kleiner Teil des Lebens Heinrich Harrers und damit dieses Buches. In der Folge hat Harrer - um nur einige seiner vielfältigen Aktivitäten zu nennen - als Photograph, als Expeditionsleiter, als Ethnologe, als Geograph, als Buchautor, als Weltenbummler und "Mann von Welt" von den Anden bis Alaska, von Brasilien bis Neuguinea ein überaus bewegtes Leben geführt. Dies wird ansatzweise auch durch eine Reihe schöner Fotos im Buch deutlich ( leider ist es aber auch so, das Harrer im Text an manchen Stellen Fotos erwähnt, die er gemacht hat, und die man im Bildteil dann vergeblich sucht; möglicherweise eine Frage von Verlagsrechten o.ä.).
Viele Wünsche konnte er sich bis zu seinem Tod erfüllen; die Erfüllung seines größten Wunschs jedoch, ein freies Tibet, blieb ihm versagt.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

 

  

 

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Dietrich Grönemeyer: Der kleine Medicus 
Verlag: rowohlt, ISBN 13:978 3 498 02500 7, 360 Seiten

Der Autor verpackt Wissenswertes über den menschlichen Körper in eine Kinderbuch-Phantasiegeschichte. Grönemeyer bringt darin - wenn ich ihn richtig verstehe - seine Auffassung zum Ausdruck, nach der High-Tech-Medizin einerseits und "Nicht-Schul-Medizin" andererseits (unter Letzterem sollen hier die Traditionelle Chinesische Medizin, das Ayurveda und auch Großmutters Hausmittelchen in gleicher Weise subsumiert werden) keineswegs unvereinbare Gegensätze darstellen, sondern sich durchaus sinnvoll ergänzen können. In diesem Sinn ermöglichen Micro Minitec, eine Art "Lara Croft der Medizintechnik", und ihr Chef, Dr. X, den Kinderbuchfiguren, an der Spitze Nanolino, der kleine Medicus, durch den menschlichen Körper zu reisen. Dafür dass es nicht zur Science Fiction wird, sorgen die eingestreuten Hausrezepte vom Gurgeln mit Salbeiöl (S. 84, bei Mandelentzündung) übers multifunktionale Heublumensäckchen (Seite 167) bis zum Anti-Pups-Tee (S. 125, Kümmel- u. Anissamen). Die Reise durch den Körper wäre durchaus ein Stoff, dem sich Steven Spielberg mal annehmen sollte; das könnte - wenn ich mir die Beschreibungen Grönemeyers der inneren Organe computersimuliert vorstelle- vielleicht ein Kassenschlager werden. Ausnahmsweise vergebe ich hier mal 2 Bewertungen:

Meine Bewertungen:

Für Kinderbuchinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

 

 

  

 

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Herbert Rosendorfer: Ein Liebhaber ungerader Zahlen 
Verlag: dtv, ISBN 3-423-12307-0, 134 Seiten

Ein wahrer Rosendorfer-Fan bleibt ein solcher auch nachdem er "Die große Umwendung" gelesen hat. Deshalb habe ich dieses Buch gekauft, das sich schnell als typisches Rosendorfer-Buch erwies. Wieder wurde offensichtlich manches Autobiographische und eigenes Erleben eingearbeitet. Ich denke an den Bezug zu Italien (Der Autor ist gebürtig in Bozen und lebt heute wieder in Südtirol) und der Oberpfalz und an die Szenen, die sich mit der literarischen Arbeit befassen. Den Titel finde ich etwas irreführend, ebenso das Cover: Der heilige Hironymus und zwei Engel. Solche Schutzengel hätte man der schrulligen, zumeist mürrischen und trotzdem liebenswerten Hauptfigur (Signor Lepper) mit ihrem Kleppermantel gewünscht, als sie im Verkehrsgetümmel Roms versuchte, den Brunnen auf der Piazza Barberini zu erreichen. Neugierig geworden auf den Mann mit dem Kleppermantel? Dann lesen Sie "Ein Liebhaber ungerader Zahlen" und kaufen Sie sich "Briefe in die chinesische Vergangenheit" und "Das selbstfahrende Bett" gleich mit.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

Zeitverschwendung

   

  

 

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Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 
Verlag: KiWi Paperback, ISBN 3-462-03448-0, 230 Seiten

Erinnern Sie sich noch an Eike Hirsch, der vor vielen Jahren im Stern eine Kolumne hatte, in der er sich regelmäßig mit der deutschen Sprache auseinander setzte? ... und der seine Kolumnen in dem Buch "Den Leuten aufs Maul schauen" veröffentlichte? Bastian Sick ist sein würdiger Nachfolger. Er hat seine Beiträge ("Zwiebelfisch-Kolumnen") im Spiegel, nun in diesem Buch veröffentlicht. Der Zwiebelfisch, eigentlich eine Karpfenart, bezeichnet im Buch- und Zeitungsdruck einen versehentlich in der falschen Schriftart  gesetzten Buchstaben. Sick hat es sich zur Aufgabe gemacht, falsch gesetzte Wörter aufzuspießen.  Wenn Sie nicht wissen, ob Sie beim Ober " 2 Pizzas" oder "2 Pizzen" bestellen sollen, ob Sie "scheinbar" oder "anscheinend" sagen sollen, warum man "Mordsspaß" und "Rindsleber", aber "Mordopfer" und "Rindfleisch" sagt und - um auf den Titel zu kommen - warum es "im Herbst dieses (Genitiv) Jahres", aber "im Herbst letzten (Dativ) Jahres" heißt, dann sollten Sie dieses Buch lesen. So ganz nebenbei werden Sie merken, dass Sie doch auch mal wussten, was ein reflexibles Verb, was das Gerundium, was das Plusquamperfekt und was ein Suffix ist. Regelrecht genossen habe ich das Kapitel, in dem Sick die teilweise groteske Verweiblichung von Hauptwörtern anprangert: z.B. indem von Autoren die Rede ist, die Leserinnen und Leser ansprechen, Politiker die Wählerinnen und Wählern danken und Priestern die Gläubiginnen und Gläubige begrüßen. Oder in dem er sich fragt, warum eigentlich niemand von Schwarzfahrerinnen und Schwarzfahrern spricht oder von Sozialschmarotzerinnen und Sozialschmarotzern. Das sind doch berechtigte Fragen, liebe Homepageleserinnen und liebe Homepageleser. Ich bin gespannt auf den im Aug. 2005 erschienenen Fortsetzungsband (= Folge 2 ; Anm.: zw.ztl. liegt auch Folge 3 vor) und kann zusammenfassend nur sagen ... 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Frederic Beigbeder: Neununddreissigneunzig 
Verlag: Rowohlt TB, ISBN 3-499-23746-6, 272 Seiten

Selten so was Bissiges, Schonungsloses gelesen.  Es spielt in einer Welt, in der bei der Fußball-Weltmeisterschaft nicht Frankreich Brasilien besiegt, sondern adidas nike (Seite 44) und in der der Umsatz von microsoft dem Bruttosozialprodukt von Belgien entspricht (Seite 79). Das Buch ist eine knallharte Abrechnung. Zuerst mit Konsum und Werbebranche und ab dem Kapitel II 2 mit unserer Zivilisation schlechthin. Man bekommt  Mitleid mit "homo consumans". Zart Besaitete empfehle ich jedoch, das Buch zu meiden. 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Jilliane Hoffman: Cupido 
Verlag: Rowohlt TB, ISBN 3-499-23966-3, 476 Seiten

Es geht in diesem Buch um Vergewaltigung und Mord. Und um die Eigenarten des amerikanischen Justizsystems. Nach dem Start durchlebt der Roman eine lange Durststrecke, die auch nach der eingewobenen Liebesgeschichte der Hauptfigur mit einem ihrer Mitarbeiter nicht kurzweiliger wird, um dann am Schluss wieder an Spannung zuzunehmen.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Petra Hammesfahr: Belas Sünden 
Wunderlich Taschenbuch , ISBN 3-499-26519-2, 319 Seiten

Man  nehme einen Liebesroman, dazu den Stoff eines Kriminalromans, also einen Mord, gebe eine Prise Erotik dazu und beschreibe im Roman, wie ein Roman entsteht, mixe alles kräftig durch, was im Roman zu vielen Zeitsprüngen führt und nehme dann noch sehr viel Mut, das Ganze um ein sehr heikles Thema zu ranken. So erhält man "Belas Sünden". Sie meinen, so viel Zutaten könnte vielleicht statt eines Menüs,  ein Eintopf werden? Nun, das kann schon sein. Probieren geht über Studieren, d.h. kosten Sie selbst. Lesen Sie "Belas Sünden".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Paulo Coelho: Der Dämon und Fräulein Prym 
Diogenes-Verlag, ISBN 3-257-23388-4, 200 Seiten

Wieder einmal hat Paulo Coelho hier seine Träume zu Papier gebracht. Ähnlich wie "Der Alchimist" ein modernes Märchen; ähnlich wie in alten Märchen finden sich Dämonen, Engel und eine vermeintliche Hexe in den Hauptrollen. Eine junge Frau, Chantal Prym, lässt sich zunächst auf eine makabre Wette ein, die aufzeigen soll, dass das Böse über das Gute obsiegt; sodann dreht sie diese geschickt in das Gegenteil um, weil sie glaubt, damit ihr Heimatdorf Bescos vor der zweiten Heimsuchung durch das Böse zu bewahren. 
Mich stört es, typische Akteure und Themen aus Fabeln, Sagen und Märchen in die Gegenwart platziert zu sehen, wo sie auf einer Buchseite in Geschichten um E-Mails, Drogenbarone, Grundstückspreise u.ä. eingewoben sind. Daher muss ich nach zwei Büchern von Coelho zu dem Resümee kommen, dass "er wohl nicht  mein Fall ist." 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Bill Bryson  Frühstück mit Kängurus
Goldmann-Verlag, 2002,ISBN 3-442-45379-8, 412 Seiten

 In seinem typischen Erzählstil, der mir schon aus "Picknick mit Bären" und "Streifzüge durch das Abendland" bekannt war,  schildert Bill Bryson, der auch "Eine kurze Geschichte von fast allem"  geschrieben hat, wieder eine Fülle von Ereignissen, benennt unzählige Daten und Fakten aus Geschichte, Geographie und Kultur Australiens. Der hohe Respekt, den Bill Bryson der Schöpfung, insbesondere der Flora und Fauna entgegenbringt, ist an vielen Stellen des Buches zu spüren und wirkt gewissermaßen "ansteckend" auf den Leser ( ... und dies ist sicher in der Absicht des Autors). Meine Bewertung will ich dieses Mal ausnahmsweise zweigeteilt vornehmen: Für den, der bald nach Australien reist, ganz klar "ein Muss"; für Andere neige ich zu "es gibt Besseres", so dass ich im Schnitt zu folgendem Fazit gelange: 

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Dan Brown  Illuminati

In der Annahme, Dan Brown müsse was ganz Besonderes sein - wo doch jedermann davon spricht und sich in den großen Buchhandlungen vor dem Regal, wo seine schwarz-roten Bände ausgestellt sind, stets eine Menschentraube bildet - in dieser Annahme also, griff ich zu Illuminati. Und wurde ziemlich enttäuscht. Die Ähnlichkeit mit Jerry Cottton, den ich vor 40 und mehr Jahren mit der Taschenlampe unter der Bettdecke las, wird mit jeder Seite größer. Daher lautet ...

meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

es gibt Besseres

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Bill Bryson 
 
Eine kurze Geschichte von fast allem
Goldmann-Verlag, München, 2004,
 ISBN 3-442-31002-4

Wer Bill Bryson kennt, etwa aus "Picknick mit Bären" oder "Streifzüge durch das Abendland" wird ein solches Buch nicht erwarten! Ein Buch, ausschließlich naturwissenschaftlichen Inhalts: Astronomie, Geologie, Physik, Chemie, Biologie, Botanik,... bilden die Schwerpunkte, um nur einige zu nennen. Schwarze Löcher, Quarks, die Relativitätstheorie, der Urknall, die Quantentheorie, die Plattentektonik, Asterioiden, das System der Arten u.v.v.a.m werden in 30 Kapiteln und auf 671 Seiten erklärt. Leider fehlt es völlig an bildhaften Darstellungen; dafür wird aber das Verständnis häufig durch griffige Vergleiche oder Humor gefördert.  Beispiele: Die Wärmemenge, die der Golfstrom jeden Tag nach Europa trägt, ist ebenso groß wie jene, die auf der ganzen Erde im Lauf von 10 Jahren durch Verbrennung von Kohle erzeugt wird.  Oder im Zusammenhang mit absoluter und relativer Größe des Gehirns: Elefanten und Wale haben ein größeres Gehirn als wir (Menschen) und doch dürfte es uns leicht fallen, sie bei Vertragsverhandlungen über den Tisch zu ziehen. Trotzdem ist das Buch keineswegs leichte Kost; es kostete mich sehr wohl Durchhaltevermögen.

Kritisch anzumerken ist folgendes: Den Titel finde ich etwas irreführend (es sei denn, man betont das "fast" ganz stark), denn es fehlen sämtliche Geisteswissenschaften; Philosophie, Kunst, Musik, Literatur u.a. kommen nicht vor. Zweitens finde ich den Einband des Goldmann-Verlages, der wohl eine Art Bauanleitung für diese unsere Erde darstellen soll (?), nicht sonderlich gelungen und 3. kommen Genies der Naturwissenschaft aus dem deutschsprachigen Raum - mit Ausnahme Großbritanniens könnte man gar sagen, aus Europa - gegenüber solchen aus Amerika oder Australien für meinen Geschmack etwas zu kurz. Aber dieser Eindruck hat wohl was mit meinem Weltbild zu tun, das zwangsläufig ein anderes als das von Bill Bryson ist.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Peter Mayle  Encore Provence
Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nf. , München, ISBN 3-426-61913-X

Eigentlich war ich der Meinung, Peter Mayle müsse in "Mein Jahr in der Provence" und "Toujours Provence" bereits alles über diesen von Gott begnadeten Landstrich im Süden Frankreichs berichtet haben und wollte mir diesen dritten Band der Reihe gar nicht kaufen. Ich tat dies denn doch und habe es nicht bereut. Gefällig verpackt präsentiert der Engländer Mayle, der seinen Dauertourismus in die Provence durch einen vierjährigen USA-Aufenthalt unterbrochen hatte, Kurioses und Erstaunliches. Oder wussten Sie, dass die durchschnittliche Niederschlagsmenge in der Provence der von London entspricht? Allerdings ist sie in der Provence sehr viel konzentrierter; das Ausmaß der Konzentration wird anhand ihrer Wirkung auf die überforderte Kanalisation plastisch beschrieben. Oder war Ihnen bewusst, dass  die Relevanz des Streits zwischen Toulon und Marseille, ob in die Bouillabaise Kartoffeln gehören oder nicht daran deutlich wird, indem dieser zwar nicht von der Menschenrechtskonvention, dann jedoch zumindest vom Innenminister (in dessen Zuständigkeit der Magen doch schließlich fallen müsse) zu entscheiden sei? Oder, dass die Marseillaise nicht in Marseille, sondern in Straßburg als Marschlied der Rheinarmee komponiert wurde. Apropos Marseille: dieses Kapitel könnte einem Reiseführer entsprungen sein und zusätzlich mit dem Kapitel über die Parfumerzeugung in Grasse und die Haute Provence fast dazu führen, dieses Mayle-Buch hier der Kategorie Sachbücher zuzuordnen. Alles in Allem lautet ...  

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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TommyJaud  Vollidiot
Verlag: ARGON-Verlag, 

ISBN 3-87024-751-7

Ein Buch, das ich beinahe alle 2 Seiten hinlegen musste, weil ich so lachen musste, nein lachen konnte."Schneller als der 1. FC Köln zuhause in Rückstand gerät" (um nur einen der vielen gelungenen Vergleiche des Autors zu zitieren) war ich von dem Buch eingenommen, nachdem ich es eigentlich nur zum Blättern in die Hand genommen hatte. Exzellent gelingt es Tommy Jaud, seine Hauptfigur Simon Peters und all die anderen Akteure und Charaktere des Kölner Großstadtmilieus darzustellen. Man sieht jeden Einzelnen beim Lesen vor sich, als kenne man ihn schon lange. Das ist - um es im Jargon von Simon Peters zu sagen - "megageil gemacht, echt Chef ". Ich, der ich nicht der Generation Golf II angehöre, sage halt: ein amüsantes, kurzweiliges Buch; es liest sich flott, weil man ständig gespannt ist, ob Simon denn nun auf der nächsten Seite zu dem ersehnten Piekser kommt. Sie wissen nicht, was ein Piekser ist? Dann lesen Sie das Buch! Vielleicht wie ich, d.h. die 284 Seiten an einem Nachmittag. Wenn ja, dann sagen Sie danach vielleicht auch: Kein Klassiker der Weltliteratur, aber... (gilt übrigens auch für Tommy Jauds 2. Buch "Resturlaub")

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Marcel Reich-Ranicki  Mein Leben
Hörbuch auf 2 Casetten

Ich habe dieses "Buch" nicht gelesen; ich habe es (teilweise) gehört, auf 2 Casetten liest der Autor ausgewählte Passagen des Buches vor. Beeindruckend und bedrückend. Letzteres deshalb, weil natürlich (Reich-Ranicki ist 1920 geboren) das düsterste Kapitel des letzten Jahrhunderts im Mittelpunkt steht. Da sind zunächst die Passagen, die von dem Schüler in Zeiten der Weimarer Republik erzählen, die schildern, wie schleichend und doch unaufhaltsam die braune Brühe steigt; zum Beispiel wie sich seine Lehrer nach der Machtergreifung Hitlers verhielten, seine Erinnerungen an den "Rassekundeunterricht" (mit einer eingeflochtenen Erzählung eines Schülertreffens in den 60er Jahren). Sehr eindrucksvoll erinnert sich Reich-Ranicki sodann an seine Erlebnisse im Warschauer Ghetto. Wie er den Abschied von seinen Eltern schildert, die in den Zug getrieben werden, um in den Gaskammern von Treblinka zu  - man muss es so sagen -  verenden, geht unter die Haut. Ebenso die Sequenzen, als er seine spätere Frau Tosia kennen lernt, als ihm die Kenntnis der Spielernamen von Hertha BSC zum Vorteil gereicht, in der er die Verwunderung der Insassen des Ghettos schildert, als diese (ausnahmsweise) zwei Deutsche erleben, die ihrem Konzert zuhören und sich wie zivilisierte Menschen verhalten. Schließlich, wie er 1970 den Kniefall Willy Brandts erlebte und wie er ihn wertet. Ich will und habe hier nur dieses Hörbuch zu bewerten:

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

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Friedrich Dürrenmatt:  Der Verdacht
Rowohlt-Verlag Bd. 448; 121 Seiten, ISBN 3-499710448-2

Ein modernes Hörbuch auf CD veranlasste mich, wieder zu diesem vor 32 Jahren gekauften rororo-Bändchen zu greifen; so wurde es möglich, zu hören und in zwischenzeitlich stark vergilbten Seiten Altes (aber nicht mehr Bekanntes)  zu lesen:

Der 1953 verfasste Roman handelt von dem schwerkranken Schweizer Kriminalkommissar Bärlach ( s.a. den ein Jahr zuvor entstandenen Roman "Der Richter und sein Henker"), der aufgrund eines Fotos aus dem Jahr 1945, das einen Arzt während einer Operation zeigt, einen schwerwiegenden Verdacht schöpft. Nämlich den, dass der Leiter eines teuren Züricher Privatsanatoriums, Chefarzt Dr. Fritz Emmenberger, identisch ist mit einem SS-Folterknecht, der im Lager Stutthof bei Danzig unter dem falschen Namen Nehle operierte, ohne dabei die vorhandenen Narkosemittel einzusetzen. Der Kommissar begibt sich freiwillig in die Hände dieses Ungeheuers, um den Verbrecher doch noch zu überführen. Der Verdacht bestätigt sich.  Beinahe hätte Bärlach das gleiche Schicksal erleiden müssen, wie die KZ-Insassen in Stutthof, wäre nicht in Person des Juden Gulliver (dem einzigen Überlebenden der grausamen Praktiken Emmenbergers) rechtzeitig sein Retter erschienen.
Zu dieser abenteuerlichen Geschichte, die absurd anmutet, ohne es wirklich zu sein, lautet .....

Meine Bewertung:

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Walter Schmidt; Praktische Personalführung und Führungstechik

- Handbuch für die Übernahme von Führungsverantwortung -
Gröbenzell ; Jan.1999 ;
Sauer-Verlag, Reihe Heidelberger Fachbücher für Praxis und Studium
ISBN 3-7938-7204-1 , 220 Seiten 


Das Buch gliedert sich im wesentlichen in 4 Kapitel : Grundsätze der Personalführung (Individualität/Sensitivität, Zielorientierung u. Zielvereinbarungen, Delegation, Motivation), die Führungspersönlichkeit (Autorität, Verantwortung, Persönlichkeit/Karriere/Führungsverhalten), die Führungsmittel (Kontrolle, Kritik, Unterweisung, Mitarbeitergespräch, Anerkennung, Zeitmanagement), teamorientierte Führungstechniken (Gruppenarbeit, Problemlösetechniken, Förderung von Mitarbeiterinitiativen).
Es ist damit umfassend, ohne ausschweifend zu werden.
Unter der Überschrift Individualität/Sensitivität findet sich erfreulicherweise auch ein Kapitel "Hinhören lernen", was vielen allzu egozentrierten Führungskräfte sicher zu empfehlen ist. Hier wird auch der immer noch aktuelle Dale Carnegie zitiert. Ansonsten wird intensiv auf die Transaktionsanalyse nach Thomas A. Harris u. Eric Berne (das kritische und das unterstützende Eltern-Ich, das angepasste und das natürliche Kind-Ich sowie das Erwachsenen-Ich) eingegangen und wird die Körpersprache behandelt. Im nächsten grundsätzlichen Kapitel wird deutlich, dass ohne Ziele nicht geplant, entschieden, realisiert, kontrolliert werden kann. Vielleicht fehlt hier noch der Aspekt "gesteuert" , soweit man ihn nicht unter eine der genannten Tätigkeit subsumieren will u. vielleicht ist der Abschnitt über den Zielvereinbarungsprozess etwas zu knapp abgehandelt, wo doch dieser in unserem täglichen Berufsleben immer bedeutsamer wird, weil management by objectives heute als erfolgreichste Konzeption angesehen wird. Die Ausführungen zu Delegation greifen unvermeidbar das Harzburger Modell v. Reinhard Höhn wieder auf und es werden die unterschiedlichen Befugnisarten behandelt. Führen durch Motivieren greift die Maslowsche Bedürfnispyramide (auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters eingehen) , die Theorie X u. Y von McGregor (Faktoren großer Un- bzw. Zufriedenheit) sowie die 2-Faktoren-Theorie nach Herzberg auf. Unter Führungspersönlichkeit geht der Autor ausführlich auf den Autoritätsbegriff ein, differenziert nach organisationsbezogen und persönlich und widmet sich aus dem Bereich der Ethik den 4 Kardinaltugenden Weisheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit. Bei den Mitarbeitern Bewusstsein für Verantwortung zu entwickeln ist eine der Hauptaufgaben von Führungskräften, da management by delegation u. management by objectives ansonsten zum Scheitern verurteilt sind. 
Die Vorgesetztentypen differenziert Schmidt zum Einen nach triebspsychologischen, zum Anderen nach einstellungsorientierten Typen. 
An erster Stelle der Führungsmittel, der Tools im Kreislauf (im Führungsprozess) von
Planen/Organisieren, Zielvereinbarung, Kontrolle, Steuerung, Mitarbeiterbeurteilung, Zielführung, erneutem Planen/Organisieren, ... behandelt Schmidt (für manchen sicher überraschend) die Kontrolle. Es ist jedoch keinesfalls antiquiert, weil dieses Tool nicht wie früher als Arbeitsaufsicht, sondern zeitgemäß als Steuerungsinstrument zur Zielerreichung verstanden wird. Also Kontrolle im Sinne von Soll-Ist-Vergleichen. Das 2. Tool, die Kritik, kommt bei Schmidt ebenfalls in modernerem Gewand daher, nicht als Tadel, Bestrafung o. Unzufriedenheit. Nach Unterweisung wird die Anerkennung behandelt; sie vermittelt Orientierung u. Selbstvertrauen, wenn sie sofort, gezielt, angemessen u. individuell erfolgt. Das Bedürfnis des Mitarbeiters ist kontinuierlich zu pflegen. Und letztlich das so wichtige Mitarbeitergespräch: die Abwehrmechanismen Rationalisierung (es wird nicht mehr über die Sache, sondern über Scheinbegründungen gesprochen) , Projektion (Verlagerung einer subjektiven Sicht auf den Partner), Verschiebung (Entladung des aufgestauten Affekts auf einen Schwächeren; einen anderen als Sündenbock suchen) werden dargestellt u. es werden Anregungen zur Gesprächsführung gegeben. U.a. wird die Maieutik, die geistige Hebammenkunst Sokrates´ dargestellt. Die Fragekategorien (Informations-, Sondierungs- , Ablenkungsfragen, richtungsweisende Fragen, Suggestiv- , offene und geschlossene Fragen) , das Lenken durch Ver- o. Bestärken, das Interpretieren u. Zusammenfassen sowie das Argumentieren sowie die 6 Phasen des Konfliktgesprächs werden behandelt. Schließlich stellt der Autor als 6. Führungsmittel das Zeitmanagement und dabei die 20 Zeitfresser u. 5 Empfehlungen zu deren Reduzierung dar.
Im 4. u. letzten Kapitel finden sich u.a. die Kreativitätstechniken Brainstorming, Brainwriting, Synektik, morphologischer Kasten, Kartenabfrage (unter teamorientierte Problemlösetechniken) und Kaizen-KVP (unter Förderung von Mitarbeiterinitiativen). Literaturverzeichnis und Sachregister vervollkommnen das gelungene Buch. Es besticht insbesondere dadurch, dass es mit seinen 220 Seiten überschaubar bleibt und trotzdem fast alles was auf dem Gebiet wichtig und en vogue ist, anspricht.
Schmidt hebt sich damit für meine Begriffe positiv aus der Fülle der Literatur zum Thema heraus. Für Leute in Führungspositionen oder Aspiranten lautet ....

meine Bewertung:

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Donna Leon:  Verschwiegene Kanäle - Commissario Brunettis zwölfter  Fall; 

Diogenes-Verlag ; 331 Seiten, ISBN 3-257-06390-3; 
Umschlagfoto von Fulvio Roiter

So, sie hat es geschafft, die Donna Leon, sie hat - wie angekündigt- das Dutzend voll gemacht. Auch im 12. Band, der Mord oder Selbstmord eines Kadetten der Militärschule zum Inhalt hat, werden Liebe und Verständnis von Brunettis Frau Paola wieder mal nur durch die Hackerfähigkeiten der Sekretärin seines Chefs, Elletra, übertroffen: sie knackt wieder jeden Code, holt jede noch so geheime Datei auf ihren Bildschirm. Und es steht zu befürchten, dass sie das auch im 13. Band noch tun wird. Ich werd es wahrscheinlich nicht erfahren, denn den werd´ich mir nicht mehr antun.

Meine Bewertung:

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Die große Umwendung von Herbert Rosendorfer
Verlag dtv, ISBN 978-3-423-12694-6

Die "Briefe in die chinesische Vergangenheit" waren gut, sehr gut sogar! Da lag es wohl nahe, einen Fortsetzungsband vorzulegen!? Nur, leider ist "Die große Umwendung" weniger eine Fortsetzung, sondern mehr ein 2. Aufguss. Und der schmeckt bekanntlich fade. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Rosendorfer all die Ideen, die ihm beim Schreiben der "Briefe in die chinesische  Vergangenheit" als nicht gut genug erschienen, nunmehr wieder rausgekramt hat und auf Biegen und Brechen irgendwie und irgendwo in den nunmehr vorliegenden Band "reingewurschtelt" hat. Lieblos u. zusammenhanglos reihen sich die Anekdoten aneinander. Vermutlich eigene Erlebnisse des Autors (wie der Ossi-Wessi-Konflikt), seine Eindrücke (aus Reisen nach New York und Rom oder anl. eines Besuches der Bayreuther-Festspiele) u. sonstiges Autobiographisches (z.B. darf auch Bozen nicht fehlen), selbst Ansichten zu Kunst u. Religion, alles wird hergenommen und irgendwie, ob es denn passt oder nicht als Erlebnisse und Eindrücke des Kao Tai zu diesem Büchlein zusammengestückelt. Patchwork auf 207 Seiten. Nein, dieses Buch ist gewiss nicht das beste, der ansonsten so guten Rosendorfer-Bücher (s. zum Beispiel "Das selbstfahrende Bett" oder "Ein Liebhaber ungerader Zahlen" auf dieser Homepage) .

Meine Bewertung:

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Bill Bryson: Streifzüge durch das Abendland;
 

314 Seiten, 

Goldmann Verlag,

ISBN 3-442-45073-X 

Nachdem ich "Picknick mit Bären" so vergnüglich fand, wollte ich mehr von Bill Bryson lesen. Sein Erzählstil in diesem Reisebericht ist wieder sehr eingängig. Wortwohl und Vergleiche manchmal etwas derb, aber zumeist recht treffend. Was stört, ist sein Bild von uns Deutschen: er sieht in uns auch im Jahr 1990 wohl immer noch die Nazis und nutzt jede Gelegenheit, die dunkelsten Abschnitte deutscher Geschichte zu erwähnen, wie man es für einen ansonsten so heiteren Reisebericht nicht erwarten würde. Wenn er zum Beispiel (wie auf Seite 127) in Amsterdam ein Foto sieht, das die Greueltat eines SS-Mannes in einem Konzentrationslager zeigt und dann schlussfolgert "So ein Bild sollte man sich eigentlich nicht ansehen, wenn man im Begriff ist, zum Bahnhof zu gehen, um sich in einen Zug nach Deutschland zu setzen " dann ist das für mich nicht akzeptabel. Noch stärkerer Tobak ist es wenn er auf S. 137 schreibt "Ich glaube nicht, dass ich den Deutschen jemals ihre Vergangenheit verzeihen kann, jedenfalls nicht solange ich mich fragen muss, ob der freundliche alte Kellner, der mir meinen Kaffee bringt, seine Jugend damit verbracht hat, Babys auf Bajonette zu spießen ..... Es gibt Dinge, die sind zu abscheulich, um verziehen werden zu können." Dem letzten Satz stimme ich zu, aber nicht wenn er - wie Bryson dies tut - auf ein Volk, auf die 3. - 4. Generation der Zeitgenossen der Täter angewandt wird.  
Trotzdem ein empfehlenswertes Buch, weil solche Passagen nicht im Mittelpunkt stehen, weil ich an vielen Stellen herzhaft lachen konnte,  weil man als Europäer durchaus was lernen kann, aus dem wie der Amerikaner Bryson Europa sieht, erlebt und beschreibt. Das reicht vom Entstehen des Nordlichts in Hammerfest, über die Euro-Administration in Brüssel, über die Geschichte Aachens und die Geographie Hamburgs, über das Sozialsystem Schwedens bis zur Architektur des Petersdoms und und und...

Meine Bewertung:

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Herbert Rosendorfer:  Das selbstfahrende Bett;
 237 Seiten, dtv-Verlag ; ISBN 3-423-13168-3; 
Umschlagillustration: naive Malerei, im Gras liegender Mann 

Wieder mal ein herrliches Rosendorfer- Lesevergnügen. Manche Geschichten in dem Bändchen vielleicht dann doch allzu sehr übertrieben; andere einfach köstlich: Man stelle sich z.B. ein Ministerialrat im tiefschwarzen Bayern vor, dessen Mitgliedschaft in der SPD nicht nur seine berufliche Karriere, sondern auch seine Ehe u. letztlich wohl sein ganzes Leben zerstört und das nicht etwa &ndash weil er aus politischer Überzeugung &ndash der SPD beigetreten wäre, nein,  es war ein mehr als gelungener Racheakt seiner Sekretärin. Geschickt nutzte die von ihm Malträtierte es aus, dass es  den Herrn Ministerialrat nie interessierte was er unterschrieb, sondern dass er stets nur wissen wollte, wo er unterschreiben soll. So kam seine Unterschrift unter die Beitrittserklärung und von da an nahmen die Dinge ihren Lauf. Genosse Harald, der er plötzlich war, zog es sogar vor, seine Frau in dem Glauben zu lassen, er habe eine Freundin, als zuzugestehen, dass es die Kassiererin des Ortsvereins war, die an der Wohnungstür klingelte. Doch alle Verheimlichung und Vertuschung nutzte nicht. Schließlich grüßte ihn der Ministerialdirektor - natürlich hämisch grinsend - mit geballter Faust und dem Ruf "Freundschaft".  Und weil das in einem bayerischen Ministerium natürlich nicht angehen kann, wird aus dem Münchner Ministerialbürokraten der Amtsrichter (!) in (!) Aschaffenburg, im wohlgemerkt kleinsten Dienstzimmer des dortigen Amtsgerichts. 
Auch wunderbar: die Geschichte von Millionen gleichzeitig hüpfender und springender Chinesen, die es den Langnasen und Käsgesichtern zeigen wollen, mit den durch die Hüpferei verursachten Schwingungen gigantische Flutwellen und weltweite Erdbeben auslösen und schließlich die ganze Erdkugel aus dem Gleichgewicht bringen. 

Von Rosendorfer, Herbert stammt u.a. auch "Die große Umwendung" und "Ein Liebhaber ungerader Zahlen"

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Claudia Schreiber: Emmas Glück;
 190 Seiten, Reclam Verlag ; ISBN 3-379-00805-2

Emma ist Bäuerin. Aber keine gewöhnliche Bäuerin, sonst würde sie sich nicht zu ihren Schweinen in den Stall legen und sonst sähe es in ihrer Küche nicht wie in einem Schweinestall aus. Aber all das hat seine Ursachen, die im Laufe des Romans nach und nach ans Licht kommen. Ganz anders, Max, der Städter, der Penible, der Saubere, allerdings hat das Leben auch ihm -  und da ist die Gemeinsamkeit mit Emma - böse mitgespielt. Und zudem  ist er bereits sehr bald dem Tod geweiht. Was zunächst unvorstellbar erscheint, geschieht, sie finden zusammen, Emma und Max. Dass er bald sterben würde, war Max bewusst, aber dass es so geschehen würde, ganz sicher nicht. Bei all dem ernsten Hintergrund zwischendrin immer wieder sehr humorvoll. Ein empfehlenswertes Buch.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

sehr lesenswert

lohnt sich

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Andreas Eschbach: Das Jesus Video;
 651 Seiten, Verlag Bastei Lübbe; ISBN 3-404-26214-X; Umschlagillustration: 2 vermummte Gestalten in einer Wüste, in violett

Der Roman fängt stark an; um dann im Verlauf aber auch stark nachzulassen. Das Gedankengebäude einer Zeitreise wird faszinierend in Szene gesetzt und - wie den Akteuren des Romans- drohen sich auch die Hirnwindungen des Lesers zu verknoten. So z.B. bei der Vorstellung, dass der Zeitreisende eine Schleife auf der Zeitschiene dreht: da er seine Reise in die Vergangenheit erst in der Zukunft der Zeit des Romangeschehens beginnt, in der Vergangenheit aber stirbt, liegt sein Skelett jetzt auf dem Untersuchungstisch im Labor, während der Besitzer "gleichzeitig" noch wohlauf sich seines Lebens erfreut. Kapiert? Auch die Vorstellung wie der Vatikan auf ein Video, das den leibhaftigen und wahren Jesus zeigt, denn in der Wirklichkeit reagieren würde, ist durchaus spannend. Leider folgen solchen Passagen auch lange Passagen, die eher einem Jerry Cotton Roman entstammen könnten. So z.B. als die weibliche Hauptfigur Judith auf S. 361 gleich mehrere Profi-Body-Guards zur Strecke bringt. Auch nutzt sich beim Lesen die stets gleiche Technik des Autors, ein Kapitel abrupt enden zu lassen, um den Spannungsbogen ein o. zwei Kapitel weiter wieder aufzugreifen, etwas ab. Weiter gelesen hab ich natürlich trotzdem, um dann am Ende, (nachdem auch einige kitschige Seiten zu bewältigen waren, wie z.B. die mit Judiths Kuss im dunklen Brunnen) noch so einen richtigen Knaller zu erleben. Neugierig geworden? Das Lesen des Buches lohnt sich, so meine u.a. ganz individuelle Bewertung.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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cover_picknick_mit_baeren.jpg

Bill Bryson: Picknick mit Bären;
 340 Seiten, Verlag Goldmann; ISBN 3-442-44395-4;
Umschlagillustration: Kopf eines Bären vor Wald

Ein Picknickausflug ist es nun wirklich nicht, den der Autor beschreibt. Insofern ist der Originaltitel "A Walk in the Woods" schon treffender.  Bill Bryson schildert in diesem Buch nämlich seine Erfahrungen auf dem insgesamt 3 1/2 Tausend Kilometer (!) langen Fernwanderweg "Appalachian Trail" durch 14 Bundesstaaten in Amerikas Osten. Sehr kurzweilig zu lesen, sehr amüsant im Stil und dazu immer wieder überraschende Fakten zu Fauna, Flora, Historie, Geologie u.a.m. Alles durchsetzt mit einer gehörigen Portion Kritik am "american way of life" , die auch das damit einhergehende mangelhafte Umweltbewusstsein anklagt. Ein Buch, das ich im August 2003 mit Vergnügen ein 2. Mal las.  Von Bill Bryson stammen auch die hier ebenfalls rezensierten Bücher "Streifzüge durch das Abendland" und "Eine kurze Geschichte von fast allem".

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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cov_die_rote_antilope.jpg Henning Mankell: Die rote Antilope ; 
381 Seiten, dtv-Verlag; ISBN 3-423-13075-X;

Heimweh in letztlich todbringendem Ausmaß erleidet Molo, den ein schwedischer Insektenforscher Daniel nennt und den er aus der Kalahari-Wüste nach Schweden verschleppt, um ihn dort zunächst zur Schau zu stellen und ihn dann zu verlassen.

Hinweis: Lesen Sie auch die Rezension zu "Die schwedischen Gummistiefel", dem letzen Buch, das Henning Mankell fertigstellen konnte.

Meine Bewertung:

Für Literaturinteressierte ein Muss

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Madeleine Bourdouxhe: Auf der Suche nach Marie
 
Bd. 2969 der Serie Piper, Februar 2000, ISBN 3-492-22969-7
Umschlaggestaltung: Schwarz-Weiß-Foto von Andrej Glusgold einer auf einem Stuhl sitzenden Frau in Unterwäsche

Eine bisher sicher nicht ausreichend gewürdigte Schriftstellerin, diese Madeleine Bourdouxhe! Marie, die "Heldin" des 1943 erschienenen Romans emanzipiert sich in einem Stil, der die Nähe der Bourdouxhe zu den großen bekannten Schriftstellerinnen wie Simone de Beauvoire o. Virginia Woolf deutlich werden lässt. Sie, Marie selbst, ist die Suchende und sie findet sich auch. Alles in einem Schreibstil, wie mit Weichzeichnerlinse fotografiert. Viel Raum für des Lesers Phantasie. Von den Gefühlen und Motiven der Handelnden bis zum Stadtbild Paris' in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Allenfalls das Alter der Marie erstaunt.  Wäre ihre Affäre - statt mit 30 - mit 40 oder mehr nicht glaubhafter? .. und zugleich dramatischer? Autobiographische Bezüge verneint die 1996 verstorbene Autorin im Gespräch mit Faith Evans, die das Nachwort verfasst hat.

Meine Bewertung:

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Florian Illies: Anleitung zum Unschuldigsein
 

Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag

Erscheinungsdatum: November 2002, 

ISBN 3-596-15696-3

Es geht ums schlechte Gewissen. Insbesondere darum, wann man es nicht haben muss. Und die Message des Autors ist die: "meistens nicht"!

Kurzweilig zu lesen; u.a. weil Illies geschickt springt von Lässlichem, wie der Frage in welche Mülltonne eigentlich eine kaputte Glühbirne gehört, bis zu ganz Schwerwiegendem wie die Bewältigung des "1000-jährigen Reiches". Natürlich ist dabei, dass er als Angehöriger der "Generation Golf" (so auch der Titel seines Erstlingswerkes)  auf Schildern lieber Stettin und Königsberg liest, statt "Szczetzctczin" oder Kalingrad, schließlich fliegt er ja auch nach Nizza und nicht nach Nice. Und das kann ich (wenn auch nicht zur Generation Golf gehörend; eher Deux-Chevaux) ganz gut verstehen.  Gleichwohl muss man seine Argumente gegen ein schlechtes Gewissen in Sachen Nationalsozialismus schon sehr genau lesen und aufnehmen; auf "fruchtbarerem Boden" als dem Meinen, könnten üble Folgen wuchern. Mancher würde es falsch verstehen, wenn Illies sich mokiert, dass in unseren Dörfern das Eisbein in der Marktstube von der Pizza des Italieners verdrängt wurde oder gar dass Volker Schlöndorff die Mutter des vermeintlich von Neo-Nazis ertränkten Jungen im sächsischen Sebnitz aufsuchte. 

Zusammenfassend  kann jedoch gesagt werden: viel triefende Süffisanz und exakt pointierte Kritik unseres Gesellschaftssystems auf 235 Seiten; stellenweise aber auch köstlich amüsant, z.B. die Folgerung, die Romantik, eine Rose von einem Pakistani in einem Restaurant zu kaufen, sei vergleichbar so, als kaufe man ihm einen Zettel ab auf dem steht "Ich liebe deine blauen Augen", um ihn dann der Angebeteten zu überreichen. 

Insgesamt viel Lesevergnügen. Der Eindruck, dass sich Illies stilistisch an Watzlawick anlehnt, wirkt weniger störend, da Illies selbst eingesteht, zumindest beim Titel des Buches dort 2/3 geklaut zu haben.

Meine Bewertung:

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Stefan Zweig: Die Schachnovelle
110 Seiten, Fischer-Taschenbuch; ISBN 3-596-21522-6; 

Noch so ein Klassiker, bei dem ich mir nicht erklären kann, warum ich ihn als Schullektüre als Pflicht und heute als Lesevergnügen empfinde (waren es die Lehrer der 60er oder war doch eher ich es?). Die Geschichte eines Verwalters klösterlichen Vermögens im von den Nazis besetzten Österreich. Hitlers Helfer foltern ihn subtil, indem sie ihn in Einzelhaft nehmen; nicht in einem Gefängnis, wie man es sich vorstellt, sondern in einem Hotelzimmer, was es für den gefangenen Dr. B. noch schwerer macht. Sein Leben riskiert er, als er - süchtig nach geistiger Nahrung - aus der Manteltasche eines seiner Wärter ein Buch stiehlt. Zu seiner Enttäuschung (zunächst) besteht dies ausschließlich aus der Darstellung von Schachpartien bekannter Meister. Aus zunächst kläglichen Versuchen, die Schachpartien auf dem Karomuster der Bettdecke mit aus Brotkrumen geformten Figuren nachzuspielen, erwuchs schnell das Vermögen, sich die 64 Quadrate incl. der jeweiligen Positionen (auf einem real nicht vorhandenen Brett und mit real nicht vorhandenen Figuren) vorzustellen (Schon der Versuch mir auszumalen, welch Kraftaktes es dazu bedarf, bereitet mir Kopfschmerzen). Schließlich war Dr. B. in der Lage, nicht nur gespielte Partien geistig nachzustellen, sondern sogar so gegen sich selbst (!) Schach zu spielen. Eine Kraftanstrengung, die im Wahn endete (Nicht nur deshalb höre ich schnell wieder damit auf, mir vorzustellen, was Dr. B. sich vorstellen konnte). Später, vom Wahn dieses "Spiels" und aus der Nazi-Gefangenschaft befreit, war Dr. B. durch die o.a. Übungen jedoch in die Lage versetzt worden, auf einer Schiffsreise von New York nach Buenos Aires dem amtierenden Schachweltmeister Paroli bieten zu können. Dazu brauchte er sogar etwas "Vorstellungskraft" um zu erkennen, dass man Schach auch durch Rücken geschnitzter Holzstückchen spielen kann.

Meine Bewertung:

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Sergio Bambaren: Das weiße Segel;  Verlag: Piper
190 Seiten, ISBN 3-492-23711-8; Umschlagillustration:Heinke Both

Wie in "Ein Strand für meine Träume" auch hier mit autobiographischen Touch die gleichen Themen, nämlich &bdquoraus aus dem Alltag und endlich Träume verwirklichen&ldquo und &bdquoGlück durch einfaches Leben&ldquo. Ein Tick mehr Handlung, als in "Strand meiner Träume" hat das Buch schon, aber dafür auch noch mehr (noch mal Sorry an meine lieben Freunde, die mir das Buch schenkten) Kitsch. Da segeln Zwei durch die Südsee, im Besitz eines Buches dessen zunächst leeren Seiten sich wundersam füllen: just in den Momenten, in denen die Zwei das brauchen, schlägt der Wind die Buchseiten auf und von magischer Hand steht dann dort, wo eben noch weißes Papier war, exakt die Lebensweisheit, die für die momentane Situation die richtige ist. Damit nicht genug: Kurz vor dem Ertrinken erscheint unserem Segler auch noch der frühere Besitzer des Bootes und des Wunderbuches in Form eines Engels. Na ja.

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Sergio Bambaren: Ein Strand für meine Träume; Piper
154Seiten, ISBN 3-492-23299-9; Umschlagillustration:Heinke Both

Die Geschichte des vom Business und jet set gestressten Mister John Williams der am Strand seiner Träume den Aussteiger Simon trifft. Simon hat dem Materiellen Adieu gesagt, trinkt täglich glücklich seinen Portwein, öffnet Mr. Williams wieder den Blick für die wahren Werte des Lebens und lässt ihn schließlich selbst zum Aussteiger werden. Ein (Sorry, schließlich war das Buch ein lieb gemeintes Geschenk) naiver Text auf 154 großlettrig bedruckten Seiten mit malerischen, stets horizontal zweigeteilten , etwas kindlich anmutenden Illustrationen dazwischen. Sicher wär ich manchmal selbst gern wie Simon, sicher werden meine Träume stets von der Realität eingeholt, aber ist das wirklich der Stoff um ein Buch damit zu füllen? Letztlich bleibt es eine einfache Geschichte in einem zudem einfachen Erzählstil. Ich muss noch was von Bambaren lesen, um mir den großen Erfolg seiner Bücher erklären zu können.

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Christiane Tschirnt: 

Bücher, Alles was man lesen muss; 

Eichborn Lexikon;
330 Seiten, ISBN 3-8218-1679-1; 

Ein Buch zum Lesen, genauso wie ein Lexikon. Die Autorin beschreibt in einer mutigen Kategorisierung die Bücher, die nach ihrer Auswahl den Kanon unserer Bildung (nicht nur das, auch der Umschlag erinnert an "DietrichSchwanitz, Bildung", und er hat ja auch das Vorwort geschrieben) darstellen. Gut fand ich auch, dass sie den Erzählstil zuweilen verlässt, z.B. um eine Tabelle einzuflechten (so in der Beschreibung von James Joyce' Ulysees) oder um auf eine bildliche Darstellung im Internet zu verweisen (so in Dante Alighieri, Die göttliche Komödie); aber warum so sparsam mit solchen Medien; auch andere Passagen hätten sich hierfür angeboten. Auf meiner Liste der Bücher, die ich auf die einsame Insel mitnehmen würde, fehlt dieses nur deshalb, weil es so unsagbar viel Lust auf Mehr macht und ich dieser Lust auf meiner einsamen Insel ja nicht nachkommen könnte.

Meine Bewertung:

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 Paulo Coello:

Der Alchimist

Verlag: Diogenes; 173 Seiten; ISBN 3-257-06126-9;

Erscheinungsdatum:  26.02.2008

Verlag: Diogenes;  Seitenzahl: 176 ;  ISBN 978-3257237276
Mehr ein Märchen, als ein Roman. Verträumtheiten statt Action, verwaschen und verwunschen statt grell und real. Die Geschichte des jungen spanischen Schafhirten Santiago, dem ein König begegnet und der - durch diesen und einen Traum ermutigt- den Schritt nach Nordafrika wagt, wo er von Zeichen geleitet seinem Lebensweg folgt, die "Weltenseele" kennen lernt und zu dem schließlich sogar Wind, Wüste und Sonne sprechen. An seinem Ziel, den ägyptischen Pyramiden, angelangt und bis dorthin geleitet von einem Alchimisten, der im Besitz des Steins der Weisen ist und Blei zu Gold verwandeln kann, muss der Jüngling zurück an die Stätte seines Traumes und den Ausgangspunkt seiner Reise in Andalusien, um den Schatz zu finden, den er an den Pyramiden vermutete, bevor er als wohlhabender und gereifter Mann zu seiner Wüstenfrau Fatima in die Oase zurück kann. 
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Philipp Roth: 

Dassterbende Tier; 

Umschlagillustration: "Liegender Akt ; Le grand nu", Gemälde von Amedo Modigliani, um 1919.

Erscheinungsdatum:  1.1.1999    

Verlag: Carl Hanser ;  Seitenzahl: 165 ;  ISBN 3-446-20237-0   
Die Geschichte des gealterten Kunstprofessors, der nach zahlreichen Amoureusen zu der jungen und schönen Consuela eine Liebesbeziehung entwickelt, wie zu keiner anderen zuvor. Eine Beziehung, die auch dann noch hält, als Consuela eines Tages, gar nicht mehr so jung und schön, sondern von der todbringenden Krankheit gezeichnet, zu ihrem Professor zurückkehrt, den sie auf dem Weg zum Sterben in gewisser Weise überholt hat. Ein durch und durch erotisches Buch in ungewöhnlichem Erzählstil. Tabulos, sowohl in puncto Liebe und Sex, als auch in Bezug auf die menschliche Vergänglichkeit durch Krankheit und Alter. Sehr gelungen: der Schutzumschlag und die Wahl des Modigliani. 
Für Literaturinteressierte ein Muss
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Pears Paul Read: 

Überleben

Erscheinungsdatum:  1.1.1999    

Verlag: Goldmann -Taschenbuch ;  Seitenzahl: 355 ;  ISBN 3-442-15056-6 
 
Das Buch, das aus dem Drehbuch zum Film entstanden ist, schildert Tod und Überleben nach einem Flugzeugabsturz in den Anden. Eine wahre Geschichte. Insassen des Flugzeuges waren junge Sportler, die von Argentienien nach Chile wollten. Der Kurs der Maschine führte zunächst auf der Ostseite der Anden in südlicher Richtung; das Flugzeug sollte dann an einer Passage das Gebirge queren, um danach auf der Westseite nördlich nach Santiago zu fliegen. Unglücklicherweise vollzog der Pilot den Kurswechsel nach Norden zu früh und der Maschine wurde an einem Berghang das Heck abgerissen. Dass es in der Folge dieses authentischen Ereignisses zu menschlich nicht Alltäglichem gekommen sein soll, davon hatte ich bereits gehört. Aber eine so unverbrähmte und letztlich nachvollziehbare Darstellung dessen, was Menschen dazu treibt, Kannibalen zu werden, hatte ich, als ich begann das Buch zu lesen, nicht erwartet. Besonders interessant die Analogie zum Leib Christi in der Eucharistie mit der einer der Überlebenden den Skrupeln, die zunächst alle hatten, begegnete. Und auch interessant, wieviel geringer diese schon waren, als die Not es erforderte, letztlich auch die Leichen derer zu essen, die sich bis zu dem Zeitpunkt, als eine Lawine das Flugzeugwrack überrollte, ebenfalls nur durch Kannibalismus am Leben halten konnten.
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Titel

Erscheinungsdatum:  ttmmjj 

Verlag:  XY ;  Seitenzahl: 123 ;  ISBN nnnnn
 
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